Benutzerin:Leserättin/Wikimania 2019

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Link zur Wikimania 2019

Auf dieser Seite will ich meine Eindrücke von der Wikimania 2019 in Stockholm wiedergeben. Die Wikimedia Deutschland ermöglicht mir die Teilnahme durch ein Stipendium.

Dieser Blog ist Teil des Kurier-Extrablatts, in dem die WMDE-Stipendiatinnen und Stipendiaten über ihre Erfahrungen bei der Konferenz berichten. Meine Intention ist, den Blog zeitnah zu den jeweiligen „Geschehnissen“ zu schreiben. Um das zu erleichtern, werde ich mich erst mal auf Deutsch beschränken. Es ist mein erster Blog überhaupt, habt also Geduld mit mir. Zudem will ich twittern und habe dafür erst jetzt einen Account angelegt. Auch recht neu für mich.

Vor der Konferenz

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Was ist bisher geschehen: IvaBerlin und ich haben zusammen ein Poster und einen Workshop eingereicht, die beide thematisch zum Theme Diversity gehören und erfreulicherweise angenommen wurden:

Das Poster ist erstellt und zum Druck akzeptiert. Da ich in den zwei Wochen vor Abgabeschluss im Urlaub war, blieb die Finalisierung an Iva hängen und wie so oft, waren die letzten Meter aufwändiger als gedacht. Mein Dank an dieser Stelle an Iva.

Unser Workshop findet am Sonntag, den 18., von 11:30 bis 12:15 im Raum Lessing statt. Wir wollen einen „echten“ Workshop machen. Wird sich jemand für das Thema interessieren? Will jemand fast am Ende der Tagung und relativ kurz vor dem Mittagessen noch in einen Workshop? ein lächelnder Smiley  Wir werden sehen. Ich bin schon gespannt, ob unser Konzept aufgehen wird und vor allem auf die Ergebnisse.

Das Gesamtprogramm der Wikimania findet sich hier. Das Programm ist so groß, dass es online sehr schwer lesbar ist. Hinweis zum Finden unserer Veranstaltung: Zuerst runterscrollen bis Ende der Tabelle für den Sonntag, dann nach rechts scrollen, damit man den Track Diversity sieht und dann wieder nach oben schieben. Ich hoffe, das wird noch optimiert und/oder es gibt doch noch ein Papierprogramm oder zumindest einen sehr großen Aushang an zentraler Stelle. Oder gibt es einen Trick, der mir bisher entgangen ist (außer ein Zoom auf kaum mehr lesbare kleine Schrift)?

Ich reise bereits am Samstag an (Ankunft kurz vor Mitternacht) und werde mir am Sonntag und Montag Stockholm und die Schären anschauen. Ich habe so oft Mord im Mittsommer geschaut, ich will sehen, ob das wirklich so irre schön ist. Bei der Pre-Conference werde ich am Hack-a-thon teilnehmen, zwischendrin aber gleich zwei Mal verschwinden, um „Related Activities“ zu nutzen: einmal die Tour of the Swedish Parliament, und einmal der Culture Crawl. Es wird wirklich ein fantastisches Rahmenprogramm geboten.

Visabestimmungen für deutsche Staatsbürger*innen
  • Personenfreizügigkeit
  • Visa nicht erforderlich
  • Visum bei der Ankunft
  • Elektronisches Visum
  • Visa verfügbar bei Ankunft oder online
  • Visa vor der Ankunft erforderlich
  • Zum Vergleich: Visabestimmungen für pakistanische Staatsbürger*innen

    Nun hagelt es Infos von allen Seiten - von WMDE für die Stipendiaten, aus Stockholm von der Organisation, vom Wikimania Hackathon während der Vorkonferenz, wunderbar gebündelt wie ich es mir teilweise vor 3-4 Monaten gewünscht hätte (ok, ich kann mir vorstellen, dass manches damals noch gar nicht festgelegt war, aber um Anreise und Unterkunft für die Tage vor der Konferenz habe ich mich nun mal damals gekümmert).

    Unter anderem wurde auf die Mailliste Wikimania-l und auf die Telegram-Gruppe Wikimania 2019 (trotz des Namens wohl auch die Telegram-Gruppe vom letzten Jahr) hingewiesen. Dank eines Stuttgarter WP-Kollegen bin ich bei der Telegram-Gruppe schon seit Monaten dabei. Gestern nutzte ich sie, um auf das von mir oben beschriebene Problem mit der umständlichen Handhabung der Programmübersicht hinzuweisen. Und prompt wurde es gelöst! Sehr schön.

    Auf der Telegram-Gruppe wurden mir die persönlichen Privilegien mal wieder deutlich. Es gibt noch (potenzielle) Teilnehmer*innen, deren Visa noch nicht genehmigt sind. Die Wikimania-Organisation kann nur durch entsprechende Einladungsbriefe helfen, der Rest hängt an der jeweiligen schwedischen Botschaft und ihrer Einschätzung der Lage (gibt es für die Reisenden genügend Anreize, nach der Konferenz zurückzukehren!). Vor einer Weile hatte ich in einem Zeitungsbericht gelesen, dass wir Deutschen die größten Freiheiten in dieser Hinsicht haben. Mit keiner anderen Staatsbürgerschaft kann mensch in so viele Länder visafrei reisen. - Gerade kam Meldung einer Teilnehmerin auf Telegram, dass sie nun ihr Visa hätte. ein SmileysymbolVorlage:Smiley/Wartung/dh  Hoffen wir, dass nun alle Teilnehmer*innen anreisen können.

    Das große Thema in der Gruppe ist das bargeldlose Bezahlen in Schweden. Die Schwed*innen bestätigen: Ja, das ist Normalität, Bargeld zunehmend unüblich. Auf Nachfrage bekräftigte ein Organisator, dass er in Stockholm restlos bargeldlos durchkommt. Diskutiert werden nun die verschiedenen Karten und ob die in Schweden wohl gelten (ich habe deswegen extra bei meiner Bank angerufen und mir schweren Herzens zusätzlich noch ein Paypal-Konto zugelegt). Der „Frame“ dabei ist, dass bargeldloses Bezahlen die Zukunft ist und Länder, in denen das weniger üblich ist, rückständig sind - vorneweg Deutschland. Da ich selbst zur Fraktion gehöre, die Bezahlen mit Bargeld bevorzugt, da wir so weniger Datenspuren hinterlassen, fiel mir das besonders (negativ) auf.

    Seit Samstagnacht bin ich da und habe Stockhom als typische Touristin erlebt: Gamla Stan, Bootstour um Djurgården herum, Ausflug in den Stockholmer Schärengarten. Alles sehr schön, oftmals hat es geregnet, aber wenn das Wetter wirklich alle 5 Minuten wechselt, ist das gut zu verkraften. Die Luft ist entsprechend von einer wunderbaren Klarheit.

    Übernachtet habe ich auf einem Hotelschiff, was ok war und außerdem einen wunderschönen Blick auf's Stadshuset geboten hat. Heute Morgen Wechsel zum Clarion-Hotel, wo ich (obwohl es erst 10:30 war) gleich auf's Zimmer durfte. Hab mein Zeug abgeladen und bin zum Kunstmuseum aufgebrochen, das mir sehr gefallen hat. Mehrere Niki de Saint Phalle-Figuren davor (in Kombination mit sich bewegenden Maschinen), von denen ich bei Commons keine Bilder gefunden habe. Wie kommt es? Während der Vorbereitungsphase wurde auf der Telegram-Gruppe mal etwas gesagt, dass hier in Schweden die Panoramafreiheit nicht wie bei uns gilt. Das muss ich genauer nachlesen. Es kann doch nicht sein, dass ich Amateurin als Erste Fotos davon gemacht habe.

    Ob sich jemand für diese Blogs interessiert? Das haben einige der anderen auf ihren Wikimania-Blogs aufgeworfen. Ich zumindest habe sie letztes Jahr (und jetzt wieder in der Vorbereitungszeit) gerne gelesen, wobei mich die touristischen Erlebnissen weniger packten, sondern eher alles, was mir ein Gefühl für die Wikimania gegeben hat. Das werde ich versuchen, im Hinterkopf zu behalten. Ob es mir gelingt, bleibt abzuwarten. In einem Punkt stimme ich allerdings zu: Ich weiß auch noch nicht so recht, wann ich den Blog schreiben werde (und damit könnte es zum ob werden, oder der Blog zu einer Nach-der-Wikimania-Betrachtung).

    Vor meiner Abreise habe ich noch einen „Stundenplan“ für die nächsten Tage erstellt (sieht wirklich aus wie in der Schulzeit). Und er ist voll, voll, voll. Teils mit Pflichtterminen oder Quasi-Pflichtterminen (WMDE mandatory meet and greet, Poster session, der eigene Workshop, WikiWomen's Lunch), teils mit Sachen, die frau sich nicht entgehen lassen will (Tour of the Swedish Parliament, Culture Crawl, aber auch Intro to Wikimania). Ob das alles so eintrifft, bleibt abzuwarten ein lächelnder Smiley .

    Kurzer Einwurf: Oh je, das W-Lan hier im Hotel schwächelt etwas, ist so mein erster Eindruck. Das war auf dem Hotelschiff viel besser.

    Auf den Telegram-Gruppen geht seit Tagen die Post ab, mit steigender Intensität. Das steigert die Vorfreude, macht aber auch nervös. Kennen die sich denn alle? Ich werde in ein paar Minuten zur Registrierung an die Universität aufbrechen. Dort treffe ich dann hoffentlich auch ein paar Bekannte - und meine Mitbewohnerin, die während meines Kunstausflugs offensichtlich angekommen ist und jetzt wohl Sightseeing macht. Also los ...

    Bei der Konferenz

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    Die Vorkonferenz hat begonnen. Gestern hatte ich mich schon registriert und – wie alle – eine Wasserflasche und ein T-Shirt im Wikimania 2019-Look bekommen. Sonstige Goodies oder eine Tasche gab es nicht, was anscheinend ein paar Leute überrascht hat, aber das hätte nun wirklich nicht zu einer Konferenz gepasst, die die Nachhaltigkeitsziele zum Thema macht.

    Ich hatte mich zum Hackathon-Teil der Vorkonferenz angemeldet, auch wenn ich trotz Zuspruch Zweifel hatte, ob ich als Nicht-Entwicklerin da etwas beitragen könnte. Heute Morgen fing es im Plenum mit Begrüßung und allgemeinen Informationen an. Die Focus Areas des Hackathon –GLAM (Galleries, Libraries, Archives and Museums) and Structured Data on Wikimedia Commons und Small Wiki Toolkits – klingen ganz spannend. Zum Abschluss stellten Leute mit Projektideen diese kurz vor und warben um Mitarbeitende. Das war zum Teil witzig, zum Teil rührend und zum Teil (für mich) völlig unverständlich. Aber insgesamt unterhaltend. Ich bedauerte fast (aber nur fast), dass ich mich wegen des Kulturteils an keinem Projekt beteiligen kann.

    Vigneron zeigt seine beeindruckende Sammlung von Aufklebern mit Wikimedia-Bezug auf seinem Notebook

    Für danach hatte ich mich für einen Slot zur Betreuung des Help desks gemeldet. Zu Beginn gab es ein paar Fragen, wo was ist, doch dann wurde es vergleichsweise ruhig. Ein Wikipedianer aus den Niederlanden ließ sich bei der Neu-Installation seines frisch gekauften Notebooks unterstützen (ein Helpdesk-Kollege konnte bei einem Python-Skript weiterhelfen). Auf der Fahrt nach Stockholm war seiner Gruppe das Auto geklaut worden. Das Auto bekamen sie wieder, seinen Rechner nicht. Einer der Helpdesk-Betreuer war der User Vigneron aus Rennes in Frankreich, der schon an acht Wikimanias teilgenommen hat und vor Begeisterung übersprudelte. Seine Schwerpunkte sind Wikidata, Wikisource, und noch vieles mehr. Er erzählte, dass sie sich in Rennes jeden (!) Donnerstag treffen. Bei dem Stammtisch wären jeweils 5-20 Leute dabei.

    Um 13 Uhr machte ich mich dann auf den Weg, um bei der Führung durch das schwedische Parlament mitzumachen. Geführt wurden wir von Per Lodenius, einem Abgeordneten der Centre-Party. Eine Besonderheit des schwedischen Parlaments ist, dass die Abgeordneten nicht fraktionsweise zusammensitzen. Vielmehr gibt es feste Plätze für jeden Wahlkreis (Region). Das heißt, der oder die Abgeordnete hat die anderen Abgeordneten ihres Wahlkreises um sich, nicht die Abgeordneten ihrer Partei. Gewählt werden Parteilisten, wobei die Wählenden die Rangfolge innerhalb der Liste noch beeinflussen können.

    Dann sind der Quirl und ich wieder gemeinsam zur Universität zurück und haben dort den Vortrag "Intro to Wikimania" von David Richfield besucht. Dabei habe ich endlich verstanden, was User groups sind. Die Tipps zum Wikimania-Besuch gehen teils in die offensichtliche Richtung (ins Programm schauen! ein lächelnder Smiley ), teils ermutigen sie einfach, fremde Leute anzusprechen. Da muss frau jetzt durch ... Jetzt erst mal zum Abendessen. Morgen geht es weiter mit dem Culture Crawl.

    Das Nobelpreismuseum hat ein Artefakt von allen Nobelpreis-Ausgezeichneten: von Herta Müller die Nagelschere

    Gestern habe ich keine Zeit für einen Blogbeitrag gefunden. Ich bleibe aber beim Prinzip, dass das Datum sich auf den Tag des Schreibens bezieht.

    Gestern war der Culture Crawl - Nobel Prize Museum, Storkyrkan, Königlicher Palast, Museum über das mittelalterliche Stockholm, Nationalmuseum. Crawl war schlicht die falsche Bezeichnung, Culture Marathon würde es eher treffen. Fuzheado erzählte, dass es die Culture Crawls seit der Wikimania 2016 gibt und der Name sich an Pub crawls und ähnliches anlehnt. Normalerweise gäbe es einen zentralen Raum für den Edit-a-thon, von dem aus die Teilnehmenden zu Museumsbesuchen aufbrechen. Diesmal war der Edit-a-thon am Ende geplant. In einem Raum im Nationalmuseum konnten die Crawler bis 20 Uhr editieren. Ich war nicht dabei, denn ich musste zum Pflichttermin für die WMDE-Stipendiat*innen.

    Die Führungen durch die verschiedenen Kultureinrichtungen waren - auf ganz unterschiedliche Art - hervorragend. Die Führung durch Storkyrkan machte eine Pastorin, die uns zum Schluss hinten in der Kirche den „Globe of light“ zeigte. Sie meinte, früher hätten die Schweden so etwas als zu „katholisch“ abgelehnt, aber heutzutage gäbe es solche Globes in fast allen schwedischen Kirchen. Es handelte sich um einen aufgehängten Globus (angedeutet durch „Längengrade“) aus Gusseisen von ungefähr einem Meter Durchmesser, mit Halterungen für Kerzen. Der Globus kann durch einen kleinen Anstoß zum Drehen gebracht werden. Er würde die Diversität der Welt darstellen und das Anzünden der Lichter für ein Durchbrechen der Grenzen. Oder so ungefähr. Leider bringe ich die von ihr dargestellten Analogien nicht mehr zusammen.

    Beim Pflichttermin der Newbies unter den WMDE-Stipend*innen wurden wir nach unseren ersten Eindrücken von Stockholm gefragt. Sauber, freundlich, sozialdemokratisch, egalitär, ... so versuchten wir unseren Eindruck zu fassen. Ich finde, dass die Werte der schwedischen Gesellschaft wirklich in der ganzen Atmosphäre, im Umgang, in Beschriftungen, in Plakaten, ... spürbar sind, auch wenn wir es nicht so genau benennen und festlegen konnten. Übertragen auf die Wikipedia heißt das, dass ich mir dort eine schwedische Atmosphäre wünsche, was sich doch auch aus den Wikipedia-Werten ergeben sollte. Ja, das ist ein platter Vergleich. Ich höre jetzt auf.

    Wandmalerei "Head, hands and heart", die während der Eröffnungszeremonie auf der Bühne entwickelt wurde und die Inhalte der Zeremonie darstellt
    „Schere, Stein, Papier“ während der Eröffnungszeremonie

    Gestern saß ich beim Frühstück mit Benutzerin Anthere aus Frankreich zusammen, eine Freiwillige, die an einer beeindruckenden Zahl von Projekten beteiligt ist bzw. verantwortet. Dazu gehört auch der Afrika-Monat (das Projekt heißt anders, aber ich schau jetzt nicht nach), der sich - das habe ich dabei erst gelernt - an die französisch-sprechenden Afrikaner*innen wendet. Eine einfache Übertragung auf die deutschsprachige Wikipedia bietet sich also nicht an.

    Der Keynote-Speaker bei der Eröffnung war Michael Peter Edson, Mitbegründer des Museum for the United Nation (UN Live), der seine Keynote mit zwei Fragen "rahmte":

    1. Wie bewältigen wir die schwierigen Aufgaben in der Gesellschaft?
    2. Wie schaffen wir es, dass Millionen (oder Milliarden) von Menschen gemeinsam auf globale Ziele hinarbeiten?

    Bezogen auf die Wikimedia-Projekte formulierte er es so: Wie kann diese Gemeinschaft, die schon so viel erreicht hat, sich noch ein klein wenig dehnen/anstrengen [‚stretch‘, bessere Übersetzungen sind sicherlich möglich], um sogar noch mehr zu erreichen? Dann brachte er uns mit einem gemeinsamen Spiel Schere-Stein-Papier in Schwung. Denn, wie wissenschaftliche Studien gezeigt haben, Lachen stimuliert beide Seiten des Gehirns und führt zu ‚perceptual flexibility‘ (offener / geschmeidiger Wahrnehmung). Interessant fand ich auch den Gedanken des ‚Ninja moves‘, nicht so sehr in Entweder/oder aus Empathie / Aktion, Gefühl / Intellekt, usw. zu argumentieren oder zu gewichten, sondern beides, in einem Kreis. So wie ich es verstehe, zwischen beiden Extremen hin und her zu wechseln.

    Nach der Konferenz

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    Und am 17. August mittags brach ihr Blog ab. Wie von IvaBerlin dargestellt, lag das auch daran, dass wir vom Interwiki Women-Virus infiziert wurden und die wenigen freien Minuten in das Zusammentragen von Listen der wichtigsten deutschen und österreichischen Frauen gesteckt wurde. Aber das war es nicht allein. Nachdem ich die Wikimania jetzt erlebt habe, ist mir inzwischen schleierhaft, wie andere da noch das Schreiben eines Blogs untergebracht haben. Vortrag/Workshop, dann Rennen zum Kaffee (die Veranstaltungen des Diversity Tracks lagen leider am abgelegensten vom Zentrum mit der Versorgung), Versuch mit Menschen ins Gespräch zu kommen, auf zur nächsten Veranstaltung, abends nächste Veranstaltung, teils zwei und dann uff. Ich werde nun und in den nächsten Tagen versuchen, meine Eindrücke nachzutragen.

    Postersession am 17. August

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    Am Samstagabend war die Postersession, parallel zu Essen und dem kulinarischen Highlight Surströmming, das ich deswegen leider verpasst habe. Brav stellte ich mich neben unser Poster, Iva hatte ein zweites eingereicht und betreute dieses. Der erste „Schaulustige“ schockte mich etwas. Er stellte sich vor das Poster und fragte mich, was es für ihn interessant machen würde. Kurz gesagt: Ich hatte meinen „Elevator Pitch“ nicht parat.

    Danach kannte ich kein Erbarmen mehr. Ich stürzte mich auf alle, die zumindest kurz vor dem Poster innehielten und drängte ihnen das Besondere unserer Edit-a-thon-Reihe auf („noch nie dagewesen“, „fast 200 neue Artikel“, „Frauenthema im Fokus“, „Netzwerkbildung“, „von männlichen Wikipedianern stark angenommen“, usw.). Besonders geehrt fühlte ich mich, als Rosie Stephenson-Goodknight (Women in Red) und Camelia Boban (Wiki Donne) vorbeikamen und sich begeistert von unserem Projekt zeigten. Dadurch konnte ich zumindest einmal kurz mit ihnen reden, was mir ironischerweise während der restlichen Konferenz nicht gelungen ist. Ein unerwarteter Effekt der Postersession war jedenfalls, dass man dabei toll mit Menschen ins Gespräch kam.

    Workshop ‚Raising awareness for diversity issues of Wikipedia authors‘ am 18. August

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    Brainwriting results

    Am Sonntagmorgen war es soweit für unseren Workshop „Raising awareness for diversity issues of Wikipedia authors“. Ich war gespannt, wie die Teilnehmenden reagieren würden, denn zumindest ich hatte keinen vergleichbaren Workshop bei der Wikimania mitbekommen (was bei mehreren hundert Sessions nichts heißt). Da gab es die Panel, die schließlich für Fragen an das Publikum geöffnet wurden, und die Diskussion in „kleinen“ Runden von 20 bei den Strategiesessions, aber wir strebten etwas stärker „Zusammen-Erarbeitendes“ an. Nach einer kurzen Einführung zur Motivation und Fragestellung für den Workshop ging es daran, „Idea Napkins“ (Steckbriefe) für bekannte Projekte und Initiativen zusammenstellen, wobei alle ihre Vorstellungen dazu direkt auf der Idea Napkin eintrugen. Im Anschluss machten wir einen Brainwriting für neue Ideen. Tja, und dann war die Session schon zu Ende. Für eine gemeinsame Besprechung der Ergebnisse war – wie uns schon im Vorfeld klar war – keine Zeit. In der Submission hatten wir 60 Minuten angegeben, gewünscht hätten wir uns 90, bekommen haben wir 45. Erfreulich war, dass die Teilnehmenden (nur Frauen und nicht-binäre Menschen) so konstruktiv mitgearbeitet haben (es sind schöne Ideen auf den Brainwriting-Blättern dabei, ausbaufähig), und ein paar im Anschluss sagten, wie sehr ihnen das Format gefallen hat (und sogar das Brainwriting-Template mitnahmen). Schade fand ich dann doch, dass wir nicht miteinander gesprochen haben, denn in meiner Einführung haben manche bei einigen Punkten doch so kräftig genickt, dass ich das gerne mit ihnen direkt vertieft hätte. Und unserer Session folgte nahtlos eine weitere. Vertiefen in einem Pausengespräch war leider keine Option.

    Die Doku ist übrigens beim oben eingefügten Link als Fotos der Brainwriting-Blätter und der Napkins (dieser Teil ist aktuell noch in Arbeit) enthalten.

    Präsentation ‚Wikipedia Cultural Diversity Observatory (WCDO)‘ von Marc Miguel

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    Präsentation zu WCDO (51 MB)

    Marc Miguel von der katalanischen Wikipedia hat für mich einen der anregendsten Vorträge gehalten (und die Präsentation war auch vom Format her aus meiner Sicht eine der besten). Er stellte das Wikipedia Cultural Diversity Observatory (WCDO) vor. Das WCDO soll bei dem Problem unterstützen, dass die weltweite kulturelle Vielfalt in der Wikipedia (genauer in den verschiedenen Sprachversionen der Wikipedia) nicht ausreichend dargestellt ist. Um das Problem anzugehen, haben Marc und seine Kolleg*innen für jede Wikipedia-Sprachversion den sogenannten Cultural Context Content (CCC) ermittelt. Das sind die Artikel, die die Traditionen, Sprachen, Politik, Landwirtschaft, Biographien, Orte, Ereignisse, etc. der Gebiete, in denen die betreffende Sprache gesprochen wird, abbilden. Dazu ziehen sie unter anderem bestimmte Kategorien und Aufrufzahlen heran. Das Ergebnis ist sicher nicht perfekt und enthält Artefakte, kann aber als pragmatische Näherung dienen. [Hier wollte ich auf den deutsch-deutschen CCC eingehen, aber die Liste funktioniert leider gerade nicht, vor ein paar Tagen schon].

    Als „gesund“ bezeichnete Marc es, wenn der Anteil des eigenen CCC in einer Wikipedia-Sprachversion ungefähr 25% beträgt. Es gibt nun einige Sprachversionen, in denen dieser Anteil deutlich kleiner ist. Das heißt, in diesen Wikipedias ist die eigene Tradition und Geschichte, sind die wichtigen Personen ihrer Kultur gar nicht adäquat dargestellt. Diese Wikipedias haben ein Problem der ‚Representation‘, wie es Marc nannte. Die andere Seite der Medaille ist, dass von den kleineren Sprachversionen der vorhandene CCC in der englischsprachigen Wikipedia und in den Wikipedias der Nachbarländer vorhanden ist, aber nicht darüber hinaus (‚Sharing‘-Problem).

    Die Gruppe propagiert nun, dass jede Wikipedia aus jeder anderen Sprachversion die hundert wichtigsten Artikel (gemessen an Abrufzahlen) des jeweiligen CCC enthalten sollte. Mit ca. 30.000 Artikeln wäre so in einer Wikipedia eine weltweite kulturelle Diversität sichergestellt! 30.000 Artikel sind für mehr als 2 Mio. Artikel in der deutschsprachigen Wikipedia nicht viel. Für andere Wikipedias wäre das aber eine kaum zu bewältigende Herausforderung. Außerdem können viele Sprachversionen nicht hundert eigene CCC-Artikel vorweisen.

    Es bleibt also spannend. Ich glaube, das WCDO könnte (wenn es denn wieder funktioniert) eine gute Quelle für Edit-a-thons sein, deren Ziel die Verringerung des kulturellen Gaps ist.

    Link: WCDO-Homepage

    Diversity-Track am Samstag und Sonntag

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    Der internationale Austausch mit Wikipedianer*innen aus verschiedenen Ländern war das deklarierte Ziel für meine Wikimania-Teilnahme. Entsprechend fieberte ich den beiden Diversity-Tracks am Samstag und Sonntag entgegen und hatte an den Tagen auch nur Diversity-Track-Veranstaltungen auf mein persönliches Programm gesetzt. Inhaltlich zumindest haben sich meine Erwartungen voll erfüllt. Besonders erwähnen möchte ich hier:

    Camelia Boban und Arminé Aghayan
    • Mapping the gender gap: Testimonies from the Indian Wikimedia community: Hier wurde die ersten Ergebnisse einer ethnografischen Studie dargestellt, bei der durch Befragung ermittelt werden sollte, was Inderinnen zur Mitarbeit in der Wikipedia ermuntern könnte und welche Hindernisse dem entgegenstehen. Anwesha Chakraborthy und Netha Hussain vermittelten einen interessanten Einblick in eine mir fremde Lebenswelt. So wird zum Beispiel in Indien ein neu gekauftes Gerät vor allem von den Männern des Haushalts genutzt. Entweder wird es direkt in den Räumen der Männer aufgestellt oder in einem zentralen Zimmer, wo die Frauen es aber nur nutzen, wenn die Männer gerade keinen Bedarf haben. Verschiedene Abhilfemaßnahmen wurden benannt. Bei mir blieb eine hängen, weil sie in Deutschland so gar nicht zutrifft (oder?): Viele Akademikerinnen werden mit Heirat und/oder der Geburt von Kindern zu Hausfrauen und vermissen die intellektuelle Herausforderung. Einige indische Wikipedianerinnen engagieren sich für die Wikipedia und schreiben Artikel, weil das von zu Hause aus geht. Diese Richtung könnte man ausbauen.
    • Bridging the gender gap with Wiki Loves Campaigns: Bei diesem von Rupika Sharma moderierten Panel stellten Isla Haddow-Flood, Richard Knipel, Camelia Boban und Rosie Stephenson-Goodknight die Entwicklung der Wiki loves-Kampagnen vor. Was hat funktioniert (Wiki loves Food zum Beispiel in Italien gar nicht, so Camelia), wie hat man die Ideen weiterentwickelt, wie hat sich das Konzept unter unterschiedlichen Rahmenbedingungen und leicht verschobenen Zielsetzungen weiterentwickelt. Auf die Frage nach den neuen Initiativen, den noch bestehenden Lücken, den nächsten Schritten betonte Camelia die Wichtigkeit, die Kampagnen zu internationalisieren und die Dinge nicht für sich zu machen, sondern zusammen. Auch Rosie beklagte, dass alles noch zu „siloed“ sei. Die Kommunikation müsse sich verbessern, es würde mehr Zeit zum Reden und zur Koordination benötigt. 2020 sei anlässlich der Olympischen Spiele eine „Women in sports“-Kampagne geplant. Auch eine „Women's suffrage“-Kampagne sei geplant. Isla dagegen verwies darauf, dass die schriftlichen Quellen zu Afrika nicht sehr belastbar seien und dass in Afrika das freie Schreiben schwierig sein könnte, da hier Konflikte mit herrschenden Regierungen und Verwaltungen entstehen könnten.
    Interwiki Women Collaboration Stickers
    Laliv Gal bei ihrem Vortrag
    • Me and the gender gap: Laliv Gal von der israelischen WP-Community erzählte aus sehr persönlicher Perspektive, wie sie zur Wikipedia gekommen ist und was sie vor allem dort gehalten hat. Mir hat es wieder einmal verdeutlicht, dass wir alle sehr spezifische Motivationen dafür haben, uns für die und in der Wikipedia zu engagieren. Das sollten wir wertschätzen, aber auch bei der Werbung von weiteren Engagierten berücksichtigen.
    • Experience makes the difference in improving gender equality in Wikipedia: Lina Eidmark vom schwedischen Außenministerium und John Andersson, Geschäftsführer der Wikimedia Sverige, stellten das Projekt WikiGAP vor, eine schwedischen Initiative, die sich aus dem Wunsch des Außenministeriums entwickelt hat, weltweit etwas für die Rechte, die Repräsentation und die Ressourcen von Frauen und Mädchen zu tun. Dazu kooperiert das Außenministerium mit der Wikimedia und bringen dabei ihr weltweites Netz von Botschaften mit ein. Dies hat zu einer Fülle von mit WikiGAP betitelten Edit-a-thons in bis jetzt 60 Ländern geführt (auch in Berlin gab es schon zwei derartige Events). WikiGAP wurde im Rahmen etlicher anderer Präsentationen im Diversity-Track als Aktivität der jeweiligen Personen angeführt. Das Projekt wirkt in viele unterschiedliche Communities und Länder hinein. Es ist das „next big thing“, wie es in einem der Lightning talks im Diversity-Track genannt wurde.
    Vortragende der Session „Integrating Wiki-Menstruation“
    • Integrating Wiki-Menstruation to Achieve the SDGs: Hier hatte mich der Titel im Vorfeld sehr, sehr neugierig gemacht. Leider konnte ich wegen des notwendigen Spurts zur Postersession nur einen Teil anhören. Obwohl die Menstruation für fast alle Frauen jeweils über Jahrzehnte eine allmonatliche wiederkehrende Tatsache ist, wird sie nur selten öffentlich diskutiert und ist in vielen Kulturen mit einem Tabu belegt. Dies behindert den Austausch und das Lernen guter Methoden der Monatshygiene. Dies gilt gerade in Afrika, wo der Zugang zu sauberen Wasser oftmals nicht gegeben ist und auch industrielle Produkte für diesen Zweck in vielen Gegenden nicht etabliert sind. Wie das mit der Wikipedia zusammenhängt, habe ich durch meinen frühzeitigen Aufbruch nicht mehr mitbekommen, aber mir wurde berichtet, es sei das Ziel, gute Informationen zu dem Thema in jede afrikanische Sprachversion zu integrieren.
    • Northeastern University's "Women Writers in Review" and the case for devloping a Wikidata model depicting Cultures of Reception: Rosie Stephenson-Goodknight ist zur Zeit Wikipedia Visiting Scholar an der Northeastern University und dort an einem Projekt beteiligt, bei dem zeitgenössische Rezensionen zu von Frauen geschriebenen Texten aus der Zeit vor 1900 ausgewertet werden. Es geht darum „Cultures of reception“ quantitativ zu identifizieren. Dabei wird Wikidata als Tool herangezogen.
    • Wikipedia Cultural Diversity Observatory (WCDO): siehe dazu meinen Beitrag oben.
    Deror Avi bei seinem Vortrag in Lessing
    • How to narrow the Visual Gender Gap: Deror Avi von der israelischen Community verwies darauf, dass der Gender gap sich auch in den visuellen Medien, die in der Wikipedia verwendet werden, manifestiert. Er hat sich dazu einerseits angeschaut, wie der Artikel „Astronaut“ in sechs Sprachversionen der Wikipedia bebildert wurde, andererseits wieviele Bilder von Frauen Bildern von Männern auf der hebräischen Wikipedia-Hauptseite gegenüberstehen. Wohl für kaum jemanden überraschend stehen in sechs Sprachversionen bei Astronaut bei der Bebilderung 24 Männer 9 Frauen gegenüber. Auch die Diskrepanz auf der hebräischen Hauptseite ist eklatant. Deror betonte nun, dass dies nicht nur auf historische Gegebenheiten (historisch haben Männer eher heute als enzyklopäisch Relevantes eingestuftes geleistet und werden entsprechend gezeigt) zurückzuführen ist. Er zeigte auch, dass in den Fällen, in denen genauso gut das Bild einer Frau wie das eines Mannes gezeigt werden könnte, praktisch immer ein Mann die Hauptseite „schmückte“.
    • Gender Gap projects across Africa: In diesem Panel wurden mehrere miteinander zusammenhängende, aber getrennte afrikanische Gender gap-Projekte vorgestellt (aus Nigeria, Uganda, Kamerun, Elfenbeinküste, Ghana), aber auch auf die Problematiken des Schreibens über Afrika eingegangen. Die Fülle der Projekte überraschte mich, aber Afrika ist groß und eben ein Kontinent und nicht ein Land.

    Soweit so wunderbar und spannend. Was ich vermisst habe, waren Formate, in denen Themen gemeinsam besprochen und diskutiert wurden. Es gab fast ausschließlich Frontal-Vorträge, auch bei den Panels sprachen die Podiumsgäste primär miteinander oder es waren letztendlich gleich Präsentationen, nur mit mehreren Vortragenden, was oftmals zum Überziehen führte und die Fragezeit am Ende verkürzte. Selbst als Workshop angekündigte Veranstaltungen waren oft eher „Talks“. Was verständlich war, wenn man sich die ursprünglichen Zeitvorstellungen in den Submissions anschaute. Bei einem mit 60 Minuten angemeldeten Workshop, der einen Zeitslot von 30 Minuten bekommen hatte, blieb es dann im Wesentlichen beim eröffnenden Impulsvortrag. Bei den Lightning Talks hatten alle jeweils 10 Minuten für ihre Präsentation, die sie auch alle voll ausschöpften, so gab es denn gar keine Diskussion mehr dazu. Die abschließenden Fragerunden waren bei allen Sessions für mein Gefühl zu kurz. Vielleicht hätte hier ein eisernes Zeitmanagement geholfen, mit vielen Absprachen und Vorgaben vorher, aber vermutlich hätte das inter-kulturell auch nicht geklappt. Ich habe mich gefreut über die Vielfalt der Themen und die vielen Angebote im Track und wäre natürlich auch enttäuscht gewesen, wenn unsere Submission nicht genommen worden wäre, aber vielleicht wäre weniger mehr gewesen.

    Wer aus Lessing kam, sah die Versorgungstische nicht so schön gefüllt, sondern immer nur abgegrast

    Für mein Gefühl wurde der mangelnde Austausch innerhalb des Tracks noch dadurch verstärkt, dass er im Raum Lessing platziert war, der (neben dem Raum Alexievich) am Weitesten - nämlich gute 5 Minuten Fußmarsch - vom Zentrum mit den Getränken und Essen entfernt war. Anders als am Freitag beim Growth-Track im zentral gelegenen (und freundlich und praktisch mit Tischgruppen bemöbelten) Montalcini blieben keine Grüppchen im Raum sitzen und plauschten, während immer mal wieder jemand aufstand, um sich beim nahe gelegenen Versorgungsstand einen Kaffee zu holen. Michael Edson hatte im Eröffnungsvortrag davon gesprochen, dass für Kreativität und Austausch eine Infrastruktur für „Spiel, Dialog, Geselligkeit“ notwendig sei und dass man darauf hin „designen“ müsse. Das war beim Diversity-Track nicht der Fall. Natürlich ist nicht sicher, ob der Gender-Track sich zum Beispiel in Montalcini in dieser Hinsicht anders entwickelt hätte, denn es ist auch wahr, dass dieser Track in der Zusammensetzung sehr (hihi) divers war. Das reichte von Gender über körperliche Einschränkungen über Culture Gap zu Nord-Süd-Unterschieden, sowohl bei den Inhalten als auch bei den Teilnehmenden.

    So ist bei mir von dem Track im Rückblick geblieben, dass ich viele Informationen und auch gute Anregungen erhalten habe, mein Wunsch nach Austausch zu diesen Anregungen während des Tracks hat sich aber nur wenig erfüllt. Und Gelegenheiten zur Kontaktaufnahme ergaben sich für mich eher außerhalb des Tracks.

    Closing Ceremony - Aussagen zu Umgangston / Harrassment

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    Émna Mizouni, Wikimedian of the Year 2019

    Ein bisschen wehmütig (schon vorbei?), ein bisschen erleichtert (endlich wieder zur Ruhe kommen) ging ich zur Abschlusszeremonie (Video). Bei der Abschlusszeremonie gibt es etliche Elemente, die - so wurde mir im Vorfeld berichtet - immer wiederkehren, dazu gehört eine Rede von Jimmy Wales, bei der er unter anderem den Wikimedian of the Year bekannt gibt. Das ist dieses Jahr Emna Mizouni, eine tunesische Wikimedianerin, die die (arabische) Wikipedia dafür nutzt, das kulturelle Erbe Tunesiens zu bewahren.[1] Ihre Wahl stieß auf große Begeisterung im Publikum. Auch das „Abzählen“ („Wer war auf wievielen Wikimanias?“) ist offensichtlich so ein Ritual, diesmal allerdings andersherum praktiziert. Zuerst standen die vier auf, die an bisher allen Wikimanias teilgenommen haben, dann kamen immer mehr dazu bis zu den Wikimania-Neulingen. Kein Wunder, dass die Zahl der Wikimania-Besuche beim Kennenlernen so häufig Thema war (zumindest bei Teilnehmenden mit mehr als 5 Wikimania-Kerben).

    Doch davor thematisierte Jimmy Wales den Umgangston in der Wikipedia (siehe 00:35:25 bis 00:40:30 im Video) und nahm dabei indirekt Bezug auf die Kontroverse um die Sperrung des en.WP-Admins Fram durch das Trust und Safety-Team der WMF (auch bei uns heiß diskutiert). Das Wachstum der Wikimedia-Bewegung sei ‚incredibly important‘, mehr Menschen müssten zur Mitarbeit gewonnen werden. Deswegen müssten wir (er blieb bei dem Thema fast durchweg beim „wir“) uns alle immer daran erinnern: ‚Civility is a core value for Wikipedia and for Wikimedia in general‘ („Höflichkeit ist ein Grundwert für Wikipedia und für Wikimedia allgemein“). Das toppte er dann mit ‚We are already a beacon of civil discourse and positivity in a world full of incredibly vitriol and poison‘ („Wir sind bereits ein Leuchtturm des höflichen Umgangs und der positiven Einstellung in einer Welt unglaublicher Giftigkeit“). Der Applaus hierzu war eher höflich. Meine Nebensitzerin, mit zick Wikimanias auf dem Buckel (jetzt hebe ich auch darauf ab ein SmileysymbolVorlage:Smiley/Wartung/zwinker ), stöhnte und wand sich (‚it is not true‘, „es ist nicht wahr“). Ich meinte, das sei ein anzustrebendes Ideal, aber das beruhigte sie nicht. Jimmy machte derweil weiter. Wir seien anders als Usenet, Twitter, usw. Wir hätten immer die Grundvorstellung „keine persönlichen Angriffe“ gehabt. Das sei nichts Neues. Wir sollten sicherstellen, dass Wikipedia eine einladende Umgebung sei. Das hätte er schon bei der Wikimania 2012 herausgestellt. Wir hätten immer dann ein Problem, das Grundprinzip „keine persönlichen Angriffe“ durchzusetzen, wenn ein geschätzter und produktiver Benutzer dagegen verstoßen würde. Es gäbe eindeutige Fälle, die besser von Angestellten bearbeitet werden sollten. Besser sei es aber, wenn die Community Wege finden würde, die „besten“ Leute in der Community darin zu stärken, mit Unhöflichkeit umzugehen. Dabei könnte die Foundation unterstützen. Konflikte könnten zwar nicht vermieden werden, aber wir sollten uns immer daran erinnern, dass der gemeinsame Feind ‚toxic behaviour‘ („toxisches Verhalten“) und das gemeinsame Ziel das Schaffen einer Enzyklopädie sei.

    In Summe: Jimmy Wales stellte sich eindeutig hinter das Trust & Safety-Team und forderte die Community auf, das Problem wirklich anzugehen. Diskussionen in dieser Richtung (oder zu Jimmys Rede) habe ich davor und danach nicht mitbekommen, was nicht heißen muss, dass es sie nicht gab.

    Katherine Maher bei ihrer Rede

    Auch Katherine Maher, Executive Director der Wikimedia Foundation, griff das Thema in ihrer Rede noch einmal auf (01:04:05 bis 01:06:20). Ihr Einstieg war das Nachhaltigkeitsziel Partnership. Partnerschaft und Zusammenarbeit habe schon immer einen großen Anteil in der Bewegung gehabt. Unterschiedliche Meinungen und Perspektiven seien normal, es sei nur wichtig, sich darüber höflich auszutauschen und zu versuchen, die Perspektive des Anderen zu verstehen und zu respektieren. Wenn das geschähe, dann wäre Wikipedia ‚at its best‘. Reibungen und Spannungen in der Bewegung seien normal, aber „wir“ (an diesem Punkt wechselte auch sie zum uns alle einschließenden Plural) wollten Toxizität reduzieren. ‚There is abolutely no place for harrassment in our projects.‘ („Es gibt in unseren Projekten keinen Platz für Schikane und Belästigung.“) Diesmal gab es starken und anhaltenden Applaus, viele standen auf. Konkret verwies sie daraufhin noch auf die Konfliktschulungsansätze der WMDE.

    Gruppenfoto während der Welcome reception

    Die Wikimania ist vorbei und wenn ich zurückdenke, dann habe ich sie ein bisschen wie einen „Rausch“ erlebt. Eine Vielzahl von Eindrücken, Begegnungen, Anregungen. Viel Hektik. Ein bisschen zuviel auf einmal. Ich fühlte mich die ganze Zeit leicht aufgeputscht. Allerdings wollte ich auch ja nichts verpassen. Auch in dieser Hinsicht wäre wohl manchmal weniger mehr gewesen. Aber was hätte ich weglassen wollen?

    Die Wikimania hat meinen Blick auf „die“ Bewegung und das Projekt verändert. Er hat sich geweitet. Ich sehe nun nicht mehr nur die deutschsprachige Wikipedia, nicht mehr nur die Wikipedia. Stattdessen denke ich mehr darüber nach, wohin die Projekte eigentlich wollen, ob diese Ziele realistisch sind, wie sich das in anderen Teilen der Welt, insbesondere in Nicht-Industrieländern, nicht-westlichen Ländern gestaltet. Ja, ich sehe nun auch den Bedarf für eine Strategiediskussion, obwohl mir die einzige Session dazu, an der ich teilgenommen habe, wenig zugesagt hat (Der Fireside-Chat zur Strategie mit Katherine Maher am späten Freitagabend hat mir dagegen sehr gefallen, obwohl ich wegen des Champagners bei der Welcome reception davor nur bedingt aufnahmefähig war. Bei mir hat ihr Charme voll verfangen.). Im Gegensatz dazu empfinde ich die Diskussionen auf unseren Metaseiten hier noch mehr wie früher als Kochen im eigenen Saft und wenig offen für andere Perspektiven und Neuerungen allgemein. Den Schwung und die gegenseitige Freundlichkeit von der Wikimania würde ich mir da wünschen.

    800 Teilnehmende aus 66 Ländern sollen es gewesen sein. Davon habe ich nur einen Bruchteil gesprochen. Und ja, viele Gespräche blieben doch an der Oberfläche. Aber die Begeisterung und das Engagement waren durchweg spürbar. Ich freute mich, dazu zu gehören. Und war beeindruckt von Persönlichkeiten wie Anthere, Rosie, Camelia, Vigneron, Arminé, Laliv und vielen anderen. Mit einigen Teilnehmenden ergaben sich vertiefte Kontakte und ich hoffe, diese aufrechtzuerhalten und zu vertiefen.

    Das konkreteste Ergebnis der Wikimania ist für mich natürlich die Interwiki Women Collaboration. Zur Koordination dieses Edit-a-thons gibt es eine Messenger-Gruppe bei Facebook (muss ich da nun doch mitmachen) und ich verspreche mir viel vom Austausch dort über die Laufzeit des Edit-a-thons (der am kommenden Freitag endet) hinaus. Durch die Wikimania ist mir die Vielzahl der Projekte im Diversity-Bereich bewusst geworden und – eine falsche Vorstellung von mir im Vorfeld – dass es keine Gesamtkoordination dafür gibt. Es gibt nicht die Person, die hier alles im Überblick behält, sondern viele unterschiedlich ausgerichtete Aktivitäten mit vielen Akteur*innen. Deswegen ist der persönliche Kontakt und auch ein Forum, dass die Engagierten in dieser Richtung vernetzt, so wichtig.

    Ankündigung der Wikimania 2020 in Bangkok während der Abschlussveranstaltung

    Über Interwiki Women hinaus will ich nach und nach mehrere Themen aus dem Diversity Track (zum Beispiel die Ideen zum Visual gender gap) aufgreifen und in unsere Community „tragen“. Da ich aus terminlichen Gründen nicht zur WikiCon kann, wird das wohl vor allem über den Kurier erfolgen und eventuell auch über die Treffen der Stuttgarter Community. Vielleicht hat jemand noch andere Vorschläge dafür. Spannend fand ich auch das „WikiWomen“-Konzept der hebräischen Wikipedia, einen Hinweis, den ich im viel beschworenen „Hallway track“ mitgenommen habe. Mir wurde erzählt, dass jeder Neuling (nur die Frauen?) auf der Diskussionsseite eine Einladung in eine geschlossene Facebook-Gruppe bekommt. Dort werden sie dann betreut. Habe ich das richtig verstanden? Wie läuft das ganz praktisch? Ist das vom Aufwand etc. her übertragbar? Das wäre zu prüfen. Zuguterletzt will ich auch die Ergebnisse unseres Workshops mit IvaBerlin besprechen und überlegen, wie es damit weitergehen könnte.

    Lukas hat beim WMDE-Empfang für die deutschen Teilnehmenden die Wichtigkeit des „Hallway tracks“ herausgestellt. Ich gebe ihm recht, aber – abgesehen von begnadeten Netzwerker*innen, die es auch gab – waren aus meiner Sicht (oder für meine Bedürfnisse als definitiv nicht begnadete Netzwerkerin, die zudem noch kaum jemand kannte) die Rahmenbedingungen für das (inter-kulturelle) Netzwerken nicht so günstig. Dafür waren die Pausen zu kurz und auch zu ungemütlich gestaltet. Am unbefangensten spricht man mit Menschen aus dem eigenen Land oder aus Ländern mit ähnlicher Kultur. Den gefühlt größten Länderblock (nach Schweden?) stellte Deutschland mit immerhin 25 WMDE-Stipendiat*innen und 38 WMDE-Angestellten und einer unbekannten Zahl ungeförderter Teilnehmer*innen. Es war frappierend, wie die deutschen / deutschsprachigen Teilnehmenden sich in den Pausen im Eingangsbereich vor der Aula Magna sammelten (den Bereich in Beschlag nahmen?). Ja, ich war da auch oft dabei. Wenn ich endlich mein Sandwich hatte, war das oft einfach die entspannteste Option. Aber Gespräche mit Menschen aus anderen Kulturkreisen und mit ganz anderem Hintergrund brauchen Zeit, um sich zu vertiefen. Das hat beim Frühstück viel besser funktioniert (Essen im Sitzen bringt schon mal Ruhe rein). Ja, wir sind eigenverantwortlich, aber es ist auch wichtig, die Rahmenbedingungen für Dialog und Geselligkeit zu schaffen.

    In dieser Hinsicht hatte Cornelius vor der Wikimania eine schöne Initiative gestartet: Wir sollten unser Bild einschicken, unser Hauptinteresse ankreuzen und in einem kurzen Satz formulieren, was wir uns von der Wikimania erhoffen. Von ungefähr der Hälfte der Teilnehmenden hingen die von Cornelius daraus gestalteten ‚Participant cards‘ aus. Es hat allein schon Spaß gemacht, sich die Gesichter anzusehen und über die teils sehr witzigen Sprüche zu lachen. Aber es war doch schwierig, die Menschen, auf die man auf diese Weise neugierig geworden war, in der ganzen Wuseligkeit der Pausen zu finden und anzusprechen.

    Nach der Wikimania ist vor der Wikimania. Nächstes Jahr in Bangkok als erste kooperativ von mehreren Chaptern organisierte Wikimania. Ich hoffe, dabei sein zu können. Und habe schon Pläne. ein lächelnder Smiley Soweit ich mitbekommen habe, wird aber für die Wikimania grundsätzlich die Sinnfrage gestellt. Schließlich kostet die Veranstaltung viel Geld und die notwendigen Flugreisen sind angesichts der Klimakrise schwer zu vertreten. Doch was wären die Wikimedia-Projekte ohne die Communities? Wozu eine Strategiediskussion, wenn der Austausch der Wikimedianer*innen nicht ermöglicht wird? Ich hoffe, die Wikimanias werden weitergeführt (ggf. alle zwei Jahre). Und aus meiner Sicht ist dabei wichtig, dass der Fokus dabei bei den Ehrenamtlichen bleibt.

    Dies ist meine Dokumentation im Sinne der gemäß der Wikimania Stipendienbedingungen zu beantwortenden Fragen.

    Was nehme ich von der Wikimania für mich und meine Arbeit in der Wikipedia mit?

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    siehe meinen Blog oben ein lächelnder Smiley , daraus zitiert:

    Die Wikimania hat meinen Blick auf „die“ Bewegung und das Projekt verändert. Er hat sich geweitet. Ich sehe nun nicht mehr nur die deutschsprachige Wikipedia, nicht mehr nur die Wikipedia. Stattdessen denke ich mehr darüber nach, wohin die Projekte eigentlich wollen, ob diese Ziele realistisch sind, wie sich das in anderen Teilen der Welt, insbesondere in Nicht-Industrieländern, nicht-westlichen Ländern gestaltet.

    Was habe ich in meinem gewählten Themenfeld (internationaler Austausch oder Movement Strategy Prozess) gelernt?

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    siehe meinen Blog oben, daraus zitiert:

    Durch die Wikimania ist mir die Vielzahl der Projekte im Diversity-Bereich bewusst geworden und – eine falsche Vorstellung von mir im Vorfeld – dass es keine Gesamtkoordination dafür gibt. Es gibt nicht die Person, die hier alles im Überblick behält, sondern viele unterschiedlich ausgerichtete Aktivitäten mit vielen Akteur*innen. Deswegen ist der persönliche Kontakt und auch ein Forum, dass die Engagierten in dieser Richtung vernetzt, so wichtig.

    Die Rahmenbedingungen für das (inter-kulturelle) Netzwerken waren bei der Wikimania nicht so günstig. Dafür waren die Pausen zu kurz und auch zu ungemütlich gestaltet. Am unbefangensten spricht man mit Menschen aus dem eigenen Land oder aus Ländern mit ähnlicher Kultur (deswegen habe ich ironischerweise am meisten mir vorher unbekannte deutsche Wikimedianer*innen neu kennengelernt und teilweise die ausführlichsten Gespräche geführt – wie 18quirl08, A ka es, Akorenchkin, Käthe17, Sebastian Wallroth, Wuselig). Aber Gespräche mit Menschen aus anderen Kulturkreisen und mit ganz anderem Hintergrund brauchen Zeit, um sich zu vertiefen. Darauf sollte der Rahmen der Wikimania besser hin „designed“ werden.

    Was habe ich zur Konferenz beigetragen? Was hat gut funktioniert, was hat weniger gut funktioniert?

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    IvaBerlin und ich haben ein Poster und einen Workshop eingereicht, die beide angenommen wurden. Verlauf, Erfahrungen, was sich bewährt hat und was nicht, habe ich oben im Blog beschrieben:

    Welche Ideen für Projekte oder ähnliches sind entstanden? Wie habe ich die Ideen bisher weiterverfolgt und wie werde ich dies in Zukunft tun?

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    • Online-Edit-a-thon 2019 von Interwiki Women Collaboration
    • Geplant:
      • Ergebnisses des Workshop ‚Raising awareness for diversity issues of Wikipedia authors‘ auswerten
      • Ansatz Visual Gender Gap von Deror Avi für de.WP anschauen
      • Ansatz WikiWomen analysieren und Übertragbarkeit auf de.WP prüfen

    Welche Kontakte zu internationalen Wikimedianerinnen und Wikimedianern konnte ich knüpfen oder ausbauen, und zu welchen Themen? Wie wirken sich diese Kontakte auf meine Arbeit in der Wikipedia oder den Schwesterprojekten aus, und wie sollen die Kontakte fortgeführt werden?

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    • Im Rahmen von Interwiki Women Collaboration zu Camelia Bohan, Arminé Aghayan, Rosie Stephenson-Goodknight, Walaa, Nattes à chat, Andrea Patricia Kleiman, Rupika Sharma, Blossom Ozurumba, Rajeeb Dutta, Jan Ainali. Die Kooperation erfolgt über eine Messenger-Gruppe von Facebook und wird (hoffentlich) über die konkrete Durchführung des Edit-a-thons 2019 hinaus fortgeführt.
    • Erste Bekanntschaften mit Anthere, Ankan Ghosh Dastider, Laliv Gal, Oved Cohen.

    Wie habe ich meine Wikimania-Erfahrungen mit der deutschsprachigen Community geteilt? Welche Aktivitäten sind noch geplant, um meine Erfahrungen weiterzugeben?

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    Einzelnachweise

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    1. Stephen Harrison: Meet Émna Mizouni, the Wikimedian of the Year. In: onezero.medium.com. 29. August 2019, abgerufen am 14. September 2019 (englisch).