Direktversicherung

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Eine Direktversicherung ist nach dem deutschen Arbeits- und Steuerrecht ein Lebensversicherungsvertrag, den der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer auf das Leben eines Arbeitnehmers (versicherte Person) bei einem in Deutschland zugelassenen Versicherer abschließt. Bezugsberechtigt sind der Arbeitnehmer und/oder dessen Hinterbliebene. Die Direktversicherung ist einer der fünf in Deutschland bekannten Durchführungswege in der betrieblichen Altersversorgung.

Allgemein

Wie in der betrieblichen Altersversorgung üblich, können in der Direktversicherung Alters-, Invaliditäts-, oder Hinterbliebenenleistungen versichert werden. Dazu zählen unter anderem Renten-, Berufsunfähigkeits- und Unfallzusatzversicherungen.

Zahlungen aus Direktversicherungen sind in der Krankenversicherung der Rentner für gesetzlich Versicherte grundsätzlich mit dem vollen Beitrag krankenversicherungspflichtig. Dies gilt nicht für den Teil der Direktversicherung, der nach Wechsel des Arbeitgebers oder Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses sowie Einrücken des Arbeitnehmers in die Stellung des Versicherungsnehmers privat fortgeführt wurde.[1] Dies gilt auch für die gesetzliche Pflegeversicherung (SGB V und SGB XI).

Zusagen seit dem 1. Januar 2005

Beiträge

Für Direktversicherungsverträge, die auf Grund einer Zusage seit dem 1. Januar 2005 abgeschlossen wurden, gilt § 3 Nr. 63 EStG. Hiernach sind Beiträge bis zu 4 % zur Beitragsbemessungsgrenze (West) der Rentenversicherung steuer- und sozialversicherungsfrei. Seit 2009 wird nicht mehr zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerfinanzierung (letzteres auch Entgeltumwandlung genannt) unterschieden, denn das Sozialversicherungsprivileg gilt nunmehr über das Jahr 2008 hinaus. Die Sozialversicherungsfreiheit von Beiträgen greift auch dann, wenn sie nicht aus Sonderzahlungen geleistet werden.

Sofern keine Altzusage nach § 40b vorliegt, können nach Ausschöpfung der 4 % zur BBG, zusätzlich 1800 € steuerfrei (ebenfalls nach § 3 Nr. 63 EStG) in die Direktversicherung eingezahlt werden. Sozialversicherungsfreiheit besteht hingegen nicht.

Versteuerung in der Rentenphase

Renten- und Kapitalleistungen sind in der Rentenphase nach § 22 Nr. 5 EStG als sonstige Einkünfte in voller Höhe mit dem individuellen Steuersatz zu versteuern. Die Anwendung der Fünftelregelung ist bei Kapitalabfindungen nicht möglich.

Sofern während der Ansparphase Beiträge aus versteuertem Einkommen eingezahlt wurden (z. B. wegen Krankheit nach Ende der Lohnfortzahlung, Arbeitslosigkeit, privater Vertragsfortführung usw.), werden die daraus resultierenden Leistungen nach dem Ertragsanteilsverfahren besteuert (§ 22 Nr. 5 S. 2 in Verbindung mit § 22 Nr. 1 S. 3a EStG). Unberührt hiervon bleibt die Pflicht zur Entrichtung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen auf die Leistungen aus den betrieblich finanzierten Beiträgen und Erträgen.

Kapitalabfindung

Sofern eine Kapitalabfindung in der Direktversicherung vorgesehen ist, kann § 3 Nr. 63 EStG nicht angewendet werden. Sofern eine Rentenzahlung vorgesehen ist und nur eine Kapitaloption besteht, kann die steuer- und sozialversicherungsfreie Einzahlung nur so lange fortgesetzt werden, wie die Kapitaloption nicht ausgeübt wurde.

Es gibt auch Versicherer, die dem Kunden ermöglichen, sich einen Teil des angesparten Kapitals auf einen Schlag auszahlen zu lassen (Teilkapitalabfindung) und den Rest als monatliche Rente. In der Regel können maximal 30 Prozent des Kapitals als Teilkapitalauszahlung zum Rentenbeginn ausgezahlt werden, wenn der Kunde dies möchte.[2]

Hinterbliebene

Bezugsberechtigt im Todesfall können sein:

  • Ehegatten
  • früherer Ehegatte
  • Kindergeldberechtigte Kinder
  • Lebensgefährten
  • Eingetragene gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften

Sollte keine dieser Personengruppen vorhanden sein, kann im Todesfall vor Rentenbeginn ein Sterbegeld an jede beliebige Person gezahlt werden. Dieses ist allerdings auf die gewöhnlichen Beerdigungskosten – zurzeit 8.000 € – begrenzt.

Stirbt der Versicherte vor Rentenbeginn, erhalten sein Ehe- oder eingetragener Lebenspartner oder die kindergeldberechtigten Kinder entweder die bisher eingezahlten Beiträge (Beitragsrückgewähr) oder das bisher gebildete Kapital (zuzüglich Überschüssen) zurück. Die genannten Leistungen erfolgen regelmäßig als Rentenzahlung, wobei Einmalzahlungen möglich sind. Abgesicherte Biometrien, wie Leistungen an Hinterbliebene, schmälern die Altersrente des Versicherten. Im Rahmen der Rentengarantiezeit werden Hinterbliebenenrenten bezahlt.

Zusagen vor dem 1. Januar 2005

Beiträge

Beiträge des Arbeitgebers in eine Direktversicherung, deren Zusage vor dem 1. Januar 2005 erteilt wurde, sind nach § 40b Einkommensteuergesetz (EStG) bis zu einer Summe von 1.752 € jährlich pauschal mit 20 % – zuzüglich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer – steuerpflichtig. Weiterhin sind die Beiträge sozialversicherungsfrei, sofern entweder eine arbeitgeberfinanzierte Zusage vorliegt oder die Beiträge aus Sonderzahlungen beglichen werden. Liegt Entgeltumwandlung und keine Sonderzahlung vor, sind die Beiträge sozialversicherungspflichtig.

Durchschnittsbildung

Über einen so genannten „gemeinsamen Direktversicherungsvertrag“ können in einzelne Verträge bis zu 2.148 € nach § 40b EStG jährlich einbezahlt werden, sofern die durchschnittliche Beitragshöhe aller Verträge im Unternehmen nicht höher als 1.752 € liegt.

Versteuerung in der Rentenphase

Kapitalauszahlungen sind für Altzusagen steuerfrei. Rentenzahlungen werden nach § 22 Nr. 5 EStG mit dem so genannten Ertragsanteil versteuert.

In der Rentenphase beziehungsweise bei Kapitalauszahlung sind Beiträge für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung zu entrichten, und zwar mit vollem Beitragssatz. Die zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträge erstrecken sich über einen Zehnjahreszeitraum. Diese Verpflichtung resultiert aus dem Gesundheitsmodernisierungsgesetz (GMG) des Jahres 2004 mit Rückwirkung auf Direktversicherungen, die vor 2005 abgeschlossen wurden.

Hinterbliebene

Es gelten keine Begrenzungen für die Bezugsberechtigung im Todesfall. Die Todesfallleistung kann (gegebenenfalls steuerschädlich) an beliebige Person ausgezahlt werden.

Arbeitgeberwechsel

Verlässt ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber, wird der Versicherungsvertrag – sofern unverfallbare Ansprüche vorliegen – im Rahmen des versicherungsvertraglichen Verfahrens auf den neuen Arbeitgeber beziehungsweise ihn selbst übertragen (Rechtsanspruch auf sogenannte Portabilität). Der Arbeitnehmer kann die Beiträge entweder fortzahlen (lassen) oder – sofern möglich – den Vertrag beitragsfrei stellen. Eine Kündigung mit Auszahlung des Rückkaufswertes ist – wie auch die Beleihung oder Abtretung des Guthabens – auf Grund der Verfügungsbeschränkung in § 2 Abs. 2 BetrAVG vor Vollendung des 60. Lebensjahres nicht möglich.

Tritt der Versicherte eine neue Stelle an, bieten sich ihm folgende Möglichkeiten:

  • Versicherungsnehmerwechsel und Weiterführung des alten Vertrages beim neuen Arbeitgeber.
  • Private Fortführung mit Eigenbeiträgen (sofern der neue Arbeitgeber nicht bereit ist, den Vertrag zu übernehmen) oder
  • Übertragung des Guthabens nach § 4 Abs. 3 Betriebsrentengesetz (BetrAVG) (nur für Zusagen ab dem 1. Januar 2005). Altverträge können ebenfalls übertragen werden, sofern beide Versicherungsgesellschaften dem Übertragungsabkommen des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft beigetreten sind.

Der Arbeitgeber ist grundsätzlich verpflichtet, Entgeltumwandlung im Rahmen einer Pensionskasse oder Pensionsfonds (oder Direktversicherung) anzubieten, jedoch kann er den Anbieter der betrieblichen Altersversorgung bestimmen (§ 1a BetrAVG).

Vervielfältigung

Erhält ein Arbeitnehmer wegen seines Ausscheidens aus einem Unternehmen eine Abfindung, kann diese steuerlich gefördert in eine Direktversicherung eingezahlt werden. So kann nach § 3 Nr. 63 EStG für jedes Dienstjahr seit 2005 ein Betrag von 1.800 € steuerfrei – abzüglich der im Kalenderjahr der Beendigung des Dienstverhältnisses, sowie den 6 vorangegangenen Jahren steuerfrei geleisteten Beiträge – in die Direktversicherung eingezahlt werden. Wurde auf die oben genannte Regelung verzichtet und bestand das Arbeitsverhältnis sowie eine Zusage bereits vor 2005, können pro angefangenem Kalender-Dienstjahr 1.752 € – abzüglich der Direktversicherungsbeiträge der vergangenen sieben Jahre – pauschalbesteuert eingezahlt werden. Man spricht in diesem Zusammenhang vom sogenannten Vervielfältiger.

Sonstiges

  • Dem Arbeitnehmer ist es bei der Direktversicherung grundsätzlich nicht möglich, vor Erreichen des Rentenalters einseitig über das Guthaben zu verfügen, den Vertrag abzutreten, zu beleihen oder zu verpfänden.
  • Die Direktversicherung ist dem Pensionssicherungsverein nach § 11 Abs. 1 BetrAVG grundsätzlich zu melden. Eine Beitragspflicht wird allerdings nur ausgelöst, wenn der Arbeitgeber selbige (vorübergehend) abgetreten oder beliehen hat, beziehungsweise ein widerrufliches Bezugsrecht besteht.

Historisches

Die Pauschalsteuer für Altzusagen stieg von 1983, 10 % über 15 % auf zuletzt 20 %. Die abzuführende Pauschalsteuer ist aus dem Bruttogehalt abzuführen.

Siehe auch

  • In anderen Sprachräumen wird der Begriff „Direktversicherung“ synonym mit dem deutschen Begriff der Erstversicherung, also im Unterschied zur Rückversicherung direkt mit dem Verbraucher abgeschlossene Versicherung, verwendet. Die oben beschriebene Direktversicherung ist eine Besonderheit des deutschen Steuerrechts und es gibt sie nur in Deutschland.

Einzelnachweise

  1. Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 28. September 2010
  2. Stiftung Warentest: Betriebsrente - Mehr Rente mit der Firma, In: Finanztest 8/2012, S. 36-42 und test.de vom 24. Juli 2012, online abgerufen am 8. Mai 2013