„Beltrami-Klein-Modell“ – Versionsunterschied
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In der Geometrie versteht man unter dem Beltrami-Klein-Modell ein Modell der hyperbolischen Ebene. Es ist eines der Standardbeispiele einer nicht-euklidischen Geometrie und geht auf den italienischen Mathematiker Eugenio Beltrami (1835 - 1900) und den deutschen Mathematiker Felix Klein (1849 - 1925) zurück[1][2][3]. Im deutschen Sprachraum wird das Modell oft einfach als Kleinsches Modell bezeichnet[4][5]; manchmal auch als Modell von Cayley und Klein[6], wobei die letztere Bezeichnung der Tatsache Rechnung trägt, dass die Entwicklung des Modells durch Felix Klein neben den Untersuchungen von Eugenio Beltrami im besonderen Maße auch Ergebnisse von Arthur Cayley (1821 - 1895) berücksichtigt[7].
Populär wird das Beltrami-Klein-Modell auch Bierdeckelgeometrie genannt[8][9].
Strukturelemente
Das Beltrami-Klein-Modell hat folgende Strukturelemente[10][11][12][13]:
- Die zugrundeliegende Punktmenge ist die Menge der inneren Punkte einer Kreisscheibe der Euklidischen Ebene.
- Die zugrundeliegende Geradenmenge besteht aus allen innerhalb der offenen Kreisscheibe gelegenen Sehnen[14].
- Die Inzidenzrelation zwischen Punkten und Geraden und die geometrische Anordnung (Zwischenrelation) werden von der Euklidischen Ebene übernommen.
- Anstelle des Euklidischen Abstandes tritt der hyperbolische Abstand.
Isomorphie
Das Beltrami-Klein-Modell ist eng verwandt mit dem Poincaréschen Scheibenmodell der hyperbolischen Ebene. Man kann zeigen, dass beide Modelle isomorph sind[15]. Allgemein gilt der Hauptsatz der hyperbolischen Geometrie[16]:
- Jede stetige hyperbolische Ebene ist isomorph zur hyperbolischen Ebene über dem Körper der reellen Zahlen.
Zur Bedeutung der Beltrami-Klein-Modell
In der Bierdeckelgeometrie ist das Euklidische Parallelenaxiom nicht erfüllt , jedoch alle anderen Axiome der Euklidischen Ebene. Da nun die Bierdeckelgeometrie mittels Strukturelementen der Euklidischen Ebene widerspruchsfrei entwickelt wurde, ist mit den Worten des Mathematikers Richard Baldus folgende zusammenfassende Feststellung zu treffen[17]:
- <<... Man kann aus der Euklidischen Geometrie beweisen, daß es nicht möglich ist, die Aussage des Euklidischen Parallelenaxioms aus den übrigen Axiomen der Euklidischen Geometrie als Satz abzuleiten. ... >>
Der Logiker und Wissenschaftstheoretiker Godehard Link kommentiert dazu folgendes[18]:
- <<... Nicht-euklidische Geometrien sind genau von dieser Art: sie sind Modelle der Kernaxiome, die zugleich das Parallelenaxiom falsch machen. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden solche Geometrien gefunden. Sie beruhen auf einer radikalen Uminterpretation der anschaulichen Bedeutung geometrischer Begriffe. Dennoch kann man sich auch diese Geometrien veranschaulichen, indem man ihre Axiome mit Hilfe der derart umgedeuteten Begriffe in der klassischen ebenen Geometrie darstellt. Wiederum modern gesprochen, interpretiert man die nicht-euklidische Geometrie in der euklidischen Geometrie. ...
- Im Fall der Geometrie kann man das Verfahren der Interpretation etwa durch das sogenannte Kleinsche Modell der hyperbolischen Geometrie innerhalb einer euklidischen Ebene illustrieren ... >>
Quellen
- Richard Baldus: Nichteuklidische Geometrie. Hyperbolische Geometrie der Ebene. Bearbeitet und ergänzt von Frank Löbell (= Sammlung Göschen. 970 / 970a). 4. Auflage. Verlag Walter de Gruyter, Berlin 1964.
- Eugenio Beltrami: Saggio di interpetrazione della geometria non-euclidea. In: Giornale di Matematiche. Band 6, 1868, S. 284–312 ([1]).
- Andreas Filler: Euklidische und nichteuklidische Geometrie (= Mathematische Texte. Band 7). BI Wissenschaftsverlag, Mannheim [u.a.] 1993, ISBN 3-411-16371-2.
- David Hilbert und Stephan Cohn-Vossen: Anschauliche Geometrie. 2. Auflage. Springer-Verlag, Berlin [u.a.] 1996, ISBN 3-540-59069-2.
- Helmut Karzel; Kay Sörensen ; Dirk Windelberg: Duden Rechnen und Mathematik (= Uni-Taschenbücher. Band 184). 4., völlig neu bearbeitete Auflage. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1973, ISBN 3-525-03406-7.
- Felix Klein: Über die sogenannte nicht-euklidische Geometrie. In: Math. Ann. Band 4, 1871, S. 573–625.
- Horst Knörrer: Geometrie. 2., aktualisierte Auflage. Vieweg-Verlag, Wiesbaden 2006, ISBN 978-3-8348-0210-1.
- Georg Nöbeling: Einführung in die nichteuklidischen Geometrien der Ebene. Verlag Walter de Gruyter, Berlin 1976, ISBN 3-11-002001-7.
- Harald Scheid [Bearbeiter]: Duden Rechnen und Mathematik. 4., völlig neu bearbeitete Auflage. Bibliographisches Institut, Mannheim [u.a.] 1985, ISBN 3-411-02423-2.
- Godehard Link: Collegium Logicum. Mentis, Paderborn 2009, DNB 996736883 (Online (PDF)).
Einzelnachweise
- ↑ Beltrami: In: Giornale di Matematiche. 1868, S. 284 ff.
- ↑ Klein: In: Math. Ann. Band 4, 1871, S. 573 ff.
- ↑ Knörrer: S. 148 - 153, 364.
- ↑ Duden Rechnen und Mathematik. S. 435.
- ↑ Filler: S. 194.
- ↑ Filler: S. 194.
- ↑ Siehe Einleitung der Originalarbeit von Felix Klein (In: Math. Ann. Band 4, S. 573 ff. sowie Baldus: S. 146.
- ↑ Duden Rechnen und Mathematik. S. 435, 703.
- ↑ Vgl. Collegium Logicum (->Weblink) von Prof. Link, S. 7-8
- ↑ Hilbert / Cohn-Vossen: S. 214.
- ↑ Karzel et al.: S. 184–187.
- ↑ Knörrer: S. 149.
- ↑ Nöbeling: S. 19.
- ↑ Es wird also von jeder Sekante durch die Kreisscheibe jeweils das innerhalb gelegene Segment unter Ausschluss der auf der Kreislinie gelegenen beiden Sekantenpunkte betrachtet.
- ↑ Knörrer: S. 149.
- ↑ Karzel et al.: S. 184.
- ↑ Baldus: S. 66.
- ↑ a.a.O.