Equines Sarkoid

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Das Equine Sarkoid (ES) ist ein Hauttumor, der bei Pferden, Eseln, Maultieren und Zebras[1] auftritt. Das equine Sarkoid metastasiert nie, führt also nicht zu Metastasen in die inneren Organe. Da diese Tumoren aber expansiv wachsen und nach Operationen häufig rezidivieren, werden sie als semimaligne bezeichnet. Es sind Pferde aller Altersklassen und aller Rassen betroffen, entdeckt werden diese Tumoren aber meist bei relativ jungen Tieren, im Mittel im Alter von 4,5 Jahren. Equine Sarkoide sind die häufigste Hauterkrankung des Pferdes, die zur Euthanasie führen[2]. Sie sollten daher immer ernst genommen und nicht als kosmetischer Makel betrachtet werden. Der Tumor kann einzeln (solitär) oder an mehreren Stellen gleichzeitig (multipel) auftreten. Er ist nicht zu verwechseln mit der equinen Sarkoidose, einer völlig anderen Erkrankung.

Ursache[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Equine Sarkoid wird durch ein Papillomavirus des Rindes verursacht. Es gibt geografische Unterschiede in der Nachweishäufigkeit des Bovinen Papillomvirus Typ 1 (BPV-1) und des Typ 2 (BPV-2). In Europa wird häufiger BPV-1 gefunden, in ca. 20 % der Fälle auch BPV-2. In den USA werden BPV-1 und -2 zum Teil gleich häufig beobachtet. Die DNA dieser Viren kann in bis zu 100 % aller Tumoren nachgewiesen werden. Außerdem können im Blut betroffener Equiden Teile des Virusgenoms nachgewiesen werden.

Eine genetische Prädisposition wurde für das Quarter Horse, Araber und Appaloosa beschrieben.[3]

Klinisches Bild[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Okkultes Sarkoid (haarlose Stelle links) sowie ein noduläres Sarkoid (rechts) in direkter Nachbarschaft.

Das Equine Sarkoid tritt gehäuft am Kopf (Augen, Mundwinkel, Ohransatz), den Achseln und Innenschenkeln sowie am Präputium auf. Es können verschiedene Tumortypen auftreten. Nach Pascoe und Knottenbelt lassen sich sechs Typen unterscheiden:

  • Typ 1: Das okkulte Sarkoid: Es erscheint als meist haarlose, wenig erhobene und manchmal leicht knotige und hyperkeratotische Umfangsvermehrung.
  • Typ 2: Das verruköse Sarkoid: Es erscheint als warzenartige Umfangsvermehrung mit Hyperkeratose.
  • Typ 3: Das noduläre Sarkoid: Es erscheint als subkutaner Knoten unterschiedlicher Größe und kann gestielt sein. Die darüber liegende Haut ist meist haarlos, aber intakt.
  • Typ 4: Das fibroblastische Sarkoid: Es erscheint blumenkohlartig, mit ulzerierter Oberfläche und seröser Exsudation. Es kann auch gestielt sein.
  • Typ 5: Das gemischte Sarkoid: Es zeigt Erscheinungsbilder von verrukösem, nodulärem und fibroblastischem Sarkoid.
  • Typ 6: Das malevolente Sarkoid: Es erscheint oft nach multiplem Trauma und kann die Lymphbahnen infiltrieren. Man sieht dann Knoten an deren Verlauf.

Sowohl nach unvollständiger Entfernung, Manipulation durch das Tier selbst oder durch den Tierhalter als auch spontan können sich die erstgenannten, leichten Typen in schwere Typen verwandeln[2].

Behandlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Behandlungsmöglichkeiten bei equinen Sarkoiden sind sehr vielfältig und umfassen neben den klassischen Tumortherapien Chirurgie, Chemotherapie und Strahlentherapie auch spezifische und unspezifische Impfungen[4]. Die jeweils beste Behandlungsoption sowie die Erfolgsaussichten hängen stark von der Lokalisation, der individuellen Ausprägung des Sarkoides sowie den bereits durchgeführten Therapieversuchen ab[5]. Eine Kombination mehrerer Therapieformen kann angewendet werden.

Chirurgie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Spektrum der chirurgischen Eingriffe umfasst neben der klassischen scharfen Chirurgie auch Kryochirurgie, Laserchirurgie und Elektrochirurgie.

Chemotherapie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Chemotherapie wird bei equinen Sarkoiden in der Regel als lokale Therapie angewendet. Die Ansätze reichen von der Applikation von Salben bis zur Injektion von Chemotherapeutika direkt in den Tumor.

Elektrochemotherapie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auch bei equinen Sarkoiden wird mittels Elektrochemotherapie versucht, die wirksame Konzentration des Chemotherapeutikums intrazellulär durch Elektroporation zu erhöhen. Versuche dazu wurden unter anderem mit Bleomycin, Cisplatin und Carboplatin gemacht.

Strahlentherapie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine sehr gute Erfolgsaussicht besteht mit Strahlentherapie, entweder als Brachy- oder als Teletherapie[6]. Die Ansprechrate wird, je nach Studie und untersuchtem Zeitraum, mit ca. 80 % bis über 90 % angegeben[4]. Limitiert wird diese Therapieform für Selbstzahler durch die Kosten, so dass sie vor allem bei kleineren Läsionen und solchen, bei denen andere Verfahren versagen, eingesetzt wird. Für Tierhalter mit OP-Versicherung besteht die Möglichkeit einer Kostenübernahme auch bei Strahlentherapie.[7]

Immuntherapie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als unspezifisch Stimulation des Immunsystems wird die Impfung mit Bacillus Calmette-Guérin, einem Impfstoff gegen Tuberkulose angewendet. Auch die Herstellung einer Autovaccine ist möglich. Im Rahmen einer Studie ist es gelungen, mit einer spezifischen Impfung direkt in den Tumor eine systemische Immunstimulation zu induzieren. Hierbei wird ein Influenza-Virus genutzt, das spezifisch Antigene des bovinen Papillomavirus 1 präsentiert[8].

Weitere Therapieversuche und Ansätze[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine Studie aus dem Jahr 2010 beschreibt die erfolgreiche Behandlung von Equinen Sarkoiden durch lokale Aciclovir-Applikation, die täglich über mehrere Monate erfolgt.[9] Die hohe Verfügbarkeit von Produkten auf der Basis von Aciclovir führte in der Folge zu einer gestiegenen Anzahl an Therapieversuchen durch Tierbesitzer. In einer doppelt Blindstudie aus dem Jahr 2017 konnte jedoch kein signifikanter Unterschied zu einem Placebo nachgewiesen werden[10], so dass die Anwendung als wirkungslos betrachtet werden muss.

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • O. Dietz, B. Huskamp: Handbuch Pferdepraxis. Band 2, Enke Verlag, S. 250.
  • J. P. Teifke, E. Weiss: Detection of bovine papillomavirus DNA in equine sarcoids using the polymerase chain reaction (PCR). In: Berl Munch Tierarztl Wochenschr. 104(6), 1991, S. 185–187.
  • L. Nasir, S. W. Reid: Bovine papillomaviral gene expression in equine sarcoid tumours. In: Virus Res. 61(2), 1999, S. 171–175.
  • L. Goodrich u. a.: Equine sarcoids. In: Vet Clin North Am Equine Pract. 14(3), 1998, S. 607–623, vii.
  • R. Pascoe, D. Knottenbelt: Manual of equine Dermatology. Verlag W.B. Saunders, S. 244–248.
  • G. Chambers, V. A. Ellsmore, P. A. O'Brien, S. W. J. Reid, S. Love, M. S. Campo, L. Nasir: Association of bovine papillomavirus with the equine sarcoid. In: Journal of General Virology. 84, 2003, S. 1055–1062.
  • Z. Yuan, A. Gallagher, E. A. Gault, M. S. Campo, L. Nasir: Bovine papillomavirus infection in equine sarcoids and in bovine bladder cancers. In: The Veterinary Journal. Volume 174, Issue 3, 2007, S. 599–604.
  • S. Brandt, R. Haralambus, A. Schoster, R. Kirnbauer, C. Stanek: Peripheral blood mononuclear cells represent a reservoir of bovine papillomavirus DNA in sarcoid-affected equines. In: Journal of General Virology. 89, 2008, S. 1390–1395.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. J. H. Williams, E. van Dyk, P. J. Nel, E. Lane, E. Van Wilpe, R. G. Bengis, L.-M. de Klerk-Lorist and J. van Heerden: Pathology and immunohistochemistry of papillomavirus-associated cutaneous lesions in Cape mountain zebra, giraffe, sable antelope and African buffalo in South Africa. Equine Vet J 1992; 24: 165–168. DOI:10.4102/jsava.v82i2.42
  2. a b Derek C. Knottenbelt et al.: Clinical Equine Oncology. ISBN 978-0-7020-4266-9
  3. H. O. Mohammed, W. C. Rebhun, D. F. Antczak: Factors associated with the risk of developing sarcoid tumours in horses. Equine Vet J 1992; 24: 165–168. DOI:10.1111/j.2042-3306.1992.tb02808.x
  4. a b S. Taylor und G. Haldorson: A review of equine sarcoid., Equine vet. Educ., 25 (4) 210-216 (2013), DOI:10.1111/j.2042-3292.2012.00411.x
  5. Derek C. Knottenbelt: The Equine Sarcoid: Why Are There so Many Treatment Options?., Vet Clin Equine, 35:243–262, (2019), DOI:10.1016/j.cveq.2019.03.006
  6. Krebstherapie beim Pferd mit dem Linearbeschleuniger, abgerufen am 23. März 2020, 11:35 Uhr
  7. Reginald R. Pascoe, Derek C. Knottenbelt: Manual of Equine Dermatology. Elsevier, Oxford 1996, ISBN 0-7020-1968-2, S. 252.
  8. C. Jindra, E.K. Hainisch, A. Rümmele, et al.: Influenza virus vector iNS1 expressing bovine papillomavirus 1 (BPV1) antigens efficiently induces tumour regression in equine sarcoid patients., PLOS ONE 16(11): e0260155, (2021), DOI 10.1371/journal.pone.0260155
  9. Silvia Stadler: Successful treatment of Equine Sarcoids by topical Aciclovir application. Dissertation. Vet. Med. Univ. Wien, 2010.
  10. Maarten Haspeslagh, Mireia Jordana Garcia, Lieven E. M. Vlaminck and Ann M. Martens: Topical use of 5% acyclovir cream for the treatment of occult and verrucous equine sarcoids: a double-blinded placebocontrolled study., BMC Veterinary Research, 13:296 (2017). DOI:10.1186/s12917-017-1215-0