„Kontaminationsgrad“ – Versionsunterschied

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Version vom 8. August 2019, 15:21 Uhr

Der Kontaminationsgrad, auch Kontaminationsklasse genannt (von lat. contaminare, "beflecken", "verderben", "entweihen" und lat. gradus, „Schritt“, „Stufe“ bzw. lat. classis,  „Flotte“, „Heer“, „Abteilung“, englisch, surgical wound classification grades), bezeichnet im Rahmen invasiver Eingriffe (Operationen, invasive diagnostische Eingriffen wie Herzkatheteruntersuchung u.ä.) die Abstufung der mikrobiellen Besiedelung oder Verunreinigung des Operationsgebietes.[1]


Man unterscheidet vier Grade:

Grad I: Eingriffe in nicht kontaminierter Region, z. B. Gelenk- und Knochenoperationen, arthroskopische Eingriffe, Weichteiloperationen an Rumpf und Extremitäten ohne Kontakt zu besiedelten Organen und Geweben, Organtransplantationen ohne Kontakt zu besiedelten Organen oder Geweben, Herz- und Gefäßoperationen, neurochirurgische Operationen.

Grad II: Eingriffe in sauberkontaminierter Region, z.B. Eingriffe am oberen Gastrointestinaltrakt, am Respirationstrakt, am Urogenitaltrakt, gynäkologische Eingriffe, Eingriffe am Oropharynx.

Grad III: Eingriffe in kontaminierter Region, z.B. offene Frakturen, kontaminierte Haut- und Weichteildefekte, Eingriffe am unteren Gastrointestinaltrakt.

Grad IV: Eingriffe in manifest infizierter Region, z.B. operative Maßnahmen bei Abszessen, Phlegmonen, Fisteln, Osteomyelitiden, massiv kontaminierte Wunden sowie Eingriffe bei Patienten, die mit multiresistenten Erregern (z. B. MRSA, VRE) besiedelt oder infiziert sind.[1]


Die Kontaminationsgrade werden in Verbindung mit dem ASA-Score und der Eingriffsdauer verwendet, um das Risiko für chirurgische Wundinfektionen (surgical site infections, SSI) zu identifizieren. Das ursprüngliche Klassifikationssystem wurde 1964 von der National Academy of Sciences und der Cooperative Research Study des National Research Council entwickelt und 1982 von der CDC modifiziert.[1] [2] Die Verwendung der Klassifikation ist nicht unumstritten[3], der prädiktive Nutzen der Klassifikation für das Risiko von SSI wird bezweifelt[2] [4].


Eine früher übliche und heute immer noch von den Berufsgenossenschaften geforderte Trennung von OP-Sälen nach Kontaminationsklassen (insb. „septisch“, also Grad IV vs. „aseptisch“) ist nach der aktuellen Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) des Robert-Koch-Instituts nicht sinnvoll, da es bislang keinen Nachweis dafür gibt, dass eine solche Trennung das Risiko für chirurgische Wundinfektionen senkt[5][6].

  1. a b c KRINKO: Anforderungen der Hygiene bei Operationen und anderen invasiven Eingriffen. Robert Koch-Institut, 1. April 2000, doi:10.25646/162 (rki.de [abgerufen am 8. August 2019]).
  2. a b Ikemefuna Onyekwelu, Ramakanth Yakkanti, Lauren Protzer, Christina M. Pinkston, Cody Tucker: Surgical Wound Classification and Surgical Site Infections in the Orthopaedic Patient:. In: JAAOS: Global Research and Reviews. Band 1, Nr. 3, ISSN 2474-7661, S. e022, doi:10.5435/JAAOSGlobal-D-17-00022, PMID 30211353, PMC 6132296 (freier Volltext) – (ovid.com [abgerufen am 8. August 2019]).
  3. Mila H. Ju, Mark E. Cohen, Karl Y. Bilimoria, Melissa S. Latus, Lisa M. Scholl: Effect of Wound Classification on Risk Adjustment in American College of Surgeons NSQIP. In: Journal of the American College of Surgeons. Band 219, Nr. 3, S. 371–381.e5, doi:10.1016/j.jamcollsurg.2014.04.009, PMID 25053222, PMC 4143469 (freier Volltext) – (elsevier.com [abgerufen am 8. August 2019]).
  4. Shauna M. Levy, Kevin P. Lally, Martin L. Blakely, Casey M. Calkins, Melvin S. Dassinger: Surgical Wound Misclassification: A Multicenter Evaluation. In: Journal of the American College of Surgeons. Band 220, Nr. 3, S. 323–329, doi:10.1016/j.jamcollsurg.2014.11.007 (elsevier.com [abgerufen am 8. August 2019]).
  5. Prävention postoperativer Wundinfektionen. In: Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz. Band 61, Nr. 4, 27. März 2018, ISSN 1436-9990, S. 448–473, doi:10.1007/s00103-018-2706-2 (10.1007/s00103-018-2706-2 [abgerufen am 8. August 2019]).
  6. Peter Bischoff, Petra Gastmeier: The Separation of Septic and Aseptic Surgical Areas is Obsolete. In: Deutsches Aerzteblatt Online. 10. Juli 2017, ISSN 1866-0452, doi:10.3238/arztebl.2017.0463, PMID 28764833, PMC 5545628 (freier Volltext) – (aerzteblatt.de [abgerufen am 8. August 2019]).