Zylinderwindelschnecke

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Zylinderwindelschnecke

Zylinderwindelschnecke (Truncatellina cylindrica)

Systematik
Unterordnung: Landlungenschnecken (Stylommatophora)
Überfamilie: Pupilloidea
Familie: Windelschnecken (Vertiginidae)
Unterfamilie: Vertigininae
Gattung: Truncatellina
Art: Zylinderwindelschnecke
Wissenschaftlicher Name
Truncatellina cylindrica
(A. Férussac, 1807)

Die Zylinderwindelschnecke (Truncatellina cylindrica), auch Gemeine Zylinderwindelschnecke, ist eine Schneckenart der Familie der Windelschnecken (Vertiginidae) aus der Unterordnung der Landlungenschnecken (Stylommatophora).

Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das (fast) zylindrische, am Apex abgeflachte und gerundete Gehäuse ist 1,52 bis 2,25 mm hoch (Mittel 1,82 mm)[1], 0,78 bis 0,94 mm breit (Mittel 0,86 mm)[1] und rechtsgewunden. Es weist 5½ bis 6 Umgänge auf. Die ersten vier Windungen sind an Außenseite mäßig gerundet, die beiden letzten Windungen flachen sich an der Außenseite ab. Sie nehmen außerdem in der Höhe schneller zu. Die Mündung ist elliptisch, an der Oberseite aber schräg abgeflacht. Der vergleichsweise scharfe und zarte Mündungsrand ist nur schwach lippig verdickt, und nur sehr wenig, am Spindel- und Basalrand etwas stärker umgebogen. Es gibt keine in die Mündung hinein ragende "Zähne". Der tief-nadelförmige Nabel liegt frei.

Das Gehäuse ist blass hornfarben, die nicht glänzende Oberfläche weist feine, regelmäßige und dichtstehende, feine Rippen auf. Die Zwischenräume sind etwas so breit wie die Rippen. Nach Beobachtungen an Tieren aus Polen sind die Wachstumsunterbrechungen während des Winters durch helle Streifen und leichte Unregelmäßigkeiten in der Schale markiert.

Der Geschlechtsapparat ist vergleichsweise sehr einfach gebaut. Im männlichen Trakt zweigt der Samenleiter (Vas deferens) früh vom Eisamenleiter (Spermovidukt) ab. Er ist wenig gewunden und dringt apikal in den Penis ein. Der Penis erreicht schnell die maximale Dicke, die im letzten Viertel zum Atrium hin auf die Hälfte wieder abnimmt. Der Retraktormuskel setzt am apikalen Teil des Penis an. Im weiblichen Trakt ist der freie Eileiter (Ovidukt)etwas kürzer als die Vagina. Der Stiel der Spermathek ist vergleichsweise kurz und dünn, die Blase klein und länglich-oval[2].

Ähnliche Arten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Gehäuse ähnelt stark den Gehäusen der Wulstigen Zylinderwindelschnecke (Truncatellina costulata) und der Südlichen Zylinderwindelschnecke (Truncatellina callicratis), letzteres ist etwas schlanker, bei beiden Arten ist es zylindrisch, während das Gehäuse der Zylinderwindelschnecke ganz leicht konisch ist. Das Gehäuse der Südlichen Zylinderwindelschnecke besitzt kräftige, scharfe und weniger dicht stehende Rippen und einen breiten Mundsaum. Südliche und Wulstige Zylinderwindelschnecke besitzen drei in die Mündung hinein ragende Zähne; bei der Südlichen Zylinderschnecke gibt es aber Populationen mit schwach ausgebildeten Zähnen.

Geographische Verbreitung und Lebensraum[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Areal der Zylinderwindelschnecke reicht von England im Westen bis Zentralrussland und den Kaukasus. In Mitteleuropa ist sie weit verbreitet, die Vorkommen sind jedoch sehr zerstreut. Im Süden reicht das Areal bis Nordafrika, im Südosten über die Balkanhalbinsel bis in die Türkei und Israel[3]. Sie steigt im Süden bis auf 2800 m über Meereshöhe. Im Norden zieht sich das Areal bis nach Südskandinavien (dänische und schwedische Ostseeinseln); hier sind die Vorkommen auf die Küstenbereiche beschränkt.

Die Art lebt an trockenen bis mäßig trockenen Standorten wie Magerrasen, zwischen Felsen, Geröllhalden und seltener auch auf Sanddünen auf unterschiedlichen, aber kalkhaltigen Böden. Seltener kommt sie auch an grasbewachsenen Stellen in lichten Wäldchen. In Mitteleuropa kommt sie auf den Magerrasen typischerweise unter Sedum und Artemisia vor. In der Schweiz wurde sie auch auf nach Süden exponierten, trockenen Kalkfelsen gefunden.

Lebensweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach Beobachtungen, die in Polen gemacht wurden, legten die Tiere von Mitte Juni bis Ende August ihre Eier ab. Pro Tier wurden nur 4 bis 11 vergleichsweise sehr große Eier abgelegt. Die Eiform war sehr variabel, von kugelig, abgeflacht-kugelig bis fast linsenförmig, und eiförmig bis abgeflacht eiförmig. Der Durchmesser beträgt etwa 0,5 bis 0,6 mm. Die äußere Hülle ist durch unzusammenhängende Calciumcarbonat-Kristalle mineralisiert. Trockneten die Eier etwas aus, schlossen sich die Kristalle zu einer dichten Hülle zusammen und schützen so den Embryo vor dem Austrocknen. Die Jungtiere schlüpften nach 12 bis 24 Tagen, bei einer Temperatur von 21 bis 23 °C schlüpften die meisten Tiere nach 16 bis 17 Tagen, selten länger. Zum Schlüpfzeitpunkt sind 1,2 bis 1,3 Windungen ausgebildet. Etwa 30 % der Jungtiere erreichen die Geschlechtsreife noch im selben Jahr, der Rest überwintert mit Gehäusen von ein bis vier Windungen und wird im Frühjahr des folgenden Jahres geschlechtsreif. Gewöhnlich sterben sie nach der Eiablage, werden also etwa ein Jahr alt. Einige wenige juvenile Tiere überwintern ein zweites Mal und werden erst im darauffolgenden Jahr geschlechtsreif, werden also bis zu zwei Jahre alt.

Taxonomie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Taxon wurde 1807 durch André Étienne d’Audebert de Férussac als Vertigo cylindrica erstmals beschrieben[4]. Die Fauna Europaea listet folgende Synonyme[5]:

  • Truncatellina costigerella Lindholm 1926
  • Helix minuta O.F. Müller 1774
  • Pupa minutissima W. Hartmann, 1821
  • Truncatellina monodonta Pollonera, 1885
  • Pupa odontostoma Westerlund, 1875
  • Vertigo pupula Held, 1837
  • Truncatellina tauricola Lindholm, 1926

Gefährdung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Art ist vor allem durch die Zerstörung der Habitate gefährdet. In England sind wohl die meisten Populationen erloschen. In Irland und wahrscheinlich auch in Schottland ist die Art bereits verschwunden. In England und Deutschland gilt die Art als gefährdet[6].

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Klaus Bogon: Landschnecken Biologie, Ökologie, Biotopschutz. 404 S., Natur Verlag, Augsburg 1990, ISBN 3-89440-002-1, (S. 106)
  • Rosina Fechter und Gerhard Falkner: Weichtiere. 287 S., Mosaik-Verlag, München 1990 (Steinbachs Naturführer 10), ISBN 3-570-03414-3, (S. 142)
  • Michael P. Kerney, R. A. D. Cameron & Jürgen H. Jungbluth: Die Landschnecken Nord- und Mitteleuropas. 384 S., Paul Parey, Hamburg & Berlin 1983, ISBN 3-490-17918-8, (S. 88)
  • Stanisław Myzyk: Contribution to the biology of ten vertiginid species. Folia Malacologica, 19(2): 55–80, Warschau 2011 doi:10.2478/v10125-011-0004-9.
  • Francisco W. Welter-Schultes: European non-marine molluscs, a guide for species identification = Bestimmungsbuch für europäische Land- und Süsswassermollusken. A1-A3 S., 679 S., Q1-Q78 S., Göttingen, Planet Poster Ed., 2012, ISBN 3-933922-75-5, ISBN 978-3-933922-75-5 (S. 123)
  • Vollrath Wiese: Die Landschnecken Deutschlands. 352 S., Quelle & Meyer, Wiebelsheim 2014, ISBN 978-3-494-01551-4 (S. 61)

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Myzyk (2011: S. 77)
  2. Alexandru V. Grossu: Gastropoda Romaniae 2 Subclasa Pulmonata I Ordo Basommatophora II Ordo Stylommatophora Suprafamiliile: Succinacea, Cochlicopacea, Pupillacea. 443 S., Bukarest 1987 (S. 312–313).
  3. Joseph Heller: Land Snails of the Land of Israel. 360 S., Pensof, Sofia & Moskau, 2009 ISBN 978-954-642-510-2
  4. Jean Baptiste Louis D'Audebard de Férussac & André Étienne Justin Pascal Joseph François d’Audebert de Férussac: Essai d'une méthode conchyliologique appliquée aux mollusques fluviatiles et terrestres d'après la considération de l'animal et de son test, par M. Daudebard de Férussac. Nouvelle édition augmentée d'une synonymie des espèces les plus remarquables, d'une table de concordance systématique de celles qui ont été décrites par Géoffroy, Poiret et Draparnaud, avec Müller et Linné, et terminée par un catalogue d'espèces observées en divers lieux de la France, par J. Daudebard fils. S. I–XVI (1–16), S. 1–142, Delance, Paris 1807 Göttinger Digitalisierungszentrum (S. 56/7)
  5. Fauna Europaea: truncatellina cylindrica
  6. J. H. Jungbluth, D. von Knorre (unter Mitarbeit U. von Bössneck, K. Groh, E. Hackenberg, H. Kobialka, G. Körnig, H. Menzel-Harloff, H.-J. Niederhöfer, S. Petrick, K. Schniebs, V. Wiese, W. Wimmer, M. L. Zettler): Rote Liste der Binnenmollusken [Schnecken (Gastropoda) und Muscheln (Bivalvia)] in Deutschland. Mitteilungen der Deutschen Malakozoologischen Gesellschaft, 81: 1-28, Frankfurt/M. 2009 PDF (Memento vom 16. Juni 2013 im Internet Archive) (1,3 MB) (S. 12)

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Truncatellina cylindrica – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien