Agnotologie

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Agnotology oder Agnotologie[1] bezeichnet als Wortschöpfung neueren Datums eine Forschungsrichtung, welche die kulturelle Erschaffung und Aufrechterhaltung von Unwissen untersucht. Ihr Erkenntnisgegenstand ist, wie Unwissen durch Manipulation, Unterdrückung von Informationen, Zensur oder durch andere Formen absichtlicher oder versehentlicher kulturpolitischer Selektivität geschaffen oder gesichert werden kann.

Der Begriff wurde im Umfeld der US-amerikanischen Stanford University eingeführt. Dort fand im Oktober 2005 ein Workshop unter dem Titel Agnotology: The Cultural Production of Ignorance statt, der von den Wissenschaftshistorikern Londa Schiebinger und Robert N. Proctor organisiert wurde. In einer wissenschaftlichen Arbeit Schiebingers aus dem gleichen Jahr nennt diese Proctor als Wortschöpfer und Agnotology als Gegengewicht (counterweight) zu Epistemologie; Unwissen sei oft nicht das Fehlen von Wissen, sondern das Resultat politischer, kultureller und kommerzieller Kämpfe.

Beispielsweise können Unternehmen im „agnotologischen“ Sinn Unwissen schaffen, genauer: vorhandenes, ihrem Geschäftsinteresse abträgliches Wissen relativieren oder tilgen, indem sie Gegengutachten anfertigen lassen. Paradigmatisch hat Proctor dies anhand von Untersuchungen über die Schädlichkeit des Zigarettenrauchens demonstriert, wobei die Industrie zudem jahrzehntelang darauf verwies, dass es gerade die Nationalsozialisten gewesen seien, die Kampagnen gegen das Rauchen betrieben hätten.

In einem gemeinsam mit Londa Schiebinger herausgegebenen Aufsatzband wurden ähnliche Prozesse bei der Geheimhaltungspraxis der Regierung der Vereinigten Staaten, der Klimaforschung und der Debatte über gentechnisch veränderte Organismen geschildert.[2]

Literatur

Einzelnachweise

  1. Mechthild Bereswill, Michael Meuser, Sylka Scholz: Dimensionen der Kategorie Geschlecht: der Fall Männlichkeit. S. 147.
  2. Frank Uekötter: Die Wahrheit Ist Auf Dem Feld. S. 438.

Weblinks

Siehe auch