Axel Hochkirch

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Axel Hochkirch 2011

Axel Hochkirch (* 27. Juli 1970 in Bad Soden am Taunus) ist ein deutscher Biologe. Er ist Laborleiter der Abteilung Biogeographie an der Universität Trier und Vorsitzender des IUCN SSC Invertebrate Conservation Sub-Committee, sowie der IUCN SSC (Species Survival Commission) Grasshopper Specialist Group. Zudem ist er Mitglied des IUCN SSC Steering Committee.

Leben

Hochkirch studierte von 1990 bis 1996 Biologie an der Universität Bremen. In seiner Diplomarbeit befasste er sich mit der Ökologie von Heuschrecken der Usambara-Berge (Tansania). 2001 promovierte er an der Universität Bremen. Der Titel seiner Dissertation lautete “A Phylogenetic Analysis of the East African Grasshopper Genus Afrophlaeoba JAGO, 1983”. Von 2001 bis 2007 war er wissenschaftlicher Assistent an der Universität Osnabrück, wo er sich für das Fachgebiet Ökologie habilitierte mit der Habilitationsschrift “Evolution, Maintenance and Conservation of Biodiversity: Case studies from Orthoptera”.[1]

Seit 2008 ist Axel Hochkirch Laborleiter in der Abteilung Biogeographie bei Michael Veith an der Universität Trier.[2] An der Universität Trier fand seine Umhabilitation für das Fach Biogeographie statt. Im Jahr 2010 wurde er vom IUCN Steering Committee zum Chair der IUCN SSC Grasshopper Specialist Group berufen.[3] Von 2011 bis 2015 war er Sprecher der Fachgruppe Ökologie der Deutschen Zoologischen Gesellschaft.[4] Im Jahr 2013 wurde Hochkirch zum Chair des IUCN SSC Invertebrate Conservation Sub-Committee ernannt. Seitdem ist er auch Mitglied des IUCN SSC Steering Committee.

Forschungsschwerpunkte

Axel Hochkirch beschäftigt sich mit Biodiversitätsforschung im breiten Sinne. Hierbei interessieren ihn sowohl die Entstehung der Biodiversität (Evolutionsbiologie, Phylogenetik) als auch ökologische Mechanismen der Aufrechterhaltung von Biodiversität (Populationsökologie, Populationsgenetik, Verhaltensökologie) und die Erhaltung der Biodiversität (Naturschutzbiologie). [5] Sein breites Forschungsspektrum äußert sich u.a. darin, dass er im Jahr 2011 gleich von drei Fachgruppen der Deutschen Zoologischen Gesellschaft als Symposiumssprecher für die Jahrestagung vorgeschlagen wurde (Fachgruppen Ökologie, Evolutionsbiologie, Verhaltensbiologie).

Während seines ersten Forschungsaufenthaltes in den Ost-Usambarabergen (Tansania) im Jahr 1994 erforschte Hochkirch die ökologische Einnischung von Heuschreckenarten. Hierbei beschrieb er auch die Eignung bestimmter Arten als Bioindikatoren für die Degradation von Regenwald-Gemeinschaften.[6] Des Weiteren entdeckte und beschrieb Hochkirch hierbei eine bislang unbeschriebene Heuschreckenart. [7] Später führte er diese Untersuchungen in anderen Regenwaldgebieten Ostafrikas weiter und erkannte hierbei die Bedeutung von Prädation für die hohe Artenvielfalt und den Endemismus von Regenwald-Arten. [8] Seine phylogenetischen Untersuchungen zur Verwandtschaft von Heuschreckenarten der Bergregenwälder Ostafrikas führten zur Aufstellung von Hypothesen zur früheren Verbindung dieser Regenwaldgebiete. [9]

Am meisten Beachtung fanden Hochkirchs Arbeiten zur reproduktiven Interferenz. In Ersetzungsexperimenten konnten Hochkirch und seine Mitarbeiter zeigen, dass Fehlentscheidungen bei der Partnerwahl in gemischten Populationen von Tierarten auch ohne Hybridisierung zu einer verringerten Fitness führen. [10] Hierdurch kann die Koexistenz verwandter Tierarten verhindert werden, wenn nicht lokale Verteilungsmuster (insbesondere geklumpte Verteilung und unterschiedliche ökologische Nischen) der Individuen die Begegnungshäufigkeit beider Arten reduzieren. [11]

Hochkirch hat in zahlreichen Arbeiten molekulare Methoden zur Bearbeitung naturschutzbiologischer und evolutionsbiologischer Fragestellungen eingesetzt. So konnte er mit Hilfe populationsgenetischer Analysen zeigen, dass es in klimatischen Extremjahren zu massiven Einflügen der flugfähigen Morphe einer sonst flugunfähigen Heuschrecke kommt. [12] Zudem zeigte er, dass bei Umsiedlungsmaßnahmen eine hohe genetische Diversität erhalten werden kann, wenn eine große Anzahl von Individuen hierfür verwendet werden. [13] In den letzten Jahren setzte Hochkirch molekulargenetische Methoden auch für Untersuchungen sexueller interspezifischer Interaktionen (insbesondere Hybridisierung) ein.[14] Gemeinsam mit seiner Doktorandin Kathrin Witzenbeger konnte er nachweisen, dass die Zoopopulation der Europäischen Wildkatze massiv durch Hybridisierung mit Hauskatzen gefährdet ist.[15]

Ein weiterer Schwerpunkt seiner Forschungstätigkeiten ist die Naturschutzbiologie. Insbesondere zum Schutz von Insekten hat Hochkirch einige Publikationen verfasst. [16] [17] Besondere Aufmerksamkeit bekam seine Publikation zur Effektivität des europäischen Schutzgebietsnetzwerks Natura 2000 (FFH-Richtlinie). [18] Zudem publizierte Hochkirch einen Artikel in der Fachzeitschrift "Science", in der er auf die Verantwortung von Reservaten für den Schutz von Invertebraten hinwies. [19] Politische Konsequenzen hatte sein Kommentar in der Zeitschrift "Nature", in der er mangelnde Transparenz bei der Festlegung der Autorenteams in der "Intergovernmental Platform on Biodiversity and Ecosystem Services" (IPBES) kritisierte. Als Folge beschloss die IPBES neue Richtlinien zur Transparenz und Vermeidung von Interessenkonflikten. [20]

Auch taxonomische Arbeiten gehören zu Hochkirchs Arbeitsbereich. So beschrieb er einige Taxa aus der Familie der Feldheuschrecken (Acrididae), darunter Parodontomelus luci, Physocrobylus tessa, Arminda palmae, Sphingonotus fuerteventurae, Sphingonotus almeriense und Sphingonotus nodulosus. Im Jahr 2014 wurde eine Heuschreckenart nach ihm benannt: Dolatettix hochkirchi.

Lehrveranstaltungen

Bereits während seiner Promotionsphase (1998-2000) engagierte sich Hochkirch auch in Lehrveranstaltungen und bot Exkursionen und Praktika an der Universität Bremen an. In den Jahren 1999-2000 erhielt er einen Lehrauftrag an der Hochschule Bremen für den Kurs "Systematik der Tiere". Während seiner Habilitationsphase (2001-2008) unterrichtete er an der Universität Osnabrück die Fächer Tierökologie, Naturschutzbiologie, Populationsbiologie und führte zahlreiche Exkursionen durch. Seit 2008 unterrichtet er an der Universität Trier die Fächer Naturschutzbiologie, Molekulare Biogeographie, Populationsgenetik sowie Artenkenntniskurse.

Sonstiges

Hochkirch engagiert sich bereits seit seiner Kindheit im Naturschutz und ist Mitglied zahlreicher Naturschutzverbände sowie biologischer Fachgesellschaften. Zudem ist er Juror bei Jugend Forscht und Gutachter für zahlreiche Forschungsförder-Einrichtungen (ESF, DBU, etc.), sowie für Nominationen von UNESCO Welterbestätten. Er ist Associate Editor bei der Zeitschrift "BMC Evolutionary Biology".

Publikationen (Auswahl)

  • Gröning J., Lücke N., Finger A. & Hochkirch A. (2007): Reproductive interference in two ground-hopper species: Testing hypotheses of coexistence in the field. Oikos 116: 1449-1460
  • Hochkirch A., Gröning J. & Bücker A. (2007): Sympatry with the devil – Reproductive interference could hamper species coexistence. Journal of Animal Ecology 76: 633-642
  • Gröning J. & Hochkirch A. (2008): Reproductive interference between animal species. The Quarterly Review of Biology 83: 257-282
  • Witzenberger K.A. & Hochkirch A. (2008): Genetic consequences of animal translocations: A case study using the field cricket, Gryllus campestris L. Biological Conservation 141: 3059-3068
  • Hochkirch A. & Görzig Y. (2009): Colonization and speciation on volcanic islands: Phylogeography of the flightless grasshopper genus Arminda (Orthoptera, Acrididae) on the Canary Islands. Systematic Entomology 34: 188-197
  • Hochkirch A. & Damerau M. (2009): Rapid range expansion of a wing-dimorphic bush-cricket after the 2003 climatic anomaly. Biological Journal of the Linnean Society 97: 118-127
  • Exeler N., Kratochwil A. & Hochkirch A. (2009): Restoration of riverine inland sand dunes: Implications for the conservation of wild bees (Apoidea). Journal of Applied Ecology 46: 1097-1105
  • Witzenberger K.A. & A. Hochkirch (2011): Ex situ conservation genetics: A review of molecular studies on the genetic consequences of captive breeding programmes for endangered animal species. Biodiversity and Conservation 20: 1843-1861
  • Hochkirch A. & Lemke I. (2011): Asymmetric mate choice and hybrid fitness in two sympatric grasshopper species. Behavioral Ecology and Sociobiology 65: 1637-1645
  • Hochkirch A., Mertes T. & Rautenberg J. (2012): Conspecific flowers of Sinapis arvensis are stronger competitors for pollinators than those of the invasive weed Bunias orientalis. Naturwissenschaften 99: 217-224
  • Husemann M., Habel J.C., Namkung S., Danley P.D. & A. Hochkirch (2012): Phylogenetic analyses of band-winged grasshoppers reveal convergence of wing morphology. Zoologica Scripta 41: 515-526
  • Schulte U., Veith M. & A. Hochkirch (2012): Rapid genetic assimilation of native wall lizard populations (Podarcis muralis) through extensive hybridization with introduced lineages. Molecular Ecology 21: 4313-4326
  • Hochkirch A. (2013): Hybridization and the Origin of Species. Journal of Evolutionary Biology 26: 247-251
  • Hochkirch A., Schmitt T., Beninde J., Hiery M., Kinitz T., Kirschey J., Matenaar D., Rohde K., Stoefen A., Wagner N., Zink A., Lötters S., Veith M. & Proelss A. (2013): Europe needs a new vision for a Natura 2020 network. Conservation Letters 6: 462-467
  • Engler J., Rödder D., Elle O., Hochkirch A. & J. Secondi (2013): Species distribution models contribute to determine the effect of climate and interspecific interactions in moving hybrid zones. Journal of Evolutionary Biology 26: 2487-2496
  • Hochkirch A. (2014): Biodiversity: Broaden the Search. Science 343: 248
  • Witzenberger K.A., Hochkirch A. (2014): The genetic integrity of the ex situ population of the European wildcat (Felis silvestris silvestris) is seriously threatened by introgression from domestic cats (Felis silvestris catus). PLOS One 8: e106083
  • Beninde J., Veith M., Hochkirch A. (2015): Biodiversity in cities needs space: A meta-analysis of factors determining intra-urban biodiversity variation. Ecology Letters 18: 581-592
  • Beninde J., Fischer M.L., Hochkirch A., Zink. A. (2015): Ambitious advances of the European Union in the legislation of invasive alien species. Conservation Letters 8: 199-205
  • Matenaar D., Bazelet C.D., Hochkirch A. (2015): Simple tools for the evaluation of pro¬tected areas for the conservation of grasshoppers. Biological Conservation 192: 192-199
  • Holderegger R., Segelbacher G., Balkenhol N., Biebach I., Bolliger J., Gugerli F., Hochkirch A., Keller L., Widmer A. & Zachos F. (2016): Naturschutzgenetik – Ein Handbuch für die Praxis. Haupt Verlag, Bern. 258 S.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. http://www.uni-trier.de/index.php?id=20302
  2. http://www.uni-trier.de/?id=14985
  3. http://cmsdata.iucn.org/downloads/species_51.pdf
  4. http://www.dzg-ev.de/de/fachgruppen/sprecher_ab2011.php
  5. http://www.uni-trier.de/index.php?id=20301
  6. Hochkirch A. (1996) Habitat preferences of grasshoppers (Orthoptera: Acridoidea, Eumastacoidea) in the East Usambara Mts., NE Tanzania, and their use for bioindication. Ecotropica 2: 195-217
  7. Hochkirch A. (1996) Physocrobylus tessa, a new grasshopper species from the East Usambara Mountains, NE Tanzania and its systematic position (Acridoidea, Acrididae, Coptacridinae). Journal of Orthoptera Research 5: 53-55
  8. Hochkirch A. (1998) A comparison of the grasshopper fauna (Orthoptera: Acridoidea & Eumastacoidea) of the Uluguru Mountains and the East Usambara Mountains, Tanzania. Journal of East African Natural History 87: 221-232
  9. Hochkirch A. (2005) Morphometric Differentiation in the East African Grasshopper Genus Afrophlaeoba JAGO, 1983 (Orthoptera: Acrididae). In: Huber B.A., Sinclair B.J. & K.-H. Lampe (eds.): African Biodiversity: Molecules, Organisms, Ecosystems. Springer Verlag: 109-118
  10. Hochkirch A., Gröning J. & Bücker A. (2007) Sympatry with the devil – Reproductive interference could hamper species coexistence. Journal of Animal Ecology 76: 633-642
  11. Gröning J., Lücke N., Finger A. & Hochkirch A. (2007) Reproductive interference in two ground-hopper species: Testing hypotheses of coexistence in the field. Oikos 116: 1449-1460
  12. Hochkirch A. & Damerau M. (2009) Rapid range expansion of a wing-dimorphic bush-cricket after the 2003 climatic anomaly. Biological Journal of the Linnean Society 97: 118-127
  13. Witzenberger K.A. & Hochkirch A. (2008) Genetic consequences of animal translocations: A case study using the field cricket, Gryllus campestris L. Biological Conservation 141: 3059-3068
  14. Schulte U., Veith M. & A. Hochkirch (2012) Rapid genetic assimilation of native wall lizard populations (Podarcis muralis) through extensive hybridization with introduced lineages. Molecular Ecology 21: 4313-4326
  15. Witzenberger K.A. & A. Hochkirch (2014) The genetic integrity of the ex situ population of the European wildcat (Felis silvestris silvestris) is seriously threatened by introgression from domestic cats (Felis silvestris catus). PLOS One 8: e106083
  16. Exeler N., Kratochwil A., Hochkirch A. (2009) Restoration of riverine inland sand dune complexes: implications for the conservation of wild bees. Journal of Applied Ecology 46: 1097-1105
  17. Gerlach J., Samways M.J., Hochkirch A., Seddon M., Cardoso P., Clausnitzer V., Cumberlidge N., Daniel B.A., Hoffman Black S., Ott J., Williams P.H. (2014): Prioritizing non-marine invertebrate taxa for red-listing. Journal of Insect Conservation 18: 573-586
  18. Hochkirch A., Schmitt T., Beninde J., Hiery M., Kinitz T., Kirschey J., Matenaar D., Rohde K., Stoefen A., Wagner N., Zink A., Lötters S., Veith M., Proelss A. (2013) Europe needs a new vision for a Natura 2020 network. Conservation Letters doi:10.1111/conl.12006.
  19. Hochkirch A. (2014) Biodiversity: Broaden the Search. Science 343: 248
  20. Hochkirch A., McGowan P.J.K., van der Sluijs J. (2014): Biodiversity reports need author rules. Nature 516: 170