Rad (Mathematik)

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Ein Diagramm eines Rads: Die reelle projektive Gerade zusammen mit dem ungültigen Element in der Mitte.

Ein Rad ist eine algebraische Struktur, in der die Division durch null definiert ist. Die reellen Zahlen können wie jeder kommutative Ring mit Einselement zu einem Rad erweitert werden.

Der Name rührt von der topologischen Darstellung der reellen projektive Geraden mit einem Element .[1]

Definition[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein Rad ist eine Menge mit zwei kommutativen und assoziativen zweistelligen Operationen und , der einstelligen Operation und jeweiligen neutralen Elementen , dem unendlich fernen Punkt und dem undefinierten Element , für die die folgenden Beziehungen, genannt Radaxiome, gelten:

  • und .
  • ist eine Involution: Für alle gilt: .
  • ist multiplikativ: Für alle gilt: .
  • Für alle gilt:
(Schwache Distributivität von und )
  • Für alle gilt:
(Schwache Distributivität von und )
  • (Das Element ist additiv absorbierend.)

Statt wird geschrieben. Ebenso wird die Schreibweise mit Bruchstrich verwendet.

Das Negative von ist, sofern es existiert, das (eindeutige) Element , das die Gleichung erfüllt; dann ist das Negative von und die Subtraktion wird durch definiert.

Ein Rad kann intuitiv als kommutativer Ring (oder Halbring) betrachtet werden, bei dem Addition und Multiplikation keine Gruppe, sondern ein kommutatives Monoid und ein kommutatives Monoid mit Involution sind.[1]

Algebraische Eigenschaften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In einem Rad ersetzt die übliche zweistellige Division: Die Operation ist dem multiplikativen Inversen ähnlich, aber nicht gleich: So ist etwa , jedoch ist das nicht notwendigerweise . Außerdem werden einige Identitäten, die in Ringen stets gültig sind, verletzt:

  • ist möglich, denn für ist .
  • ist möglich, denn für ist .
  • ist möglich, da .

Beweisbar sind hingegen folgende abgeschwächte Identitäten:

Für Elemente , die und erfüllen, gilt wie in Ringen üblich:

Gibt es , so ist mit den Operationen und ein kommutativer Ring; jeder kommutative Ring ist auf diese Weise Teilmenge eines Rads. Ist außerdem ein invertierbares Element des Rings, so ist . Das heißt, wenn wohldefiniert ist, ist es mit identisch, jedoch ist immer definiert, auch für .

Beispiele[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bruchrad[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Sei ein kommutativer Ring mit Eins und ein multiplikatives Untermonoid von . Die Kongruenzrelation sei definiert als:

genau dann, wenn es gibt, sodass gilt.

Das Bruchrad von in Bezug auf ist der Quotient , für den man schreibt; die Äquivalenzklasse von wird als notiert. Die Operationen , und und die Konstanten und sind wie folgt definiert:

Dabei gilt

für alle ,

und man schreibt .

Für wird das Symbol verwendet.

Projektive Gerade und Riemmann-Sphäre[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ist der in der o. g. Konstruktion verwendete Ring ein Körper, so ist das Bruchrad eine projektive Gerade, erweitert um einen zusätzlichen Punkt . Die projektive Gerade ist eine Erweiterung des Körpers um den unendlich fernen Punkt , wobei für alle ; in der projektiven Gerade ist immer noch undefiniert, wird jedoch definiert durch die erneute Erweiterung zu einem Rad.

Ausgehend von den reellen Zahlen ist die entsprechende projektive Gerade geometrisch ein Kreis, und der zusätzliche Punkt ergibt die Form, von der sich der Begriff Rad ableitet. Geht man stattdessen von den komplexen Zahlen aus, so ist die entsprechende projektive Gerade die Riemann-Sphäre, und der zusätzliche Punkt ergibt eine dreidimensionale Version eines Rades.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Anton Setzer: Wheels. 7. Dezember 1997 (uu.se [PDF; 124 kB; abgerufen am 28. November 2023]).
  • J. Carlström (2004), s. Einzelnachweise
  • Jan A. Bergstra, John Vivian Tucker: The rational numbers as an abstract data type. In: Journal of the ACM. Band 54, Nr. 2, 1. April 2007, S. 7, doi:10.1145/1219092.1219095 (englisch, acm.org).
  • Alban Ponse, Jan A. Bergstra: Division by Zero in Common Meadows. In: Software, Services, and Systems: Essays Dedicated to Martin Wirsing on the Occasion of His Retirement from the Chair of Programming and Software Engineering (= Lecture Notes in Computer Science). Band 8950. Springer International Publishing, 2015, ISBN 978-3-319-15544-9, S. 46–61, doi:10.1007/978-3-319-15545-6_6, arxiv:1406.6878 (englisch, springer.com).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Jesper Carlström: Wheels – On Division by Zero. In: Cambridge University Press (Hrsg.): Mathematical Structures in Computer Science. Band 14, Nr. 1, 2004, S. 143–184, doi:10.1017/S0960129503004110 (englisch, su.se [PDF; 342 kB; abgerufen am 28. November 2023]).