„Michel Eichelbaum“ – Versionsunterschied

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Schon in den 1950er Jahren waren genetische Variationen von arzneistoffmetabolisierenden Enzymen gefunden worden. Dabei hatte es sich aber um relativ spezielle Enzyme gehandelt, zum Beispiel die [[Pseudocholinesterase]], die zwei [[Muskelrelaxans|Muskelrelaxantien]] spaltet. Das für die Spartein- und Debrisoquinoxidation verantwortliche Enzymsystem aber gehörte, wie Eichelbaum schon in seiner Habilitationsschrift gezeigt hatte, zum [[Cytochrom P450]]-System, dem wichtigsten, die allermeisten Fremdstoffe (durch Oxidation) abbauenden Enzymsystem.
Schon in den 1950er Jahren waren genetische Variationen von arzneistoffmetabolisierenden Enzymen gefunden worden. Dabei hatte es sich aber um relativ spezielle Enzyme gehandelt, zum Beispiel die [[Pseudocholinesterase]], die zwei [[Muskelrelaxans|Muskelrelaxantien]] spaltet. Das für die Spartein- und Debrisoquinoxidation verantwortliche Enzymsystem aber gehörte, wie Eichelbaum schon in seiner Habilitationsschrift gezeigt hatte, zum [[Cytochrom P450]]-System, dem wichtigsten, die allermeisten Fremdstoffe (durch Oxidation) abbauenden Enzymsystem.


In der Folge wurden die Auswirkung des Defekts auf die Metabolisierung weiterer Arzneistoffe und seine Häufigkeit bei verschiedenen [[Ethnie|ethnischen Gruppen]] erforscht. Das Gen für das verantwortliche P450-Enzym wurde auf den langen Arm des Chromosoms 22 lokalisiert,<ref>{{cite journal | author = M. Eichelbaum, M.P. Baur, H.J. Dengler, B.O. Osikowska-Evers, G. Tieves, C. Zekorn und C. Rittner| year = 1987 | title = Chromosomal assignment of human cytochrom P-450 (debrisoquin/sparteine type) to chromosome 22| journal = British Journal of Clinical Pharmacology | volume = 23 | pages = 455–458 | }}</ref> von einer US-amerikanisch-schweizerischen Forschergruppe [[Klonierung|kloniert]] und Cytochrom P450 2D6 (CYP 2D6) genannt.<ref>{{cite journal | author = Frank J. Gonzalez, Radek C. Skoda, Shioko Kimura, Morio Umeno, Ulrich M. Zanger, Daniel W. Nebert, Harry V. Gelboin, James P. Hardwick und Urs A. Meyer| year = 1988 | title = Characterization of the common genetic defect in humans deficient in debrisoquine metabolism| journal = Nature | volume = 331 | pages = 442–446 |doi = 10.1038/331442a0 }}</ref> Auch zahlreiche Mutationen, die zu Verminderung (oder auch Steigerung) der Enzymaktivität führten, wurden identifiziert.<ref>{{cite journal | zum Beispiel |author = Alan C Gough, John S. Miles, Nigel K. Spurr, Julie E. Moss, Andrea Gaedigk, Michel Eichelbaum und C. Roland Wolf| year = 1990 | title = Identification of the primary gene defect at the cytochrome P<sub>450</sub> CYP2D locus| journal = Nature | volume = 347 | pages = 773–776 |doi = 10.1038/347773a0}}</ref>
In der Folge wurden die Auswirkung des Defekts auf die Metabolisierung weiterer Arzneistoffe und seine Häufigkeit bei verschiedenen [[Ethnie|ethnischen Gruppen]] erforscht. Das Gen für das verantwortliche P450-Enzym wurde auf den langen Arm des Chromosoms 22 lokalisiert,<ref>{{cite journal | author = M. Eichelbaum, M.P. Baur, H.J. Dengler, B.O. Osikowska-Evers, G. Tieves, C. Zekorn und C. Rittner| year = 1987 | title = Chromosomal assignment of human cytochrom P-450 (debrisoquin/sparteine type) to chromosome 22| journal = British Journal of Clinical Pharmacology | volume = 23 | pages = 455–458 | }}</ref> von einer US-amerikanisch-schweizerischen Forschergruppe [[Klonierung|kloniert]]<ref>{{cite journal | author = Frank J. Gonzalez, Radek C. Skoda, Shioko Kimura, Morio Umeno, Ulrich M. Zanger, Daniel W. Nebert, Harry V. Gelboin, James P. Hardwick und Urs A. Meyer| year = 1988 | title = Characterization of the common genetic defect in humans deficient in debrisoquine metabolism| journal = Nature | volume = 331 | pages = 442–446 |doi = 10.1038/331442a0 }}</ref> und Cytochrom P450 2D6 (CYP 2D6) genannt. Auch zahlreiche Mutationen, die zu Verminderung (oder auch Steigerung) der Enzymaktivität führten, wurden identifiziert,<ref>{{cite journal | zum Beispiel |author = Alan C Gough, John S. Miles, Nigel K. Spurr, Julie E. Moss, Andrea Gaedigk, Michel Eichelbaum und C. Roland Wolf| year = 1990 | title = Identification of the primary gene defect at the cytochrome P<sub>450</sub> CYP2D locus| journal = Nature | volume = 347 | pages = 773–776 |doi = 10.1038/347773a0}}</ref> bis heute (2011) mehr als 60. Die Betroffenen sind danach normale Metabolisierer (''extensive metabolizers''), defiziente Metabolisierer (''poor metabolizers'') oder auch extrem schnelle Metabolisierer (''ultrarapid metabolizers''). Die Bedeutung rührt einerseits von der großen Zahl der betroffenen Menschen her, bei [[Kaukasier]]n etwa 15 % defiziente Metabolisierer, andererseits von der großen Zahl der Arzneistoffe aus allen Arzneistoffgruppen, mehr als 50, die ausschließlich oder teilweise durch CYP 2D6 metabolisiert werden.<ref>{{cite journal | author = Ulrich M. Zanger, Sebastian Raimundo und Michel Eichelbaum| year = 2004 | title = Cytochrome P450 2D6: overview and update on pharmacology, genetics, biochemistry| journal = Naunyn-Schmiedeberg's Archives of Pharmacology| volume = 359 | pages = 23–37 |doi = 10.1007/s00210-003-0832-2}}</ref>


==Einzelnachweise==
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Version vom 10. Oktober 2011, 10:56 Uhr

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Michel Eichelbaum (* 19. Mai 1941 in Leipzig) ist ein deutscher Internist und Klinischer Pharmakologe.

Leben

Seine Eltern waren der Kaufmann Gustav Eichelbaum und seine Frau Emma geb. Michel. Der Sohn Michel bestand 1959 an der Leibniz-Oberschule in Leipzig die Abiturprüfung. Im selben Jahr floh die Familie über Berlin (West) nach Westdeutschland. 1960 legte Michel in Stuttgart die westdeutsche Ergänzungsprüfung zum DDR-Abitur ab. Anschließend studierte er bis zum Staatsexamen 1966 in Heidelberg Medizin. 1968 wurde er mit einer bei Hans J. Dengler (1925–1997) in Heidelberg angefertigten Dissertation „Aufnahme, Verteilung, Ausscheidung und Metabolismus von 14C-Prenylamin“ zum Dr.med. promoviert. Als Dengler 1968 Direktor der Medizinischen Poliklinik der Universität Gießen wurde, folgte Eichelbaum ihm, ebenso, als Dengler 1973 den Lehrstuhl für Innere Medizin der Universität Bonn übernahm. In Gießen habilitierte er sich 1976 mit einer Arbeit „Ein neuentdeckter Defekt im Arzneimittelmetabolismus des Menschen: Die fehlende N-Oxidation des Sparteins“.

1970 und 1971 arbeitete er bei Bernard Beryl Brodie (1907–1989) und James R. Gillette (1928–2001) im Laboratory of Chemical Pharmacology des National Heart, Lung and Blood Instituts der National Institutes of Health in Bethesda, 1973 und 1974 bei Folke Fritz Gustaf Sjöqvist (* 1933) am Department of Clinical Pharmacology des Karolinska-Instituts in Stockholm.

1985 wurde er als Nachfolger von Jürgen C. Fröhlich (* 1939) Direktor des Dr. Margarete Fischer-Bosch-Instituts für Klinische Pharmakologie am Robert-Bosch-Krankenhaus Stuttgart. 1996 übernahm er zugleich den damals neu geschaffenen Lehrstuhl für Klinische Pharmakologie der Universität Tübingen. Das Wintersemester 1995–1996 verbrachte er als Visiting Professor am Department of Clinical and Experimental Pharmacology der University of Adelaide bei Felix Bochner (* 1939) und Andrew Somogyi.

Seit 2007 emeritiert, lebt Eichelbaum weiterhin in Stuttgart und arbeitet an seinem ehemaligen, seit 2007 von seinem Schüler Matthias Schwab (* 1963) geleiteten Institut am Robert-Bosch-Krankenhaus. Er hat einen Sohn und eine Tochter.

Forschung

Pharmakokinetik

Schon in Eichelbaums Heidelberger Dissertation deutete sich seine weitere Forschung an. Es ging um das Schicksal des damals bei Koronarer Herzkrankheit verwendeten Prenylamins (Segontins®) im Körper, das heißt um die Pharmakokinetik dieses Stoffes. Er untersuchte sie für die Dissertation im Tierversuch,[1] später, in Gießen, beim Menschen. Die Pharmakokinetik, vor allem beim Menschen, wurde sein Hauptthema. Dabei behielt er die Pharmakodynamik, also die Wirkung der Arzneistoffe, stets im Blick; sie wird ja durch die Pharmakokinetik, also zum Beispiel die Elimination), beeinflusst. So wurde Eichelbaum wie sein erster und wichtigster akademischer Lehrer Dengler Internist und Klinischer Pharmakologe. In Gießen entstand auch eine erste Arbeit über das Besenginster-Alkaloid Spartein, das damals als Antiarrhythmikum und Mittel zur Geburtseinleitung versucht wurde.

Spartein-Debrisoquin-Polymorphismus

Die Spartein-Untersuchung führte zu einer folgenreichen Entdeckung, über die Eichelbaum und seine Koautoren erstmals bei einer Tagung der Deutschen Pharmakologischen Gesellschaft 1975 berichteten. „Bei der Analyse der Pharmakokinetik von Spartein fanden wir eine kleine Zahl anscheinend gesunder Personen, die praktisch unfähig waren, Spartein zu metabolisieren. ... Diese ‚Nicht-Metabolisrerer‘ wandelten Spartein nicht in die entsprechenden ... Oxide um. Von mehr als 100 Probanden zeigten 4 die Anomalie. Bei diesen 4 wurden mehr als 90 % einer Spartein-Dosis unverändert als Spartein ausgeschieden, bei allen anderen nur 15-30 % der Dosis. Die Spartein-Plasmaspiegel waren bei den Nicht-Metabolisierern zwei- bis viermal höher als bei den ‚Metabolisierern‘. ... Nur die Nicht-Metabolisierer, nicht die Metabolisierer erfuhren unerwünschte Wirkungen wie Sehstörungen, Kopfschmerz und Schwindel.“[2]

Zwei Jahre später berichtete eine Londoner Arbeitsgruppe über einen anderen interindividuellen Unterschied bei einer Arzneistoffoxidation: Das Antihypertensivum Debrisoquin wurde bei 91 von 94 Personen ausgiebig oxidiert, bei den 3 anderen kaum, und der Unterschied war genetisch bedingt. [3] Weitere drei Jahre später, 1980, brachten Eichelbaum und seine Mitarbeiter die beiden Beobachtungen zusammen: Es handelte sich bei dem Defekt im Spartein-Metabolismus und dem Defekt im Debrisoquin-Metabolismus um genetisch bedingte Defekte in demselben Enzmsystem, es gab also einen Spartein-Debrisoquin-Polymorphismus.[4][5]

Schon in den 1950er Jahren waren genetische Variationen von arzneistoffmetabolisierenden Enzymen gefunden worden. Dabei hatte es sich aber um relativ spezielle Enzyme gehandelt, zum Beispiel die Pseudocholinesterase, die zwei Muskelrelaxantien spaltet. Das für die Spartein- und Debrisoquinoxidation verantwortliche Enzymsystem aber gehörte, wie Eichelbaum schon in seiner Habilitationsschrift gezeigt hatte, zum Cytochrom P450-System, dem wichtigsten, die allermeisten Fremdstoffe (durch Oxidation) abbauenden Enzymsystem.

In der Folge wurden die Auswirkung des Defekts auf die Metabolisierung weiterer Arzneistoffe und seine Häufigkeit bei verschiedenen ethnischen Gruppen erforscht. Das Gen für das verantwortliche P450-Enzym wurde auf den langen Arm des Chromosoms 22 lokalisiert,[6] von einer US-amerikanisch-schweizerischen Forschergruppe kloniert[7] und Cytochrom P450 2D6 (CYP 2D6) genannt. Auch zahlreiche Mutationen, die zu Verminderung (oder auch Steigerung) der Enzymaktivität führten, wurden identifiziert,[8] bis heute (2011) mehr als 60. Die Betroffenen sind danach normale Metabolisierer (extensive metabolizers), defiziente Metabolisierer (poor metabolizers) oder auch extrem schnelle Metabolisierer (ultrarapid metabolizers). Die Bedeutung rührt einerseits von der großen Zahl der betroffenen Menschen her, bei Kaukasiern etwa 15 % defiziente Metabolisierer, andererseits von der großen Zahl der Arzneistoffe aus allen Arzneistoffgruppen, mehr als 50, die ausschließlich oder teilweise durch CYP 2D6 metabolisiert werden.[9]

Einzelnachweise

  1. H.J. Dengler und M. Eichelbaum: Untersuchungen zum Verhalten von C14-D,L-Prenylamin im Organismus. In: Naunyn-Schmiedebergs Archiv für Pharmakologie und Experimentelle Pathologie. 260. Jahrgang, 1968, S. 105–106, doi:10.1007/BF00537915.
  2. M. Eichelbaum, N. Spannbrucker und H.J. Dengler: N-oxidation of sparteine in man and its interindividual differences. In: Naunyn-Schmiedeberg‘s Archives of Pharmacology. 287. Jahrgang, 1975, S. R 94.
  3. A. Mahgoub, J.R. Idle, L.G. Dring und R.L. Smith: Polymorphic hydroxylation of debrisoquine in man. In: The Lancet. 1977/II. Jahrgang, 1977, S. 185–187, doi:10.1016/S0140-6736(77)91430-1.
  4. L. Bertilsson, H.J. Dengler, M. Eichelbaum und H.U. Schulz: Pharmacogenetic covariation of defective N-Oxidation of sparteine and 4-hydroxylation of debrisoquine. In: European Journal of Clinical Pharmacology. 17. Jahrgang, 1980, S. 153–155, doi:10.1007/BF00562624.
  5. M. Eichelbaum, L. Bertilsson, J. Säwe und C. Zekorn: Polymorphic oxidation of sparteine and debrisoquine: Related pharmakokinetic entities. In: Clinical Pharmacology and Therapeutics. 31. Jahrgang, 1982, S. 184–187, doi:10.1038/clpt.1982.29.
  6. M. Eichelbaum, M.P. Baur, H.J. Dengler, B.O. Osikowska-Evers, G. Tieves, C. Zekorn und C. Rittner: Chromosomal assignment of human cytochrom P-450 (debrisoquin/sparteine type) to chromosome 22. In: British Journal of Clinical Pharmacology. 23. Jahrgang, 1987, S. 455–458.
  7. Frank J. Gonzalez, Radek C. Skoda, Shioko Kimura, Morio Umeno, Ulrich M. Zanger, Daniel W. Nebert, Harry V. Gelboin, James P. Hardwick und Urs A. Meyer: Characterization of the common genetic defect in humans deficient in debrisoquine metabolism. In: Nature. 331. Jahrgang, 1988, S. 442–446, doi:10.1038/331442a0.
  8. Alan C Gough, John S. Miles, Nigel K. Spurr, Julie E. Moss, Andrea Gaedigk, Michel Eichelbaum und C. Roland Wolf: Identification of the primary gene defect at the cytochrome P450 CYP2D locus. In: Nature. 347. Jahrgang, 1990, S. 773–776, doi:10.1038/347773a0.
  9. Ulrich M. Zanger, Sebastian Raimundo und Michel Eichelbaum: Cytochrome P450 2D6: overview and update on pharmacology, genetics, biochemistry. In: Naunyn-Schmiedeberg's Archives of Pharmacology. 359. Jahrgang, 2004, S. 23–37, doi:10.1007/s00210-003-0832-2.