„Follikelsprung“ – Versionsunterschied

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Als '''Follikelsprung''', '''Ovulation''' oder '''Eisprung''' wird die Ausstoßung der unbefruchteten [[Eizelle]] aus dem [[Eierstock]] bezeichnet. Der Eisprung findet etwa zur Mitte des weiblichen [[Menstruationszyklus]] statt und ist die Voraussetzung für die [[Befruchtung]] der Eizelle durch ein [[Spermium]] im [[Eileiter]]. Bereits im 12. Jahrhundert bestimmte [[Maimonides]], ein jüdischer Gelehrter, den 14. Zyklustag als den fruchtbaren Tag.<ref>Katayoun Fattahian: ''Die Bestimmung der fertilen Zeit im Zyklus der Frau mittels cyclotest 2 plus''. Düsseldorf, 1999, S. 1.</ref> Der „Zweck“ des Menstruationszyklus, der Eisprung, wurde 1842 von [[Theodor Bischoff]] und von [[Félix Archimède Pouchet]] in seiner Bedeutung erkannt.
Als '''Follikelsprung''', '''Ovulation''' oder '''Eisprung''' wird die Ausstoßung der unbefruchteten [[Eizelle]] aus dem [[Eierstock]] bezeichnet. Er ist die Voraussetzung für die Befruchtung der Eizelle durch ein [[Spermium]] im [[Eileiter]]. Der Eisprung findet 10-16 Tage vor der nächsten Menstruationsblutung statt. Irreführend ist die häufig gemachte Angabe „etwa am 14.Zyklustag“ oder  „etwa zur Mitte des Zyklus“, weil dies einen 28-Tage-Zyklus voraussetzt. Neuere Untersuchungen belegen, dass der 28-Tage-Zyklus auch bei gesunden Frauen nur in etwa 13% der Zyklen vorkommt. Der Eisprung findet – je nach Dauer der  Eireifungsphase,  an unterschiedlichen Zyklustagen statt, in nur 25% der Fälle am 14. oder 15. Zyklustag. In 60% der Fälle findet er erst nach dem 14. Zyklustag statt, in 5% bereits am 11.Zyklustag oder noch früher<ref name=":0">{{Literatur|Autor=Elisabeth Raith-Paula, Petra Frank-Hermann, Günter Freundl, Thomas Strowitzki|Titel=Natürliche Familienplanung heute: Modernes Zykluswissen für Beratung und Anwendung.|Hrsg=|Sammelwerk=|Band=|Nummer=|Auflage=5. Auflage.|Verlag=Springer Verlag|Ort=|Datum=2013|Seiten=134ff|ISBN=978-3-642-29783-0}}</ref>. Entsprechend variabel ist auch die fruchtbare Zeit: berechnet man die etwa 5tägige Überlebenszeit der Spermien mit ein, kann bei einem frühen Eisprung ein Geschlechtsverkehr am 6. oder 7. Zyklustag  bereits zu einer Schwangerschaft führen. Umgekehrt sind gerade junge Frauen mit späteren Eisprüngen nicht selten erst dann fruchtbar, wenn man – dem klassischen 28-Tage-Zyklus entsprechend – bereits wieder die nächste Blutung erwarten würde. Dennoch bleibt es erstaunlich, dass bereits im 12. Jahrhundert [[Maimonides]], ein jüdischer Gelehrter, den 14. Zyklustag als den fruchtbaren Tag bestimmte.<ref>Katayoun Fattahian: ''Die Bestimmung der fertilen Zeit im Zyklus der Frau mittels cyclotest 2 plus''. Düsseldorf, 1999, S. 1.</ref> Der „Zweck“ des Menstruationszyklus, der Eisprung, wurde 1842 von [[Theodor Bischoff]] und von [[Félix Archimède Pouchet]] in seiner Bedeutung erkannt.


== Physiologie ==
== Physiologie ==
Der Eisprung ist die Voraussetzung für eine Verschmelzung von Eizelle und Spermium (Befruchtung). Die Eizelle reift innerhalb des Eierstocks heran und wird etwa in der Mitte des [[Menstruationszyklus|weiblichen Zyklus]] in den Eileiter ausgestoßen, wo bereits einige Minuten nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr Spermien nachgewiesen werden können.
Der Eisprung ist die Voraussetzung für eine Verschmelzung von Eizelle und Spermium (Befruchtung). Die Eizelle reift innerhalb des Eierstocks heran und wird je nach Länge der Eireifungsphase früher oder später im [[Menstruationszyklus]] - in den Eileiter ausgestoßen, wo während dieser fruchtbaren Phase – d.h. wenn die Spermien einen geöffneten Muttermund und Zervixschleim vorfinden - bereits einige Minuten nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr Spermien nachgewiesen werden können.


Die Eierstöcke beherbergen bei der Geburt zusammen etwa 1–2 Millionen Eizellen. Die Eizellen werden von Begleitzellen umgeben. Eine Eizelle und ihre Begleitzellen bilden zusammen einen so genannten [[Ovarialfollikel|Follikel]]. In jedem Zyklus reifen 10–20 Follikel (bezeichnet als Kohorte) heran, von denen schließlich ein Follikel dominant wird und zum sprungreifen Follikel heranwächst.
Die Eierstöcke beherbergen bei der Geburt zusammen etwa 1–2 Millionen Eizellen. Die Eizellen werden von Begleitzellen umgeben. Eine Eizelle und ihre Begleitzellen bilden zusammen einen so genannten [[Ovarialfollikel|Follikel]]. In jedem Zyklus reifen 10–20 Follikel (bezeichnet als Kohorte) heran, von denen schließlich ein Follikel dominant wird und zum sprungreifen Follikel heranwächst.
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== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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== Weblinks ==
== Weblinks ==

Version vom 15. Juli 2016, 20:40 Uhr

Aufnahme einer Ovulation
Vorgänge im Eierstock während der Eizellenreifung

Als Follikelsprung, Ovulation oder Eisprung wird die Ausstoßung der unbefruchteten Eizelle aus dem Eierstock bezeichnet. Er ist die Voraussetzung für die Befruchtung der Eizelle durch ein Spermium im Eileiter. Der Eisprung findet 10-16 Tage vor der nächsten Menstruationsblutung statt. Irreführend ist die häufig gemachte Angabe „etwa am 14.Zyklustag“ oder  „etwa zur Mitte des Zyklus“, weil dies einen 28-Tage-Zyklus voraussetzt. Neuere Untersuchungen belegen, dass der 28-Tage-Zyklus auch bei gesunden Frauen nur in etwa 13% der Zyklen vorkommt. Der Eisprung findet – je nach Dauer der  Eireifungsphase,  an unterschiedlichen Zyklustagen statt, in nur 25% der Fälle am 14. oder 15. Zyklustag. In 60% der Fälle findet er erst nach dem 14. Zyklustag statt, in 5% bereits am 11.Zyklustag oder noch früher[1]. Entsprechend variabel ist auch die fruchtbare Zeit: berechnet man die etwa 5tägige Überlebenszeit der Spermien mit ein, kann bei einem frühen Eisprung ein Geschlechtsverkehr am 6. oder 7. Zyklustag  bereits zu einer Schwangerschaft führen. Umgekehrt sind gerade junge Frauen mit späteren Eisprüngen nicht selten erst dann fruchtbar, wenn man – dem klassischen 28-Tage-Zyklus entsprechend – bereits wieder die nächste Blutung erwarten würde. Dennoch bleibt es erstaunlich, dass bereits im 12. Jahrhundert Maimonides, ein jüdischer Gelehrter, den 14. Zyklustag als den fruchtbaren Tag bestimmte.[2] Der „Zweck“ des Menstruationszyklus, der Eisprung, wurde 1842 von Theodor Bischoff und von Félix Archimède Pouchet in seiner Bedeutung erkannt.

Physiologie

Der Eisprung ist die Voraussetzung für eine Verschmelzung von Eizelle und Spermium (Befruchtung). Die Eizelle reift innerhalb des Eierstocks heran und wird – je nach Länge der Eireifungsphase früher oder später im Menstruationszyklus - in den Eileiter ausgestoßen, wo während dieser fruchtbaren Phase – d.h. wenn die Spermien einen geöffneten Muttermund und Zervixschleim vorfinden - bereits einige Minuten nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr Spermien nachgewiesen werden können.

Die Eierstöcke beherbergen bei der Geburt zusammen etwa 1–2 Millionen Eizellen. Die Eizellen werden von Begleitzellen umgeben. Eine Eizelle und ihre Begleitzellen bilden zusammen einen so genannten Follikel. In jedem Zyklus reifen 10–20 Follikel (bezeichnet als Kohorte) heran, von denen schließlich ein Follikel dominant wird und zum sprungreifen Follikel heranwächst.

Obwohl es zwei Eierstöcke gibt, wird bei der Frau und anderen Monopara normalerweise nur eine Eizelle pro Zyklus entwickelt. Welcher Eierstock zum Follikel-Lieferanten wird, ist im Wesentlichen zufällig, denn es gibt keine Rechts-links-Koordination. Die Entwicklung der Follikel und der Eisprung werden durch ein hormonelles Regelsystem gesteuert, das sich zwischen dem Hypothalamus (einer Region im Zwischenhirn), der Hirnanhangsdrüse und den Eierstöcken ausspannt. Im Hypothalamus wird das Hormon Gonadoliberin (GnRH) ausgeschüttet, welches in der Hirnanhangsdrüse die Produktion der gonadotropen Hormone LH (Luteinisierendes Hormon) und FSH (Follikelstimulierendes Hormon) verstärkt. Durch die Wirkung von FSH kommt es zu einem schnellen Wachstum einer Kohorte von Follikeln innerhalb der Eierstöcke. FSH ermöglicht zudem die verstärkte Bildung von Estrogenen in den Follikeln.

Die Auswahl des dominanten Follikels beruht auf einem negativen Rückkopplungsprozess. Die durch die Follikel produzierten Estrogene (hauptsächlich Estradiol) hemmen die Ausschüttung von FSH aus der Hirnanhangsdrüse. Der am weitesten gereifte Follikel zeichnet sich durch eine höhere Empfindlichkeit seiner Rezeptoren gegenüber FSH aus. Er schüttet zudem das Hormon Inhibin aus, das ebenfalls die FSH-Produktion der Hirnanhangsdrüse hemmt. Die verminderte Verfügbarkeit von FSH führt dazu, dass die weniger gereiften Follikel absterben (Atresie) und nur noch der dominante Follikel übrigbleibt. Dieser reift zum sprungbereiten Follikel aus und erhöht seine Estradiol-Produktion massiv.

Etwa zehn bis 16 Tage vor der folgenden Menstruation führt diese verstärkte Estradiol-Ausschüttung durch den Follikel zu einer plötzlichen Ausschüttung großer Mengen von LH aus der Hirnanhangsdrüse (durch den Prozess einer positiven Rückkopplung). Dieser als LH-Spitze (LH-Peak) bezeichnete Anstieg der LH-Konzentration führt etwa 24 Stunden später zum Eisprung. Hierbei verursacht der sprungbereite Follikel zunächst eine Vorwölbung der Eierstockwand, die als Stigma bezeichnet wird. Die Follikelwand, die Oberfläche des Eierstocks und dazwischenliegendes Bindegewebe werden durch Enzyme zersetzt (proteolytische Enzyme). Im nächsten Schritt entleert sich der Follikel, so dass die Eizelle herausgestoßen und vom Eileiter aufgenommen wird. Unterstützt wird dieser Prozess durch kontraktile Bindegewebszellen (Myofibroblasten), die als Theca externa den Follikel umscheiden. Der kollabierte Follikel wandelt sich danach unter dem Einfluss von LH in den Gelbkörper um.

Verhaltensbiologische Wirkung der Hormone und Pheromone

Beim Eisprung wird schubartig Estradiol aus dem geöffneten Follikel freigesetzt, welches das sexuelle Verlangen der Frau erhöht. Gleichzeitig entsteht im weiblichen Vaginalsekret eine erhöhte Konzentration an Ovulations-Kopulinen[3], die dem Mann olfaktorisch die Empfängnisbereitschaft signalisieren und ihre sexuelle Anziehung damit unbewusst erhöhen.[4][5]

Hemmung der Ovulation

Die Ovulationshemmung (Hemmung des Eisprungs bzw. Follikelsprungs) dient der hormonellen Empfängnisverhütung, wie sie beispielsweise mithilfe der Antibabypille, der Minipille, der Hormonspirale, dem Verhütungsstäbchen, dem Vaginalring, der 3-Monats-Spritze und dem Verhütungspflaster erreicht werden kann. Die Wirkung der sogenannten „Pille danach“ besteht darin, einen (unmittelbar bevorstehenden) Eisprung zu verschieben.

Grundlage der Ovulationshemmung ist die Beeinflussung des hormonellen Regelkreises, der die Reifung und Entwicklung der Follikel in den Eierstöcken steuert (Hypothalamus-Hypophyse-Ovar-Regelkreis; vgl. oben und unter Menstruationszyklus). Durch die Gabe von weiblichen Sexualhormonen aus der Gruppe der Estrogene und Gestagene mit Hilfe dieser Ovulationshemmer wird die Ausschüttung des Hormons Gonadoliberin aus dem Hypothalamus und infolgedessen die natürliche Ausschüttung (s. o.) der Hormone LH und FSH aus der Hirnanhangsdrüse (der Hypophyse) gehemmt. Dies führt dazu, dass die oben geschilderte LH-Spitze, die für die Ovulation notwendig ist, nicht eintritt.

Neben der Ovulation wird auch die vorhergehende Follikelreifung durch die erniedrigte FSH-Konzentration beeinträchtigt. Bei Verhütungsmitteln, die nur Gestagene enthalten, wie beispielsweise die Minipille, finden bei einigen Frauen gelegentlich Ovulationen statt, da Gestagene in niedrigen Dosierungen die FSH-Ausschüttung nicht ausreichend hemmen. Für die empfängnisverhütende Wirkung der Minipille ist daher die zusätzliche Verdickung des Zervikalsekrets (Schleim des Gebärmutterhalses) entscheidend. Hierdurch gelingt es den Spermien nicht oder nur sehr vereinzelt, von der Scheide in die Gebärmutter überzutreten.[6]

Eine natürliche Form der Ovulationshemmung, die allerdings erst stattfindet, nachdem bereits eine Schwangerschaft eingetreten ist, bewirkt das vom Embryo ans mütterliche Blut abgegebene Hormon HCG.

Superovulation

Die Erhöhung der Zahl ovulierender Follikel nennt man Superovulation. Sie wird durch Hormongabe ausgelöst und vor allem zur Gewinnung von Eizellen für die In-vitro-Fertilisation und für den Embryotransfer durchgeführt.

Störungen der Ovulation

Eine Störung der Ovulation kann beispielsweise durch eine Follikelreifungsstörung im Rahmen des Polyzystischen Ovarialsyndroms auftreten. Dabei kann die Ovulation mit verringerter Häufigkeit erfolgen (Oligoovulation) oder weitgehend bis vollständig unterbleiben (Anovulation).

Tierreich

Katzen haben eine mechanisch induzierte Ovulation, die durch den Kater ausgelöst wird. Hühner haben täglich aufeinander folgende Ovulationen.

Siehe auch

Literatur

  • Renate Lüllmann-Rauch: Histologie. Verstehen – lernen – nachschlagen. Thieme, Stuttgart u. a. 2003, ISBN 3-13-129241-5, S. 417–445.

Einzelnachweise

[1]

  1. a b Elisabeth Raith-Paula, Petra Frank-Hermann, Günter Freundl, Thomas Strowitzki: Natürliche Familienplanung heute: Modernes Zykluswissen für Beratung und Anwendung. 5. Auflage. Springer Verlag, 2013, ISBN 978-3-642-29783-0, S. 134 ff.
  2. Katayoun Fattahian: Die Bestimmung der fertilen Zeit im Zyklus der Frau mittels cyclotest 2 plus. Düsseldorf, 1999, S. 1.
  3. name="Pheromones: isolation of male sex attractants from a female primate"
  4. Th. Boyd: Ueber Clitoris- und Präputialdrüsen, besonders beim Menschen und bei einigen Thieren. In: Archiv für Gynaekologie. Band 89, Nr 3, Oktober 1909, S. 581–595, doi:10.1007/BF01929547.
  5. Hans-Rudolf Tinneberg, Michael Kirschbaum, F. Oehmke (Hrsg.): Gießener Gynäkologische Fortbildung 2003: 23. Fortbildungskurs für Ärzte der Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Springer-Verlag, Berlin/ Heidelberg/ New York 2013, ISBN 3-662-07492-3, S. 151.
  6. Roberto Rivera, Irene Yacobson, David Grimes: The mechanism of action of hormonal contraceptives and intrauterine contraceptive devices. In: American Journal of Obstetrics and Gynecology. Bd. 181, Nr. 5, 1999, S. 1263–1269, doi:10.1016/S0002-9378(99)70120-1, PMID 10561657.

Weblinks

Wiktionary: Ovulation – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen