„Pincevent“ – Versionsunterschied

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Der Fundplatz Pincevent war vor ungefähr 12300 Jahren mehrmals am Anfang des Sommers und zu Beginn des Winters von Menschen besiedelt. Diese jagten hauptsächlich [[Ren|Rentiere]] und ernährten sich auch von Fischen und Eiern. Die räumliche Anordnung der gefundenen [[Steingerät|Steinartefakte]] und [[Feuerstelle|Feuerstellen]] waren im Schutze eines vom Seine-Hochwasser gebildeten feinen [[Schluff|Schluffs]] außerordentlich gut erhalten. Untersuchungen ergaben, dass es sich um runde Tätigkeitsbereiche handelt, die wahrscheinlich als Unterkunft dienten. Daraus entstand die Hypothese, dass die Bewohner damals in zusammenlegbaren, von Fellen belegten runden Zelten lebten, ähnlich der von Indianern Nordamerikas bekannten [[Tipi|Tipi-]]Zelte. Durch eine systematische Zuordnung der einzelnen Steinartefakte, gemäß einem 3-D-Puzzle, zu einem originellen Steinblock konnte nachgewiesen werden, dass einige erfahrene Steinhauer am Werk waren, während andere noch einen Lernprozess durchmachten. Die gefundenen Rentierknochen deuten darauf hin, dass ganze Tiere zur Siedlung gebracht, und dann auf die verschiedenen Wohnstätten aufgeteilt wurden.
Der Fundplatz Pincevent war vor ungefähr 12300 Jahren mehrmals am Anfang des Sommers und zu Beginn des Winters von Menschen besiedelt. Diese jagten hauptsächlich [[Ren|Rentiere]] und ernährten sich auch von Fischen und Eiern. Die räumliche Anordnung der gefundenen [[Steingerät|Steinartefakte]] und [[Feuerstelle|Feuerstellen]] waren im Schutze eines vom Seine-Hochwasser gebildeten feinen [[Schluff|Schluffs]] außerordentlich gut erhalten. Untersuchungen ergaben, dass es sich um runde Tätigkeitsbereiche handelt, die wahrscheinlich als Unterkunft dienten. Daraus entstand die Hypothese, dass die Bewohner damals in zusammenlegbaren, von Fellen belegten runden Zelten lebten, ähnlich der von Indianern Nordamerikas bekannten [[Tipi|Tipi-]]Zelte. Durch eine systematische Zuordnung der einzelnen Steinartefakte, gemäß einem 3-D-Puzzle, zu einem originellen Steinblock konnte nachgewiesen werden, dass einige erfahrene Steinhauer am Werk waren, während andere noch einen Lernprozess durchmachten<ref>{{Internetquelle |autor=Claudine Karlin & Michèle Julien |url=https://link.springer.com/article/10.1007/s12520-019-00860-1 |titel=An autumn at Pincevent (Seine-et-Marne, France): refitting for an ethnographic approach of a Magdalenian settlement |werk= |hrsg= |datum=05.07.2019 |abruf=27.01.2021 |sprache=en}}</ref>. Die gefundenen Rentierknochen deuten darauf hin, dass ganze Tiere zur Siedlung gebracht, und dann auf die verschiedenen Wohnstätten aufgeteilt wurden.


Der Fundplatz Pincevent hat ebenfalls eine wichtige Rolle in der Entwicklung und Verbesserung der [[Methodologie]] bei prähistorischen Funden gespielt. In Anlehnung an die bereits von [[:fr:Georges Laplace|Georges Laplace]] et [[:fr:Louis Méroc|Louis Méroc]] im Bereich der [[Pyrenäen]] eingesetzten Ausgrabungsmethoden, hat [[André Leroi-Gourhan]] für Pincevent besonders sorgfältige Freilegungs- und Reinigungsverfahren eingeführt, inklusive der systematischen Erfassung aller Objekte, Spuren und Makro- wie Microstrukturen, mit dem Ziel, sie präzise in einem dreidimensionalen Raum zu positionieren.
Der Fundplatz Pincevent hat ebenfalls eine wichtige Rolle in der Entwicklung und Verbesserung der [[Methodologie]] bei prähistorischen Funden gespielt. In Anlehnung an die bereits von [[:fr:Georges Laplace|Georges Laplace]] et [[:fr:Louis Méroc|Louis Méroc]] im Bereich der [[Pyrenäen]] eingesetzten Ausgrabungsmethoden, hat [[André Leroi-Gourhan]] für Pincevent besonders sorgfältige Freilegungs- und Reinigungsverfahren eingeführt, inklusive der systematischen Erfassung aller Objekte, Spuren und Makro- wie Microstrukturen, mit dem Ziel, sie präzise in einem dreidimensionalen Raum zu positionieren.

Version vom 27. Januar 2021, 13:31 Uhr

Zeichnerische Rekonstruktion eines Zeltplatzes

Die prähistorische Stätte Pincevent liegt südlich der Seine im Süden von La Grande-Paroisse, zwischen Moret-sur-Loing und Montereau-Fault-Yonne im Département Seine-et-Marne in Frankreich. Ihre Entdeckung im Jahr 1964 und ihre Ausgrabung unter der Leitung von André Leroi-Gourhan lieferte Überreste eines etwa 12.300 Jahre alten Lagers von Rentierjäger des Magdalenien. Sie führte zu bedeutenden Fortschritten bei der Kenntnis des Magdalenien, das ansonsten eher durch Höhlenfundplätze bekannt wurde.

Ausgrabung von Pincevent
Auf den Grabungsbefunden aufbauende Zeltrekonstruktion im Parc archéologique Asnapio

Geschichte der Entdeckung

Der Standort Pincevent befindet sich in einer seit 1926 betriebenen Kiesgrube. Ab 1956 wurde dort zufällig ein Gräberfeld aus dem 5. Jahrhundert entdeckt. Zehn oder elf wahrscheinlich neolithische Funde sowie galloromanische Bauten, ein Friedhof und Funde des Magdalenien wurden zwischen 1956 und 1964 zerstört. Isabelle Roux-Rath, Spezialistin für Paläoklimatologie aus Grande-Paroisse, alarmierte das Zentrum für prähistorische Forschung an der Universität Paris, das zunächst im Rahmen von Rettungsgrabungen durch Leroi-Gourhan intervenierte. Angesichts des Interesses und der Ausdehnung des Standorts wurden das Land vom Staat erworben und Schutzmaßnahmen ergriffen. Die Ausgrabungen konnten unter diesen Bedingungen bis 1985 fortgesetzt werden.

Seit 1988 ist die Fundstelle als Monument historique geschützt.[1]

Ergebnisse

Der Fundplatz Pincevent war vor ungefähr 12300 Jahren mehrmals am Anfang des Sommers und zu Beginn des Winters von Menschen besiedelt. Diese jagten hauptsächlich Rentiere und ernährten sich auch von Fischen und Eiern. Die räumliche Anordnung der gefundenen Steinartefakte und Feuerstellen waren im Schutze eines vom Seine-Hochwasser gebildeten feinen Schluffs außerordentlich gut erhalten. Untersuchungen ergaben, dass es sich um runde Tätigkeitsbereiche handelt, die wahrscheinlich als Unterkunft dienten. Daraus entstand die Hypothese, dass die Bewohner damals in zusammenlegbaren, von Fellen belegten runden Zelten lebten, ähnlich der von Indianern Nordamerikas bekannten Tipi-Zelte. Durch eine systematische Zuordnung der einzelnen Steinartefakte, gemäß einem 3-D-Puzzle, zu einem originellen Steinblock konnte nachgewiesen werden, dass einige erfahrene Steinhauer am Werk waren, während andere noch einen Lernprozess durchmachten[2]. Die gefundenen Rentierknochen deuten darauf hin, dass ganze Tiere zur Siedlung gebracht, und dann auf die verschiedenen Wohnstätten aufgeteilt wurden.

Der Fundplatz Pincevent hat ebenfalls eine wichtige Rolle in der Entwicklung und Verbesserung der Methodologie bei prähistorischen Funden gespielt. In Anlehnung an die bereits von Georges Laplace et Louis Méroc im Bereich der Pyrenäen eingesetzten Ausgrabungsmethoden, hat André Leroi-Gourhan für Pincevent besonders sorgfältige Freilegungs- und Reinigungsverfahren eingeführt, inklusive der systematischen Erfassung aller Objekte, Spuren und Makro- wie Microstrukturen, mit dem Ziel, sie präzise in einem dreidimensionalen Raum zu positionieren.

Durch die so erfolgte Analyse von mehreren Zehntausend Steinartefakten sowie Holz- und Knochenfragmenten, die auf verschiedenen Ebenen verteilt waren, konnte André Leroi-Gourhan und sein Team das Wohnumfeld und das Alltagsleben der Menschen aus dem Magdalénien rekonstruieren, die 9 bis 10000 Jahre vor Christus Rentiere jagten und am Ufer der Seine fischten.

Dieses in Pincevent weiterentwickelte Verfahren der Freilegung prähistorischer Fundplätze diente als Vorbild für viele andere Ausgrabungsstätten, wie zum Beispiel für den ungefähr zur gleichen Zeit entdeckten Magdalénien-Fundplatz Gönnersdorf im Rheintal.

Literatur (Auswahl)

Weblinks

Commons: Pincevent – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Gisement archéologique de Pincevent in der Base Mérimée des französischen Kulturministeriums (französisch)
  2. Claudine Karlin & Michèle Julien: An autumn at Pincevent (Seine-et-Marne, France): refitting for an ethnographic approach of a Magdalenian settlement. 5. Juli 2019, abgerufen am 27. Januar 2021 (englisch).

Koordinaten: 48° 22′ 4,8″ N, 2° 53′ 35,5″ O