Exploitationfilm

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Exploitationfilm (von engl. exploitation → „Nutzbarmachung“ oder auch „Ausbeutung“) ist eine kategorisierende Bezeichnung für Filme, die reißerische Grundsituationen ausnutzen, um mittels der exploitativen Darstellung vornehmlich von Sex und Gewalt über die damit erreichten Schauwerte affektiv auf den Zuschauer zu wirken.[1]

Charakteristik

Insbesondere im Film zeigt sich ein komplexes System von Zweitverwertungen mit fließenden Grenzen vom Schund bis hin zum kulturellen Gegenentwurf. Die 1960er-, 1970er- und 1980er-Jahre waren die Blütezeit des sogenannten Exploitationfilms im Kino. Zu diesen Filmen rechnet man kostengünstig produzierte Filme, die auf den Erfolgswellen erfolgreicherer „Sandalenfilme“, Western, Polizei-, Sex- und Horrorfilme mitschwimmen wollten. Exploitation-Produktionen besaßen folglich meist vergleichsweise geringe technische und schauspielerische Standards. Teilweise wird daher der Begriff des Exploitationfilms auch gleichbedeutend mit dem Begriff des Trashfilms verwendet.[2]

Merkmale des Exploitationfilms sind die oft subversiven Veränderungen der Vorbilder, besonders im Italo- oder Spaghettiwestern, in denen der Held oft genauso verkommen ist wie seine Gegenspieler (Django, 1966), sowie die reißerische Anreicherung mit Sex und Gewalt, Blasphemie, Kirchenfeindlichkeit, Hexenverfolgung beziehungsweise der reißerischen Darstellung von Elementen des Nationalsozialismus. Charakteristisch ist in der Regel auch die Titel- bzw. Untertitelwahl, die oft bemüht ist, das Vorhandensein der jeweiligen Elemente zu Werbezwecken zu betonen oder sogar zu übertreiben (z. B. Nonnen bis aufs Blut gequält, 1974).

Rezeption

Da Exploitationfilme oft ebenso bemüht wie erfolglos versuchen, für die reißerischen Darstellungen eine vernünftige Erklärung in der Handlung zu liefern, genießen sie aufgrund der daraus entstehenden unfreiwilligen Komik unter Fans von B-Movies oft einen hohen Kultstatus.

Subgenres

Cinematologisch wird unter Berücksichtigung der Schwerpunkte des Inhaltes oft eine Einordnung in ein Subgenre vorgenommen, z. B. „Sexploitation“, „Nunsploitation“, FrauengefängnisfilmeNaziploitation[3] oder auch „Bruceploitation“. Eine weitere Untergruppe des Exploitationfilms stellen die sogenannten Blaxploitation-Filme der 1970er-Jahre dar, die gängige Thrillermuster und andere Genres auf die Lebenswelt der schwarzen US-Bevölkerung übertrugen und damit ein eigenständiges „schwarzes Kino“ seiner Zeit erzeugten. Typische Vertreter sind Shaft (1971) und Foxy Brown (1974).

In den letzten Jahren zeigt sich ein gesteigerter Einfluss des Exploitationkinos auch in Produktionen, die zum Mainstream zu zählen sind.[4]

Beispielwerke

Ersch. Filmtitel Subgenres
1945 Mom and Dad Sexploitation
1957 I Was a Teenage Werewolf Teensploitation
1963 Scum of the Earth! Roughie
1972 Deep Throat Sexploitation
1974 The Bruce Lee Story Bruceploitation
1974 Ilsa, She Wolf of the SS Naziploitation, Sexploitation
1975 Mandingo Blaxploitation
1979 Mad Max Ozploitation, Carsploitation
1983 Blutiger Sommer – Das Camp des Grauens Slashploitation
1993 Dragon – Die Bruce Lee Story Bruceploitation
2001 The Fast and the Furious Carsploitation

Literatur

  • Felicia Feaster, Bret Wood: Forbidden Fruit. The Golden Age of the Exploitation Film. Luminary Press, Baltimore MD 1999, ISBN 1-887664-24-6.
  • Keyvan Sarkhosh, Winfried Menninghaus: Enjoying trash films: Underlying features, viewing stances, and experiential response dimensions. In: Poetics, 57 (2016), S. 40-54, doi:10.1016/j.poetic.2016.04.002.
  • Eric Schaefer: „Bold! Daring! Shocking! True!“: A History of Exploitation Films, 1919–1959. Duke University Press, Durham NC, London 1999, ISBN 0-8223-2374-5.
  • Marcus Stiglegger: Sadiconazista. Faschismus und Sexualität im Film (= Filmstudien. Bd. 10). 2. Auflage. Gardez!-Verlag, St. Augustin 2000, ISBN 3-89796-009-5 (Zugleich: Mainz, Universität, Dissertation, 1999).

Dokumentarfilme

  • Elijah Drenner (Reg.): American Grindhouse (80 Min.), Lorber Films, New York (NY) 2010. – Eine der fundiertesten Dokus zum Genre.

Weblinks

  • Filmreference.com: Exploitation Films (ed. 2012, gepr. 2012-0223-1901). – Mit Bibliografie.
  • Grindhousedatabase.com, englischsprachige Enzyklopädie und Magazin des internationaler Kult- und Exploitationkinos

Einzelnachweise

  1. Marcus Stiglegger: Exploitationfilm. In: Thomas Koebner (Hrsg.): Reclams Sachlexikon des Films. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage. Reclam, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-15-010625-9, S. 182.
  2. Vgl. Keyvan Sarkhosh, Winfried Menninghaus: Enjoying trash films: Underlying features, viewing stances, and experiential response dimensions. In: Poetics, 57 (2016), S. 40-54, doi:10.1016/j.poetic.2016.04.002
  3. Vgl. Marcus Stiglegger: Sadiconazista. Stereotypisierung des Holocaust im Exploitationkino, Vortrag bei der Cinegraph-Jahrestagung „Cinematographie des Holocaust“ in Hamburg, Januar 2001. – Auf: Ikonenmagazin.de.
  4. Rüdiger Suchsland: „Extrem viele Frauen sehen diese Filme“. Zur Konjunktur der Folter im Hollywood, heise.de, 20. Juni 2007.