Überpunktierung

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Überpunktierung ist ein Begriff aus der Aufführungspraxis der Musik, der die Wiedergabe eines Notentextes durch einen Musiker definiert.

Eine punktierte Note wird überpunktiert, wenn sie so ausgeführt wird, dass ihr Zeitmaß über die angegebene Dauer nach Ermessen des Interpreten verlängert und dafür die Zeit für die nachfolgende Note entsprechend verkürzt wird. Für den Notentext Halbe Note punktiert wird z. B. Halbe-Doppelt punktiert gespielt. Die Verschiebung der Zeitgewichte kann aber auch stärker oder schwächer erfolgen und muss nicht in der gängigen Musiknotation darstellbar sein. Man spricht auch von Überpunktierung, wenn ein Notentext Viertel punktiert wiedergegeben wird, als ob z. B. Viertel-Doppelt punktiert notiert wäre.

Während die Wiedergabe eines Notentextes Achtel punktiert als Triolen ungleich häufig vorkommt, bei swingender Spielweise gar gefordert wird, hat sich der naheliegende analoge Begriff „Unterpunktierung“ hierfür nicht durchgesetzt.

Überpunktierung in unserer Musiktradition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Überpunktierung einzelner Noten als eine spezielle Form des Rubato ist mindestens seit dem 18. Jahrhundert nachweisbar. Sie ist auch heute ein oft verwendetes Gestaltungsmittel.

In der Barockmusik wurde in den als „Französische Ouverture“ bezeichneten Musikstücken alle punktierten Noten überpunktiert. So heißt es in Johann Georg Sulzers Allgemeiner Theorie der schönen Künste von 1771: „Die Hauptnoten sind meistentheils punktirt, und im Vortrag werden die Punkte über ihre Geltung ausgehalten. Nach diesen Hauptnoten folgen mehr oder weniger kleinere, die in der äußersten Geschwindigkeit [...] müssen gespielt werden.“[1]

Es ist unter Musikwissenschaftlern umstritten, ob und wieweit sich diese Praxis auch auf andere Stücke erstreckte. Es ist deshalb so schwierig, festzustellen, wie damals gespielt wurde, weil die Notenschrift sich erst langsam entwickelte. Die Verwendung der doppelten Punktierung ist uns erstmals von Johann Joachim Quantz bekannt.[2] Vorher galt wohl allgemein, dass „man die Zeit der kurzen Note nach dem Puncte eigentlich nicht recht genau bestimmen kann“.[3]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Johann Georg Sulzer: Allgemeine Theorie der schönen Künste. 2. Teil, 1. Band. Heilmann, Biel 1777, S. 388 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
  2. Willi Apel: Harvard dictionary of music. 2. Auflage. Harvard University Press, 1972, ISBN 0-674-37501-7, S. 242 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Johann Joachim Quantz: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Voss, Berlin 1752, §21 (online bei Wikisource).