Anna von Mecklenburg

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Anna, Prinzessin zu Mecklenburg [-Schwerin] (* 14. September 1485 in Plau am See[1]; † 12. Mai 1525[2] in Rödelheim) war Landgräfin von Hessen.

Sie war eine Tochter von Magnus II., Herzog von Mecklenburg (1441–1503), und Sophia, Prinzessin von Pommern [-Stettin] (um 1460–1504). Sie zählt zur 13. Generation des mecklenburgischen Fürstenhauses.

Biographie

„Der Historiker hat der Landgräfin in der hessischen Geschichte einen hervorragenden Platz einzuräumen“ – so urteilte der Historiker Hans Glagau 1899 über Anna. Landgräfin Anna von Hessen, geborene Herzogin von Mecklenburg, wäre einer historisch-kritischen Biographie würdig.

Anna war 1500 als zweite Ehefrau mit Landgraf Wilhelm II. von Hessen (1469–1509) verheiratet worden. Wegen des frühen Todes des oberhessischen Regenten, Wilhelm III. (1471–1500), und der Geisteskrankheit des Regenten von Niederhessen, Wilhelm I. (1466–1515), war in diesem Jahr ganz Hessen, einschließlich der Grafschaft Katzenelnbogen, unter Wilhelm II. vereinigt worden. Doch Wilhelm II. erkrankte 1504 – wahrscheinlich an Syphilis – und wurde in den folgenden Jahren regierungsunfähig.

Er übertrug in seinem ersten Testament (1506) fünf Räten die Vormundschaft über seine Kinder Elisabeth und Philipp (1504–1567), über seinen älteren Bruder, Wilhelm I., und dessen Gemahlin Anna von Braunschweig sowie über seine eigene Gemahlin.

In seinem zweiten Testament (1508) bestimmte er jedoch Anna zum obersten Vormund (neben seinem Oheim, dem Erzbischof Hermann von Köln, der im September 1508 starb) und gab ihr zwei Ratgeber an die Seite. Aber Annas Anspruch auf die Regentschaft wurde weder von den hessischen Landständen noch von den seit 1373 durch Erbverbrüderung erbberechtigten Herzögen von Sachsen anerkannt. Im Juli 1509 kam es zwischen Anna und den hessischen Landständen, die von den sächsischen Herzögen unterstützt wurden, zu einer Auseinandersetzung am Spieß, der damaligen Stätte der hessischen Landtage. Das zweite Testament fand dort keine Anerkennung.

Im Jahr 1514 kam es zum Umschwung: Anna errang mit Unterstützung zahlreicher Adliger und Städte die Herrschaft und regierte noch über das Jahr 1519 hinaus, in dem ihr Sohn Philipp durch Kaiser Maximilian für volljährig erklärt wurde, – ohne jemals offiziell als Regentin anerkannt worden zu sein.

Über die letzten Jahre ihres Lebens ist ebenso wie über ihre ersten recht wenig bekannt: 1519 heiratete sie ein zweites Mal, den 23-jährigen Grafen Otto von Solms-Laubach, der drei Jahre später starb.

Nachkommen

Anna heiratete am 20. Oktober 1500 in Kassel den Landgrafen Wilhelm II. von Hessen (1469–1509) mit dem sie folgende Kinder hatte:

Am 7. September 1519 ging sie mit Graf Otto von Solms-Laubach (1496–1522) eine zweite Ehe ein, der drei Kinder entsprangen:

Bedeutung

Kirchengeschichtlich ist Anna von Hessen interessant, da sie die Zeit unmittelbar vor Einführung der Reformation durch Philipp 1527 prägte. Ihr Mann hatte in seinem Testament die Reformation aller Klöster in Hessen angeordnet. Anna bemühte sich an einigen Stellen um die Reformierung von Klöstern, aber erst Philipp setzte die Verfügung seines Vaters um, wenn auch auf seine eigene Art. Insofern erscheint es kirchenhistorisch äußerst wichtig, zu untersuchen, welches Gepräge Anna der Kirchenpolitik und der Kirche in Hessen gab – unter Berücksichtigung der konfessionsbezogenen Folgen über Hessen hinaus. Sie selber setzte sich sehr für die Klöster und den Katholizismus ein, weswegen es auch zum Zerwürfnis mit ihrem Sohn kam.

Aus übergeordneter Perspektive ist das Thema von Bedeutung, weil es einen in der Geschichte Hessens bisher nur bedingt erforschten Zeitraum, das Spätmittelalter kurz vor der Reformation, anhand einer herausragenden Frauengestalt, der Regentin, in den Blick nimmt. Die chaotischen Zustände in Hessen während der Jahre 1509–1514 hatten ihre Ursache darin, dass die Stände die Macht an sich rissen und die eigentliche Regentin auf ihr Wittum nach Gießen verbannten.

Nicht zuletzt ist in diesem Rahmen auch die politische Brisanz der Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen Interessengruppen (die Stände, Anna/Philipp, die verordneten Räte, der Kaiser, die sächsischen Fürsten und andere) betrachtenswert.

Literatur

  • Claus Cramer: Anna. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 1, Duncker & Humblot, Berlin 1953, ISBN 3-428-00182-6, S. 300 (Digitalisat).
  • Pauline Puppel: Die Regentin. Vormundschaftliche Herrschaft in Hessen 1500–1700. Campus, Frankfurt am Main 2004. ISBN 3-593-37480-3
  • Pauline Puppel: "Das kint ist mein und gehet mir zu hertzen." Die Mutter: Landgräfin Anna von Hessen, Herzogin von Mecklenburg (1485–1525). In: Landgraf Philipp der Großmütige von Hessen und seine Residenz Kassel. Ergebnisse des interdisziplinären Symposiums der Universität Kassel zum 500. Geburtstag des Landgrafen Philipp von Hessen (17. bis 18. Juni 2004), herausgegeben von Heide Wunder u.a. (= Veröffentlichungen der historischen Kommission für Hessen 24,8). Marburg 2004, S. 45-56. ISBN 3-7708-1267-0
  • Pauline Puppel: Formen von Witwenherrschaft. Anna von Hessen 1485–1525. In: Witwenherrschaft in der Frühen Neuzeit. Fürstliche und Adelige Witwen zwischen Fremd- und Selbstbestimmung, herausgegeben von Martina Schattkowsky (= Schriften zur sächsischen Geschichte und Volkskunde 6). Leipzig 2003, S. 139-161.
  • Pauline Puppel: Der Kampf um die vormundschaftliche Regentschaft zwischen Landgräfinwitwe Anna von Hessen und der hessischen Ritterschaft 1509/14–1518. In: Fürstin und Fürst. Familienbeziehungen und Handlungsmöglichkeiten von hochadligen Frauen im Mittelalter, hrsg. von Jörg Rogge. Ostfildern 2004 (= Mittelalter-Forschungen, 15), S. 247ff.
  • Pauline Puppel (gemeinsam mit Kerstin Merkel): Landgräfin Anna von Hessen. In: Landgraf Philipp der Großmütige, Hessen im Zentrum der Reformation. Ausstellungskatalog. Marburg 2004, S. 31-36.
  • Rajah Scheepers: Regentin per Staatsstreich? Landgräfin Anna von Hessen (1485–1525). Ulrike Helmer, Königstein 2007. ISBN 3-89741-227-6
  • Rajah Scheepers: Zwei unbekannte Verlobungen Landgraf Philipps des Großmütigen? – Landgräfin Annas Heiratspolitik. In: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte. Bd. 109 (2004), S. 13-29.
  • Rajah Scheepers: ,Nicht einer Frauen werk.‘ – Frauen, Religion und politische Macht. In: Yearbook of the European Society of Women in Theological Research. Bd. 12 (2004), S. 193-206.

Als Thema eines Romans:

  • Anja Zimmer: Mitternachtsblüten. Das Leben der Anna von Hessen. Frauenzimmer-Verlag, Lauter 2007. ISBN 978-3-937013-06-0

Einzelnachweise

  1. Geburtsort nach Biogr. Lexikon für Mecklenburg, Bd. 2 (1999); NDB abweichend: Wismar.
  2. Letzter Lebensbeleg am 11. Mai 1525; gestorben also nicht am 28. April, 5. Mai oder 6. Mai 1525, wie es in älterer Literatur heißt. Sie wurde am 15. Mai 1525 begraben.

Weblinks