Babyschwimmen

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Tauchender Säugling beim Babyschwimmen
Mutter mit Baby beim Schwimmkurs

Als Babyschwimmen bezeichnet man die Wassergymnastik mit Säuglingen und Kleinkindern zwischen dem vierten und dem achtzehnten Lebensmonat.

Geschichte

Babyschwimmen entstand in den 1970er Jahren. Unter dem Hinweis darauf, dass Ungeborene in einem flüssigen Milieu aufwachsen, wurden schlängelnde Körperbewegungen als Schwimmbewegungen interpretiert. Mit Tauchübungen sollte Wassersicherheit erzielt werden. Heute bieten im deutschsprachigen Raum fast alle Anbieter von Wassergymnastik im medizinischen Bereich auch Kurse für das Babyschwimmen an, wenn die erforderliche Wasserqualität sichergestellt werden kann.

Voraussetzungen

Das Beckenwasser muss Trinkwasserqualität haben (DIN 19643), die gesamte Filtertechnik muss den gesetzlichen Vorschriften genügen. Als geeignete Wassertemperatur gilt für das Babyschwimmen 32–34 °C, abhängig vom Alter der Babys – je jünger desto wärmer sollte das Wasser sein. Die Lufttemperatur sollte nicht unter 30 °C sein, die Umkleidemöglichkeiten ausreichend beheizt. Die Wassertiefe sollte 100 bis 140 cm betragen. Prinzipiell ist Babyschwimmen auch schon ab der sechsten Lebenswoche möglich. Säuglinge besitzen einen Atemschutzreflex, der oft auch als Tauchreflex bezeichnet wird und damit nahelegt, dass ein Säugling gefahrlos tauchen kann. Dieser Reflex verliert sich im dritten bis sechsten Lebensmonat.

Förderung der Entwicklung

Durch die Bauchlage beim Babyschwimmen wird das Reflexkriechen der Babys stimuliert, und zwar durch Aktivierung der quergestreiften Muskulatur. Dadurch wird die im zentralen Nervensystem liegende Koordination der Bewegungsmuster früher aktiviert und stabilisiert. Das Unterstützen des Reflexkriechens wird auch bei diversen Physiotherapien, wie z. B. Vojta, eingesetzt. Die großflächigen Berührungsreize stimulieren die unter der Haut liegenden Nervenfasern. Das ermöglicht Entspannung, aktiviert die Regulation des Muskeltonus und führt zu längerem und tieferem Schlafen der Kinder.

Der Leistungsvorsprung und das gesteigerte Selbstvertrauen, das die Kinder durch diese Form der Frühförderung erhalten, ist innerhalb der nächsten 2–3 Jahre aufgezehrt, wenn nicht in der Folge durch andere Formen von Bewegungsförderung auf dieser Grundlage durch vielfältige Bewegungserfahrungen aufgebaut wird.[1]

Kritik

Von Kritikern wird bemerkt, dass das in sogenannten „Kursen“ abgehaltene Babyschwimmen auch Ausdruck einer überzogenen Frühförderung sein könne, wodurch Eltern durch einen falschen Ehrgeiz ihre Kleinkinder überforderten.[2]

Als weiterer Kritikpunkt gilt der Gesundheitsaspekt. So seien bei Babys, die am Kurs teilnehmen, im ersten Lebensjahr vermehrt Infektionskrankheiten wie Mittelohrentzündung, Durchfallerkrankungen und Atemwegserkrankungen festzustellen, wie eine Studie des GSF-Institutes zeigt.[3]

Ende 2010 wurde im Bundesgesundheitsblatt der Verdacht geäußert, dass in gechlortem Beckenwasser entstehendes Stickstofftrichlorid Asthma auslösen kann.[4] Insbesondere für Kinder unter zwei Jahren, in deren Familien gehäuft Allergien auftreten, rät das Umweltbundesamt so lange vom Babyschwimmen ab, bis weitere Erkenntnisse vorliegen, die für eine Unbedenklichkeit sprechen.[5] Allerdings gibt es neuere Daten, die zeigen, dass Babyschwimmen zu keinem erhöhten Asthma-Risiko führt.[6][7]

Einzelnachweise

  1. Arnd Krüger: Wann sollen Kinder mit Sport beginnen? In: Peter Lösche (Hrsg.): Göttinger Sozialwissenschaften heute. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1990, 278–308
  2. Der Frühförderungswahn. Säuglinge mit Mammut-Programm. In: Deutschlandradio online, 9. August 2005 (online)
  3. Gesundheit: Babyschwimmen nicht empfehlenswert. In: WELT ONLINE. 11. Oktober 2007, abgerufen am 11. Mai 2011.
  4. Babyschwimmen und Desinfektionsnebenprodukte in Schwimmbädern. (PDF; 132 kB) Bundesgesundheitsblatt 01/2011, 54:142–144, 29. Dezember 2010 (online publiziert). doi:10.1007/s00103-010-1177-x.
  5. Babyschwimmen: Asthmagefahr durch Desinfektion mit Chlor?
  6. L. Font-Ribera, C. M. Villanueva, M. J. Nieuwenhuijsen, J. P. Zock, M. Kogevinas, J. Henderson: Swimming pool attendance, asthma, allergies, and lung function in the Avon Longitudinal Study of Parents and Children cohort. In: American journal of respiratory and critical care medicine. Band 183, Nummer 5, März 2011, S. 582–588, doi:10.1164/rccm.201005-0761OC, PMID 20889905, PMC 3081279 (freier Volltext).
  7. Gesundheitliche Bewertung von Trichloramin in der Hallenbadluft (PDF; 430 kB)

Literatur

  • Lilli Ahrendt: Kleinkindschwimmen. Grundlagen zur Kindesentwicklung und -förderung durch Eltern-Kind-Schwimmen im 2. und 3. Lebensjahr, Meyer & Meyer, Aachen 2002, ISBN 3-89124-990-X (1 Videokassette, VHS, 45 Min.)
  • Lilli Ahrendt: Säuglingsschwimmen und kindliche Entwicklung. Theorie und Praxis der Eltern-Kind-Schwimmens im ersten Lebensjahr, Meyer & Meyer, Aachen, 2. Auflage 2007, ISBN 978-3-89899-202-2.
  • Gabriele Detrois: Physiologische und medizinische Aspekte des Säuglingsschwimmens. Untersuchungen zum Verhalten der Körpertemperatur beim Wasseraufenthalt. Diplomarbeit. Köln 2001 (PDF; 1,24 MB).
  • Barbara Ahr: Schwimmen mit Babys und Kleinkindern, Trias, 3. Auflage 2005, ISBN 3-8937-3570-4.
  • Michel Odent, Jessica Johnson: Wir alle sind Kinder des Wassers, Kösel, 1995, ISBN 3-4663-4331-3.
  • Francoise Barbira Freedman: Water Babies: Safe Starts in Swimming, Southwater, 2004, ISBN 1-8421-5986-0.