Dravet-Syndrom

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Klassifikation nach ICD-10
G40.4 Sonstige generalisierte Epilepsien und epileptische Syndrome

Frühe myoklonische Enzephalopathie (symptomatisch)

ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Das Dravet-Syndrom (Myoklonische Frühenzephalopathie, Frühe infantile epileptische Enzephalopathie) ist eine seltene, schwere und maligne Form myoklonischer Epilepsie im Kindesalter.[1]

Symptome

Das Syndrom tritt bei üblich entwickelten Kindern auf, wobei Jungen etwa doppelt so häufig betroffen sind wie Mädchen (Androtropie). Die Manifestation der epileptischen Anfälle liegt in der Altersspanne des 3. und 9. Monats nach der Geburt.

Der Beginn liegt in der Regel in einem durch Fieber ausgelösten langen Krampf, der das Bild eines Grand-mal-Anfalls zeigt. Impfungen gelten ebenfalls als auslösender Faktor, wobei hierin ebenso wie im Fieber nicht die Ursache des Syndroms liegt. Die Anfallsbereitschaft der Kinder wird erhöht durch u. a. Infektionen (mit und ohne Fieber), Wärme, Badewassertemperaturen über ca. 35 °C, Überanstrengung (Auslöser wahrscheinlich Erhöhung der Körpertemperatur), Photosensibilität (z. B. Lichtreflexe) und Schlafmangel.

Im Verlauf der nächsten Jahre nach dem ersten Anfall treten unterschiedliche Anfallsarten auf: Generalisierte klonische und tonisch-klonische Anfälle (oft halbseitig), myoklonische Anfälle (mit Spike-wave-Mustern), irreguläre Myoklonien (ohne Spike-wave-Muster), (komplex) fokale Anfälle, atypische Absencen, Blickkrämpfe, schwache Zuckungen und Sturzanfälle. Es besteht häufig eine Neigung zum Status epilepticus.

Behandlung und Entwicklungsprognose

Das Spektrum innerhalb des Dravet-Syndroms ist sehr groß. Der Verlauf ist individuell. Die Entwicklung des Kindes zeigt sich in der Regel bis zu Beginn der Erkrankung normal. Danach verlangsamt sich die psychomotorische Entwicklung in den meisten Fällen. Besonders fällt hier die Sprachentwicklung auf. Die Prognose hinsichtlich der kognitiven Entwicklung und Anfallshäufigkeit ist sehr unterschiedlich. Es gibt Dravet-Kinder, die auf eine der möglichen Medikamentenkombinationen sehr gut bis gut ansprechen und damit ein eher untypisches Dravet-Syndrom mit keiner oder nur milden kognitiven Beeinträchtigung zeigen. In der Mehrzahl der Fälle ist der Verlauf eher ungünstig mit einer mittleren oder schweren geistigen Behinderung. Es wird vermutet, dass nicht nur die epileptische Aktivität, sondern auch genetische und bisher unbekannte Faktoren für die geistige Entwicklung der betroffenen Kinder eine Rolle spielen.

Ursache

Bei vielen Kindern mit dem Dravet-Syndrom kann eine Mutation im SCN1A-Gen nachgewiesen werden. Mutationen dieses Gens erfolgen fast immer zufällig (Spontanmutation), sind also bei den Eltern nicht nachweisbar.[2][3]

Geschichte

Seinen Namen hat das Syndrom von der französischen Psychiaterin und Epileptologin Charlotte Dravet (* 14. Juli 1936), die das nach ihr benannte Syndrom im Jahr 1978 erstmals unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten beschrieb und von anderen Epilepsiesyndromen abgrenzte. Bis 1992 wurden von ihr und ihren Kollegen 172 Fallbeispiele veröffentlicht.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. D. S. Auerbach, J. Jones u. a.: Altered Cardiac Electrophysiology and SUDEP in a Model of Dravet Syndrome. In: PloS one. Band 8, Nummer 10, 2013, S. e77843, ISSN 1932-6203. doi:10.1371/journal.pone.0077843. PMID 24155976. PMC 3796479 (freier Volltext).
  2. X. Xu, Y. Zhang u. a.: Early clinical features and diagnosis of Dravet syndrome in 138 Chinese patients with SCN1A mutations. In: Brain & development. [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck] Oktober 2013, ISSN 1872-7131. doi:10.1016/j.braindev.2013.10.004. PMID 24168886.
  3. A. Suls, J. A. Jaehn u. a.: De Novo Loss-of-Function Mutations in CHD2 Cause a Fever-Sensitive Myoclonic Epileptic Encephalopathy Sharing Features with Dravet Syndrome. In: American journal of human genetics. Band 93, Nummer 5, November 2013, S. 967–975, ISSN 1537-6605. doi:10.1016/j.ajhg.2013.09.017. PMID 24207121.