„Cross pressure“ – Versionsunterschied

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Als '''cross pressure''' wird eine Situation des Wählers im [[Wahlforschung|mikrosoziologischen Erklärungsansatz des Wahlverhaltens]] genannt.
Als '''cross pressure''' wird eine Situation des Wählers im [[Wahlforschung|mikrosoziologischen Erklärungsansatz des Wahlverhaltens]] genannt.


Nach der ''Columbia-School'', begründet von [[Paul Lazarsfeld]] und seinen Mitarbeitern Bernard Berelson und Hazel Gaudet, ist die Zugehörigkeit zu sozialen Kreisen entscheidend für die Wahlentscheidung des Individuums. Jedoch finden sich soziale Kreise in den modernen Gesellschaften nicht in der [[Homogenität]], die von der Columbia-School ursprünglich angenommen wurde. Ist ein Individuum unterschiedlichen sozialen Kräftefeldern ausgesetzt, die auch noch entgegengesetzt wirken, liegt eine cross-pressure-Situation vor. Dadurch wird die Wahlentscheidung verzögert oder verhindert. Es kann zu einem Rückgang des politischen Interesses kommen.<ref name="DR2008-S31">Dieter Roth: ''Empirische Wahlforschung: Ursprung, Theorien, Instrumente und Methoden.'' Verlag für Sozialwesen, Wiesbaden 2008, ISBN 3-53-115786-8, S.&nbsp;31</ref>
Nach der ''Columbia-School'', begründet von [[Paul Lazarsfeld]] und seinen Mitarbeitern Bernard Berelson und Hazel Gaudet, ist die Zugehörigkeit zu sozialen Kreisen entscheidend für die Wahlentscheidung des Individuums. Jedoch finden sich soziale Kreise in den modernen Gesellschaften nicht in der [[Homogenität]], die von der Columbia-School ursprünglich angenommen wurde. Ist ein Individuum in Gruppen mit widersprüchlichen oder diffusen Wahlpräferenzen, es unterliegt also unterschiedlichen sozialen Kräftefeldern, liegt eine cross-pressure-Situation vor. In dieser kann es zu einem Rückgang des politischen Interesses kommen.<ref name="DR2008-S31">Dieter Roth: ''Empirische Wahlforschung: Ursprung, Theorien, Instrumente und Methoden.'' Verlag für Sozialwesen, Wiesbaden 2008, ISBN 3-53-115786-8, S.&nbsp;31</ref> Auch die Wahlentscheidung fällt schwerer. Entweder sie wird erst zu einem späteren Zeitpunkt im Wahlkampf getroffen oder entfällt, so dass das Individuum nicht zur Wahl geht.<ref name="g108">{{BibISBN|9783531172736|Seite=108}}</ref>


Verschiedene Studien konnten cross-pressure-Situation international nachweisen.<ref name="DR2008-S31"/> [[Elisabeth Noelle]] sah in ihrer Analyse der [[Bundestagswahl 2005]] eine cross-pressure-Situation bei einigen Wählern als Teilgrund für die ungenauen Ergebnisse der [[Meinungsforschungsinstitut]]e. Die Anhänger einer Partei hätten dem Spitzenkandidat einer anderen zugeneigt.<ref>Elisabeth Noelle: „Es fehlt an Vertrauen“, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 21. September 2005.</ref> Ein weiteres Beispiel für eine cross-pressure-Situation gab es bei der [[Französische Präsidentschaftswahl 2002|französischen Präsidentschaftswahl 2002]] als linke Wähler durch den überraschenden Wahlerfolg des rechtsextremen Kandidaten, [[Jean-Marie Le Pen]], dem konservativen [[Jacques Chirac]] in der Stichwahl ihre Stimme geben mussten. Sie mussten zwischen ihrer Parteipräferenz und der Regimepräferenz abwägen.<ref>Franz Urban Pappi, Thomas Gschwend: ''Parteien- und Koalitionspräferenzen der Wähler''. In: Jürgen W. Falter, Oscar W. Gabriel, Bernhard Wessels: ''Wahlen und Wähler: Analysen aus Anlass der Bundestagswahl 2002''. ISBN 3531141376 S. 297f.</ref>
Verschiedene Studien konnten cross-pressure-Situation international nachgewiesen werden.<ref name="DR2008-S31"/>
== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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Version vom 9. November 2010, 17:01 Uhr

Als cross pressure wird eine Situation des Wählers im mikrosoziologischen Erklärungsansatz des Wahlverhaltens genannt.

Nach der Columbia-School, begründet von Paul Lazarsfeld und seinen Mitarbeitern Bernard Berelson und Hazel Gaudet, ist die Zugehörigkeit zu sozialen Kreisen entscheidend für die Wahlentscheidung des Individuums. Jedoch finden sich soziale Kreise in den modernen Gesellschaften nicht in der Homogenität, die von der Columbia-School ursprünglich angenommen wurde. Ist ein Individuum in Gruppen mit widersprüchlichen oder diffusen Wahlpräferenzen, es unterliegt also unterschiedlichen sozialen Kräftefeldern, liegt eine cross-pressure-Situation vor. In dieser kann es zu einem Rückgang des politischen Interesses kommen.[1] Auch die Wahlentscheidung fällt schwerer. Entweder sie wird erst zu einem späteren Zeitpunkt im Wahlkampf getroffen oder entfällt, so dass das Individuum nicht zur Wahl geht.[2]

Verschiedene Studien konnten cross-pressure-Situation international nachweisen.[1] Elisabeth Noelle sah in ihrer Analyse der Bundestagswahl 2005 eine cross-pressure-Situation bei einigen Wählern als Teilgrund für die ungenauen Ergebnisse der Meinungsforschungsinstitute. Die Anhänger einer Partei hätten dem Spitzenkandidat einer anderen zugeneigt.[3] Ein weiteres Beispiel für eine cross-pressure-Situation gab es bei der französischen Präsidentschaftswahl 2002 als linke Wähler durch den überraschenden Wahlerfolg des rechtsextremen Kandidaten, Jean-Marie Le Pen, dem konservativen Jacques Chirac in der Stichwahl ihre Stimme geben mussten. Sie mussten zwischen ihrer Parteipräferenz und der Regimepräferenz abwägen.[4]

Einzelnachweise

  1. a b Dieter Roth: Empirische Wahlforschung: Ursprung, Theorien, Instrumente und Methoden. Verlag für Sozialwesen, Wiesbaden 2008, ISBN 3-53-115786-8, S. 31
  2. Jochen Groß: Die Prognose von Wahlergebnissen. Ansätze und empirische Leistungsfähigkeit. VS Verlag für Sozialwissenschaften, 2010, ISBN 978-3-531-17273-6, S. 108.
  3. Elisabeth Noelle: „Es fehlt an Vertrauen“, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 21. September 2005.
  4. Franz Urban Pappi, Thomas Gschwend: Parteien- und Koalitionspräferenzen der Wähler. In: Jürgen W. Falter, Oscar W. Gabriel, Bernhard Wessels: Wahlen und Wähler: Analysen aus Anlass der Bundestagswahl 2002. ISBN 3531141376 S. 297f.