Verschiebungssatz (Statistik)

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Der Verschiebungssatz (auch Satz von Steiner oder Steinerscher Verschiebungssatz genannt) ist eine Rechenregel für die Ermittlung der Summe der Abweichungsquadrate bzw. der empirischen Varianz.

Kurzgefasst besagt er, dass für Zahlen und deren arithmetisches Mittel gilt:

.

Damit kann man berechnen, ohne das Mittel bereits vorab zu kennen und ohne alle Stichprobenwerte speichern zu müssen.

Bei der Berechnung mit Gleitkommazahlen kann es jedoch zu einer numerischen Auslöschung kommen, wenn erheblich größer ist als die Varianz, die Daten also nicht zentriert sind.[1] Daher bietet sich die Verwendung dieser Formel primär für analytische Betrachtungen an, nicht für die Verwendung mit realen Daten. Eine mögliche Abhilfe[2] ist, vorab eine Näherung für das Mittel zu bestimmen und damit zu berechnen:

.

Falls die Näherung nahe genug an dem echten Mittel liegt, ist die Genauigkeit mit dieser Formel gut. Weitere numerisch stabilere Berechnungsmethoden finden sich in der Literatur.[2][1]

Erläuterung am Fall einer endlichen Folge von Zahlen: Das Stichprobenmittel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Verschiebungssatz wird zunächst am einfachsten Fall vorgeführt: Es seien die Werte gegeben, beispielsweise eine Stichprobe. Es wird die Summe der Abweichungsquadrate dieser Werte gebildet:

wobei

das arithmetische Mittel der Zahlen ist. Der Verschiebungssatz ergibt sich aus[3]

.

Beispiel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Rahmen der Qualitätssicherung werden fortlaufend Kaffeepäckchen gewogen. Für die ersten vier Päckchen erhielt man die Werte (in g)

Das durchschnittliche Gewicht beträgt

Es ist

Für die Anwendung des Verschiebungssatzes berechnet man

und

Man kann damit beispielsweise die (korrigierte) empirische Varianz als „durchschnittliches“ Abweichungsquadrat bestimmen:

im Beispiel

Kommt nun ein weiteres Päckchen in die Stichprobe, so reicht es zur Neuberechnung der Stichprobenvariation mit Hilfe des Verschiebungssatzes, lediglich die Werte für und neu zu berechnen. Beim fünften Päckchen werde das Gewicht 510 g gemessen. Dann gilt:

sowie

Die Stichprobenvarianz der neuen, größeren Stichprobe ist dann

Anwendungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stichprobenkovarianz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Summe der Abweichungsprodukte zweier Merkmale und ist gegeben durch

Hier ergibt der Verschiebungssatz

Die korrigierte Stichprobenkovarianz berechnet sich dann als „durchschnittliches“ Abweichungsprodukt

Zufallsvariable[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Varianz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Varianz einer Zufallsvariablen

lässt sich mit dem Verschiebungssatz auch angeben als[4]

Dieses Resultat wird auch als Satz von König-Huygens bezeichnet. Es ergibt sich aus der Linearität des Erwartungswertes:

Eine allgemeinere Darstellung des Verschiebungssatzes ergibt sich aus:

.
  • Man erhält bei einer diskreten Zufallsvariablen mit den Ausprägungen und der dazugehörigen Wahrscheinlichkeit dann für
Mit der speziellen Wahl ergibt sich und die obige Formel
  • Für eine stetige Zufallsvariable und der dazugehörigen Dichtefunktion ist
Man erhält hier mit dem Verschiebungssatz

Kovarianz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Kovarianz zweier Zufallsvariablen und

lässt sich mit dem Verschiebungssatz als

angeben.

Für diskrete Zufallsvariablen erhält man für

entsprechend zu oben

mit als gemeinsamer Wahrscheinlichkeit, dass und ist.

Bei stetigen Zufallsvariablen ergibt sich mit als gemeinsamer Dichtefunktion von und an der Stelle und für die Kovarianz

entsprechend zu oben

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Erich Schubert, Michael Gertz: Numerically stable parallel computation of (co-)variance. In: Proceedings of the 30th International Conference on Scientific and Statistical Database Management - SSDBM '18. ACM Press, Bozen-Bolzano, Italy 2018, ISBN 978-1-4503-6505-5, S. 1–12, doi:10.1145/3221269.3223036 (acm.org [abgerufen am 7. Dezember 2019]).
  2. a b Tony F. Chan, Gene H. Golub, Randall J. LeVeque: Algorithms for computing the sample variance: analysis and recommendations. In: The American Statistician Vol. 37, No. 3 (Aug., 1983), S. 242–247
  3. Hans-Friedrich Eckey, Reinhold Kosfeld, Christian Dreger: Statistik: Grundlagen — Methoden — Beispiele, S. 86
  4. Ansgar Steland: Basiswissen Statistik, S. 116