Benutzerin:Motmel/ Anna Bon

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Literatur chronologisch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Charles Burney: Tagebuch einer musikalischen Reise, vollständige Ausgabe, Hamburg 1772/1773. Hg. von Christoph Hust, Bärenreiter Kassel usw., 2. Auflage 2004 (Dokumenta Musicologica, erste Reihe: Druckschriften-Faksimiles XIX), ISBN 3-7618-1591-3.
  • M. Frédéric Faber: Histoire du Théatre Francais en Belgique depuis son origine jusque a nos jours, d'apres des Documents inédits reposant aux archivs générales du Royaume. Tome deuxième, Bruxelles/Paris 1879.
  • R.-Aloys Mooser: Annales de la Musique et des Musiciens en Russie au XVIIIme siècle. Mont-Blanc 1948 (von den ersten Anfängen an, mit Namens- und Operntitelregister sowie umfassendem Literaturverzeichnis).
  • K. Benyovszky: Das alte Theater. Bratislava 1926.
  • Mátyás Horányi: Das Esterhazysche Feenreich, Beitrag zur Ungarischen Theatergeschichte des 18. Jahrhunderts. Verlag der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, Budapest 1959 (Pionierarbeit).
  • H. C. Robbins Landon: Haydn. Chronicle and Works, Volume I: the early years 1732-1765 und Volume II: at Esterháza 1766-1790. Indiana University Press, Bloomington, London, 1980 (I) ISBN 0-253-37001-9; 1978 (II) ISBN 0-253-37002-7, Pionierarbeit.
  • Zdenko Nováçek: Hudba v Bratislave. Bratislava 1978.
  • Michael Talbot: Antonio Vivaldi, der Venzianer und das barocke Europa, Leben und Werk. Deutsche Ausgabe Stuttgart (1978)/1985, (englische Originalausgabe 1978), ISBN 3-421-06285-4.
  • Walter Kolneder: Antonio Vivaldi, Dokumente seines Lebens und Schaffens. Wilhelmshaven (1979)/1983 , ISBN 3-7959-0273-8.
  • Giancarlo Rostirolla: L'Organizzazione Musicale Nell'Ospedale Veneziano Della Pietà Al Tempo Di Vivaldi. In: NRMI, XIII 1979, S. 168-195.
  • Aaron I. Cohen: International Encyclopedia of Women Composaers, R.R. Bowker Company, New York & London 1981, ISBN 0-8352-1288-2, S. 62. Erste Komponistinnen-Enzyklopädie.
  • Walter Kolneder: Lübbes Vivaldi Lexikon. Bergisch-Gladbach 1984, ISBN 3-7857-0381-3.
  • Jane L. Baldauf-Berdes: Women Musicians of Venice. (Oxford Monographs on Music), Clarendon Press, Oxford 1993, ISBN 0-19-816236-7.
  • Irene Hegen: Anna Bon di Venezia. Eine verschollene Komponistin entdecken. In: Annäherung VII -an sieben Komponistinnen. Hg. von Clara Mayer, Furore Kassel (1995)/1996, ISBN 3-927327-36-0, S. 23-40. (Nach dem in Viva Voce, Frau und Musik Nr. 36, Kassel 1995 erschienenen Aufsatz der Verfasserin).
  • Marc-Joachim Wasmer: Maddalena Laura Lombardini Sirmen (1745-1818), Primadonna der Violine. In: Annäherung VIII– an sieben Komponistinnen hg. von Clara Mayer, Furore-Edition 890, Kassel 1997, ISBN 3-927327-39-5.
  • Irene Hegen: Neue Dokumente und Überlegungen zur Musikgeschichte der Wilhelminezeit. In: Peter Niedermüller und Reinhard Wiesend (Hg.): Musik und Theater am Hofe der Bayreuther Markgräfin Wilhelmine. Symposion zum 250-jährigen Jubiläum des Markgräflichen Opernhauses am 2. Juli 1998 (Schriften zur Musikwissenschaft, hg. vom Musikwissenschaftlichen Institut der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Bd. 7) S. 27–57, Are Edition, Mainz 2002, ISBN 3-924522-08-1.
  • Helen Geyer und Wolfgang Osthoff (Hg.) Musik an den Venezianischen Ospedali/Konservatorien vom 17. bis zum frühen 19. Jahrhundert. (Centro tedesco di Studi Veneziani) Roma 2004.
  • Christoph Meixner: Musiktheater in Regensburg im Zeitalter des Immerwährenden Reichstages. (Musik und Theater, hg. von Detlef Altenburg Bd. 3) Sinzig 2008, ISBN 978-3-89564-114-5.


Noten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anna Bon di Venezia, Verlage der Neudrucke im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek

  • 6 Flöten-Sonaten op. I
  • 6 Cembalo-Sonaten op. II
  • 6 Divertimenti, Trios für 2 Flöten und Basso op. III
  • Aria Astra coeli für Sopran, 2 Violinen, Viola und Basso.

Noten, bei deren Aufführung die Bon-Familie beteiligt war Joseph Haydn, Werkausgaben des Joseph Haydn Instituts Köln mit wissenschaftlich erläuterndem Text

  • Acide und andere Fragmente italienischer Opern. Hg. von Karl Geiringer und Günther Thomas, Henle-Verlag München 1985.
  • Kantaten für Orchester für das Fürstenhaus Esterházy. Hg. von Andreas Friesenhagen und Sonja Gerlach, Henle Verlag München 2000.

Links[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anna Bon, op.I

Abbildung: Porzellanfigur von Johann Kändler: Tanzende Harlekin-Familie mit Kind, aus der Zeit der Anna Bon

Tonträger[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Joseph Haydn: Esterhazy-Kantaten
  • Tonträger zu „Anna Bon di Venezia“ im Katalog der deutschen Nationalbiböliothek.

[[Anna Bon di Venezia]]|[[Komponist (Rokoko)]]|[[Sänger]]|[[Virtuose]]|[[Person (Venedig)]]|[[Person (Bayreuth)]]|[[Person (Preßburg)]]|[[Person (Esterhaza)]]|[[Opern-Geschichte]]|[[Wanderoper]]|[[Joseph Haydn-Forschung]]|[[Komponistinnen-Geschichte]]|[[geboren und gestorben 18. Jahrhundert]]|[[Frau]]

Quellen und Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

{{Personendaten |NAME= Bon, Anna (Anna Bon di Venezia) |ALTERNATIVNAMEN= Boni, Anna Lucia; Bon di Venezia, Anna; Bon DiVenezia, Anna; Bonn, Anna |KURZBESCHREIBUNG= Italienische Komponistin, Sängerin und Cembalistin |GEBURTSDATUM= 1739 oder 1740? |GEBURTSORT= [[Venedig]]? / [[Venezien]] |STERBEDATUM= nach 1767 |STERBEORT= unbekannt }}

Neue Recherche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anna Bon di Venezia op I
Anna
  • 7-jähriger Krieg, Mannheim
  • Für ihre stilistische Einordnung in die Musikgeschichte steht das Jahr 1756, Mozarts Geburtsjahr und ihre erste Veröffentlichung in diesem Jahr im Alter von achtzehn Jahren, berechnet man dieses nach dem Erscheinungsjahr und ihrem Geburtsjahr 1738. Der Titel nennt aber presentemente in eta d'anni sedeci. Das Druckjahr 1756 auf ihrem opus I war das Gründungsjahr einer Kunstakademie mit Musikabteilung[1] in Bayreuth für Jedermann, an der sie sehr wahrscheinlich partizipierte. Bereits als 4-Jährige (?) am Ospedale in Venedig unterrichtet von einer Antonio Vivaldi-Schülerin, bekam sie nach dieser Zeit vermutlich die Nähe Johann Sebastian Bachs zu spüren: ihr Vater Girolamo Bon arbeitete mit dem Bachschüler Johann Friedrich Agricola[2] zusammen. Ihre Triosonaten [op. III] sind Carl Theodor von Mannheim gewidmet. Die Opern, in denen sie auftrat, stammten von den damals führenden Opernkomponisten Johann Adolf Hasse, Christoph Willibald Gluck und den Italienern Domenico Fischietti (?) und Vincenzo Legrenzio Ciampi. Wie sich nach dem Bayreuth Aufenthalt die anschließende dreijährige Zusammenarbeit (1762-1765) mit Joseph Haydn für sie auswirkte, stand wissenschaftlich noch nicht zur Debatte. An Zusammenarbeit mit ihm erinnert allein sein eigenhändiger Eintrag ihres Namens als Sopranistin (zusammen mit ihrer Mutter) in seiner Kantate „Al tuo Arriva felice“ 1764.

Vorbereitung A.B. Stil[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Musikalisches Rokoko

Anna Bons Sonaten entstanden am Bayreuther Hof und wurden gedruckt innerhalb der kurzen Zeit von 1756 bis 1759, die handschriftlich überlieferte Arie etwa 1765/1770. Diese Werke gehören zur kurzen Epoche zwischen Spätbarock und Klassik. Es handelt sich um höfische Musik, um musikalisches Rokoko. Diesen Stil, im allgemeinen als galanter Stil bezeichnet (~1740–1770), beschreibt Philipp Emanuel Bach in seiner Selbstbiographie:

„Von allem dem, was besonders in Berlin und Dresden zu hören war, brauche ich nicht viele Worte zu machen; wer kennt den Zeitpunkt nicht, in welchem mit der Musik sowohl überhaupt als besonders mit der accuratesten und feinsten Ausführung derselben, eine neue Periode sich gleichsam anfieng, wodurch die Tonkunst zu einer solchen Höhe stieg, wovon ich nach meiner Empfindung befürchte, daß sie gewissermassen schon viel verlohren habe.“

Bach bezieht sich auf seine Berliner Jahre in Diensten des Königs, an deren Anfang „die Gnade“ stand, das erste Flöten-Solo Friedrichs des Großen „allein am Cembalo zu begleiten“, wie er sich ausdrückt. Dieser „neuen Periode“ höfischer „Musica da Camera“ und deren „accurateste und feinste Ausführung“ - sein schwärmerischer Unterton ist herauszuhören - gehört Anna Bons Kammermusik an. Sie entstand am Hof der Schwester des Preußenkönigs, Wilhelmine von Bayreuth und trägt den Stempel verfeinerter Kammermusik mit gefühlvollem Tiefgang.

Die musikalische Umwelt Anna Bons als aktives Mitglied der Operntruppe ihres Vaters war die italienische Oper. Der Operngesang folgte den menschlichen Gefühlen in einer dramatischen Handlung. Die Instrumente (insbesondere Flöte und Violine) ahmten die Nuancen des Gesangs nach, die Vortragsbezeichnung „Cantabile“ beispielsweise deutet das an. Im Gegenzug wurden die instrumentalen Spielereien - Dreiklangsbrechungen (Arpeggien) und Intervallsprünge -von den Gurgeln der Kastraten und Ptrimadonnen auf die Spitze getrieben. Die Musik des Rokoko wurde somit eine Epoche handwerklicher Höchstleistungen einerseits und individueller Ausdrucksschattierngen andererseits, deren Ausführung vom „Geschmack“ oder „gusto“ des Künstlers abhing. All dies fand im Zeitalter der Aufklärung statt, in deren Mittelpunkt der Mensch mit seinen individuellen Empfindungen stand. Dazu gehörte auch ein "zurück zur Natur", das sich in Schlichheit und Einfachheit besonders im ruhigen Tempo Adagio, jedoch mit dem Anreiz zu virtuosen Verzierungen entfalten konnte.

Anna Bons kompositorischer Ausgangspunkt ist, ähnlich dem Joseph Haydns, der barocke Generalbasssatz, das heißt, ihre Melodien sind stets auf die tiefste Stimme bezogen, und die harmonische Ausführung der Bassostimme (Cembalo, Laute) ist in ihren Drucken mittels ausführlich gesetzter Generalbassziffern angegeben. Dennoch haben ihre Melodien freien Fluss, sind phantasievoll und „modern“. Mit Gewandtheit passte sie sich dem galant–empfindsamen Geschmack des Bayreuther Fürstenpaares an. Alle Sonaten sind im jeweiligen Vorwort auch als „Divertimento“ bezeichnet, dem musikalischen Terminus für höfische Unterhaltung, dazu gehören die tänzerischen Anklänge in den bewegten Sätzen. Nahezu alle sind 2-teilig angelegt und - die unverzichtbaren Wiederholungszeichen zeigen es - laden, wie die Tänze, zur Wiederholung ein. Wörtlich benannt als Tanz wird nur das „Menuett“, das sowohl mit Minore-Trio, dem Molleinschub, als auch als Minuetto con Variazioni vorkommt.

Die ausnahmslos dreisätzigen Sonaten-Zyklen sind nach zwei verschiedenen dramaturgischen Modellen zusammen gefasst: Wenn der langsame Satz beginnt - formales Relikt der Kirchensonate - folgen die bewegten Sätze nach einer Art Steigerungsprinzip, und in der Regel, ohne die Tonart zu wechseln. Diese kammermusikalische Sonaten-Form war die Überwiegende der Bayreuther und Berliner Schule. Bei der anderen Ausführung umschließen zwei schnelle Sätze den ruhigen Satz, der immer in einer kontrastierenden Tonart steht, ähnlich dem Concerto-Prinzip. Diese Variante ist an den Geschwister-Höfen Berlin und Bayreuth seltener anzutreffen.

Kammermusik für Flöte
Andante und Beginn Allegro assai der Flöten-Sonate IV von Anna Bon di Venezia

Dem Lieblingsinstrument Markgraf Friedrichs hat Anna Bon mit ihrem opus I und III Rechnung getragen. Ihre Flötensonaten opus I tragen auffälliger weise im Titel die für das Erscheinungsjahr 1756 eher altmodische Bezeichnung „VI Sonate da Camera"; „da camera“ wurde bei der frühen Sonate zur Abgrenzung von der Kirchensonate („da chiesa“) verwendet. Jedoch hat das einen weiteren Grund: Nach dem Wunsch der Komponistin soll bei ihrem Werk (op.I) die Begleitung der Flöte von „Violoncello o Cembalo“, nämlich Violoncello „oder“ Cembalo ausgeführt werden, also explizit nur von einem Instrument; schon Arcangelo Corelli handhabte es so bei seinem opus V, 12 Solosonaten für Violine, die vielen nachfolgenden Komponisten für die Ausführung einer begleiteten Solostimme zum Muster dienten. Auch er schrieb zur Ausführung des Generalbasses nur ein einziges Instrument vor: „Cembalo o Violono“. Eine solche „einstimmige“, von nur einem Musiker ausgeführte Begleitstimme - ob nun linear durch Violoncello/Violono oder akkordisch gefüllt durch das Cembalo - kann sich mit größerer Präzision dem individuell agierenden Soloinstrument anpassen.

Anna Bons Behandlung der Flöte zeigt blastechnische Feinheiten, sie rechnete mit der 2-klappigen Flöte des Markgrafen für akustische Feinschattierung, einer vorübergehenden Mode des Rokoko. Ein Beispiel aus ihrem opus I: Der Mittelsatz Andante d-moll aus der D-Dur Sonate opus I Nr. 4 mit seinen genauen dynamische Notierungen. Bild: Quantz, 2-klappige Flöte und (Markgraf Friedrichs) Elfenbeinflöte.

Die für den Generalbass gängigere Bezeichnung „Basso“ (=Basso continuo) verwendet Anna Bon erst für opus III, die Flötentrios. Diese Bezeichnung lässt einen größeren Spielraum, eine ganze „Bassgruppe“ zu: Zum Cembalo oder zur Theorbe (Basslaute) als Akkordinstrumente können zusätzlich lineare Instrumente wie Gambe, Fagott oder Violoncello treten, sodass ein solcherart begleitetes „Trio“ ohne weiteres aus 5 und mehr Spielern bestehen kann. In Bons Trios opus III, Sei Divertimenti betitelt, ist viermal das Prinzip der Steigerung angewendet, beginnend mit dem langsamen Satz. Die unterhaltsamen Dialoge der beiden Flöten zeigen kontrapunktisch ausgefeilten Satz und perfekte Modulationen. Ein Menuetsatz fehlt in opus III, dafür hat der Mittelsatz der Sonate 2 D-Dur eine leicht dahinschwebende Fuge im Dreiertakt, ein kontrapunktisches Glanzstück:

Anna Bon di Venezia: Fuga aus op.III Nr.II 2. Satz, moderne Partitur

. Das leichtfüßige Dreiklangsthema wird mehrmals im dreifachen Kontrapunkt aller Haupt- und Nebenstimmen durchgeführt. In der Mitte (Takte 31-40) befindet sich eine kontrapunktische Spielerei mit raffinierten Modulationen.

Das Trio, der strenge Satz für drei Stimmen gilt kompositionstechnisch gegenüber der „normalemn“ 4-stimmigen Anlage wegen ihrer Durchsichtigkeit als besonders heikel. Mit Blick auf die sechsmal perfekte Lösung dieser Aufgabe (6 Sonaten=18 Sätze!), wird die wie bei opus I und II auf dem Titelblatt mit gedruckte Altersangabe der Komponistin (19 Jahre) zu verstehen sein, obwohl das kein Wunderkind-Alter mehr ist. Wobei daran erinnert sei, dass betreffs der Triokomposition die Kunst des Bayreuther Jakob Friedrich Kleinknecht bis in heutige Zeiten präsent ist.[3]

Cembalo Sonaten

Die solistische Cembalotechnik begann in dieser Zeit, sich aufgrund der sich weiter entwickelnden Tasteninstrumente - der Hammerklaviere - zu verändern. Haydns frühe Sonaten sind zwar nicht datiert und werden auf "vor 1766" angesetzt (einige Ausnahmen: 1750-60). Das Druckjahr 1757 von Anna Bons Cembalosonaten zeigt sowohl im Hinblick auf die instrumentale Ausnutzung des Tastenraums als auf die Ausbildung der Sonatenform für Klavier ein „fortschrittliches“ Stadium. Der meist 2-stimmige Ansatz (rechte Hand Melodie, linke Hand Basso continuo), wird zu virtuosen Ornamenten aufgelöst. Zentraler Baustein ist das Hauptthema mit seinen Wiederholungen, seiner Beantwortung und seinen modulierenden Fortspinnungen. Dasselbe ist auch in Joseph Haydns frühen Sonaten der Fall, damit haben so wohl er, als auch Anna Bon Teilhabe an der Frühzeit der klassischen Sonatenform für Klavier. Gegenüber Haydns kurzen, verspielten Sätzen der frühesten Sonaten, die häufig unter dem Titel „Partita“ oder „Divertimento“ stehen, wirken Anna Bons sechs 3-sätzige Sonaten ernster.

Ihre langsamen Sätze erinnern an die Phrasierung und die Eindringlichkeit des Atmens eines gesungenen Inhalts, diese Melodien sind eher schlicht und erwarten Kolorierungen, wie es die Sänger bei ihren Arien machten. Die 3. Cambalosonate hat, wie auch die 3. Flötensonate, als letzten Satz ein Menuet mit Moll-Trio. Bei der jeweils 6. Sonate steht als Schlusssatz ein Menuetto con Variazoni.

Ins Ohr fällt der letzte Satz der 4. Cembalosonate wegen eines launiges Zitates aus dem Intermezzo „La Serva Padrona“ von Pergolesi. Der Kopfsatz der 5. Sonate ist ein musikalisches Sturm und Drangstück: er steht in h-Moll, sein punktiertes Anfangsthema kommt ähnlich auch bei einem Lautenwerk Jakob Friedrich Kleinknechts vor. BEISPIELE

Vocalmusik

Von der Oper Artaserse, einem Pasticcio unter Beteiligung der jungen Komponistin, aufgeführt in Pressburg 1760, ist keinerlei Musik erhalten, man weiß nur, dass es sich um einen Text Pietro Metastasios handelt. Als die anderen „bekannten“ Co-Komponisten könnte man Hasse und Gluck in Erwägung ziehen, die aktuellen Komponisten der Bon-Truppe. Hier kamen Anna Bon ihre Erfahrungen von Bayreuth zugute.

Zum Glück gibt es ein erhaltenes, erst vor wenigen Jahren wiederentdecktes Beispiel dafür, dass Anna Bon auch für Gesang komponierte. Es handelt sich um die geistliche Arie „Astra coeli“, deren ausschwingende Melodien der Frühklassik angehören. Dass die Komponistin am Hofe der Wilhelmine auch die Form der Arienkomposition studieren konnte, kann man an diesem Stück sehen: Lange, reich mit Vorschlägen und Trillern verzierte Triolen-Koloraturen auf einer Silbe erinnern an Koloraturen aus Wilhelmines Oper Argenore, z. B. 6 Takte lang auf leva--te oder 8 Takte lang auf intona--te . NOTENBILDER

  1. </Irene Hegen: ...
  2. Beleg
  3. Johann Adam Hiller: Wöchentliche Nachrichten und Anmerkungen die Musik betreffend I (1766), Reprint Hildesheim 1970, S. 183-187.

Haydnforschung zur Zeit der A.B.

Haydnforschung mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Ergebnissen in Bezug auf die Mitwirkung der Bon-Familie.

Die Forschung zum „jungen Joseph Haydn“ setzte verstärkt im 20. Jahrhundert ein. Zum „jungen Haydn“ zählt noch seine Zeit in Esterhaza, die mit dem Engagement der italienischen Familie Bon zusammentrifft. Deren Einfluss betreffs seiner ersten italienischen musiktheatralischen Produktionen „Acide“ und „La Marchesa Nespola“ und auch der folgenden italienischen Opern dürfte ein willkommener gewesen sein, handelte es sich doch um eine langjährige erfahrene Theatertruppe auf allen Gebieten des musikalischen italienischen Gusto, der Bühne und des Libretto. In der deutschen Haydn-Forschung blieb dieser „Bon-Komplex“ bisher relativ im Hintergrund, im Gegensatz zu den Arbeiten des amerikanischen Musikforschers H. C. Robbins Landon und des ungarischen Historikers Mátyás Horanyi.[1]

Transfer Bayreuth-Esterhaza

Zu beobachten ist daneben ein musikalischer Transfer zwischen dem Markgrafenhof Bayreuth seit die Bons dort wirkten und Joseph Haydns Wirkungsort in Esterhaza. Musiker und Musik wanderten hin und her: Der Oboist Vittorino Colombazzo und der Hackbrettist Georg Noellei z. B. sind hier wie dort anzutreffen. Sonaten von Jakob Friedrich Kleinknecht kamen in die Esterhazysche Bibliothek und Musik von Haydn wurde in Bayreuth gespielt, ja sogar für Laute umgeschrieben, dem Instrument, das in Bayreuth eine „Nachblüte“ erlebte.[2] ___________________

Es existiert eine Miniatur von Juda Löw Pinhas (zugeschrieben) mit der Darstellung der Wilhelmine und zwei unbekannten Frauen, einer aus dem Hintergrund tretenden Minerva mit ihrem Schild, vor beiden ein knieendes junges Mädchen mit Blütenkranz im Haar. In der Hand hält es eine Lyra, die sie Wilhelmine überreicht, quasi dem weiblichen Apoll. Dieses sehr private Bild hat eine Bedeutung, die sich erschließt, wenn man die weiteren Einzelheiten des Bildes deutet: Eine Landkarte, worauf Italien und die Gebiete bis Griechenland zu sehen sind, das durch rötliche Farbe auffällt. Es ist dieselbe Farbe, wie die des Vorhangs, den Minerva auf dem Bild lüftet, damit dahinter Bücherregale zum Vorschein kommen. Auf dem Boden steht ein gewichtiges Buch mit der Aufschrift „Ars 1756“, der Hinweis auf das Gründungsjahr der Bayreuther Kunstakademie, und übrigens auch das Anstellungsjahr für Girolamo Bon als Professor für Architektur und Perspektive. In diesem Jahr wurde auch Anna Bons opus I gedruckt, ebenso im selben Jahr Wilhelmines Amalthea aufgeführt, in der Rosa Bon die Prinzessin Zamis sang. Eine Oper nach dem Text Wilhelmines, in dessen Libretto statt eines Komponisten für die Musik „vari autori“ angegeben sind. Wenn man weiß, dass Wilhelmine überall persönliche Hinweise zu ihrem Leben hinterlassen hat, dann möchte man auch dieses Bild als Darstellung der für Wilhelmine in diesem Jahr wichtigen Persönlichkeiten erkennen: das Trio Wilhelmine-Rosa Bon-Anna Bon.

  1. Vergleiche dazu die Texte und jüngeren Ergebnisse in den Notenausgaben des Joseph-Haydn-Instituts (Henle-Verlag München) „Acide und andere Fragmente italienischer Kantaten“ sowie „Kantaten mit Orchester für das Fürstenhaus Esterhazy“ mit den Forschungen der Pioniere Horanyi und Landon (s.Lit.).
  2. Siehe u.a. Bayreuther Kopist in der Flotow-Sammlung des Bayreuther Stadtarchivs.