Übereinkommen zur einheitlichen Feststellung von Regeln über die Hilfeleistung und Bergung in Seenot

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Abkommen zur einheitlichen Feststellung von Regeln über Hilfeleistung und Bergung in Seenot
Datum: 23. September 1910
Inkrafttreten: 1. März 1913
Fundstelle: Internationales Übereinkommen zur einheitlichen Feststellung einzelner Regeln über die Hilfeleistung und die Bergung in Seenot Der Bundesrat der Schweiz
Vertragstyp: Internationales Abkommen
Rechtsmaterie: Seerecht
Unterzeichnung:
Ratifikation: 82 (Stand: 21. März 2005)

Österreich: 1. März 1913 in Kraft getreten
Schweiz: 15. August 1954 in Kraft getreten
Bitte beachte den Hinweis zur geltenden Vertragsfassung.

Das Internationale Übereinkommen vom 23. September 1910 zur einheitlichen Feststellung von Regeln über die Hilfeleistung und Bergung in Seenot ist ein internationales Abkommen, das die Grundlagen der Höhe und Verteilung des Berge- und Hilfslohnes bei Schiffshavarien regelt. Jede erfolgreiche Hilfsleistung oder Bergung begründet einen Anspruch auf angemessene Vergütung.[1]

Inhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf Initiative des Comité Maritime International wurde die Erste Diplomatischen Seerechtkonferenz in Brüssel einberufen. Diese verabschiedete am 23. September 1910 zwei Übereinkommen, die in Kurzform auch als Brüsseler Abkommen von 1910 bezeichnet werden. Beide Verträge zählen zu den ältesten noch in Kraft befindlichen Seerechtsabkommen.

A: Übereinkommen zur einheitlichen Feststellung von Regeln über den Zusammenstoß von Schiffen
B: Übereinkommen zur einheitlichen Feststellung von Regeln über die Hilfeleistung und Bergung in Seenot

Das Übereinkommen B ist das erste internationale Bergungsübereinkommen und umfasst 19 Artikel, in denen unter anderem grundsätzlich geregelt wird, auf welche Schiffe in Seenot und welche Berger das Übereinkommen angewendet werden darf, wann ein Schiff sich überhaupt in Seenot befindet, unter welchen Bedingungen ein Hilfeleistungs- oder Bergevertrag zustande kommt, wann eine Hilfeleistung, beziehungsweise eine teilweise oder komplette Bergung vorliegt und welche Umstände einer Hilfeleistung oder einer Bergung entgegenstehen. Ferner definiert das Übereinkommen die Regeln, wann ein Berge- oder Hilfslohnes gefordert werden darf sowie dessen Höhe (der Bergelohn darf beispielsweise den Wert der geretteten Güter nicht übersteigen). Übernommen wurde der schon aus dem älteren Standardvertrag Lloyd’s Open Form (LOF) bekannten Grundsatz „no cure – no pay“ (deutsch: keine erfolgreiche Bergung – kein Bergelohn).

In diesem Abkommen wurde erstmals die Pflicht zur Seenotrettung kodifiziert, die später in den internationalen Übereinkünften über die Sicherheit auf See übernommen wurde.[2] In den Artikel 9 und 11 wird dies geregelt:

  • Art. 2: Jede erfolgreiche Hilfsleistung oder Bergung begründet einen Anspruch auf angemessene Vergütung.
  • Art. 9: Die geretteten Personen haben, unbeschadet der Vorschriften der Landesgesetze, keine Vergütung zu entrichten. Wer bei Gelegenheit des Unfalls, der den Anlass zur Bergung oder Hilfsleistung gibt, Menschenleben rettet, kann einen billigen Anteil an der Vergütung beanspruchen, die denjenigen Personen zusteht, welche Schiff, Ladung und Zubehör gerettet haben.
  • Art. 11: Jeder Kapitän ist verpflichtet, allen Personen, selbst feindlichen, die auf See in Lebensgefahr angetroffen werden, Beistand zu leisten, soweit er dazu ohne ernste Gefahr für sein Schiff und für dessen Besatzung und Reisende imstande ist.

Erweiterungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das am 1. März 1913 in Kraft getretene Übereinkommen wurde 1967 durch ein Protokoll erweitert, das am 15. August 1977 in Kraft trat. Dem Zusatzprotokoll trat jedoch nur ein geringer Teil der Vertragsstaaten bei.[3]

Die mit Seenotlagen verbundenen Probleme haben sich im weiteren Verlauf des 20. Jahrhunderts dadurch gewandelt, dass einerseits die Zahl der relevanten Notlagen gesunken, während andererseits die von Schiffen in Seenot ausgehenden Gefahren enorm gestiegen sind. Angesichts der großen Gefahren, nicht zuletzt für die Umwelt, folgt die Notwendigkeit professioneller Bergungsflotten, deren Betreiber sich dann jedoch damit konfrontiert sehen, diese kostenintensiv und mit unsicherer Erwerbsaussicht vorhalten zu müssen. Vor diesem Hintergrund geht es inzwischen auch weniger darum, einen Anreiz für die einzelne Bergung zu schaffen, als vielmehr, einen finanziellen Anreiz für das Vorhalten einer einsatzbereiten Bergungsflotte an sich zu vermitteln. Aufgrund dessen wurde das Internationale Übereinkommen von 1989 über Bergung (IÜB 1989) abgeschlossen.[4][5][6]

Die Rechte und Pflichten bei Schiffsnotlagen im Seehandel sind in Deutschland in das Handelsgesetzbuch übernommen worden (§§ 574–587).

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Helmers, Walter (Hrsg.): Müller-Krauß, Handbuch für die Schiffsführung. Band 2, Manövrieren, Teil B. Springer Verlag, Berlin 1988, ISBN 3-540-17973-9.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Internationales Übereinkommen zur einheitlichen Feststellung einzelner Regeln über die Hilfeleistung und die Bergung in Seenot Stand am 21. März 2012, abgerufen am 10. Oktober 2020.
  2. Deutscher Bundestag:Kurzinformation der völkerrechtlichen Verpflichtung zur Seenotrettung abgerufen am 26. Februar 2019
  3. Staatenübersicht (Memento vom 12. September 2014 im Internet Archive) (französisch, englisch; PDF; 169 kB)
  4. Internationales Übereinkommen von 1989 über Bergung IÜB 1989. Stand am 27. Mai 2020, abgerufen am 10. Oktober 2020.
  5. Tjard-Niklas Trümper: Bergung HWB EuP 2009, abgerufen am 10. Oktober 2020.
  6. Julius Drumm: Internationales Übereinkommen von 1989 über Bergung (IÜB). Vortrag vom 21. September 2007.