Adliges Fräuleinstift Barth

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Barth, Blick vom Turm der Marienkirche nach Osten auf die Gebäude des ehemaligen Adligen Fräuleinstifts; davor die östliche Bebauung des Marktplatzes (2011)

Das Adlige Fräuleinstift Barth, auch Kloster Barth[1] genannt, war ein evangelisch-lutherisches Frauenstift in Barth in Vorpommern. Es bestand von 1733 bis 1948. Der als Baudenkmal[2] eingetragene Gebäudekomplex beherbergt heute Seniorenwohnungen sowie Ausstellungs- und Veranstaltungsräume.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Stadtansicht 1652 mit dem Schloss
Zugang von der Klosterstraße; rechts das Torwärterhaus (2004)
Mittelbau (2005)

Anders als die meisten historischen Damenstifte in Norddeutschland geht die Barther Einrichtung nicht auf ein vorreformatorisches Kloster zurück. Das Barther Fräuleinstift wurde unter schwedischer Herrschaft auf dem Gelände des nach dem Dreißigjährigen Krieg verfallenen Stadtschlosses der Herzöge von Pommern gebaut. Zu diesem Zweck schenkten König Friedrich und Königin Ulrike Eleonore 1726 das Schlossgrundstück der Ritterschaft und dotierten das Stift mit Rechten und Einkünften. 1733 waren die Gebäude fertiggestellt und die ersten Konventualinnen zogen ein.[3]

Das Fräuleinstift diente der Versorgung unverheirateter und verwitweter Frauen des Landadels. Es gab keine Ordensgelübde; die Gemeinschaft konnte, etwa zur Eheschließung, jederzeit verlassen werden. Jedoch ordneten Regeln das Zusammenleben, den Ausgang am Tage, die Urlaubszeiten sowie Gebet und Gottesdienst. Jede Stiftsdame hatte eine Wohnung mit vier Räumen und ein Stück Garten zur Eigennutzung. 1840 lebten 15 Damen im Kloster.[4] Vertreterin nach außen war die Priorin, 1874 Adelheid von Falkenstein.[5] Die Einrichtung stand unter dem Kuratorium evangelischer Gutsbesitzer aus dem Landadel.[6] So war u. a. Achim von Voß-Wolffradt auf Lüssow Ende des 19. Jahrhunderts Kurator des Stiftes.

Als Folge des Zweiten Weltkriegs wurde das Stift 1948 aufgehoben. Letzte Priorin war die Germanistin Katharina von Hagenow. Gebäude und Besitz fielen an die Pommersche Evangelische Kirche und 1974 an die Stadt. Die letzte Konventualin zog 1978 aus. Mehrere Gräber von Stiftsdamen finden sich noch auf dem Barther Friedhof.[7] In den Gebäuden war zeitweilig ein Kindergarten untergebracht. 2001 erfolgte eine denkmalgerechte Sanierung und Herrichtung für Wohn- und kulturelle Zwecke.

Gebäude[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das ehemalige Schlossgrundstück am Nordostrand der historischen Altstadt ist ein langgezogenes Rechteck in Nord-Süd-Richtung. Der barocke Stiftsbau lässt die Westseite frei. Dort befindet sich neben dem Torwärterhaus das Eingangstor von der Klosterstraße her, die zum Marktplatz und zur Marienkirche führt. Das Portal trägt außen die Inschrift FRIDERICUS I ET ULRICA ELEONORA / REX ET REGINA SUECIAE („Friedrich I. und Ulrike Eleonore, König und Königin von Schweden“) und darüber eine Reliefskulptur des Reichswappens von Schweden. Innen ist zu lesen: NON ERIT IMPROLES STIRPS REGIA NAM PIETATIS HIC FOETUS SUPEREST RELIGIOSA DOMUS („Nicht ohne Nachkommen wird der königliche Stamm sein,[8] denn als Frucht der Frömmigkeit besteht hier das klösterliche[9] Haus“) mit der Jahreszahl 1741.[10]

Das dreiflüglige, langgezogene, schlossähnliche Stiftsgebäude wird beherrscht vom Mittelbau an der Ostseite mit Mansarddach, beidseitigem hohem, giebelbekröntem Mittelrisalit und Laterne. In dessen Obergeschoss befand sich die Stiftskapelle.[11]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Jörg Scheffelke: Das Adlige Fräuleinstift. Stadt Barth 1255–2005. Beiträge zur Stadtgeschichte. Hrsg. Jörg Scheffelke, Gerd Garber, Thomas Helms Verlag, Schwerin 2005, S. 131–142. ISBN 3935749481. Auszug

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Adliges Fräuleinstift Barth – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Die ursprüngliche Selbstbezeichnung war Bahrtisches Closter; der Name der Klosterstraße erinnert daran.
  2. Denkmalliste des Landkreises Vorpommern-Rügen Nr. 10120A, 10120B
  3. Otto Freiherr Grote-Schauen (Hrsg.): Lexikon Deutscher Stifter, Klöster und Ordenshäuser. 1. Das heutige Deutsche Reich, Barth. A. W. Zickfeldt, Osterwiek a. Harz 1881, S. 33 (google.de [abgerufen am 25. Mai 2023]).
  4. Friedrich Benedict Weber: Handbuch der Staatswirthschaftlichen Statistik und Verwaltungskunde der Preußischen Monarchie. Max und Comp., Breslau 1840, S. 135 (google.de [abgerufen am 25. Mai 2023]).
  5. Handbuch über den Königlich Preußischen Staat und Hof für das Jahr 1875. Pommern. Reg. zu Stralsund, 10. Stifter und Köster. R. v. Decker, Berlin 15. November 1874, S. 424 (google.de [abgerufen am 25. Mai 2023]).
  6. Handbuch über den Königlich Preußischen Hof und Staat für das Jahr 1881/82. Pommern. Regierung zu Stralsund, 11. Stifter und Köster. R. v. Decker, Berlin 1881, S. 289 (google.de [abgerufen am 25. Mai 2023]).
  7. Bilder. Barther Friedhof. (fiete-und-jan.de)
  8. Anspielung auf die (eheliche) Kinderlosigkeit des Königspaars
  9. Religiosus bedeutet im Mittellatein „klosterzugehörig“ (1).
  10. 1816, in: Dietrich Hermann Biederstedt: Sammlung aller kirchlichen, das Predigtamt, dessen Verwaltung, Verhältnisse, Rechten und Pflichten betreffenden, Verordnungen im Herzogthume Vorpommern und Fürstenthume Rügen. Teil 1, Regierungs-Buchhandlung, Greifswald 1816, S. 225.
  11. Gutshäuser und Schlösser in Mecklenburg-Vorpommern, Hrsg. QM3 UG, Rostock 2023.

Koordinaten: 54° 22′ 8,8″ N, 12° 43′ 42″ O