Bericht an den Gutachter

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Durch den Bericht an den Gutachter teilt in Deutschland ein Psychotherapeut der Krankenkasse eines Versicherten, der die Kostenübernahme für eine Psychotherapie beantragt hat, die Diagnose mit, begründet die Indikation für die Psychotherapie und beschreibt Art und Umfang der geplanten Therapie. Bei einem Antrag auf eine Langzeittherapie enthält der Bericht auch einen fallbezogenen Behandlungsplan.[1] Die zu berichtenden Informationen stellt der Psychotherapeut zuvor in probatorischen Sitzungen fest. Der Bericht dient dem von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bestellten Gutachter als Grundlage für die Feststellung, ob die Voraussetzungen für die Durchführung einer Psychotherapie zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erfüllt sind. Das Antragsverfahren und die Voraussetzungen für die Kostenübernahme sind in der Psychotherapie-Richtlinie[2] und in der Psychotherapie-Vereinbarung[3] niedergelegt.

Theoretische Modelle zur Erstellung des Berichts

Wichtige Fragen, auf die der Bericht an den Gutachter nach Boessmann und Remmers (2011) in den psychodynamisch orientierten Therapieverfahren schlüssige Antworten geben muss:[4]

Übersicht über die wichtigsten Aspekte der Psychodynamik
  • Was hat der Patient? (Beschwerden, ICD-10)
  • Wie ist der Patient? (Strukturniveau, Neurosendisposition)
  • Warum ist er so, wie er ist? (Biografie)
  • Was macht ihm heute zu schaffen? (Aktuelle Auslösefaktoren und Anforderungen)
  • Warum macht es ihm zu schaffen? (individuelle Vulnerabilität, Konfliktbereitschaften)
  • Warum wird er deshalb krank? (individuelle Überforderung der Abwehr-, Bewältigungs- und Kompensationsmöglichkeiten)
  • Was hat er davon, krank zu sein? (Krankheitsgewinn, Funktion der Symptome)
  • Was muss sich ändern, damit der Patient wieder gesund wird? (Therapieplan)
  • Ist der Therapeut für den Patienten der geeignete Therapeut? (Passung)
  • Wie gut sind die Aussichten der geplanten Behandlung? (Prognose)

Die Kernthematik des Berichtes ist die Psychodynamik der zu behandelnden Störung, die in der Übersicht rechts dargestellt ist.

Für die Verhaltenstherapie schlägt Bockwyt (2016)[5] eine Vorgehensweise zur Erstellung des Berichts vor, die übergeordnet die Qualitätsmerkmale Validität (Gültigkeit der Aussagen), Reliabilität (Präzision der Aussagen) und Spezifität der Aussagen erfüllt.

Für die der Psychodynamik in den dynamisch orientierten Therapieverfahren korrespondierende Verhaltensanalyse in der Verhaltenstherapie können für die Makroanalyse folgende Analsyeschritte durchlaufen werden:

  1. Analyse von genetisch oder pränatal bedingten Vulnerabilitätsfaktoren
  2. Analyse der kindlichen, biografischen Situation
  3. Analyse de innerpsychischen Niederschlags
  4. Analyse des kindlichen Umgangs mit der kindlichen Situation
  5. Analyse der Auswirkungen der kindlichen Erfahrungen auf die Entwicklung der Persönlichkeit und die Gestaltung der verschiedenen Lebensbereiche inkl. Kompensation
  6. Identifikation von aktuellen und früheren Auslösebedingungen und deren Auswirkungen auf das Erleben und Verhalten (Aktualgenese)
  7. Identifikation der Symptomatik auf den Ebenen Kognition, Emotion, Motorik, Physiologie
  8. Analyse von Konsequenzen, individueller und interaktioneller Funktionalität, Verstärkung und Aufrechterhaltung des Verhaltens/der Symptomatik
    1. Analyse von kurzfristigen Konsequenzen
    2. Analyse von langfristigen Konsequenzen
  9. Identifikation von Verhaltensaktiva, Ressourcen u.ä.

Bei der Therapieplanung der Verhaltenstherapie, die sich in die Erstellung der Therapieziele und korrespondierenden Therapiemethoden aufteilt, sollten bei der Zielplanung die aufgestellten Therapieziele spezifisch, präzise, operationalisierbar, realistisch und angemessen anspruchsvoll aufgestellt und mit individuellen Patienteninhalten gefüllt sein.[5]

Formelle Anforderungen an den Bericht

Der Therapeut erstattet seinen Bericht an den Gutachter in freier Form, gliedert ihn in nummerierte Abschnitte und fügt ihn, mit Datum und Unterschrift versehen, dem Formblatt PTV 2 bei. Die inhaltliche Gestaltung des Berichtes ist in einem Informationsblatt vorgegeben, das auf Anforderung von der kassenärztlichen Vereinigung zur Verfügung gestellt wird.

Die Überschriften der Abschnitte des Informationsblattes sollen im Bericht nicht jeweils wiederholt werden, die Angabe der Abschnittsnummer genügt. Der Umfang des Berichtes soll 3 DIN A4-Seiten bei einer Langzeittherapiebegründung und 1 1/2 DIN A4-Seiten bei einer Kurzzeittherapiebegründung nicht überschreiten und nur solche Angaben enthalten, die therapie- und entscheidungsrelevant sind. Der Gutachter ist gehalten, bei wesentlicher Überschreitung dieses Umfangs den Bericht zur sachlichen Verdichtung an den Verfasser zurückzugeben.

Weiterhin ist bei der Durchführung der Behandlung durch einen Psychologischen Psychotherapeuten oder Kinder- und Jugendlichentherapeuten der Konsiliarbericht des Arztes beizufügen.

Der Fragenkatalog für den Erst- und Fortführungsantrag wie auch für den Ergänzungsbericht des Therapeuten ist als Hilfsmittel zur Abfassung der Berichte an den Gutachter erstellt worden. Der Therapeut kann daher in seinem Bericht unter den aufgeführten Hinweisen seine fallbezogene Auswahl treffen. Die Berichte sollen sich auf die Angaben beschränken, die für das Verständnis der psychischen Erkrankung, ihrer ätiologischen Begründung, ihrer Prognose und ihrer Behandlung erforderlich sind.

Berichtsaufbau für tiefenpsychologisch fundierte und analytische Psychotherapie

Gemäß dem Informationsblatt der Psychotherapeutenkammer zum Erstellen des Berichtes für tiefenpsychologisch fundierte und analytische Therapie bei Erwachsenen sollten die Berichte folgendermaßen aufgebaut sein: (Siehe auch: Psychotherapeutenkammer)

Bericht zum Antrag auf eine Kurzzeittherapie (tiefenpsychologisch fundierte und analytische Psychotherapie)

Der Bericht zur Kurzzeittherapie (KZT) sollte 1 bis 1 1/2 DIN A4-Seiten nicht überschreiten.

  1. Diagnose(n) (ICD 10)
  2. Symptomatik
    1. Welche(s) Symptom(e) sollen mit der KZT behandelt werden?
    2. Seit wann besteht diese spezifische Symptomatik?
    3. Ist eine auslösende Situation erkennbar?
  3. Wichtige Aspekte des psychischen Befundes
  4. Gleichzeitig bestehende somatische Krankheiten (siehe gegebenenfalls Konsiliarbericht)
  5. ist ein eindeutiger fokaler Konflikt erkennbar?
  6. Angaben zum fokalen Konflikt
    1. Beschreibung des Fokus
    2. Lebensgeschichtliche Daten, die relevant für den dem Fokus zu Grunde liegenden neurotischen Konflikt sind
    3. Psychodynamik des fokalen Konfliktes
    4. Wurde zur Fokusbestimmung weiterführende Diagnostik verwendet? Wenn ja, welche?
  7. Falls kein fokaler Konflikt erkennbar, Begründung für die Indikation zur KZT
    1. z. B. bei Krisenintervention Beschreibung der Krise und der zur Krisenintervention geplanten Maßnahmen
    2. z. B. bei Überprüfung der Indikationsstellung zur Langzeittherapie:
      1. Welche Zweifel bestehen in Bezug auf die Indikationsstellung?
      2. Wie können diese durch die KZT ausgeräumt werden?
      3. Welche Maßnahmen sollen zur Abklärung eingesetzt werden?
  8. Bei Gruppenbehandlung: Begründung für die Indikation zur KZT als Gruppenbehandlung
  9. Prognose

Bericht zum Erst- oder Umwandlungsantrag (tiefenpsychologisch fundierte und analytische Psychotherapie)

(Der Bericht sollte 3 DINA4-Seiten nicht überschreiten)

  1. Spontanangaben des Patienten
  2. Schilderung der Klagen des Patienten und der Symptomatik zu Beginn der Behandlung – möglichst mit wörtlichen Zitaten – gegebenenfalls auch Bericht der Angehörigen/Beziehungspersonen des Patienten. (Warum kommt der Patient zu eben diesem Zeitpunkt und durch wen veranlasst?)
  3. Kurze Darstellung der lebensgeschichtlichen Entwicklung
    1. Familienanamnese,
    2. körperliche Entwicklung,
    3. psychische Entwicklung,
    4. soziale Entwicklung mit besonderer Berücksichtigung der familiären und beruflichen Situation, des Bildungsganges und der Krisen in phasentypischen Schwellensituationen
  4. Krankheitsanamnese
    Es sollen möglichst alle wesentlichen Erkrankungen, die ärztlicher Behandlung bedurften oder bedürfen, erwähnt werden, insbesondere bereits früher durchgeführte psychotherapeutische Behandlungen.
  5. Psychischer Befund zum Zeitpunkt der Antragstellung
    1. Emotionaler Kontakt, Intelligenzleistungen und Differenziertheit der Persönlichkeit, Einsichtsfähigkeit, Krankheitseinsicht, Motivation des Patienten zur Psychotherapie
    2. Bevorzugte Abwehrmechanismen, gegebenenfalls Art und Umfang der infantilen Fixierungen, Persönlichkeitsstruktur
    3. Psychopathologischer Befund (z. B. Bewusstseinsstörungen; Störungen der Stimmungslage, der Affektivität und der mnestischen Funktionen; Wahnsymptomatik, suizidale Tendenzen)
  6. Somatischer Befund bzw. Konsiliarbericht
  7. Das Ergebnis der körperlichen Untersuchung, bezogen auf das psychische und das somatische Krankheitsgeschehen. ist mitzuteilen. Der somatische Befund soll nicht älter als 3 Monate sein. Die Mitteilung des körperlichen Befundes ist grundsätzlich erforderlich. Falls die körperliche Untersuchung nicht vom ärztlichen Psychotherapeuten selbst durchgeführt wird, müssen Angaben zum somatischer~ Befund eines anderen Arztes, evtl. auch zu dessen Therapie (gegebenenfalls gebietsbezogen) beigefügt werden. Bei Psychologischen Psychotherapeuten ist der Konsiliarbericht eines Arztes beizufügen.
  8. Psychodynamik der neurotischen Erkrankung
  9. Darstellung der neurotischen Entwicklung und des intrapsychischen neurotischen Konfliktes mit der daraus folgenden Symptombildung. (Zeitpunkt des Auftretens der Symptome und auslösende Faktoren im Zusammenhang mit der Psychodynamik, auch der interpersonellen Dynamik, sind zu beschreiben.)
  10. Bei Behinderung und bei strukturellen Ich-Defekten ist ein von Behinderung und Defekt abgesetztes, aktuell wirksames Krankheitsgeschehen in seiner Psychodynamik darzustellen.
  11. Neurosenpsychologische Diagnose zum Zeitpunkt der Antragstellung
  12. Darstellung der Diagnose auf der symptomatischen und strukturellen Ebene: differenzialdiagnostische Erwägung unter Berücksichtigung auch anderer Befunde gegebenenfalls unter Beifügung der anonymisierten Befundberichte. (Auch von anderen Ärzten erhobene Befunde, besonders der letzten 3 Monate, sowie die Ergebnisse klinischer Untersuchungen und Behandlungen sind anonymisiert als Kopie beizufügen.)
  13. Behandlungsplan und Zielsetzung der Therapie
  14. Begründung für die Wahl der Behandlungsform und deren Anwendung in Einzel- oder Gruppentherapie. Bei Gruppentherapie sind Gruppensetting, Zusammensetzung der Gruppe und die gruppenspezifische Indikation, auch die Erfahrung des Patienten in natürlichen und sozialen Gruppen, darzustellen. Es muss ein Zusammenhang nachvollziehbar dargestellt werden zwischen der Art der neurotischen Erkrankung, der Sitzungsfrequenz, dem Therapievolumen und dem Therapieziel, das unter Berücksichtigung der nach den Psychotherapie-Richtlinien begrenzten Leistungspflicht der Krankenkasse als erreichbar angesehen wird.
  15. Andere Verfahren als die in den Psychotherapie-Richtlinien genannten Behandlungsmethoden (B 1 1.1) können nicht Bestandteil des Behandlungsplans sein.
  16. Prognose der Psychotherapie
  17. Beurteilung des Problembewusstseins des Patienten, Beurteilung seiner Verlässlichkeit und seiner partiellen Lebensbewältigung sowie seiner Fähigkeit oder seiner Tendenz zur Regression; Beurteilung seiner Flexibilität und seiner Entwicklungsmöglichkeiten.
  18. Dient der Erstantrag einer Umwandlung von Kurzzeittherapie in Langzeittherapie, sind zusätzlich folgende Fragen zu beantworten und die Antworten im Bericht voranzustellen:
    1. Welches sind die Gründe für die Änderung der Indikation und die Umwandlung in Langzeittherapie?
    2. Welchen Verlauf hatte die bisherige Therapie?

Bericht zum Fortführungsantrag (tiefenpsychologisch fundierte und analytische Psychotherapie)

  1. Wichtige Ergänzungen zu den Angaben in den Abschnitten 1–4 des Berichtes zum Erstantrag.
  2. Symptomatik und ggf. deren Veränderung, lebensgeschichtliche Entwicklung und Krankheitsanamnese, psychischer Befund und Bericht der Angehörigen des Patienten, Befundberichte aus ambulanter oder stationärer Behandlung.
  3. Ergänzungen zur Psychodynamik der neurotischen Erkrankung
  4. Die interpersonelle Dynamik (Übertragung, Gegenübertragung und Widerstand) des Patienten im Verlaufe der Therapie, neu gewonnene Erkenntnisse über intrapsychische Konflikte – gegebenenfalls besonders auch deren aktuelle und abgrenzbare Auswirkungen bei seelischen Behinderungen – sind darzulegen.
  5. Ergänzungen zur neurosen-psychologischen Diagnose bzw. Differenzial-Diagnose
  6. Zusammenfassung des bisherigen Therapieverlaufes
    1. Mitarbeit des Patienten, seine Regressionsfähigkeit bzw. -tendenz, Fixierungen, Flexibilität,
    2. angewandte Methoden, erreichte Effekte
    3. bei Gruppentherapie: Entwicklung der Gruppendynamik, Teilnahme des Patienten am interaktionellen Prozess in der Gruppe, Möglichkeiten des Patienten, seinen neurotischen Konflikt in der Gruppe zu bearbeiten.
    4. Änderungen des Therapieplans und Begründung
  7. Prognose nach dem bisherigen Behandlungsverlauf
  8. Begründung der wahrscheinlich noch notwendigen Behandlungsfrequenz und -dauer, mit Bezug auf die Entwicklungsmöglichkeiten des Patienten und seines Umfeldes.

Ergänzungsbericht

Die Inanspruchnahme der Behandlung im Rahmen der Höchstgrenzen nach E 1.2.8 der Psychotherapie-Richtlinien erfordert einen Antrag des Versicherten (des Patienten, ggf. seines gesetzlichen Vertreters) auf Fortführung der Behandlung (Formblatt PTV 1), dem ein aktueller Bericht zum Fortführungsantrag und zusätzlich ein Ergänzungsbericht beizufügen ist. Im zusätzlichen Ergänzungsbericht ist die Fortführung der Behandlung über den Leistungsumfang hinaus, der in den Psychotherapie-Richtlinien unter E 1.2.1–1.2.7 festgelegt wurde, zu begründen und zur beabsichtigten Überschreitung des Behandlungsumfanges Stellung zu nehmen. Dabei sollen folgende Fragen beantwortet werden:

  1. Welche Erwartungen knüpft der Patient an die Fortführung der Behandlung? Was möchte er noch erreichen?
  2. Welche Zielvorstellungen verbindet der Therapeut mit der im Bericht zum Fortführungsantrag dargestellten Therapie?
  3. Kann die Beendigung der psychotherapeutischen Behandlung durch Reduzierung der Behandlungsfrequenz ermöglicht oder erleichtert werden?
  4. Welche Stundenzahl wird für die Abschlussphase der psychotherapeutischen Behandlung unbedingt noch für erforderlich gehalten? Welche Sitzungsfrequenz und welche Behandlungsdauer bis zur Beendigung der Therapie ist vorgesehen?

In einem gegebenenfalls stattfindenden Obergutachterverfahren sind dem Obergutachter alle bisherigen Unterlagen (sämtliche Vorberichte, sämtliche Stellungnahmen der bisherigen Gutachter, sämtliche Vordrucke PTV 2) zur Verfügung zu stellen.

Berichtsaufbau in der Verhaltenstherapie[6]

Bericht zum Antrag auf eine Kurzzeittherapie

Der Bericht zur Kurzzeittherapie (KZT) sollte 1 bis 1 1/2 DIN A4-Seiten nicht überschreiten.

  1. Beschwerden, Zeitpunkt und Anlass der Symptombildung
  2. Problemrelevante Angaben zur Vorgeschichte
  3. Psychische Symptomatik und psychischer Befund
  4. Somatische Symptomatik und somatischer Befund (siehe ggf. Konsiliarbericht)
  5. Verhaltensanalytische Problemdefinition (Störungsmodell)
  6. Diagnose(n) (ICD 10)
  7. Therapieziele und Prognose
  8. Therapieplan inkl. Begründung der Indikation und der wesentlichen Interventionen

Bericht zum Erst- oder Umwandlungsantrag

(Der Bericht sollte 3 DINA4-Seiten nicht überschreiten)

  1. Angaben zur spontan berichteten und erfragten Symptomatik
  2. Lebensgeschichtliche Entwicklung und Krankheitsanamnese
  3. Psychischer Befund zum Zeitpunkt der Antragstellung
  4. Somatischer Befund bzw. Konsiliarbericht
  5. Verhaltensanalyse
  6. Diagnose(n) zum Zeitpunkt der Antragstellung
  7. Therapieziele und Prognose
  8. Behandlungsplan
  9. Angaben zur Umwandlung in Langzeittherapie

Kritik

Therapeuten beklagen die zeitliche und emotionale Belastung, die ihnen das Gutachterverfahren, insbesondere die Erstellung des Berichts an den Gutachter, aufbürdet. Sie fühlen sich zurückgesetzt gegenüber den Fachärzten, die ihre Kassenleistungen mit keinem auch nur annähernd vergleichbaren Aufwand legitimieren müssen, wenngleich letztere einer möglichen nachträglichen Wirtschaftlichkeitsprüfung unterliegen können. Dazu kommt das Risiko, bei einer (in der Realität äußerst seltenen[7]) Nichtbefürwortung durch den Gutachter wirtschaftlich Nachteile zu erleiden, ganz zu schweigen von der damit verbundenen persönlichen Kränkung und den Auswirkungen für die betroffenen Patienten.[8] Auf der anderen Seite wird das Gutachterverfahren als Basis für die 1999 vom Bundessozialgericht (BSG) rechtlich geschützte Mindestvergütung für Psychotherapeuten als einzige Fachgruppe, als gute Möglichkeit zur internen Qualitätskontrolle und Therapieplanung und legitime Kontrollinstanz des Solidarsystems angesehen. Ein alternatives Prüfsystem mit vergleichbarer Effizienz wurde bislang nicht entwickelt[5]

Dem gegenüber kam bereits 2011 eine Studie der Techniker-Krankenkasse in Rahmen eines wissenschaftlich evaluierten Modellprojekts, in dem das qualitative Outcome von Psychotherapie in Gruppen mit Gutachterverfahren vs. psychometrischer Tests vs. ohne Prüfungen verglichen wurde, zu folgendem Endergebnis: „Die Ergebnisqualität psychotherapeutischer Behandlungen ist mit und ohne Gutachterverfahren gleich hoch, ebenso mit und ohne psychometrische Messungen.“[7] Der erhöhte finanzielle und Arbeitsaufwand für Prüfverfahren (sowohl Gutachterverfahren wie auch Einsatz psychometrischer Verfahren) sei vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse nicht zu rechtfertigen. Eine geringe Ablehnungsquote (ca. 3-4 % Ablehnungen im Jahr 2011) lasse den Nutzen des Gutachterverfahrens fraglich erscheinen, da eine Steuerungsfunktion der Gutachten hier nicht auszumachen sei.  Die Studie wurde von verschiedenen Fachverbänden hinsichtlich methodischer und inhaltlicher Aspekte sowie ihrer berufspolitischen Zweck- und Interessengerichtetheit wiederholt kritisiert und das Gutachterverfahren für weiterhin bewährt und verlässlich angesehen[9][10]. Sasse (DGIP, 2011[11]) kommt in seiner kritischen Analyse der TK-Studie zu dem Ergebnis, dass weder deren methodisches Vorgehen noch ihr Verständnis von Ergebnisqualität hinreichend den Eigenheiten der analytisch begründeten Verfahren gerecht würde, so dass von der TK-Studie keine gesicherten Aussagen im Bezug auf die analytisch begründeten Verfahren abgeleitet werden könnten.

Literatur

  • U. Rüger: Zum Gutachterverfahren bei psychoanalytisch begründeten Behandlungsverfahren. In: Psychotherapeutische Praxis. 3, (2001), S. 139–149.
  • U. Rüger, A. Dahm, D. Kallinke (Hrsg.): Faber/Haarstrick: Kommentar Psychotherapie-Richtlinien. Urban & Fischer, München 2008, ISBN 978-3-437-22862-9.
  • U. Boessmann: Psychodynamische Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen. Kompendium und Berichte an den Gutachter. Deutscher Psychologen Verlag, 2005, ISBN 3-931589-65-X.
  • U. Boessmann, A. Remmers: Behandlungsfokus Psychodynamische Therapieplanung, Ziel- und Zeitbegrenzung. Praxisgerechte Nutzung der OPD-2, Bericht an den Gutachter. Deutscher Psychologen Verlag, Bonn 2008, ISBN 978-3-931589-84-4.
  • U. Boessmann, I. Jungclaussen: Bericht abgelehnt – was nun? Praxis-Ratgeber zu den wichtigsten Ablehnungsgründen mit zahlreichen Antrags-Beispielfällen für tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie. Deutscher Psychologen Verlag, 2009, ISBN 978-3-931589-93-6.
  • U. Boessmann: Berichte an den Gutachter schnell und sicher schreiben. Kompendium und Repetitorium für Psychodynamische Psychotherapie. Deutscher Psychologen Verlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-942761-11-6.
  • D. Adler: Der Antrag auf psychodynamische Psychotherapie: Ein Leitfaden zur Berichterstellung (inkl. Kinder- und Jugendlichen- und Gruppenpsychotherapie). Psychosozial-Verlag, Giessen 2012, ISBN 978-3-8379-2197-7.
  • E. Bockwyt: Der verhaltenstherapeutische Bericht an den Gutachter. VT-Anträge präzise und individuell erstellen. Schattauer, Stuttgart 2016, ISBN 978-3-7945-3103-5

Einzelnachweise

  1. Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Durchführung der Psychotherapie (Psychotherapie-Richtlinie). (PDF; 100 kB) S. 25 Abs. 1
  2. Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Durchführung der Psychotherapie (Psychotherapie-Richtlinie). (PDF; 100 kB)
  3. Vereinbarung über die Anwendung der Psychotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung, Anlage zum Bundesmanteltarifvertrag Ärzte
  4. U. Boessmann, A. Remmers: Das Erstinterview. Praxis der psychodynamischen Anamneseerhebung, Diagnostik, Indikationsstellung und Therapieplanung. Deutscher Psychologen-Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-942761-03-1.
  5. a b c E. Bockwyt: Der verhaltenstherapeutische Bericht an den Gutachter. VT-Anträge präzise und individuell erstellen. 1. Auflage. Schattauer, Stuttgart 2016, ISBN 978-3-7945-3103-5.
  6. Kassenärztliche Bundesvereinigung: Vereinbarung über die Anwendung von Psychotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung (Psychotherapie-Vereinbarung). In: Vereinbarung über die Anwendung von Psychotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung (Psychotherapie-Vereinbarung). Kassenärztliche Bundesvereinigung, abgerufen am 9. Januar 2016.
  7. a b Wittmann, W.W., Lutz, W., Steffanowski, A., Kriz, D., Glahn, E.M., Völkle, M.C., Böhnke, J.R., Köck, K., Bittermann, A. & Ruprecht, T. (2011). Qualitätsmonitoring in der ambulanten Psychotherapie: Modellprojekt der Techniker Krankenkasse - Abschlussbericht. Hamburg: Techniker Krankenkasse. online, S. 166
  8. H.-U. Köhlke: Das Gutachterverfahren in der Vertragspsychotherapie. (PDF; 1,4 MB) Eine Praxisstudie zu Zweckmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit
  9. Warum ist die Debatte um das Gutachterverfahren - insbesondere zum jetzigen Zeitpunkt - sehr problematisch? Abgerufen Format invalid.
  10. Gutachterverfahren bei ambulanter Psychotherapie bewährt und verlässlich. DGPT, abgerufen Format invalid.
  11. Sasse, H.: [www.dgip.de/pdf/E_Book_01_Die_Endfassung_Kritische_Studie_2010_Jan_2011.pdf Kritische Studie zum Modellvorhaben der Techniker Krankenkasse. "Qualitätsmonitoring in der ambulanten Psychotherapie".] DGIP, abgerufen Format invalid.

Weblinks

  • Berichte an die Gutachter Landeskammer für Psychologische Psychotherapeutinnen und -therapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutinnen und -therapeuten in Hessen