„Tumormikroumgebung“ – Versionsunterschied

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Als '''Tumormikroumgebung''', auch '''Tumormikromilieu''' genannt, bezeichnet man in der [[Onkologie]] das unmittelbare Umfeld eines [[Malignität|bösartigen]] [[Tumor]] in einem [[Organismus]].
Als '''Tumormikroumgebung''', auch '''Tumormikromilieu''' ([[Englische Sprache|engl.]] ''tumor microenvironment'') genannt, bezeichnet man in der [[Onkologie]] das unmittelbare Umfeld eines [[Malignität|bösartigen]] [[Tumor]] in einem [[Organismus]]. Die Tumormikroumgebung hat einen entscheidenden Einfluss auf die [[Karzinogenese]] (Tumorentwicklung).<ref name="PMID22293269">P. Dey: [http://www.indianjcancer.com/article.asp?issn=0019-509X;year=2011;volume=48;issue=4;spage=507;epage=512;aulast=Dey ''Epigenetic changes in tumor microenvironment.''] In: ''Indian journal of cancer.'' Band 48, Nummer 4, 2011 Oct-Dec, S.&nbsp;507–512, {{ISSN|1998-4774}}. {{DOI|10.4103/0019-509X.92246}}. PMID 22293269. (Review).</ref>


== Beschreibung ==
Die entarteten, sich unkontrolliert vermehrenden [[Zelle (Biologie)|Zellen]] eines Organismus werden als [[Tumor]]zellen bezeichnet. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie aufgrund permanenter und unbegrenzter Zellteilung potenziell unsterblich sind. Sie tragen genetische [[Mutation]]en, [[Chromosomenaberration|Chromosomenanomalien]], [[Epigenetik|epigenetische]] Veränderungen, veränderten [[Stoffwechsel]] ([[Glykolyse]] bzw. [[Warburg-Hypothese|Warburg-Effekt]]), umgehen den programmierten Zelltod ([[Apoptose]]) und sie reagieren nicht auf die [[Zellproliferation]] hemmende Signale.
Die entarteten, sich unkontrolliert vermehrenden [[Zelle (Biologie)|Zellen]] eines Organismus werden als [[Tumor]]zellen bezeichnet. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie aufgrund permanenter und unbegrenzter Zellteilung potenziell unsterblich sind. Sie tragen genetische [[Mutation]]en, [[Chromosomenaberration|Chromosomenanomalien]], [[Epigenetik|epigenetische]] Veränderungen, veränderten [[Stoffwechsel]] ([[Glykolyse]] bzw. [[Warburg-Hypothese|Warburg-Effekt]]), umgehen den programmierten Zelltod ([[Apoptose]]) und sie reagieren nicht auf die [[Zellproliferation]] hemmende Signale.
Diese Zellen sind jedoch in Zellverbände eingebettet, in welchen auch noch andere, nicht entartete Zellen vorhanden sind, die diese Eigenschaften nicht besitzen. Diese Zellen bilden die Tumormikroumgebung, welche am häufigsten aus [[Fibroblast|Fibroblasten]], [[Glatte Muskulatur|glatten Muskelzellen]], Fettzellen ([[Adipozyten]]), [[Endothel]]zellen und Zellen des [[Immunsystem]]s zusammengesetzt ist.
Diese Zellen sind jedoch in Zellverbände eingebettet, in welchen auch noch andere, nicht entartete Zellen vorhanden sind, die diese Eigenschaften nicht besitzen. Diese Zellen bilden die Tumormikroumgebung, welche am häufigsten aus [[Fibroblast|Fibroblasten]], [[Glatte Muskulatur|glatten Muskelzellen]], Fettzellen ([[Adipozyten]]), [[Endothel]]zellen und Zellen des [[Immunsystem]]s zusammengesetzt ist.


In der Vergangenheit beschränkte sich die naturwissenschaftlich-medizinische Forschung der Tumoren auf die Tumorzellen und erst seit Beginn der 1990er Jahre wird die Bedeutung der umgebenden Zellen erfasst. Diese Zellen greifen aktiv in das Geschehen des Tumorwachstums ein. In der Anfangsphase der Tumorentstehung versuchen diese Zellen das Tumorwachstum einzuschränken, werden jedoch später durch bestimmte Botenstoffe, die die Tumorzellen ausschütten weitgehend inaktiviert bzw. fördern sie aktiv das Tumorwachstum.
In der Vergangenheit beschränkte sich die naturwissenschaftlich-medizinische Forschung der Tumoren im Wesentlichen auf die Tumorzellen. Erst seit Beginn der 1990er Jahre wird die Bedeutung der umgebenden Zellen erfasst. Diese Zellen greifen aktiv in das Geschehen des Tumorwachstums, sowie in die [[Metastase|Metastasierung]]<ref name="PMID22322279">D. Spano, M. Zollo: ''Tumor microenvironment: a main actor in the metastasis process.'' In: ''Clinical & experimental metastasis.'' Band 29, Nummer 4, April 2012, S.&nbsp;381–395, {{ISSN|1573-7276}}. {{DOI|10.1007/s10585-012-9457-5}}. PMID 22322279. (Review).</ref> ein. In der Anfangsphase der Tumorentstehung versuchen diese Zellen das Tumorwachstum einzuschränken, werden jedoch später durch bestimmte Botenstoffe, die die Tumorzellen ausschütten weitgehend inaktiviert bzw. fördern sie aktiv das Tumorwachstum.
Am bisher besten erforscht sind die Bildung neuer Blutgefäße ([[Neovaskularisierung]]), die Eigenschaften der Krebs-assoziierten Fibroblasten (auch Tumor-assoziierte Fibroblasten genannt, [[Englische Sprache|engl.]] ''tumor-/ cancer associated fibroblasts'', CAF) und die Tumor-assoziierten [[Makrophagen]] (engl. ''tumor associated macrophages'', TAM).
Am bisher besten erforscht sind die Bildung neuer Blutgefäße ([[Neovaskularisierung]]), die Eigenschaften der Krebs-assoziierten Fibroblasten (auch Tumor-assoziierte Fibroblasten genannt, engl. ''tumor-/ cancer associated fibroblasts'', CAF) und die Tumor-assoziierten [[Makrophagen]] (engl. ''tumor associated macrophages'', TAM).
Oftmals sind diese speziellen Fibroblasten und Makrophagen, sowie andere Zellen des Immunsystems, an einer chronischen Entzündung des Tumorgewebes beteiligt, welche ebenfalls als tumorfördernd gilt. Im Gegensatz dazu ist eine akute Entzündungsreaktion in der Regel bei der Tumorbekämpfung eher nützlich.
Oftmals sind diese speziellen Fibroblasten und Makrophagen, sowie andere Zellen des Immunsystems, an einer chronischen Entzündung des Tumorgewebes beteiligt, welche ebenfalls als tumorfördernd gilt. Im Gegensatz dazu ist eine akute Entzündungsreaktion in der Regel bei der Tumorbekämpfung eher nützlich.


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== Literatur ==
== Literatur ==
* D. Hanahan, R. A. Weinberg: ''Hallmarks of Cancer: The Next Generation.'' In: ''Cell.'' Band 144, Nummer 5, S.&nbsp;646–674. {{DOI|10.1016/j.cell.2011.02.013}} PMID 21376230(Review)
* D. Hanahan, R. A. Weinberg: ''Hallmarks of Cancer: The Next Generation.'' In: ''Cell.'' Band 144, Nummer 5, S.&nbsp;646–674. {{DOI|10.1016/j.cell.2011.02.013}} PMID 21376230(Review)

== Einzelnachweise ==
<references />


[[Kategorie:Onkologie]]
[[Kategorie:Onkologie]]

Version vom 9. Juli 2012, 15:22 Uhr

Als Tumormikroumgebung, auch Tumormikromilieu (engl. tumor microenvironment) genannt, bezeichnet man in der Onkologie das unmittelbare Umfeld eines bösartigen Tumor in einem Organismus. Die Tumormikroumgebung hat einen entscheidenden Einfluss auf die Karzinogenese (Tumorentwicklung).[1]

Beschreibung

Die entarteten, sich unkontrolliert vermehrenden Zellen eines Organismus werden als Tumorzellen bezeichnet. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie aufgrund permanenter und unbegrenzter Zellteilung potenziell unsterblich sind. Sie tragen genetische Mutationen, Chromosomenanomalien, epigenetische Veränderungen, veränderten Stoffwechsel (Glykolyse bzw. Warburg-Effekt), umgehen den programmierten Zelltod (Apoptose) und sie reagieren nicht auf die Zellproliferation hemmende Signale. Diese Zellen sind jedoch in Zellverbände eingebettet, in welchen auch noch andere, nicht entartete Zellen vorhanden sind, die diese Eigenschaften nicht besitzen. Diese Zellen bilden die Tumormikroumgebung, welche am häufigsten aus Fibroblasten, glatten Muskelzellen, Fettzellen (Adipozyten), Endothelzellen und Zellen des Immunsystems zusammengesetzt ist.

In der Vergangenheit beschränkte sich die naturwissenschaftlich-medizinische Forschung der Tumoren im Wesentlichen auf die Tumorzellen. Erst seit Beginn der 1990er Jahre wird die Bedeutung der umgebenden Zellen erfasst. Diese Zellen greifen aktiv in das Geschehen des Tumorwachstums, sowie in die Metastasierung[2] ein. In der Anfangsphase der Tumorentstehung versuchen diese Zellen das Tumorwachstum einzuschränken, werden jedoch später durch bestimmte Botenstoffe, die die Tumorzellen ausschütten weitgehend inaktiviert bzw. fördern sie aktiv das Tumorwachstum. Am bisher besten erforscht sind die Bildung neuer Blutgefäße (Neovaskularisierung), die Eigenschaften der Krebs-assoziierten Fibroblasten (auch Tumor-assoziierte Fibroblasten genannt, engl. tumor-/ cancer associated fibroblasts, CAF) und die Tumor-assoziierten Makrophagen (engl. tumor associated macrophages, TAM). Oftmals sind diese speziellen Fibroblasten und Makrophagen, sowie andere Zellen des Immunsystems, an einer chronischen Entzündung des Tumorgewebes beteiligt, welche ebenfalls als tumorfördernd gilt. Im Gegensatz dazu ist eine akute Entzündungsreaktion in der Regel bei der Tumorbekämpfung eher nützlich.

Die tumorfördernden Zellen der Tumormikroumgebung dienen als Quellen neuer Biomarker und als therapeutische Ziele in der Krebsbekämpfung. Ein wesentlicher Vorteil ist dabei die genetische Stabilität dieser Zellen, im Vergleich zu den stets genetisch instabilen Krebszellen, die dadurch potenziell immer wieder Resistenzen bilden können. Dadurch stellt die Tumormikroumgebung ein verlässlicheres therapeutisches Ziel als die Krebszelle selbst dar.

Literatur

Einzelnachweise

  1. P. Dey: Epigenetic changes in tumor microenvironment. In: Indian journal of cancer. Band 48, Nummer 4, 2011 Oct-Dec, S. 507–512, ISSN 1998-4774. doi:10.4103/0019-509X.92246. PMID 22293269. (Review).
  2. D. Spano, M. Zollo: Tumor microenvironment: a main actor in the metastasis process. In: Clinical & experimental metastasis. Band 29, Nummer 4, April 2012, S. 381–395, ISSN 1573-7276. doi:10.1007/s10585-012-9457-5. PMID 22322279. (Review).