„Erziehung in China“ – Versionsunterschied

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[[Datei:China (3635877787).jpg|mini|Chinesische Mutter mit ihrem Kind]]
'''Erziehung''' bedeutet '''in China''', wie in aller Welt, Vermittlung von Kompetenzen und Überlieferung moralischer [[Wert (Philosophie)|Werte]]. Die Werte Chinas – also der [[Volksrepublik China]] und der [[Republik China (Taiwan)]] – basieren bis heute auf den Prinzipien des Konfuzianismus. Der [[Konfuzianismus]] ist eine im späten 6. Jahrhundert v.&nbsp;Chr. entstandene [[Ethik|ethische]] Lehre, die das menschliche Miteinander reguliert. In erheblichem Umfange prägt die konfuzianistische Ethik damit auch die Erziehung.<ref name="ritts">{{Internetquelle |url=http://www.goshenschoolsny.org/schools/GHS/Websites/Unified%20Arts/JMarsiglio/ritts/parenting1.htm |autor=Vicki Ritts |titel=Infusing Culture into parenting issues: A supplement for psychology instructors |datum=Sommer 1998 |zugriff=2017-07-05 }}</ref>

== Grundbegriffe der chinesischen Erziehung==
== Grundbegriffe der chinesischen Erziehung==
=== Familie ===
Die [[Familie]] nimmt im chinesischen Denken eine grundlegend andere Position ein als im westlichen. Sie wird als Urzelle der Gesellschaft gedacht, und die auf sie bezogene Ideologie, die eine Ideologie der [[Hierarchie]] ist, zieht immer größere Kreise und wird am Ende auch auf die Gesamtgesellschaft und den Staat angewandt. Familienbeziehungen basieren nicht auf emotionaler Nähe, gegenseitigem Verstehen oder gar auf Gleichheit, sondern auf [[Soziale Rolle|sozialen Rollen]], die in China mit Größen wie dem Alter und Geschlecht der Familienmitglieder verknüpft sind.<ref name="teon">{{Internetquelle |url=https://china-journal.org/2016/03/14/filial-piety-in-chinese-culture/ |autor=Aris Teon |titel=Filial Piety (孝) in Chinese Culture |datum=14. März 2016 |zugriff=2017-07-04}}</ref>

=== Beziehung von Vater und Sohn ===
Die Beziehung von Vater und Sohn ist im Konfuzianismus eine von fünf „Kardinalbeziehungen“ (''wǔlún'', 五倫), und diejenige, die das Generationenverhältnis repräsentiert.<ref name="chan">{{Literatur |Autor=Simon T. M. Chan |Titel=East and West: Exploration of the Father-Son Conflict in Chinese Culture from the Perspective of Family Triangulation in the West and the Classical Opera Stories of the East |Herausgeber=Chan Kwok-bun |Sammelwerk=International Handbook of Chinese Families|Ort= |Verlag=Springer |Jahr=2013 |ISBN=978-1-4614-0265-7 |Seiten=393–402 |Online={{Google Buch |BuchID=i7DqB4bOA0cC |Seite=393 }}}}</ref> Die in China bis heute hohe Wertschätzung der Söhne rührt daher, dass es traditionell ''sie'' es waren, die ihre Eltern im Alter versorgt haben, während die Töchter das Elternhaus mit ihrer Heirat verlassen.<ref name="ritts"/>

=== Kindliche Pietät ===
=== Kindliche Pietät ===
{{Hauptartikel|Kindliche Pietät}}
{{Hauptartikel|Kindliche Pietät}}
Die Erziehung in China ist in erheblichem Umfang von der [[Konfuzianismus|konfuzianistische]] [[Ethik]] geprägt. Ein Grundbegriff dieser Ethik ist ''Xiào'' (孝), die kindliche Pietät.
Ein Grundbegriff der konfuzianischen Ethik ist ''Xiào'' (孝), die kindliche Pietät.


Familie basiert in China traditionell und bis heute auf einem Generationenkontrakt.<ref>{{Literatur |Autor=Keith N. Knapp |Titel=Reverent caring: the parent-son relationship in early medieval tales of filial offspring |Herausgeber= Alan Chan, Sor-Hoon Tan|Sammelwerk=Filial Piety in Chinese Thought and History |Ort=London, New York |Verlag=RoutledgeCurzon |Jahr=2004 |ISBN=0-415-33365-2 |Seiten=44–70; hier S. 57 |Online={{Google Buch |BuchID=yFG_0kpVkXIC }}}}</ref> Die jüngere Generation verdankt der älteren ihr Leben, sie verdankt ihr Nahrung, Kleidung, Bildung, kurzum: alles, was sie hat. Für die jüngere Generation folgt daraus eine lebenslange Bürde; sie ist der älteren untergeordnet, verpflichtet und schuldet ihr Gehorsam. Ihre Aufgabe ist es, die ältere Generation stolz und glücklich zu machen, den Älteren zu dienen und sie im Alter zu versorgen.<ref name="knapp142">{{Literatur |Autor=Keith N. Knapp |Titel=Reverent caring: the parent-son relationship in early medieval tales of filial offspring |Herausgeber= Alan Chan, Sor-Hoon Tan|Sammelwerk=Filial Piety in Chinese Thought and History |Ort=London, New York |Verlag=RoutledgeCurzon |Jahr=2004 |ISBN=0-415-33365-2 |Seiten=44–70; hier S. 142 |Online={{Google Buch |BuchID=yFG_0kpVkXIC }}}}</ref> Die Aufgabe der Älteren ist es, die Jüngeren zu versorgen und sie auf verantwortungsvolle Weise zu unterweisen und zu leiten.<ref name="ritts"/>
Die [[Familie]] nimmt im chinesischen Denken eine grundlegend andere Position ein als im westlichen. Sie wird als Urzelle der Gesellschaft gedacht, und die auf sie bezogene Ideologie, die eine Ideologie der [[Hierarchie]] ist, zieht immer größere Kreise und wird am Ende auch auf die Gesamtgesellschaft und den Staat angewandt. Familienbeziehungen basieren nicht auf emotionaler Nähe, gegenseitigem Verstehen oder gar auf Gleichheit, sondern auf [[Soziale Rolle|sozialen Rollen]], die in China mit Größen wie dem Alter und Geschlecht der Familienmitglieder verknüpft sind.<ref name="teon">{{Internetquelle |url=https://china-journal.org/2016/03/14/filial-piety-in-chinese-culture/ |autor=Aris Teon |titel=Filial Piety (孝) in Chinese Culture |datum=14. März 2016 |zugriff=2017-07-04}}</ref>


Kindliche Pietät ist ein zentrales Erziehungsziel und gilt als Schlüsselindikator dafür, wieviel Verantwortungssinn, Reife und Verlässlichkeit eine Person besitzt.<ref name="teon"/> [[Konfuzius]] und [[Mengzi]] halten es für statthaft, dass Kindern ihren Eltern widersprechen, sie müssen dies jedoch mit Achtsamkeit und unter Wahrung der Höflichkeitsregeln tun. <ref name="knapp142"/>
Familie basiert in China traditionell und bis heute auf einem Generationenkontrakt.<ref>{{Literatur |Autor=Keith N. Knapp |Titel=Reverent caring: the parent-son relationship in early medieval tales of filial offspring |Herausgeber= Alan Chan, Sor-Hoon Tan|Sammelwerk=Filial Piety in Chinese Thought and History |Ort=London, New York |Verlag=RoutledgeCurzon |Jahr=2004 |ISBN=0-415-33365-2 |Seiten=44–70; hier S. 57 |Online={{Google Buch |BuchID=yFG_0kpVkXIC |Seite=57 }}}}</ref> Die jüngere Generation verdankt der älteren ihr Leben, sie verdankt ihr Nahrung, Kleidung, Bildung, kurzum: alles, was sie hat. Für die jüngere Generation folgt daraus eine lebenslange Bürde; sie ist der älteren untergeordnet, verpflichtet und schuldet ihr Gehorsam. Ihre Aufgabe ist es, die ältere Generation stolz und glücklich zu machen, den Älteren zu dienen und sie im Alter zu versorgen. Die Aufgabe der Älteren ist es, die Jüngeren zu versorgen. [[Liebe]] wird nicht in Worten und Gesten wie z.&nbsp;B. Umarmungen ausgedrückt, sondern dadurch, dass man jemanden versorgt, insbesondere mit Nahrung. Kindliche Pietät ist ein zentrales Erziehungsziel und gilt als Schlüsselindikator dafür, wieviel Verantwortungssinn, Reife und Verlässlichkeit eine Person besitzt.</ref name="teon">


Diese Prinzipien wirken unvermindert bis in die Gegenwart:
Diese Prinzipien wirken unvermindert bis in die Gegenwart:
{{Zitat-en| Filial piety in East Asia today is at once a family practice, an ideology, and a system of regulating power relations. As practiced in the family, filial piety defines a hierarchical relationship between generations, particularly that of the parent and the child. In this ordered space, filial piety prescribes the ideology of devotion by the grateful child to the parent, and also places debt and obligation at the heart of the discourse on parent-child relationships. Contemporary filial piety is in this sense not merely a vestige of a past family custom, but an ongoing practice of surveillance and control that unleashes considerable disciplinary power. Using a discourse of gratitude and indebtedness, a hierarchy of power is reproduced in everyday life, privileging the old over the young and the parent over the child.|Charlotte Ikels|Filial Piety<ref>{{Literatur |Autor=Charlotte Ikels |Titel=Filial Piety: Practice and Discourse in Contemporary East Asia |Ort=Stanford |Verlag=Stanford University Press |Jahr=2004 |ISBN=0-8047-4790-3 |Seiten=182 |Online={{Google Buch |BuchID=PpSpC15JHeoC |Seite= }}}}</ref>|Übersetzung= Kindliche Pietät ist in Ostasien heute gleichzeitig Erziehungspraxis, Ideologie und ein System der Regulierung von Machtbeziehungen. Wenn sie in der Familie praktiziert wird, definiert kindliche Pietät eine hierarchische Beziheung zwischen den Generationen, besonders zwischen Eltern und Kind. In diesem geordneten Raum bezeichnet kindliche Pietät die Ideologie der Ergebenheit, die das dankbare Kind dem Elternteil entgegenbringt, und sie trägt die Größen Schulden und Verpflichtung ins Herz des Diskurses über die Eltern-Kind-Beziehung. Moderne kindliche Pietät ist in diesem Sinne nicht so sehr ein Überrest alter Familiengebräuche, sondern vielmehr eine aktuelle Praxis der Überwachung und der Kontrolle, die beträchtliche disziplinarische Macht entfesselt. Wo man einen Diskurs der Dankbarkeit und der Verpflichtung führt, wird im alltäglichen Leben eine Machthierarchie nachgebildet, die die Alten gegenüber den Jungen bevorrechtet, und das Elternteil gegenüber dem Kind.}}
{{Zitat-en| Filial piety in East Asia today is at once a family practice, an ideology, and a system of regulating power relations. As practiced in the family, filial piety defines a hierarchical relationship between generations, particularly that of the parent and the child. In this ordered space, filial piety prescribes the ideology of devotion by the grateful child to the parent, and also places debt and obligation at the heart of the discourse on parent-child relationships. Contemporary filial piety is in this sense not merely a vestige of a past family custom, but an ongoing practice of surveillance and control that unleashes considerable disciplinary power. Using a discourse of gratitude and indebtedness, a hierarchy of power is reproduced in everyday life, privileging the old over the young and the parent over the child.|Charlotte Ikels|Filial Piety<ref>{{Literatur |Autor=Charlotte Ikels |Titel=Filial Piety: Practice and Discourse in Contemporary East Asia |Ort=Stanford |Verlag=Stanford University Press |Jahr=2004 |ISBN=0-8047-4790-3 |Seiten=182 |Online={{Google Buch |BuchID=PpSpC15JHeoC |Seite= }}}}</ref>|Übersetzung=Kindliche Pietät ist in Ostasien heute gleichzeitig Erziehungspraxis, Ideologie und ein System der Regulierung von Machtbeziehungen. Wenn sie in der Familie praktiziert wird, definiert kindliche Pietät eine hierarchische Beziheung zwischen den Generationen, besonders zwischen Eltern und Kind. In diesem geordneten Raum bezeichnet kindliche Pietät die Ideologie der Ergebenheit, die das dankbare Kind dem Elternteil entgegenbringt, und sie trägt die Größen Schulden und Verpflichtung ins Herz des Diskurses über die Eltern-Kind-Beziehung. Moderne kindliche Pietät ist in diesem Sinne nicht so sehr ein Überrest alter Familiengebräuche, sondern vielmehr eine aktuelle Praxis der Überwachung und der Kontrolle, die beträchtliche disziplinarische Macht entfesselt. Wo man einen Diskurs der Dankbarkeit und der Verpflichtung führt, wird im alltäglichen Leben eine Machthierarchie nachgebildet, die die Alten gegenüber den Jungen bevorrechtet, und das Elternteil gegenüber dem Kind.}}

In der Kindheit werden zwei Phasen unterschieden, ein „Alter der Unschuld“ und ein „Alter des Verstehens“. Der Konfuzianismus lehrt, dass Neugeborene ein Geschenk der Götter sind, deren angeborene Natur respektiert werden muss. Im „Alter der Unschuld“, das sich über die ersten 5–6 Lebensjahre erstreckt, fehlt Kindern nach konfuzianischer Vorstellung noch der Verstand, um viel lernen zu können. Sie werden darum noch verwöhnt und mit sehr großer Nachsicht behandelt. Die Mutter hat das Kind in dieser Lebensphase stets eng bei sich. Sobald das „Alter des Verstehens“ erreicht wird, setzt aber eine sehr viel schärfere Disziplin ein.<ref name="ritts"/><ref>{{Literatur |Autor=H.W. Stevenson, C. Cehn, S.Y. Lee |Titel=Chinese families |Herausgeber=I.E. Sigel, J.L. Roopnarine, B. Carter |Sammelwerk=Annual advances in applied developmental psychology. Band 5: Parent-child socialization in diverse cultures |Ort=Norwood, NJ |Verlag=Ablex |Jahr=1992 |ISBN= |Seiten=17–33 }}</ref>


=== Sùzhì ===
=== Sùzhì ===
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Zu den Konzepten, die ''Sùzhì'' verwandt sind, zählen ''Jiàoyǎng'' (教养, „Erziehung“) und ''Xiūyǎng'' (修养, „Kultiviertheit“).<ref name="chinastory"/>
Zu den Konzepten, die ''Sùzhì'' verwandt sind, zählen ''Jiàoyǎng'' (教养, „Erziehung“) und ''Xiūyǎng'' (修养, „Kultiviertheit“).<ref name="chinastory"/>


=== Akademische Leistung ===
== Weltweites Interesse an chinesischer Erziehung ==
Eines der zentralen Ziele der chinesischen Erziehung sind traditionell und bis heute hohe akademische Leistungen.<ref name="ho+atwater">{{Literatur |Autor= D.Y.F. Ho |Titel= Chinese patterns of socialization: A critical review |Herausgeber= M.H. Bond |Sammelwerk= The psychology of the Chinese people |Ort= Hong Kong |Verlag= Oxford University Press |Jahr=1986 |ISBN= |Seiten=1–37 }} {{Literatur |Autor=E. Atwater |Titel= Adolescence |Ort=New Jersey |Verlag=Prentice Hall |Auflage=4 |Jahr=1996 |ISBN= }}</ref> Die akademische Förderung setzt ein, sobald das Kind mit 5 oder 6 Jahren das „Alter des Verstehens“ erreicht. <ref>Ruth K. Chao: ''Beyond parental control & authoritarian parenting style: Understanding Chinese parenting through the cultural notion of training''. In: ''Child Development'', Band 45, 1994, S.&nbsp;1111–1119</ref>
Das Interesse der nicht-chinesischen Öffentlichkeit an den Prinzipien der chinesischen Erziehung ist in den letzten Jahren erheblich gestiegen.<ref name="yuzhang">{{Literatur |Autor=Yu Zhang |Titel=National College Entrance Exam in China. Perspectives on Education Quality and Equity |Ort= |Verlag=Springer |Jahr=2016 |ISBN=978-981-10-0508-4 |Seiten=64 |Online={{Google Buch |BuchID=S4N-CwAAQBAJ |Seite=64 }}}}</ref>


=== Gefühlserziehung ===
In den [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten]] bilden die Kinder asiatischer Einwanderer einen erheblichen Anteil der Studentenschaft von Eliteuniversitäten wie [[Harvard University|Harvard]] (16–19&nbsp;%), [[Stanford University|Stanford]] (24&nbsp;%) und [[Massachusetts Institute of Technology|MIT]] (27&nbsp;%).<ref>{{Internetquelle |url=https://www.nytimes.com/2017/01/30/opinion/white-students-unfair-advantage-in-admissions.html |titel=White Students’ Unfair Advantage in Admissions |zugriff=2017-04-07}} {{Internetquelle |url=http://www.nytimes.com/2007/01/07/education/edlife/07asian.html |titel=Little Asia on the Hill |zugriff=2017-04-07 }}</ref> Vor diesem Hintergrund sind die Kontroversen zu verstehen, die in den USA nach der Publikation von [[Amy Chua]]s Buch ''[[Die Mutter des Erfolgs]]'' (2011) entstanden sind.
[[Liebe]] wird nicht in Worten und Gesten wie z.&nbsp;B. Umarmungen ausgedrückt, sondern dadurch, dass man jemanden versorgt, insbesondere mit Nahrung.<ref name="teon"/> Die enge Verbindung der Familienmitglieder zueinander hat auch in der Erziehung Vorrang vor der emotionalen Autonomie. Kinder werden nicht dazu ermutigt, ihre Gefühle auszudrücken.<ref name="ho+atwater"/>


== Erziehung in ländlichen Regionen ==
International zur Kenntnis genommen wurde auch die rapide Zunahme von schulergänzendem Privatunterricht in China in der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts.<ref>{{Internetquelle |url=https://hub.hku.hk/bitstream/10722/161051/1/Content.pdf?accept=1 |autor=Mark Bray, Chad Lykins |titel=Shadow Education. Private Supplementary Tutoring and Its Implications for Policy Makers in Asia |datum=Mai 2012 |zugriff=2017-04-07 }}</ref>
Wie Peggy A. Kong aufgewiesen hat, nehmen Eltern, die in ländlichen Regionen Chinas leben, heute – anders als in der Vergangenheit – großen Anteil an der Schulausbildung ihrer Kinder, deren Wichtigkeit für die Zukunft der Kinder sie erkannt haben, und sich sehr darum bemühen, ein günstiges Lernklima für sie zu schaffen. In der Vergangenheit wurden die Kinder häufig gebraucht, um der Familie zu helfen. Grund ist, dass sie gesehen haben, wie in China wirtschaftlicher und sozialer Wandel stattfindet. Wollen, dass ihre Kinder unter günstigeren Bedingungen leben als sie selbst. Dass sie das Dorf verlassen können.<ref name="kong209">{{Literatur |Autor=Peggy A. Kong |Titel=Parenting, Education and Social Mobility in Rural China. Cultivating dragons and phoenixes |Ort= |Verlag=Routledge |Jahr=2015 |ISBN=978-1138848207 |Seiten=209 |Online={{Google Buch |BuchID=lbLhCgAAQBAJ |Seite= }}}}</ref>

== Die chinesische Erziehung in westlicher Sicht ==
=== Einstufung des chinesischen Erziehungsstils ===
Weil chinesische Eltern von ihren Kindern Gehorsam fordern und in gewissem Sinne ''streng'' sind, wird ihr [[Erziehungsstil]] bei westlichen Autoren oft als [[Erziehungsstil#Autoritärer Erziehungsstil|autoritär]] eingestuft. Wie in den 1993 Jahren [[Ruth K. Chao]] aufgewiesen hat, beruht diese Einstufung aber auf einer sehr [[Ethnozentrismus|ethnozentrischen]] Sichtweise, die an tieferen Einsichten in das Wie und Warum der chinesischen Erziehung kaum interessiert ist. <ref name="chao1993">{{Internetquelle |url=http://files.eric.ed.gov/fulltext/ED361065.pdf |autor=Ruth K. Chao |titel=Clarification of the authoritarian parenting style and parental control: Cultural concepts of Chinese child rearing |werk= Konferenzpapier, vorgelegt auf dem Biennial Meeting der Society for Research in Child Development (60th, New Orleans, 25.–28. März 1993 |zugriff=2017-07-05}}</ref>

Chinesischen Eltern geht es, wenn sie streng erziehen, keineswegs um Macht oder Unterdrückung, sondern sie handeln ebenso aus Anteilnahme am Kind, wie dies bei westlichen Eltern der Fall ist.<ref name="ritts"/> Chao erklärt die chinesische Erziehungsphilosophie anhand der Begriffe ''jiāo xùn'' (教训; „Training“) und ''guǎn'' (管;„Lenken“). ''Jiāo xùn'' ist das Einüben des Kindes in Selbstdisziplin, gute Arbeitsgewohnheiten und generell in das Verhalten, das von ihm erwartet wird. ''Guǎn'' bedeutet Führen, wobei diesem Begriff die im Westen damit oft verbundene Konnotation von [[Drill (Erziehung)|Drill]] und selbstherrlichem Machtmissbrauch fehlt; ''guǎn'' bedeutet auch „lieben“ und „versorgen“. Die chinesische Erziehung steht insofern eher dem [[Autoritative Erziehung|autoritativen Erziehungsstil]] westlicher Familien nahe als einer autoritären Erziehung.<ref name="chao1993"/>


== Erziehungsstile im Elternhaus ==
Eine 1997 in Peking durchgeführte Studie hat bestätigt, dass auch in China ein autoritativer Erziehungsstil Kinder hervorbringt, die friedfertiger, sozial und akademisch erfolgreicher sind als Kinder, die von ihren Eltern autoritär erzogen werden.<ref>{{Literatur |Autor=Chen Xinyin, Dong Qi, Zhou Hong |Titel=Authoritative and Authoritarian Parenting Practices and Social and School Performance in Chinese Children |Sammelwerk=International Journal of Behavioral Development | Jahr=1997 |Band=21 |Seiten=855–873 |Online=[http://journals.sagepub.com/doi/abs/10.1080/016502597384703?journalCode=jbda Abstract]}}</ref> Eine 1998 in Hongkong durchgeführte Studie bestätigt diesen Befund nur zum Teil.<ref>{{Literatur |Autor=Catherine McBride-Chang, Lei Chang |Titel=Adolescent–parent relations in Hong Kong: Parenting styles, emotional autonomy, and school achievement |Sammelwerk=The Journal of Genetic Psychology | Jahr=1998 |Band=159 |Seiten=421–436 |Online=[http://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/00221329809596162 Abstract]}}</ref>
Eine 1997 in Peking durchgeführte Studie hat bestätigt, dass auch in China ein autoritativer Erziehungsstil Kinder hervorbringt, die friedfertiger, sozial und akademisch erfolgreicher sind als Kinder, die von ihren Eltern autoritär erzogen werden.<ref>{{Literatur |Autor=Chen Xinyin, Dong Qi, Zhou Hong |Titel=Authoritative and Authoritarian Parenting Practices and Social and School Performance in Chinese Children |Sammelwerk=International Journal of Behavioral Development | Jahr=1997 |Band=21 |Seiten=855–873 |Online=[http://journals.sagepub.com/doi/abs/10.1080/016502597384703?journalCode=jbda Abstract]}}</ref> Eine 1998 in Hongkong durchgeführte Studie bestätigt diesen Befund nur zum Teil.<ref>{{Literatur |Autor=Catherine McBride-Chang, Lei Chang |Titel=Adolescent–parent relations in Hong Kong: Parenting styles, emotional autonomy, and school achievement |Sammelwerk=The Journal of Genetic Psychology | Jahr=1998 |Band=159 |Seiten=421–436 |Online=[http://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/00221329809596162 Abstract]}}</ref>


=== Weltweites Interesse an chinesischer Erziehung ===
== Erziehung in ländlichen Regionen ==
Das Interesse der nicht-chinesischen Öffentlichkeit an den Prinzipien der chinesischen Erziehung ist in den letzten Jahren erheblich gestiegen.<ref name="yuzhang">{{Literatur |Autor=Yu Zhang |Titel=National College Entrance Exam in China. Perspectives on Education Quality and Equity |Ort= |Verlag=Springer |Jahr=2016 |ISBN=978-981-10-0508-4 |Seiten=64 |Online={{Google Buch |BuchID=S4N-CwAAQBAJ |Seite=64 }}}}</ref>
Wie Peggy A. Kong aufgewiesen hat, nehmen Eltern, die in ländlichen Regionen Chinas leben, heute – anders als in der Vergangenheit – großen Anteil an der Schulausbildung ihrer Kinder, deren Wichtigkeit für die Zukunft der Kinder sie erkannt haben, und sich sehr darum bemühen, ein günstiges Lernklima für sie zu schaffen. In der Vergangenheit wurden die Kinder häufig gebraucht, um der Familie zu helfen. Grund ist, dass sie gesehen haben, wie in China wirtschaftlicher und sozialer Wandel stattfindet. Wollen, dass ihre Kinder unter günstigeren Bedingungen leben als sie selbst. Dass sie das Dorf verlassen können.<ref name="kong209">{{Literatur |Autor=Peggy A. Kong |Titel=Parenting, Education and Social Mobility in Rural China. Cultivating dragons and phoenixes |Ort= |Verlag=Routledge |Jahr=2015 |ISBN=978-1138848207 |Seiten=209 |Online={{Google Buch |BuchID=lbLhCgAAQBAJ |Seite= }}}}</ref>

In den [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten]] bilden die Kinder asiatischer Einwanderer einen erheblichen Anteil der Studentenschaft von Eliteuniversitäten wie [[Harvard University|Harvard]] (16–19&nbsp;%), [[Stanford University|Stanford]] (24&nbsp;%) und [[Massachusetts Institute of Technology|MIT]] (27&nbsp;%).<ref>{{Internetquelle |url=https://www.nytimes.com/2017/01/30/opinion/white-students-unfair-advantage-in-admissions.html |titel=White Students’ Unfair Advantage in Admissions |zugriff=2017-04-07}} {{Internetquelle |url=http://www.nytimes.com/2007/01/07/education/edlife/07asian.html |titel=Little Asia on the Hill |zugriff=2017-04-07 }}</ref> Vor diesem Hintergrund sind die Kontroversen zu verstehen, die in den USA nach der Publikation von [[Amy Chua]]s Buch ''[[Die Mutter des Erfolgs]]'' (2011) entstanden sind.

International zur Kenntnis genommen wurde auch die rapide Zunahme von schulergänzendem Privatunterricht in China in der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts.<ref>{{Internetquelle |url=https://hub.hku.hk/bitstream/10722/161051/1/Content.pdf?accept=1 |autor=Mark Bray, Chad Lykins |titel=Shadow Education. Private Supplementary Tutoring and Its Implications for Policy Makers in Asia |datum=Mai 2012 |zugriff=2017-04-07 }}</ref>


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Version vom 5. Juli 2017, 23:13 Uhr

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Chinesische Mutter mit ihrem Kind

Erziehung bedeutet in China, wie in aller Welt, Vermittlung von Kompetenzen und Überlieferung moralischer Werte. Die Werte Chinas – also der Volksrepublik China und der Republik China (Taiwan) – basieren bis heute auf den Prinzipien des Konfuzianismus. Der Konfuzianismus ist eine im späten 6. Jahrhundert v. Chr. entstandene ethische Lehre, die das menschliche Miteinander reguliert. In erheblichem Umfange prägt die konfuzianistische Ethik damit auch die Erziehung.[1]

Grundbegriffe der chinesischen Erziehung

Familie

Die Familie nimmt im chinesischen Denken eine grundlegend andere Position ein als im westlichen. Sie wird als Urzelle der Gesellschaft gedacht, und die auf sie bezogene Ideologie, die eine Ideologie der Hierarchie ist, zieht immer größere Kreise und wird am Ende auch auf die Gesamtgesellschaft und den Staat angewandt. Familienbeziehungen basieren nicht auf emotionaler Nähe, gegenseitigem Verstehen oder gar auf Gleichheit, sondern auf sozialen Rollen, die in China mit Größen wie dem Alter und Geschlecht der Familienmitglieder verknüpft sind.[2]

Beziehung von Vater und Sohn

Die Beziehung von Vater und Sohn ist im Konfuzianismus eine von fünf „Kardinalbeziehungen“ (wǔlún, 五倫), und diejenige, die das Generationenverhältnis repräsentiert.[3] Die in China bis heute hohe Wertschätzung der Söhne rührt daher, dass es traditionell sie es waren, die ihre Eltern im Alter versorgt haben, während die Töchter das Elternhaus mit ihrer Heirat verlassen.[1]

Kindliche Pietät

Ein Grundbegriff der konfuzianischen Ethik ist Xiào (孝), die kindliche Pietät.

Familie basiert in China traditionell und bis heute auf einem Generationenkontrakt.[4] Die jüngere Generation verdankt der älteren ihr Leben, sie verdankt ihr Nahrung, Kleidung, Bildung, kurzum: alles, was sie hat. Für die jüngere Generation folgt daraus eine lebenslange Bürde; sie ist der älteren untergeordnet, verpflichtet und schuldet ihr Gehorsam. Ihre Aufgabe ist es, die ältere Generation stolz und glücklich zu machen, den Älteren zu dienen und sie im Alter zu versorgen.[5] Die Aufgabe der Älteren ist es, die Jüngeren zu versorgen und sie auf verantwortungsvolle Weise zu unterweisen und zu leiten.[1]

Kindliche Pietät ist ein zentrales Erziehungsziel und gilt als Schlüsselindikator dafür, wieviel Verantwortungssinn, Reife und Verlässlichkeit eine Person besitzt.[2] Konfuzius und Mengzi halten es für statthaft, dass Kindern ihren Eltern widersprechen, sie müssen dies jedoch mit Achtsamkeit und unter Wahrung der Höflichkeitsregeln tun. [5]

Diese Prinzipien wirken unvermindert bis in die Gegenwart:

“Filial piety in East Asia today is at once a family practice, an ideology, and a system of regulating power relations. As practiced in the family, filial piety defines a hierarchical relationship between generations, particularly that of the parent and the child. In this ordered space, filial piety prescribes the ideology of devotion by the grateful child to the parent, and also places debt and obligation at the heart of the discourse on parent-child relationships. Contemporary filial piety is in this sense not merely a vestige of a past family custom, but an ongoing practice of surveillance and control that unleashes considerable disciplinary power. Using a discourse of gratitude and indebtedness, a hierarchy of power is reproduced in everyday life, privileging the old over the young and the parent over the child.”

„Kindliche Pietät ist in Ostasien heute gleichzeitig Erziehungspraxis, Ideologie und ein System der Regulierung von Machtbeziehungen. Wenn sie in der Familie praktiziert wird, definiert kindliche Pietät eine hierarchische Beziheung zwischen den Generationen, besonders zwischen Eltern und Kind. In diesem geordneten Raum bezeichnet kindliche Pietät die Ideologie der Ergebenheit, die das dankbare Kind dem Elternteil entgegenbringt, und sie trägt die Größen Schulden und Verpflichtung ins Herz des Diskurses über die Eltern-Kind-Beziehung. Moderne kindliche Pietät ist in diesem Sinne nicht so sehr ein Überrest alter Familiengebräuche, sondern vielmehr eine aktuelle Praxis der Überwachung und der Kontrolle, die beträchtliche disziplinarische Macht entfesselt. Wo man einen Diskurs der Dankbarkeit und der Verpflichtung führt, wird im alltäglichen Leben eine Machthierarchie nachgebildet, die die Alten gegenüber den Jungen bevorrechtet, und das Elternteil gegenüber dem Kind.“

Charlotte Ikels: Filial Piety[6]

In der Kindheit werden zwei Phasen unterschieden, ein „Alter der Unschuld“ und ein „Alter des Verstehens“. Der Konfuzianismus lehrt, dass Neugeborene ein Geschenk der Götter sind, deren angeborene Natur respektiert werden muss. Im „Alter der Unschuld“, das sich über die ersten 5–6 Lebensjahre erstreckt, fehlt Kindern nach konfuzianischer Vorstellung noch der Verstand, um viel lernen zu können. Sie werden darum noch verwöhnt und mit sehr großer Nachsicht behandelt. Die Mutter hat das Kind in dieser Lebensphase stets eng bei sich. Sobald das „Alter des Verstehens“ erreicht wird, setzt aber eine sehr viel schärfere Disziplin ein.[1][7]

Sùzhì

Ein zentraler Begriff der chinesischen Pädagogik ist Sùzhì (素质, etwa: „Qualität des Menschen“, „Charakter“). Ein Mensch, der Sùzhì besitzt, weist in den Bereichen Verhalten, Bildung, Ethik und Ehrgeiz bestimmte Qualitäten auf. Manchen fehlt es an Sùzhì, besonders offensichtlich solchen Personen, die sich ungeschliffen benehmen; während die Engstirnigen und Bigotten dann glauben, dass nichts dagegen getan werden könne, ist es in China jedoch die allgemeine Auffassung, dass Sùzhì per Erziehung gefördert oder eingeübt werden kann. Sùzhì jiàoyù (素质教育) ist die Erziehung des Charakters und bezeichnet eine umfassende Erziehung mit starkem Akzent auf der moralischen Erziehung, neben der aber auch ideologische, physische und höhere intellektuelle Gesichtspunkte, wie etwa Problemlösen und andere analytische Fähigkeiten, eine Rolle spielen. Unterschieden wird Sùzhì jiàoyù damit von Yìngshì jiàoyù (应试教育), einer Bildung oder Erziehung, die rein auf Prüfungen ausgerichtet ist.[8] Der pädagogische Psychologe Yan Guocai (Pädagogische Universität Shanghai) hat 2009 drei Gruppen von Sùzhì unterschieden:[9]

  • Zìrán sùzhì (自然素质), die natürliche Qualität, die angeboren ist und auch den physischen Zustand (Shēntǐ sùzhì, 身体素质) einschließt.
  • Xīnlǐ sùzhì (心理素质), die psychologische Qualität, in der sich angeborene emotionale und geistige Zustände mit solchen vereinen, die durch Erziehung hervorgebracht werden.
  • Shèhuì sùzhì (社会素质), die soziale Qualität, die durch Erziehung hervorgebracht wird und den politischen Charakter (Zhèngzhì sùzhì, 政治素质), den Intellekt (Sīxiǎng sùzhì, 思想素质), den moralischen Charakter (Dàodé sùzhì, 道德素质), die berufliche Leistung (Yèwù sùzhì, 业务素质), den Geschmack (Shěnměi sùzhì, 审美素质) und das Können (劳技素质, láojì sùzhì) umfasst.

Stark im Gebrauch ist der Begriff Sùzhì in China seit der Zeit der Republik China und spielt seitdem eine große Rolle im gesellschaftlichen Diskurs des Landes zu Bürgerverantwortung und Moral.[8] Anders als die stark individualistische Mainstream-Erziehung der Westlichen Welt ist die chinesische Charaktererziehung stets auf das Gemeinwohl, auf das Funktionieren der Gesellschaft ausgerichtet.[10]

Zu den Konzepten, die Sùzhì verwandt sind, zählen Jiàoyǎng (教养, „Erziehung“) und Xiūyǎng (修养, „Kultiviertheit“).[8]

Akademische Leistung

Eines der zentralen Ziele der chinesischen Erziehung sind traditionell und bis heute hohe akademische Leistungen.[11] Die akademische Förderung setzt ein, sobald das Kind mit 5 oder 6 Jahren das „Alter des Verstehens“ erreicht. [12]

Gefühlserziehung

Liebe wird nicht in Worten und Gesten wie z. B. Umarmungen ausgedrückt, sondern dadurch, dass man jemanden versorgt, insbesondere mit Nahrung.[2] Die enge Verbindung der Familienmitglieder zueinander hat auch in der Erziehung Vorrang vor der emotionalen Autonomie. Kinder werden nicht dazu ermutigt, ihre Gefühle auszudrücken.[11]

Erziehung in ländlichen Regionen

Wie Peggy A. Kong aufgewiesen hat, nehmen Eltern, die in ländlichen Regionen Chinas leben, heute – anders als in der Vergangenheit – großen Anteil an der Schulausbildung ihrer Kinder, deren Wichtigkeit für die Zukunft der Kinder sie erkannt haben, und sich sehr darum bemühen, ein günstiges Lernklima für sie zu schaffen. In der Vergangenheit wurden die Kinder häufig gebraucht, um der Familie zu helfen. Grund ist, dass sie gesehen haben, wie in China wirtschaftlicher und sozialer Wandel stattfindet. Wollen, dass ihre Kinder unter günstigeren Bedingungen leben als sie selbst. Dass sie das Dorf verlassen können.[10]

Die chinesische Erziehung in westlicher Sicht

Einstufung des chinesischen Erziehungsstils

Weil chinesische Eltern von ihren Kindern Gehorsam fordern und in gewissem Sinne streng sind, wird ihr Erziehungsstil bei westlichen Autoren oft als autoritär eingestuft. Wie in den 1993 Jahren Ruth K. Chao aufgewiesen hat, beruht diese Einstufung aber auf einer sehr ethnozentrischen Sichtweise, die an tieferen Einsichten in das Wie und Warum der chinesischen Erziehung kaum interessiert ist. [13]

Chinesischen Eltern geht es, wenn sie streng erziehen, keineswegs um Macht oder Unterdrückung, sondern sie handeln ebenso aus Anteilnahme am Kind, wie dies bei westlichen Eltern der Fall ist.[1] Chao erklärt die chinesische Erziehungsphilosophie anhand der Begriffe jiāo xùn (教训; „Training“) und guǎn (管;„Lenken“). Jiāo xùn ist das Einüben des Kindes in Selbstdisziplin, gute Arbeitsgewohnheiten und generell in das Verhalten, das von ihm erwartet wird. Guǎn bedeutet Führen, wobei diesem Begriff die im Westen damit oft verbundene Konnotation von Drill und selbstherrlichem Machtmissbrauch fehlt; guǎn bedeutet auch „lieben“ und „versorgen“. Die chinesische Erziehung steht insofern eher dem autoritativen Erziehungsstil westlicher Familien nahe als einer autoritären Erziehung.[13]

Eine 1997 in Peking durchgeführte Studie hat bestätigt, dass auch in China ein autoritativer Erziehungsstil Kinder hervorbringt, die friedfertiger, sozial und akademisch erfolgreicher sind als Kinder, die von ihren Eltern autoritär erzogen werden.[14] Eine 1998 in Hongkong durchgeführte Studie bestätigt diesen Befund nur zum Teil.[15]

Weltweites Interesse an chinesischer Erziehung

Das Interesse der nicht-chinesischen Öffentlichkeit an den Prinzipien der chinesischen Erziehung ist in den letzten Jahren erheblich gestiegen.[16]

In den Vereinigten Staaten bilden die Kinder asiatischer Einwanderer einen erheblichen Anteil der Studentenschaft von Eliteuniversitäten wie Harvard (16–19 %), Stanford (24 %) und MIT (27 %).[17] Vor diesem Hintergrund sind die Kontroversen zu verstehen, die in den USA nach der Publikation von Amy Chuas Buch Die Mutter des Erfolgs (2011) entstanden sind.

International zur Kenntnis genommen wurde auch die rapide Zunahme von schulergänzendem Privatunterricht in China in der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts.[18]

Einzelnachweise

  1. a b c d e Vicki Ritts: Infusing Culture into parenting issues: A supplement for psychology instructors. , abgerufen am 5. Juli 2017.
  2. a b c Aris Teon: Filial Piety (孝) in Chinese Culture. 14. März 2016, abgerufen am 4. Juli 2017.
  3. Simon T. M. Chan: East and West: Exploration of the Father-Son Conflict in Chinese Culture from the Perspective of Family Triangulation in the West and the Classical Opera Stories of the East. In: Chan Kwok-bun (Hrsg.): International Handbook of Chinese Families. Springer, 2013, ISBN 978-1-4614-0265-7, S. 393–402 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Keith N. Knapp: Reverent caring: the parent-son relationship in early medieval tales of filial offspring. In: Alan Chan, Sor-Hoon Tan (Hrsg.): Filial Piety in Chinese Thought and History. RoutledgeCurzon, London, New York 2004, ISBN 0-415-33365-2, S. 44–70; hier S. 57 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. a b Keith N. Knapp: Reverent caring: the parent-son relationship in early medieval tales of filial offspring. In: Alan Chan, Sor-Hoon Tan (Hrsg.): Filial Piety in Chinese Thought and History. RoutledgeCurzon, London, New York 2004, ISBN 0-415-33365-2, S. 44–70; hier S. 142 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. Charlotte Ikels: Filial Piety: Practice and Discourse in Contemporary East Asia. Stanford University Press, Stanford 2004, ISBN 0-8047-4790-3, S. 182 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. H.W. Stevenson, C. Cehn, S.Y. Lee: Chinese families. In: I.E. Sigel, J.L. Roopnarine, B. Carter (Hrsg.): Annual advances in applied developmental psychology. Band 5: Parent-child socialization in diverse cultures. Ablex, Norwood, NJ 1992, S. 17–33.
  8. a b c Suzhi 素质. Abgerufen am 6. April 2017.
  9. Yan Guocai (燕国材): Quality Education. Its History, Achievements and Reflections. 2009.
  10. a b Peggy A. Kong: Parenting, Education and Social Mobility in Rural China. Cultivating dragons and phoenixes. Routledge, 2015, ISBN 978-1-138-84820-7, S. 209 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  11. a b D.Y.F. Ho: Chinese patterns of socialization: A critical review. In: M.H. Bond (Hrsg.): The psychology of the Chinese people. Oxford University Press, Hong Kong 1986, S. 1–37. E. Atwater: Adolescence. 4. Auflage. Prentice Hall, New Jersey 1996.
  12. Ruth K. Chao: Beyond parental control & authoritarian parenting style: Understanding Chinese parenting through the cultural notion of training. In: Child Development, Band 45, 1994, S. 1111–1119
  13. a b Ruth K. Chao: Clarification of the authoritarian parenting style and parental control: Cultural concepts of Chinese child rearing. In: Konferenzpapier, vorgelegt auf dem Biennial Meeting der Society for Research in Child Development (60th, New Orleans, 25.–28. März 1993. Abgerufen am 5. Juli 2017.
  14. Chen Xinyin, Dong Qi, Zhou Hong: Authoritative and Authoritarian Parenting Practices and Social and School Performance in Chinese Children. In: International Journal of Behavioral Development. Band 21, 1997, S. 855–873 (Abstract).
  15. Catherine McBride-Chang, Lei Chang: Adolescent–parent relations in Hong Kong: Parenting styles, emotional autonomy, and school achievement. In: The Journal of Genetic Psychology. Band 159, 1998, S. 421–436 (Abstract).
  16. Yu Zhang: National College Entrance Exam in China. Perspectives on Education Quality and Equity. Springer, 2016, ISBN 978-981-10-0508-4, S. 64 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  17. White Students’ Unfair Advantage in Admissions. Abgerufen am 7. April 2017. Little Asia on the Hill. Abgerufen am 7. April 2017.
  18. Mark Bray, Chad Lykins: Shadow Education. Private Supplementary Tutoring and Its Implications for Policy Makers in Asia. Mai 2012, abgerufen am 7. April 2017.