Aufzeichnungen eines Toten

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Aufzeichnungen eines Toten, auch Theaterroman (russisch Записки покойника (Театральный роман), Sapiski pokoinika (Teatralny roman)), ist ein Roman des sowjetischen Schriftstellers Michail Bulgakow, der – 1929 geschrieben und 1936/1937 neu gefasst – 1965 im Augustheft der Moskauer Monatszeitschrift Nowy Mir postum erschien. Der Verlag Volk und Welt brachte das Fragment 1969 in Berlin im Bd. 13 der Reihe Spektrum auf den deutschsprachigen Buchmarkt.

Inhalt[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

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Der Ich-Erzähler Sergej Leontjewitsch Maksudow, Sohn eines russischen Vizegouverneurs, hat eine geistliche Schule besucht und ist jener Autor, der im letzten Frühling von der Kiewer Kettenbrücke in den Tod sprang. Maksudow hatte zu Lebzeiten seine schlampigen Aufzeichnungen dem Herausgeber übergeben. Letzterer hat am Text vor der Publikation nur ein klein wenig interpungiert.

Moskau um 1923 bis 1926[A 1]: Als sich der Regisseur Iltschin vom Unabhängigen Theater für Maksudows entstehenden Roman Schwarzer Schnee interessiert, kündigt der aufstrebende Autor leichtsinnig seinen Lektor-Job bei der Zeitschrift Dampfschifffahrt. Nach einer Lesung vor Kollegen bescheinigen ihm die Schriftsteller eine arme Sprache. Doch die vorgetragene Geschichte sei spannend. Leider werde die Zensur die Drucklegung verhindern. Rudolfi, Verleger der einzigen Moskauer Privatzeitschrift, nimmt den Roman an, obwohl Maksudow Tolstoi nachahme. Rudolfi, in finanziellen Schwierigkeiten, verschwindet ins Ausland. Die Zeitschriftenexemplare mit dem Schwarzen Schnee darin wurden nicht vertrieben. Doch Iltschin hat den Roman gelesen und findet ihn großartig. Das Werk sollte dramatisiert werden. Maksudow, der noch nicht lange in Moskau lebt und dort noch nie im Theater war, hat bereits mit seinem ersten Drama angefangen. Iltschin nennt dem Neuling etliche maßgebliche Leute aus dem Unabhängigen Theater – den Regisseur Grischa Aiwasowski, die Regisseurin Jewlampia Petrowna, den Dramaturgen Mischa Panin und Iwan Wassiljewitsch, einen der beiden Leiter jenes Hauses. Maksudow, der keine Kopeke besitzt, arbeitet an dem Gegenwartsstück[1] tapfer weiter und wird nach einer Lesung auf der Hauptbühne unter Vertrag genommen. Auf einem Spielplan an der Theatertür liest er offenen Mundes seinen Namen unter Äschylos, Sophokles, Lope de Vega, Shakespeare, Schiller und Ostrowski.

Der Regisseur Foma Strish möchte Maksudow für sich vereinnahmen. Nichts da – Maksudow will bei Jewlampia Petrowna bleiben. Er diktiert Polyxena Wassiljewna Toropezkaja, der Sekretärin des abwesenden anderen Theaterdirektors Aristarch Platonowitsch, eine Abschrift seines Stücks in die Maschine.

Das Unheil nimmt seinen Lauf, als Maksudow über Foma Strish zum Direktor Iwan Wassiljewitsch dirigiert wird und dort sein Stück vorlesen muss. Einschneidende Änderungen, die der Direktor während der Lesung und später während der Einstudierung des Stücks durchsetzt, kann der Autor nicht akzeptieren. Zu allem Überfluss redet auch noch Nastassja Iwanowna Koldybajewa, die Tante des Direktors, in Grundsätzliches zur Inszenierung hinein.

Maksudow wird von seinem liebedienerischen Schriftstellerkollegen Likopastow und von dem ihm wohlgesinnten Schauspieler Bombardow belehrt: Dem Direktor wird an diesem Theater nicht widersprochen. Der Insider Bombardow weiht Maksudow in allerlei Wissenswertes ein. Zum Beispiel, Iwan Wassiljewitsch hört nur auf drei Getreue. Das sind sein Stellvertreter Gawriil Stepanowitsch, seine oben erwähnte Tante und seine Sekretärin Awgusta Awgejewna.

Als der Direktor dem Autor bedeutet, das Stück sei unaufführbar, verlangt es Letzterer zurück. Daraus wird nichts. Iwan Wassiljewitsch, von Wut gepackt, schaut Maksudow böse an. Wieder ist es Bombardow, der Maksudow Neuigkeiten zuträgt. Der Direktor hat sich mit den Nestoren am Theater – so mit Margarita Petrowna Tawritscheskaja – zu dem Stück ins Benehmen gesetzt. Der Jüngste dieser alten Garde ist siebenundfünfzig Jahre alt. Jene bejahrten Herrschaften sollen in dem Gegenwartsstück als Knaben und Mädchen posieren. Iwan Wassiljewitsch setzt für die meisten Problemfälle seine Patentlösung durch. Aus einer Braut wird zum Beispiel eine Mutter gemacht.

Mischa Panin und Foma Strish erreichen schließlich den Beginn der Probenarbeit am Stück dank eines öffentlichen Ärgernisses – auch in der Presse besprochen: Das Unabhängige Theater hat im Sowjetstaat[2] noch kein einziges Gegenwartsstück zur Bühnenreife gebracht.

2

Der um die 40-jährige vielerfahrene Erste Regieassistent Andrej Andrejewitsch leitet die Probenarbeit. Als sich der Prinzipienreiter Iwan Wassiljewitsch – selbst einst genialer Mime gewesen und seit fünfundfünfzig Jahren Regisseur – einmischt, stagniert die Einstudierung. Er lehrt seinen Schauspielern szenisches Verhalten. Nach drei Wochen Probenarbeit mit dem Direktor kann Maksudow nicht mehr.

Hintergrund[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wenn Ralf Schröder am 6. Juni 1993 schreibt[3], „Bulgakow mußte Maksudow sterben lassen, um selbst überleben zu können“, dann weist er auf den autobiographischen Tenor des Romans hin. Bulgakow habe mit Maksudows Roman Schwarzer Schnee seinen Roman Die weiße Garde und dessen Dramatisierung Die Tage der Turbins gemeint. Nichtsdestoweniger, fährt Schröder fort, ist Maksudow erfunden. Analoges gelte auch für andere Parallelen, die Moskauer Theater- und Literatenszene der 1920er und 1930 Jahre betreffend[4]:

gemeint.

gemeint.

Gleichviel – nicht nur Bulgakows Schaffensjahre 1925–1936 an Stanislawskis Moskauer Theater, insbesondere seine Auseinandersetzungen mit den dort wirkenden Regisseuren, seien in dem Romanfragment abgebildet, sondern darüber hinaus sein Konflikt mit der sowjetischen Kulturpolitik der 1930er Jahre. In dem Zusammenhang sucht Schröder auch Antwort auf die Frage, weshalb der Roman Fragment geblieben sein könnte und findet als Antwort: Es sei einfach für Bulgakow während der Stalin-Ära in den 1930er Jahren nicht bis zum bitteren Ende darstellbar gewesen, wie der Theatermann Maksudow durch „die offizielle Stimme der Partei Stalins[37] in den Tod getrieben wurde.

Adaptionen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Theater[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verfilmung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Deutschsprachige Ausgaben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Verwendete Ausgabe:

  • Aufzeichnungen eines Toten (Theaterroman). Aus dem Russischen von Thomas Reschke. S. 217–402 in Ralf Schröder (Hrsg.): Bulgakow: Das Leben des Herrn Molière. Aufzeichnung eines Toten (Theaterroman). Romane. Volk & Welt, Berlin 1993, ISBN 3-353-00941-8 (= Bd. 2: Gesammelte Werke (13 Bde.))

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. 1924 erschien Die weiße Garde und 1926 kam Die Tage der Turbins auf die Bühne (siehe auch unter Hintergrund).
  2. Unter Einzelnachweise ist jeweils die Nennung des Namens im Text vermerkt.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Verwendete Ausgabe, S. 329, 5. Z.v.u.
  2. Verwendete Ausgabe, S. 381,13. Z.v.o.
  3. Literaturgeschichtliche Anmerkung im Nachwort der verwendeten Ausgabe, S. 414, 13. Z.v.u.
  4. Siehe auch: russ. Wer ist wer im Roman?
  5. Verwendete Ausgabe, S. 266, 1. Z.v.o. (1. Teil, 8. Das goldene Pferd)
  6. Verwendete Ausgabe, S. 274, 2. Z.v.u. (1. Teil, 9. Es hat begonnen)
  7. Verwendete Ausgabe, S. 291, 22. Z.v.o. (1. Teil, 10. Szenen im Dampfbadentree)
  8. russ. Olga Sergejewna Bokschanskaja
  9. Verwendete Ausgabe, S. 221, 8. Z.v.u. (1. Teil, 1. Die Abenteuer beginnen)
  10. Verwendete Ausgabe, S. 221, 7. Z.v.u. (1. Teil, 1. Die Abenteuer beginnen)
  11. russ. Boris Iljitsch Werschilow
  12. Verwendete Ausgabe, S. 265, 23. Z.v.o. (1. Teil, 8. Das goldene Pferd)
  13. russ. Jelisaweta Sergejewna Teleschewa
  14. Verwendete Ausgabe, S. 265, 16. Z.v.o. (1. Teil, 8. Das goldene Pferd)
  15. russ. Pawel Alexandrowitsch Markow
  16. Verwendete Ausgabe, S. 288, 22. Z.v.o. (1. Teil, 9. Es hat begonnen)
  17. russ. Ilja Jakowlewitsch Sudakow
  18. Verwendete Ausgabe, S. 338, 7. Z.v.u. (1. Teil, 12. Siwzew Wrashek)
  19. Verwendete Ausgabe, S. 342, 9. Z.v.u. (1. Teil, 13. Ich erkenne die Wahrheit)
  20. russ. Nikolai Wassiljewitsch Jegorow
  21. Verwendete Ausgabe, S. 342, 8. Z.v.u. (1. Teil, 13. Ich erkenne die Wahrheit)
  22. russ. Ripsime Karpowna Tamanzowa
  23. Verwendete Ausgabe, S. 354, 19. Z.v.o. (1. Teil, 13. Ich erkenne die Wahrheit)
  24. Verwendete Ausgabe, S. 362, 8. Z.v.u. (2. Teil, 15. Kapitel)
  25. russ. Николай Николаевич Шелонский
  26. Verwendete Ausgabe, S. 382, 15. Z.v.u. (1. Teil, 13. Ich erkenne die Wahrheit)
  27. Verwendete Ausgabe, S. 318, 6. Z.v.o. (1. Teil, 4. Ich lerne das Theater kennen)
  28. Verwendete Ausgabe, S. 234, 11. Z.v.u. (1. Teil, 4. Den Degen zur Seit)
  29. russ. Issaja Grigorjewitsch Leschnjow
  30. Verwendete Ausgabe, S. 247, 23. Z.v.o. (1. Teil, 5. Ungewöhnliche Ereignisse)
  31. russ. Juri Lwowitsch Sljoskin
  32. Verwendete Ausgabe, S. 247, 14. Z.v.u. (1. Teil, 5. Ungewöhnliche Ereignisse)
  33. Verwendete Ausgabe, S. 248, 17. Z.v.o. (1. Teil, 5. Ungewöhnliche Ereignisse)
  34. Verwendete Ausgabe, S. 264, 11. Z.v.o. (1. Teil, 8. Das goldene Pferd)
  35. Verwendete Ausgabe, S. 260, 9. Z.v.o. (1. Teil, 5. Ungewöhnliche Ereignisse)
  36. Verwendete Ausgabe, S. 372, 4. Z.v.u. (1. Teil, 14. Geheimnisvolle Wundertäter)
  37. Literaturgeschichtliche Anmerkung im Nachwort der verwendeten Ausgabe, S. 417, 1. Z.v.u.
  38. Siehe auch anno 1976: Nationaltheater Weimar, Regie Helfried Schöbel
  39. russ. Die rote Insel
  40. russ. Fenko, Alexander Konstantinowitsch