Benedikt von Mailand

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Benedikt in der Reihe der Darstellungen der Mailänder Bischöfe in der Basilika San Nicolò (Lecco), 19. Jahrhundert

Benedikt von Mailand (* in Amiternum; † 725 oder 735 in Mailand) lebte zur Zeit der Langobardenkönigs Aripert II. und wirkte bis zu seinem Tod als Erzbischof von Mailand. Angelo Mai († 1854) identifizierte ihn als Verfasser eines medizinischen Lehrgedichtes; die Zuschreibung gilt jedoch heute als unsicher.[1][2] Paulus Diaconus erwähnt ihn in seiner Historia Langobardorum als Mann von „außerordentlicher Heiligkeit“. Er überliefert auch den Streit, den Benedikt um das Recht der Konsekration der Kirchen in Ticinum (später Pavia) ausgefochten habe.[3] Hier spiegelt sich wider, wie sich die neugebildete Hauptstadt des Langobardenreiches gegen das alte, auch kirchliche Zentrum Mailand positionieren wollte. Er soll in Mailand ein Kloster für poenitentes mulieres (Büßerinnen) errichtet haben.[4] Dieselbe Quelle nennt ihn unter dem Namen S. Benedictus Crispus Mediolanensis auch als Schöpfer der Grabschrift für den in Rom von Papst Sergius I. getauften angelsächsischen König Ceadual. Benedikt wird im römischen und ambrosianischen Ritus als Heiliger verehrt.[2]

Mit seinem Namen verbundene Schriften

Jacques Paul Migne editiert in seinem großen Werk kirchlicher Schriften nicht nur die 3 mit Benedikt von Mailand bzw S. Benedictus Crispus verbundenen Schriften in lateinischer Sprache, sondern er informiert umfassend, indem er weitere Texte über dessen Leben und Rezensionen früherer Herausgeber beifügt.

Querimonia in Synodo, de Constantino Papa

Diese Schrift hat Migne vom Kirchenhistoriker Giovanni Domenico Mansi übernommen. Es ist eine vehemente Verteidigung der kirchlichen Rechte Mailands. Eine censura des italienischen Gelehrten Ludovico Antonio Muratori ist angefügt. Dieser zweifelt die Autorschaft Benedikts wegen Unstimmigkeiten bezüglich der Lebenszeiten der erwähnten Bischöfe an.

Poematicum Medicum

J.-P. Migne hat vor das medizinische Lehrgedicht einen Text des italienischen Philologen Angelo Mai geschaltet. Dieser berichtet, dass er dieses Gedicht als erster in zwei Codices der Vatikanischen Bibliothek exzipiert habe, unter dem Namen commentarium und libellus medicinalis. Dass die Schrift tatsächlich auf Benedikt zurückgeht, zweifelt er nicht an.

Benedikt stellt an den Anfang seines Gedichts eine Widmung an seinen Schüler Maurus aus Mantua, über den nichts bekannt ist. Das Gedicht ist in 240 Hexametern gestaltet, in denen 26 körperliche Beschwerdenkomplexe behandelt werden, nach dem in vielen antiken medizinischen Abhandlungen üblichen Schema von Kopf bis Fuß, hier von caput aegrum bis Podagra. Wichtige Erkrankungen, die sonst meist enthalten sind, wie Epilepsie, Melancholie, u.a. fehlen. Das Lehrgedicht hat nicht die Absicht, Wissen für die medizinische Praxis zu vermitteln. Vielmehr soll überkommenes Wissen der Antike effektvoll dargeboten werden.

Die einzelnen Abschnitte sind zweigeteilt. Auf eine Beschreibung der Krankheit folgen pharmazeutische Behandlungsvorschläge. Wenn die Erkrankung nicht direkt genannt wird, wie etwa surditas (Taubheit), wird sie wortreich umschrieben, z.B. Abschnitt XVIII:

si vero immenso turbatur pondere venter
wenn der Magen durch ein gewaltiges Gewicht aufgewühlt wird

Die Medikation ist ohne jede Mengenangabe, die Behandlung oft missverstanden. Dies zeigt sich bei einer der zahlreichen Übernahmen aus dem Liber medicinalis des Serenus Sammonicus.[5] Dieser empfiehlt gegen das Auftreten von Würmern in den Ohren das Einträufeln von in Essig gelöster Mäusegalle (Abschnitt XII). Benedikt übernimmt das Mittel, schreibt aber vor, es zu trinken (Abschnitt 15), was weniger wirksam sein sollte.

Die etwa 70 Stoffe, die er nennt, von den Mitteln zur Galenik, wie Wein und Honig, über Heilkräuter bis zu tierischen Produkten wie Taubenmist finden sich großenteils auch in der Physica Plinii, allerdings häufig in anderem Zusammenhang. Der Autor schmückt seinen Text aber auch mit seltenen, dort nicht gefundenen Heilmitteln, wie corallus und Hermodactylus.

Epitaphium Ceadual

Das Gedicht auf dem Grabmal des Caedwalla, König der Westsachsen, wird von Paulus Diaconus[6] und von Beda Venerabilis[7] wiedergegeben, allerdings ohne dass in diesem Zusammenhang Benedikt von Mailand erwähnt werden würde. Es handelt sich um eine Lobpreisung des Königs, seiner Bekehrung zum Christentum und seiner Taufe durch Sergius I. Erst in einer 1589 erschienenen Beschreibung Roms hat sich die erste Zuschreibung des Textes an Benedikt erhalten.[8]

Textausgaben

  • Jaques Paul Migne: Octavi Saeculi Ecclesiastici Scriptores, Paris 1850
  • Ioannes Val. Ullrich: S. Benedicti Crispi Commentarium Medicinale, Kizingen 1835

Literatur

  • Jaques Paul Migne: Octavi Saeculi Ecclesiastici Scriptores, Paris 1850
  • Julius Pagel: Geschichte der Medizin im Mittelalter in Handbuch der Geschichte der Medizin begründet von Theodor Puschmann, Hildesheim - New York 1971
  • Ferdinando Ughelli: Italia Sacra sive De Episcopis Italiae, Venedig 1719
  • Johannes Val. Ullrich: S. Benedicti Crispi Commentarium Medicinale, Auctoris vita, Kizingen 1835

Einzelnachweise

  1. Julius Pagel:Geschichte der Medizin im Mittelalter, S.629
  2. a b santiebeati.it, italienisch
  3. Paulus Diaconus: Historia Langobardorum, VI, 29
  4. Ferdinando Ughelli: Italia Sacra, Buch 4, XLI
  5. Ioannes Val. Ullrich: S. Benedicti Crispi Commentarium Medicinale, S.4.
  6. Paulus Diaconus: Historia Langobardorum, VI, 15
  7. Beda Venerabilis: Historia ecclesiastica gentis Anglorum, V, 7
  8. Jaques Paul Migne: Octavi Saeculi Ecclestiastici Scriptores, S. 575, Anmerkung