Durchschlagfestigkeit

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Isolieröl im Durchschlagsversuch

Die Durchschlagsfestigkeit (meist angegeben in kV/mm) eines Isolators ist diejenige elektrische Feldstärke, welche in dem Material höchstens herrschen darf, ohne dass es zu einem Spannungsdurchschlag (Lichtbogen oder Funkenschlag) kommt.

Hintergrund

Bei der Dimensionierung von elektrischen Baugruppen und Isolationen muss auch darauf geachtet werden, dass insbesondere bei spitzen Leitergeometrien die umgebende Luft durch sogenannte Vorentladungen ionisiert werden kann und der Durchschlag dadurch eher stattfindet oder umgebende Isolationswerkstoffe auf Dauer durch Ultraviolettstrahlung geschädigt werden.

Auch eingeschlossene Lufträume haben einen ähnlichen Effekt.

Weiterhin weisen Isolationswerkstoffe entlang ihrer Oberfläche häufig geringere Isolationsfestigkeiten als die umgebende Luft auf (Kriechstromfestigkeit), was zu Kriech- oder Gleitentladungen führen kann. Eine nicht geschlossene feste Isolationsbarriere ist daher auch durch ihre Luft- und Kriechstrecken charakterisiert. Die Kriechwege müssen insbesondere bei Verschmutzungs- und Feuchtigkeitseinfluss sehr viel länger sein, als die Schlagweite in Luft, man erhöht die Kriechwege Baulänge sparend durch Schlitze, Rippen oder Riffelung. Mögliche Kriechwege können auch durch wasserabweisende Imprägnierung oder Lackierung vermieden werden.

Die Durchschlagsfestigkeit E eines Isolationswerkstoffes entspricht einer elektrischen Feldstärke, sie wird dementsprechend auch als Durchschlagsfeldstärke bezeichnet. Sie berechnet sich aus der Durchschlagspannung U bezogen auf die Dicke l der Isolation:

Materialwerte

Das Verfahren zur Bestimmung der Durchschlagsfestigkeit ist in der Normenreihe IEC 60243 definiert. Es legt für die verschiedene Materialklassen und Anwendungsfälle (Teil 1: AC, Teil 2: DC, Teil 3: Impulsspannung) Versuchsbedingungen fest. Geprüft wird üblicherweise eine Serie gleichartiger Probekörper und dann der Median der Einzelwerte angegeben. Solche Werte stellen dennoch nur Richtwerte dar, da die Durchschlagsfestigkeit von weiteren Parametern, wie der genauen Zusammensetzung und Reinheit der Werkstoffe und der Zeit der Einwirkung der Spannung abhängt. Wirkt auf den Isolator über längere Zeit eine hohe Feldstärke ein, steigt seine Leitfähigkeit durch Erwärmung und eine Abnahme der Durchschlagsfestigkeit ist feststellbar.[1] Bei Luft und anderen Werkstoffen hängt sie insbesondere von der Luftfeuchtigkeit und vom Luftdruck ab. Zusätzlich sinkt die Durchschlagsfestigkeit mit steigender Temperatur und steigender Frequenz.[2] Bei Luftisolation nennt man den Abstand Luftstrecke, die zur sicheren Isolation hinreichend groß gegenüber dem sich aus der Durchschlagsfestigkeit ergebenden Wert sein muss. Siehe jedoch auch Funkenstrecke.

Überdies ist die Durchschlagspannung bei vielen Stoffen nicht proportional zur Dicke, da es insbesondere bei Gleichspannung zu inhomogener Feldverteilung kommen kann. Daher besitzen dünne Folien höhere Durchschlagsfestigkeiten als große Materialdicken. Bei Hochspannungs-Folienkondensatoren nutzt man dies aus, indem man eine sogenannte innere Reihenschaltung anwendet, bei der das Dielektrikum aus mehreren übereinander angeordneten Isolierstofflagen besteht, die durch nicht kontaktierte Metallschichten voneinander getrennt sind. Dadurch wird die Feldverteilung homogenisiert.

Bei sehr geringen Dicken erzeugen schon geringe Spannungen, die zur Ionisation nicht ausreichen, höchste Feldstärken. So liegt beim Arbeitspunkt von Hirnzellen die Feldstärke in der wenige Nanometer dünnen Zellmembran bei 10.000 kV/mm. Elektroporation tritt erst bei der 10-fachen Feldstärke auf.

Durchschlagsfestigkeit ausgewählter Materialien
Material Durchschlagsfestigkeit
[kV/mm]
Aggregatzustand
Luft 02,5[3] gasförmig
Porzellan 30–35 fest
Schwefelhexafluorid 08 gasförmig
Glas, Emaille 10 fest
Quarzglas 40 fest
Borosilikatglas 20-30 fest
Destilliertes Wasser 65–70[4] flüssig
Aluminiumoxid (rein) 35[5] fest
Polycarbonat 25–35 fest
Polyester 25–150 fest
Polymethylmethacrylat (Acryl-/Plexiglas) 35–40 fest
FR4 (glasfaserverstärkter Kunststoff) 40 fest
Polypropylen bis 100 fest
Polyethylenterephthalat (PET) bis 510[6] fest
Polystyrol 55–135 fest
FR2 (Hartpapier) 20 fest
Transformatorenöl 04–20 flüssig
Polyvinylchlorid 30–50 fest
Polytetrafluorethylen (PTFE) 40–80[7] fest
Acrylnitril-Butadien-Styrol-Copolymerisat (ABS) bis 120 fest
Polyoxymethylen bis 120 fest
Glimmer 25–42 fest
Hochvakuum 20–40[8]
abhängig von Elektrodenform

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Hans-Jürgen Bargel, Günter Schulze: Werkstoffkunde. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-642-17717-0 (google.com [abgerufen am 22. Juni 2016]).
  2. H. Behnken, F. Breisig, A. Fraenckel, A. Güntherschulze, F. Kiebitz: Elektrotechnik. Springer-Verlag, 2013, ISBN 978-3-642-50945-2 (google.com [abgerufen am 7. Mai 2016]).
  3. elektronik-kompendium.de: Elektrisches Feld
  4. William M. Haynes, CRC Handbook of Chemistry and Physics, Taylor & Francis, ISBN 978-1-4398-2077-3
  5. METOXIT AG: Aluminiumoxidkeramik
  6. Transparent Paper Ltd: Die nachstehende Seite ist nicht mehr abrufbar. (Suche in Webarchiven.) @1@2Vorlage:Toter Link/www.tpl.ch
  7. webphysics.davidson.edu: Teflon (Memento vom 15. Juli 2010 im Internet Archive)
  8. Giere, S.; Kurrat, M.; Schumann, U.: HV dielectric strength of shielding electrodes in vacuum circuit-breakers