Benutzer:Juegoe/Konzepte14

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Offener Unterricht

Offener Unterricht ist eine Organisationsform des Unterrichts oder ein Unterrichtsprinzip, der/das vollkommen auf Lehren verzichtet. Andere, ältere Darstellungen des Offenen Unterrichts vertreten nicht diese, aber sehr unterschiedliche Sichtweisen.

Historie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Begriff offener Unterricht geht möglicherweise auf die 'open education' in den USA zurück, die im Jahr 1931 entstand. Schon damals war die Bezeichnung ein Sammelbegriff und ein Synonym für ähnliche Unterrichtsauffassungen der Reformpädagogik, wie z.B.: progressive education, informal education, open classroom.[1]

In Deutschland spielt die anglo-amerikanische Bedeutung keine Rolle. Hier werden unterschiedliche pädagogische Verständnisse und Theorien, wie z.B. Montessori, Freinet, Neill, Antipädagogik vermengt. Einigend ist nur - wie in der Reformpädagogik[2] - der Gegensatz zur Regelschule und dem dort vorherrschenden Frontalunterricht.

Unter dem Einfluß des Deutschen Bildungsrates wurden die Grundlagen für innvoative Schule gelegt. Die Richtlinien forderten ein hohes Maß an Differenzierung und Individualisierung. Zu gegensätzlichen Forderungen kamen die unabhängig davon arbeiteten Lehrplankommissionen, die die allgemein geforderte Wissenschaftsorientierung mit kleinschrittigen, behaviouristisch orientierten Lernzielvorgaben umsetzen wollten. Die Folge war der Ruf nach 'offenen', wirklich handlungsorientierten Curricula, die auch noch in der Schule vom Lehrer beeinflusst werden konnten.

Hinter dem Begriff ́Offener Unterricht ́ verbirgt sich keine einheitliche Terminologie und keine einheitliche Theorie. Er enthält unterschiedlichste Vorstellungen. In dieser Vielfalt sehen Vertreter eines ́Offenen Unterrichts ́ nichts Negatives, sondern vielmehr etwas, was beabsichtigt und wünschenswert ist. KNAUF geht dabei so weit, dass sie behauptet, eine eindeutige Definition würde dem Begriff des ́Offenen Unterrichts ́ widersprechen, da „offen für Offenen Unterricht auch offen für Veränderungen und für verschiedene Interpretationen des Unterrichts steht.“ (Knauf 2001, 102). Was dann eigentlich noch der Unterschied zwischen dem ́Offenen Unterricht ́ und der wissenschaftlichen Schulpädagogik ist, bleibt unklar. Gegenstand der Schulpädagogik ist ja neben der Schul- und Lehrplantheorie, auch die Unterrichtstheorie.

Wissenschaftlich gesehen war die Forschungslage zum Begriff 'Offener Unterricht' verworren. Offenheit war ein gern gebrauchter Terminus in der Sprache der Pädagogen[3] In der Erziehungswissenschaft gab es bis zur Jahrtausendwende keine einheitliche Definition. Meist sollte mit der Bezeichnung offener Unterricht der jeweils vorgestellte Unterricht bezeichnet werden.[4]

Seit 2002 kann jedoch an Hand von Bestimmungsrastern[5] in jeweils fünf Stufen eingestuft werden, wie offen ein Unterricht in den Dimensionen Organisation, Methodik, Inhalt, Sozialität und Persönliche Offenheit tatsächlich ist. Dieser Offene Unterricht ist aus Vorarbeiten von Hannelore Zehnpfennig ('Didaktik des weißen Blatts'), Hans Brügelmann, Wulf Wallrabenstein und anderen entstanden. Inhaltlich hat er eine große Nähe zur Freinet-Pädagogik[6]

Vertreter eines offenen Unterrichts bis zur Jahrtausendwende sind z.B. Eiko Jürgens, für den offener Unterricht und geschlossener Unterricht nur die beiden Pole des Unterrichtsgeschehens sind. Nach seiner Auffassung gibt es weder offenen noch geschlossenen Unterricht in reiner Form, sondern immer nur als Mischform. Trotzdem strebt er offenen Unterricht als wünschbare Unterrichtsform an.

Tassilo Knauf stellt fest, daß in der Folge der vergleichenden Schuluntersuchungen (z.B. Pisa), der deutsche Unterricht den Schülern wenig Eigenaktivität zugesteht, er läuft nach wenigen relativ starren Schemata ab, es werden dlehrerzentrierte und frontale Formen bevorzugt, er orientiert sich am imaginären Durchschnittsschüler und überfordert dabei schwächere Schüler tendenziell, stärkere werden dagegen unterfordert.[7]

2002 hat Falko Peschel diese Lücke geschlossen. Er hat ein Bedingungsraster vorgelegt, an dem die Offenheit eines Unterrichts in den Dimensionen 1. organisatorisch, 2. methodisch, 3. fachlich, 4. sozial und 5. Persönlich eingeschätzt werden kann.[8]

Allgemeines[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Offener Unterricht unterscheidet sich von anderen Unterrichtsformen dadurch, dass:

  • die individuellen fachlichen und überfachlichen Lerninteressen der Kinder das Lerngeschehen bestimmen, und darüber hinaus auch
  • das soziale Geschehen und
  • die über die Lerngruppe/Klasse hinausgehenden Interaktionen - auch die außerschulischen -

von den Kindern selbst geregelt werden.

So wird die Forderung der Reformpädagogik: 'Vom Kinde her!' aufgegriffen und umgesetzt.

Wichtigstes Kennzeichen des Offenen Unterrichts ist der gänzliche Verzicht auf Lehren, auf vom Lehrer strukturierte Üb-Phasen, auf Materialien, die eine Lehrstruktur übernehmen könnten, auf Lehrgänge, auf Vorgaben, auf Fächer und auf Stundenplanraster, das klärt, was wann wo stattfindet.

An Schulen, die nach diesem Prinzip arbeiten, sind die Kinder zwar Gruppen zugeordnet, können aber jederzeit diese Gruppe verlassen und zurückkehren, ohne die Zuordnung aufzuheben. Die Schüler dürfen an der GS Harmonie auch in allen Räumen arbeiten - auch im Lehrerzimmer. [9]

Stattdessen gibt es Kinder, die nach dem Motto arbeiten: 'Ich lernen was ich will'[10] und zu ihren eigenen Fragen in die Forscherrolle schlüpfen und sich so die Welt transparent machen.



sind die Individuen in der Lerngruppe und die Interessen dieser lernenden Individuen. Die Einteilung des Unterrichts nach Fächern ist ebensowenig notwendig wie die Festlegung eines Kanons von Inhalten und steht dem offenen Unterricht entgegen.

Offener Unterricht benötigt die uneingeschränkte Unterstützung des Lehrers, sonst kann sich die gewünschte Offenheit nicht entwickeln. Im Laufe der Zeit stabilisiert sich die Lerngruppe und wird in ihren Entscheidungen vom Lehrer unabhängig. Der Offene Unterricht als Organisationsform benötigt allerdings in jeder Phase diese uneingeschränkte Unterstützung durch die beteiligten Erwachsenen (Lehrer, Schuladministration und -organisation, Eltern).

Es liegen vielfältige Erfahrungen aus der Unterrichtspraxis vor. Pädagogen, die das Konzept begründet und verbreitet haben, sind vor allem Hans Brügelmann, Falko Peschel, Jörg Ramseger und Wulf Wallrabenstein.

Ältere Konzepte des Offenen Unterrichts vertreten - weil eine einheitliche Definition fehlt - z.B. die Ansicht, dass jeder Unterricht schon immer Elemente offener Unterricht enthalte. Jürgens bestreitet, dass es offenen Unterricht überhaupt gibt[11] Offener und geschlossener Unterricht sind für ihn die beiden Pole von Unterricht. In der Praxis ist Unterricht in Reinform weder ganz geschlossen, noch ganz offen möglich, sondern enthält immer beide Elemente (konkrete Aufgabenstellungen = geschlossen die dann selbständig von Schülern bearbeitet werden = offen).

Nach dem Bestimmungsraster ist dieser Unterricht allerdings nur zeitweise in den Dimensionen organisatorisch und methodisch auf niedrigen Stufen geöffnet.

Andere Konzeptionen von Offenem Unterricht werden z.B. von W... vorgestellt.


Folgerungen in der Praxis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Für den Ablauf des Schulalltages hat die Vertauschung der organisationsleitenden Prinzipien von Fachdidaktik gegen Interessen des Individuums weitreichende Folgen[12]:

(Tabelle erweitern um nicht offen)

organisatorisch

Die lernenden Individuen bestimmen selbst:
zeitlich: wann sie an einem Thema arbeiten
räumlich: wo sie an einem Thema arbeiten
kooperativ: mit wem sie an einem Thema arbeiten

methodisch

Die lernenden Individuen bestimmen selbst:
Wie sie ihr Thema bearbeiten
Welchen methodischen Zugang zum Thema sie wählen

inhaltlich

Die lernenden Individuen bestimmen selbst:
An was sie arbeiten/an welchem Thema sie arbeiten

sozial

Die lernenden Individuen bestimmen selbst:
über die Regeln und den Ablauf des Klassenlebens
über die Konsequenzen, die sich in Problemfällen ergeben

persönlich

Die lernenden Individuen bestimmen selbst:
Welche Werte und Prioritäten sie für ihr Leben wählen

Formen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Übliche Formen dieses offenen Unterrichts sind

Unter bestimmten Umständen kann der im Folgenden genannte Unterricht eine Arbeitsform des offenen Unterrichts sein, nämlich dann, wenn der Schüler selbstständig und selbstverantwortlich an seinen selbstgewählten Arbeitsvorhaben arbeiten kann. Er kann aber genauso gut ein geschlossener (lehrer-, material- oder themenzentrierter) Unterricht sein.


Die folgenden Unterrichtsformen werden oft dem offenen Unterricht zugerechnet. Tatsächlich beschränkt sich die Offenheit dieses Unterrichts darauf, an vorgeschriebenen Stationen vorgegebene Aufgaben zu erledigen, bestenfalls 'frei' zwischen verschiedenen Aufgaben auszuwählen, bzw. beim materialgeleiteten Unterricht 'frei' zwischen vorgegebenen Materialien auszuwählen. Bei der Methode LdL werden z.B. die Materialien durch die Lehrwerke in der Regel vorgegeben, nur die Art der Wissensvermittlung (Sozialformen, Lehr- und Lerntechniken) wird von allein von den Schülern verantwortet. Im fortgeschrittenen Unterricht können (!) die Inhalte von den Schülern gewählt oder sogar (!) selbst zum Zwecke der Vermittlung im Unterricht erstellt werden.

Es findet sich immer wieder die Vermischung des radikal "Offenen Unterrichts" nach Peschel, reformpädagogisch orientiertem Unterricht verschiedener Richtungen und anderen 'offenem Unterricht' statt, der zwar auch für sich in Anspruch nimmt, "offen" zu sein, aber inhaltlich die "Offenheit" ganz anders - nämlich viel eingeschränkter - bestimmt.

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Demokratische Schulen, Offenes Lernen, Falko Peschel, Hans Brügelmann, Konstruktivistische Didaktik, Handlungsorientierter Unterricht,

Nachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Jürgens, E.: 2004, S. 41
  2. In Analogie zu reformpädagogischen Ansätzen, die bei aller Unterschiedlichkeit einig war in der Ablehnung der 'alten Schule' und der 'alten Erziehung'. Vgl. Jürgen Oelkers: Reformpädagogik, nn, 1986, S.
  3. Nehles, R.: Offenheit - Pädagogisches Engagement ohne Theorie?, Frankfurt/Main 1981, S. 9
  4. Vgl. Juergens, E: Die 'neue Reformpädagogik und die Bewegung offener Unterricht - Theorie, Praxis und Forschungslage, St. Augustin, 2004(6. Auflage), dort jedoch veraltete Forschungslage, Kapitel 2 und 3
  5. http://offener-unterricht.net/ou/start-offu.php?action=rast1
  6. http://offener-unterricht.net/
  7. Tassilo Knauf und Elke Schubert: [Übergang vom Kindergarten in die Grundschule. Grundlagen, Lösungsansätze und Strategien für eine systemische Neustrukturierung des Schulanfangs]
  8. Falko Peschel: Offener Unterricht in der Evaluation, 2006 (2. Auflage) Hohengehren, S. nn
  9. http://grundschule-harmonie.de
  10. Titel einer Reportage im WDR vom nn
  11. Eiko Jürgens: Die 'neue' Reformpädagogik und die Bewegung offener Unterricht, 2004 (6. Auflage), S. nn
  12. Peschel, F. Offener Unterricht, Teil II, Hohengehren, 2002, S. 36ff

Die Quelle zu diesem Artikel ist die Dissertation Falko Peschels: Offener Unterricht - Idee, Realität, Perspektive und ein praxiserprobtes Konzept zur Diskussion. Band I, II und Offener Unterricht in der Evaluation Teil I, II.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Offener Unterricht in der Definition von Peschel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • F. Peschel: Offener Unterricht - Idee, Realität, Perspektive und ein praxiserprobtes Konzept zur Diskussion. Band I: Allgemeindidaktische Überlegungen. Band II: Fachdidaktische Überlegungen. Schneider Verlag Hohengehren, Baltmannsweiler, 2002.
  • F. Peschel: Offener Unterricht in der Evaluation Teil I. 2. Auflage, Schneider Verlag Hohengehren, Baltmannsweiler, 2006.
  • F. Peschel: Offener Unterricht in der Evaluation Teil II. 2. Auflage, Schneider Verlag Hohengehren, Baltmannsweiler, 2006.
  • H. Brügelmann: Schule verstehen und gestalten – Perspektiven der Forschung auf Probleme von Erziehung und Unterricht. Libelle Verlag, CH-Lengwil, 2005.

Offener Unterricht als allgemeiner Begriff (offenere Unterrichtsformen)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Michael Bannach: Selbstbestimmtes Lernen. Freie Arbeit an selbst gewählten Themen. Baltmannsweiler, 2002, ISBN 3-89676-525-6.
  • Michael Bannach, L. Sebold, B. Wehmeyer (Hrsg.): Wege zur Öffnung des Unterrichts. Oldenbourg Verlag, München, 1997, ISBN 3-48698-749-6.
  • Eiko Jürgens: Die `neue` Reformpädagogik und die Bewegung Offener Unterricht - Theorie, Praxis und Forschungslage. 1994, 6. Auflage 2004, Academia Verlag, Sankt Augustin, ISBN 3-89665-323-7.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

auch offener Unterricht, aber als allgemeiner Begriff (offenere Unterrichtsformen):

Kategorie:Pädagogische Methode/Lehre Kategorie:Pädagogische Psychologie