Edel-Tanne

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Edel-Tanne

Aufrechter junger Tannenzapfen der Edel-Tanne (Abies procera)

Systematik
Ordnung: Koniferen (Coniferales)
Familie: Kieferngewächse (Pinaceae)
Unterfamilie: Abietoideae
Gattung: Tannen (Abies)
Sektion: Nobilis
Art: Edel-Tanne
Wissenschaftlicher Name
Abies procera
Rehd.

Die Edel-Tanne (Abies procera, Syn.: Abies nobilis), standardsprachlich Edeltanne, auch Pazifische Edel-Tanne und Silbertanne genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Tannen (Abies) in der Familie der Kieferngewächse (Pinaceae). Die Schreibweise mit Bindestrich ist in der botanischen Fachliteratur gebräuchlich. Umgangssprachlich wird auch die in Europa heimische Weiß-Tanne (Abies alba Mill.) als „Edeltanne“ oder „Silbertanne“ bezeichnet.

Beschreibung

Habitus

Die Edel-Tanne ist ein immergrüner Baum, der die größten Wuchshöhen unter den Tannen erreicht, es werden Wuchshöhen über 80 Meter und Stammdurchmesser (BHD) über 2 Meter erreicht. Sie hat auffallend gerade, säulenförmige Stämme. Die Baumkrone ist symmetrisch kegelförmig. Sie ist nicht so dicht wie bei anderen Tannenarten und erscheint deshalb häufig durchsichtig. Im Gipfel sterben häufig Leittriebe ab; im Alter überragen die Seitenäste den Gipfeltrieb und es bildet sich die sogenannte „Storchennest-Krone“. Die Zweige stehen meist im rechten Winkel vom Stamm ab, können aber im unteren Teil der Krone auch hängen. Die schlanken Zweige sind rötlich-braun gefärbt und behaart. Die Zweigoberseite ist meistens durch die dicht anliegenden Nadeln nicht zu erkennen. Die Edel-Tanne kann bis zu 800 Jahre alt werden und erreicht damit das höchste Alter aller Tannenarten.

Knospen und Nadeln

Bürstenförmige nach oben gedrehte Nadeln sind unverkennbare Merkmale. Die männlichen Blüten erscheinen im Mai.

Die runden Knospen sind sehr klein und mit rotbraunen Schuppen versehen. Sie werden häufig von den Nadeln verdeckt. Die blaugrünen schimmernden, dichtstehenden Nadeln haben eine Lebensdauer bis zwölf Jahre. Die, im Querschnitt viereckigen, Nadeln sind 25 bis 35 Millimeter lang und oberseits rinnig vertieft. Sowohl auf der Ober- wie auch auf der Unterseite befinden sich Stomabänder. Nadeln an lichtexponierten Stellen sind meist blaugrün gefärbt und stehen aufwärts gerichtet spiralig um den Zweig. Schattennadeln sind meist dunkelgrün gefärbt und stehen gescheitelt an den Zweigunterseiten. Die Nadeln liegen im ersten Viertel dem Zweig an und krümmen sich auf.

Blüten, Zapfen und Samen

Männliche Blütenzapfen
Weibliche Zapfen
Samen

Die Edel-Tanne ist einhäusig getrenntgeschlechtig (monözisch). Sie wird mit 20 bis 30 Jahren mannbar, die volle Samenproduktion setzt allerdings erst mit 50 bis 60 Jahren ein. Die männlichen Blütenzapfen sind dunkelrot gefärbt und sitzen in Gruppen von bis zu 30 Blütenzapfen auf der Zweigunterseite. Die unscheinbaren weiblichen Blütenzapfen sind gelblich gefärbt mit einem schwach rötlichen Ton und stehen meist einzeln, aber auch zu zweit, selten zu fünft auf der Oberseite vorjähriger Triebe.

Die Zapfen weisen eine Länge von 10 bis 24 Zentimeter und einen Durchmesser von 5 bis 7 Zentimeter auf. Sie sind damit die größten Zapfen aller bekannten Tannenarten. Schon an jungen Bäumen von nur 2 bis 3 Meter Wuchshöhe werden Zapfen angesetzt. Die reifen Zapfen sind blass purpurbraun, wirken aber blassgrün, da sie überwiegend durch die grünlichen Deckschuppen überdeckt werden. Die Samenschuppen sind etwa 2,5 Zentimeter × 3 Zentimeter groß. Der rötlich-braune Same weist eine Größe von 13 Millimeter × 6 Millimeter auf und besitzt einen hellbraunen bis strohfarbenen Flügel, der nur wenig länger ist als das Samenkorn. Das Tausendkorngewicht beträgt rund 30 Gramm und die Keimfähigkeit liegt bei 30 bis 70 %. Die Keimlinge besitzen meist fünf bis sechs (vier bis sieben) Keimblätter (Kotyledonen).

Rinde

Die Rinde von jungen Bäumen ist glatt und gräulich bis leicht rötlich gefärbt. Die Borke der älteren Bäume ist grau, teilweise mit einem lilafarbenen Ton, und bricht in rechteckige Platten auf. Sie ist mit 2 bis 5 Zentimeter relativ dünn weshalb die Bäume durch Waldbrände gefährdet sind. Die Rinde der Zweige ist rötlichbraun und feinbehaart.

Wurzeln

Es ist nur sehr wenig über die Wurzeltracht der Edel-Tanne bekannt. Man weiß, dass sie keine Pfahlwurzel ausbildet und deshalb auf Windwurf anfällig ist.

Holz

Das weiche, weißliche Holz der Edel-Tanne gilt als das qualitativ hochwertigste aller nordamerikanischen Tannenarten und wird in ihrem natürlichen Areal nur von dem der Douglasie und der Westamerikanischen Hemlocktanne übertroffen.

Eigenschaften Wert Einheit
Rohdichte 0,436 g/cm³
Biegefestigkeit 81,1 N/mm²
Stat. Biege-E-Modul 10.773 N/mm²
Dynam. Biege-E-Modul 12.160 N/mm²
Druckfestigkeit parallel zur Faser 40,8 N/mm²
Längszugfestigkeit 106,8 N/mm²
Bruchschlagarbeit 37,0 KJ/m²

Große Einzelexemplare

Stamm einer alten Edeltanne (Washington)
  • Tanne am Yellowjacket Creek im Gifford Pinchot National Forest (Washington) – Höhe: 72,6 Meter, Stammdurchmesser: 275 Zentimeter, Kronendurchmesser: 12,5 Meter, Stammvolumen: 174,3 Kubikmeter (1988)
  • Tanne in der Goat Marsh Research Natural Area im Mt. St. Helens National Monument (Washington) – Höhe: 89,9 Meter, Stammdurchmesser: 192 Zentimeter, Kronendurchmesser: 13 Meter, Stammvolumen: 87,7 Kubikmeter (1989)

Vorkommen

Verbreitungsgebiet der Edel-Tanne

Die Edel-Tanne kommt im humiden pazifischen Nordwesten der USA vor. Ihr Verbreitungsgebiet reicht von Washington über Oregon bis nach Nordwestkalifornien. Sie wächst im Küstengebirge und in der Kaskadenkette in Höhenlagen zwischen 650 und 1.680 Meter. Sie kommt meistens in Mischwäldern mit der Douglasie (Pseudotsuga menziesii), der Purpur-Tanne (Abies amabilis) und der Westamerikanischen Hemlocktanne (Tsuga heterophylla) vor, es werden aber auch Reinbestände gebildet. In Mitteleuropa ist sie als Parkbaum beliebt, häufig wird die Gartenform 'Glauca' angebaut.

Die Edel-Tanne bevorzugt kontinentales oder gemäßigtes Klima mit kühlen Sommern und hohen Niederschlägen (2000 bis 2500 Millimeter/Jahr). An den Boden stellt sie geringe Ansprüche, meidet aber Kalk. Gegen Winterkälte, Spätfröste, Schneedruck und Wind ist sie widerstandsfähig, verträgt aber als Lichtbaumart nur sehr wenig Schatten. Temperaturen von −20 °C und weniger übersteht sie problemlos. Im Jugendstadium reagiert sie allerdings auf Frosttrocknis sehr empfindlich. Sie meidet sehr trockene und staunasse Böden. Der pH-Wert sollte nicht hoch sein, optimal ist ein Wert von 5,5.

Krankheiten und Schädlinge

In ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet wird die Edel-Tanne weder durch Schadinsekten noch durch Schadpilze ernsthaft gefährdet. Sämlinge leiden manchmal unter der Grauschimmelfäule Botrytis cinerea sowie an dem Schneeschimmel Herpotrichia nigra. Rüsselkäfer fressen, insbesondere in neu angelegten Kulturen, an der Rinde. Alte Bäume werden häufig von Borkenkäfern befallen. Befälle mit Melampsorella caryophyllacearum, dem Erreger des Tannenkrebses, verlaufen meist ohne nennenswerte Folgen. Die Edel-Tanne erleidet häufig Rindenschäden durch Schwarzbären. In sehr kalten Wintern kann Frosttrocknis auftreten.

Nutzung

Holznutzung

Das Holz der Edel-Tanne ist leicht zu bearbeiten und eignet sich sehr gut als Bau- und Konstruktionsholz. Es ist vor allem in Japan sehr begehrt. Im Zweiten Weltkrieg spielte es eine Rolle im Flugzeugbau.

Sonstige Nutzungsarten

Die Edel-Tanne, in der grünen Branche auch „Nobilis“ genannt, ist wegen der langen Haltbarkeit ihrer Nadeln die in der Advents- und Weihnachtsfloristik weitaus am häufigsten verwendete Schmuckgrünart. Deswegen wird sie in erster Linie zur Gewinnung von Schmuckreisig angebaut. Sie wird weltweit aber auch als Ziergehölz und als Christbaum angebaut.

Blaue Edel-Tanne (A. procera ‚Glauca‘)

Gartenformen (Auswahl)

  • Blaue Edel-Tanne (Abies procera 'Glauca'), auch „Blautanne“ genannt. Diese Sorte ist wegen ihrer blauen Benadelung sehr beliebt. Die meisten in Gärten und Parks zu sehenden Exemplare gehören zu dieser Sorte. Umgangssprachlich werden die beliebten blauen Sorten der Stech-Fichte (Picea pungens), in botanisch unzutreffender Sprachweise, häufig ebenfalls „Blautanne“ genannt.

Weihnachtsbaum

Plantage mit Edel-Tannen in Oregon

In Deutschland machten Amerikanische Edel-Tannen 2012 etwa 5 % der 29,2 Mio. verkauften Weihnachtsbäume aus.[1] Damit steht diese in den Absatzzahlen hinter der Nordmann-Tanne, für die ein Marktanteil von 75 % angegeben wird, insgesamt an dritter Stelle der beliebtesten Weihnachtsbäume. In den Angaben des Landesverbandes Sachsen in der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald entscheiden sich deutsche Haushalte jedoch nur zu 40 % für die Nordmann-Tanne und wiederum als drittbeliebtesten deutschen Weihnachtsbaum 13 % für die Edel-Tanne.[2] In anderen europäischen Ländern ist die Edel-Tanne teilweise beliebter als die Nordmann-Tanne. So wird diese in Irland öfter gekauft als Nordmann-Tanne.[3]

In den USA war die Edel-Tanne bis in die 1960er Jahre praktisch nur in den Staaten der Pazifischen Nordwestküste, insbesondere in Oregon, als Weihnachtsbaum von Bedeutung. Danach wurde diese von Kalifornien und an der Ostküste immer populärer (an der Ostküste dominierten bis dahin Fraser- und Balsamtannen im Markt). Heute ist die Edeltanne die wohl wichtigste für die Zwecke der Weihnachtsbaumindustrie in den USA gepflanzte Tannenart.[4] In natürlichen Verbreitungsgebiet der Edel-Tanne in Oregon finden sich heute zudem die größten Betriebe mit Weihnachtsbaum-Plantagen, die im Jahr 2000 zwischen 33 und 36 Mio. Weihnachtsbäume vermarkteten. 13.000 Weihnachtsbaumproduzenten teilten sich dabei den Markt, der 1998 ein Volumen von 462 Mio. Dollar Umsatz in den Forstbetriebe sowie 1,5 Mrd. Dollar im Einzelhandel stellte.[5] Der europäische Markt ist mit 50-60 Mio. verkauften Bäumen noch umsatzstärker als der nordamerikanische. Durch ihre gute Fähigkeit, die Feuchtigkeit der Nadeln länger als andere Arten (u. a. Douglasie, Blau-Fichte) aufrechtzuerhalten, haben Edel-Tannen und Fraser-Tanne in den USA durch diese als wesentlich für die Posternte-Qualität erachtete Eigenschaft eine dominierende Position bei den Produzenten wie den Konsumenten erlangt. Die Edel-Tanne ist in ihrer Fähigkeit, Prozesse der Nadeltrocknis aufzuhalten, auch der Nordmann-Tanne überlegen.[6]

Aufgrund der langen Nadelhaltbarkeit und der silbergraublauen Farbe der Blätter ist sie für die Produktion von Schmuckreisig eine der interessantesten Baumarten. In den im Vergleich zur Weiß-Tanne höheren Ansprüchen an Licht und Boden (kalkmeidend) ist die Pazifische Edel-Tanne auf forstlichen Flächen in Mitteleuropa insgesamt jedoch heikel.[7] Diesen sehr hohen Ansprüchen an Standort- und Bodenverhältnisse (humose, wenig verdichtete Böden mit niedrigen pH-Werten, eine hohe Luftfeuchtigkeit sowie ausgeglichene Temperaturen) versucht man in der Weihnachtsbaum-Kultur mittels geeigneter Saatgutwahl geprüfter Proveniezien (Tannen-Herkünfte mit ökologisch spezifisch geeigneten Parametern für die Forstkultur) entgegenzuwirken.[8]

Quellen

  • Wolfhard R. Ruetz: Abies procera. In: Peter Schütt, Horst Weisgerber, Hans J. Schuck, Ulla Lang, Bernd Stimm, Andreas Roloff: Lexikon der Nadelbäume. Verbreitung – Beschreibung – Ökologie – Nutzung; die große Enzyklopädie. Nikol, Hamburg 2004, ISBN 3-933203-80-5, S. 77–84.
  • Christopher J. Earle: Abies procera. In: The Gymnosperm Database. 24. Februar 2011, abgerufen am 4. November 2011 (englisch).

Einzelnachweise

  1. FOCUS online, 20. Dezember 2012 Holzindustrie meldet Rekordabsatz Weihnachtsbaum-Boom in deutschen Haushalten
  2. Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, Landesverband Sachsen Weihnachtsbaum in Zahlen und Fakten
  3. Christmas tree production (Memento vom 5. Januar 2012 im Internet Archive) (PDF; 106 kB)
  4. Noble treee christmas tree information
  5. Gary A. Chastagner, Plant health Progress, 2000 The Christmas Tree: Traditions, Production, and Diseases (Memento vom 20. Juli 2014 im Internet Archive)
  6. ibid. Gary A. Chastagner
  7. Gerhard Hösl, Landwirtschaft und Forsten aktuell, 55: 2006 Baumarten für Christbaumkulturen – Wissen, was der Kunde in zehn Jahren will. Baumart- und Standortwahl sind die wichtigsten Entscheidungen (Memento vom 17. November 2009 im Internet Archive) (PDF; 681 kB)
  8. Wolfgang Herzog, 2008: Christbaumanbau. Alternative Baumarten. Wald Holz 89, 4: 55-57. Online-Version: 24. August 2011 PDF

Weblinks

Commons: Edel-Tanne – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien