Eugène Chevreul

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Michel Eugène Chevreul. Ein Stich von Conrad Cook (1728–1779) nach einem Gemälde von Maurir
Chevreul im 100. Lebensjahr. Foto von Nadar (1886)

Michel Eugène Chevreul (* 31. August 1786 in Angers, Frankreich; † 9. April 1889 in Paris) war ein französischer Chemiker und Begründer der Fettchemie und der modernen Theorie der Farben.

Leben

Anlässlich von Chevreuls 100. Geburtstag herausgegebene Medaille, gestaltet von Louis-Oscar Roty (1846–1911)

Chevreuls Vater war ein hoch angesehener Chirurg. Er besuchte ab 1799 die École Centrale von Angers und lernte dort Latein, Griechisch, Italienisch, Mineralogie, Physik und Chemie. Im Jahr 1803 zog er nach Paris und studierte bei Antoine François de Fourcroy und Louis-Nicolas Vauquelin. Im Jahr 1804 erhielt Vauquelin den Lehrstuhl für angewandte Chemie am Muséum national d’histoire naturelle, und Chevreul wurde sein Assistent. Im Jahr 1813 wurde Chevreul Professor für Naturwissenschaften am Lycée Charlemagne.

Im Jahr 1818 heiratete er Sophie Davallet.

Chevreul meldete ein Patent für nicht tropfende Kerzen an und gründete zusammen mit Joseph Louis Gay-Lussac im Jahr 1824 eine Kerzenmanufaktur. 1824 wurde er von Ludwig XVIII. zum Direktor der Gobelin-Manufaktur ernannt. Nebenbei unterrichtete er weiter am Lycée Charlemagne und arbeitete an einem zweibändigen Werk zur organischen Analyse.

1826 wurde Chevreul Mitglied der Académie des sciences und auswärtiges Mitglied ("Foreign Member") der Royal Society. 1830 fertigte Chevreul ein Buch über die Farbenlehre an, es wurde jedoch erst im Jahr 1839 verlegt (De la Loi du Contraste Simultané des Couleurs). Im Jahr 1832 wurde er Mitglied der Société Royale d'Agriculture und war seit 1849 ihr Präsident. Seit 1834 war er korrespondierendes Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften.[1] Im Jahr 1860 wurde er zum Mitglied der Leopoldina gewählt. Im Jahr 1862 starb seine Frau. 1868 wurde Chevreul in die American Academy of Arts and Sciences gewählt.

Anlässlich seines 100. Geburtstages wurde er vom Fotografen Nadar besucht, was als erste Fotoreportage der Geschichte gilt.

Bis zu seinem 102. Geburtstag verfasste er Artikel und nahm regelmäßig an Sitzungen der Académie des sciences teil. 1889 starb er im Alter von 102 Jahren.

Wichtige akademische Stationen im Überblick

  • 1824 Direktor für Färbung an der Königlichen Gobelinmanufaktur
  • 1830 Professor für Organische Chemie am Nationalmuseum für Naturgeschichte und
  • 1860–1879 Direktor des Nationalmuseums für Naturgeschichte.

Bedeutende Schüler Chevreuls

Wissenschaftliche Leistungen

Indigo

Chevreul isolierte mit 20 Jahren mehrere Pflanzenfarbstoffe. Da zu dieser Zeit noch keine einfachen Trennmethoden existierten, waren seine Arbeiten mit großen Mühen verbunden. Beim Erhitzen von Indigo konnte er im Dampf und im anschließend resublimierten Feststoff Indigo in Reinform nachweisen und entdeckte auch die reduzierte, farblose Form des Indigos.

Chevreul Salz

Im Jahre 1812 stellte Chevreul eine interessante gemischtvalente rötliche Kupferverbindung her, die auch heute noch nach ihm benannt wird, das Chevreul Salz, CuSO3·Cu2SO3·2H2O und aktuell mit modernen Methoden weiter untersucht wird.[2]

Fettchemie

Im Jahr 1811 erhielt Chevreul eine Kaliumseife aus Schweinefett zur Untersuchung. Er behandelte die Seife mit Säure und konnte daraus eine saure, perlmuttfarbene Verbindung isolieren. Er hatte die ersten Fettsäuren isoliert und nannte diese zunächst margarine (griechisch : μαργαρίτηξ = Perle, Margarine), später auch acide magarique und auch acide stéarique (Stearinsäure). Chevreul isolierte eine zweite Fettsäure, die er acide oléique (Ölsäure) nannte.

Später untersuchte Chevreul weitere Fette: Gänsefett, Kuhbutter, Ziegenbutter, Schafsfett, Jaguarfett und Fette der Delphine. Er stellte fest, dass es feste (von ihm benannt: stearine (griech.:στέαρ = Talg)) und flüssige (élaine (griech.:έλαιον = Öl)) Fette gibt. Die aus Ziegenkäse gewonnene Fettsäure nannte er Capronsäure (lat.: capra = Ziege), aus der Butter Buttersäure, aus Wollfett Lanolin (lat.: lana = Wolle). Die aus dem Delphinöl isolierte Fettsäure bezeichnete er als Delphinsäure, später als Phokäersäure. Bei der Verseifung von Fetten trat ein weiteres Nebenprodukt neben den Fettsäuren auf. Schon Carl Wilhelm Scheele hatte dieses Nebenprodukt der Verseifung gekostet und empfand es als süß. Chevreul untersuchte die chemische Bindung zwischen der Fettsäure und dem süßen Stoff (den Chevreul glycérine (Glycerin) nannte). Chevreul stellte fest, dass bei der Umsetzung von Fettsäuren mit Glycerin zu Fetten Wasser abgespalten wurde. Nach Louis Jacques Thénard nannte er die Bindung zwischen Glycerin und Fettsäuren Äther dritter Ordnung (die genaue Bindungsart der Ester war damals noch unbekannt). Chevreul hatte in seinen Arbeiten die richtigen Bindungsverhältnisse erkannt, auf denen spätere Chemiker aufbauen konnten.

Neben den Fettsäuren fand Chevreul ein Fett, das sich nicht verseifen ließ. Er nannte es cholestérine (Cholesterin). In Walrat fand er kein Glycerin, obgleich es sich auch verseifen ließ. Er fand eine neutrale Substanz, die er éthal (Cetylalkohol) nannte.

Unternehmensgründung Kerzen

Chevreul hatte gemeinsam mit Gay-Lussac ein Patent zur Herstellung von Stearinsäure. Mit diesem Patent gründete er zusammen mit Gay-Lussac eine Kerzenmanufaktur in Paris. Diese neuen Kerzen auf Stearinbasis entwickelten keinen starken Ruß und auch keine giftigen Gase (Acrolein) wie die damals gebräuchlichen Talgkerzen.

Da das Unternehmen sehr klein war, blieb der geschäftliche Erfolg zunächst aus. Adolphe de Milly, ein Schüler von Chevreul, und M. Motard kauften das Patent von Chevreul und gründeten eine bald sehr erfolgreiche Kerzenmanufaktur. Für Wohnräume wurden diese Kerzen eines der wichtigsten Beleuchtungsmittel. Gleiches gilt für die Verwendung bei Polarexpeditionen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts während der dunklen Wintermonate. In Erinnerung an diese Leistung tragen die Chevreul-Kliffs in der Antarktis seinen Namen.

Farbtheorie

Neben Newton Optics und Goethes Farbenlehre gilt das Werk von Chevreul De la Loi du Contraste Simultané des Couleurs als eines der wichtigsten Werke zur Farbtheorie. Chevreul entwickelte aus den drei Grundfarben Rot, Gelb, Blau einen Farbkreis, mit 23 Mischfarben für jede Grundfarbe, so dass ein Kreis aus 72 Farben entstand. Auch für das sukzessive Aufhellen und Abdunkeln entwickelte er Farbskalen.

  • Simultaner Kontrast

Legt man zwei sehr ähnlich gefärbte Stoffe oder Papierstücke mit leichten Helligkeits- und Farbtonabweichungen direkt aneinander, so entsteht für den Betrachter ein starker Farbkontrast.

  • Successiver Kontrast

Fixiert man verschiedenartige Farbflächen einzeln, wechselt die Farbfläche, so wirkt die Komplementärfarbe noch im Auge nach.

Durch das räumliche Nebeneinandersetzen von Pigmenten bestimmte er systematisch den maximalen Simultankontrast und erhielt dadurch eine Farbreihe von Gegenpaaren. Dies ist heute die Palette der Schulfarbkästen (DIN 5023). Er hatte durch seine Hauptwerke großen Einfluss auf die Entwicklung der Kunstindustrie und der modernen Malerei (u. a. Georges Seurat).

Bedeutende Persönlichkeit

Auf dem Eiffelturm wurde sein Name als bedeutende Persönlichkeit verewigt, siehe: Die 72 Namen auf dem Eiffelturm.

Schriften

  • De La Loi Du Contraste Simultané Des Couleurs, Et De L'Assortiment Des Objets Colorés. Considéré D'Après Cette Loi Dans Ses Rapports Avec La Peinture, Les Tapisseries Des Gobelins, Les Tapisseries De Beauvais Pour Meubles, Les Tapis, La Mosaïque, Les Vitraux Colorées, L'Impression Des Étoffes, L'Imprimerie, L'Enluminure, La Décoration Des Édifices, L'Habillement Et L'Horticultur. Pitois-Levrault, Paris 1839.
  • Des couleurs et de leurs application aux arts industriels à l'aide des cercles chromatiques. J. B. Baillière et fils libraires, Paris 1864.

Literatur

  • Michel E. Chevreul: The Principles of Harmony and Contrast of Colors and their Applications to the Arts. With a special Introduction and explanatory Notes, by Faber Birren. Reinhold Publishing Corporation, New York NY u. a. 1967 (auch: Van Nostrand Reinhold, New York NY 1981, ISBN 0-442-21212-7).
  • Claudia Gottmann: Das Portrait: Michel Eugene Chevreul (1786–1889!!). In: Chemie in unserer Zeit. Bd. 13, Nr. 6, 1979, S. 176–183, doi:10.1002/ciuz.19790130603.
  • William A. Smeaton: Michel Eugéne Chevreul (1786–1889): the doyen of French students Endeavour, New Series, Volume 13, No.2, 1989 (© Maxwell Pergamon Macmillian plc.)
  • Christoph Johannes Häberle: Farben in Europa zur Entwicklung individueller und kollektiver Farbpräferenzen. Dissertation. Wuppertal 1999, DNB 959797580, S. 36–43.
  • A. Buchner (Hrsg.): Neues Repertorium der Pharmacie. Band XIV, München 1805, S. 149. (online in der Digitalen Bibliothek Braunschweig)

Weblinks

Commons: Eugène Chevreul – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Mitglieder der Vorgängerakademien. Michel Eugène Chevreul. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 7. März 2015.
  2. Electronic Spectra of Chevreul's Salts. In: J. Braz. Chem. Soc., vol.13 no.5 São Paulo Sept.Oct. 2002, abgerufen am 19. Juli 2014.