Gerichtsbezirk Gratzen

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 21. März 2016 um 23:52 Uhr durch Aka (Diskussion | Beiträge) (Leerzeichen korrigiert). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Ehemaliger Gerichtsbezirk
Gratzen
(tschechisch: soudní okres Nové Hrady)
Basisdaten
Kronland Böhmen
Bezirk Kaplitz
Sitz des Gerichts Gratzen (Nové Hrady)
Vorlage:Infobox Gerichtsbezirk/Wartung/Keine Kennziffer
zuständiges Landesgericht  Budweis
Fläche 232,23 km2
(1910)
Einwohner 16.318
Aufgelöst 1919
Abgetreten an Tschechoslowakei


Der Gerichtsbezirk Gratzen (tschechisch: soudní okres Nové Hrady) war ein dem Bezirksgericht Gratzen unterstehender Gerichtsbezirk im Kronland Böhmen. Er umfasste Gebiete in Südböhmen (Jihočeský kraj). Zentrum und Gerichtssitz des Gerichtsbezirks war die Stadt Gratzen (Nové Hrady). Nach dem Ersten Weltkrieg musste Österreich den gesamten Gerichtsbezirk an die Tschechoslowakei abtreten, seit 1991 ist das Gebiet Teil der Tschechischen Republik.

Geschichte

Die ursprüngliche Patrimonialgerichtsbarkeit wurde im Kaisertum Österreich nach den Revoultionsjahren 1848/49 aufgehoben. An ihre Stelle traten die Bezirks-, Landes- und Oberlandesgerichte, die nach den Grundzüge des Justizministers geplant und deren Schaffung am 6. Juli 1849 von Kaiser Franz Joseph I. genehmigt wurde.[1] Der Gerichtsbezirk Gratzen gehörte zunächst zum Kreis Budweis und umfasste 1854 die 28 Katastralgemeinden Althütten, Beneschau, Böhmdorf, Brünnl, Buschendorf, Deutsch Reichenau, Fidretschlag, Gollnetschlag, Gratzen, Hardetschlag, Heilbrunn, Hermannschlag, Kainretschlag, Kropfschlag, Langstrobnic, Luschnic, Niederthal, Ottenschlag, Piberschlag, Piberschlagl, Rauhenschlag, Sacherles, Scheiben, Schlagles, Sonnberg, Strobnitz, Winau und Zweiendorf.[2]

Der Gerichtsbezirk Gratzen bildete im Zuge der Trennung der politischen von der judikativen Verwaltung[3] ab 1868 gemeinsam mit den Gerichtsbezirken Kaplitz (Kaplice) und Hohenfurth (Vyšší Brod) den Bezirk Kaplitz.[4]

Im Gerichtsbezirk Gratzen lebten 1869 15.575 Menschen[5] 1900 waren es 16.970 Personen.[6] Der Gerichtsbezirk Gratzen wies 1910 eine Bevölkerung von 16.318 Personen auf, von denen 15.597 Deutsch und 693 Tschechisch[7] als Umgangssprache angaben. Im Gerichtsbezirk lebten zudem 28 Anderssprachige oder Staatsfremde.[8]

Durch die Grenzbestimmungen des am 10. September 1919 abgeschlossenen Vertrages von Saint-Germain wurde der Gerichtsbezirk Gratzen zur Gänze der neugegründeten Tschechoslowakei zugeschlagen, wobei die Gerichtseinteilung bis 1938 im Wesentlichen bestehen blieb. Nach dem Münchner Abkommen wurde das Gebiet Teil Oberösterreichs.

Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte das Gebiet zum Okres České Budějovice, dessen Behörden jedoch im Zuge einer Verwaltungsreform 2003 ihre Verwaltungskompetenzen verloren. Diese werden seitdem von den Gemeinden bzw. dem Jihočeský kraj, zudem das Gebiet um Gratzen seit Beginn des 21. Jahrhunderts gehört, wahrgenommen.

Gerichtssprengel

Der Gerichtssprengel umfasste Ende 1914 die 25 Gemeinden Althütten (Staré Hutě), Böhmdorf (Byňov), Brünnl (Dobrá Voda), Deutsch Beneschau (Německý Benešov), Deutsch Reichenau (Rychnov), Gollnetschlag (Klení), Gratzen (Nové Hrady), Hardetschlag (Hartunkov), Heilbrunn (Hojná Voda), Hermannschlag (Kuří), Julienhain (Hranice), Kropfschlag (Mýtiny), Langstrobnitz (Dlouhá Stropnice), Luschnitz (Lužnice), Niederthal (Údolí), Piberschlag (Veveří), Rauhenschlag (Chlupatá Ves), Sacherles (Kamenná), Scheiben (Šejby), Sohors (Žár), Sonnberg (Žumberk), Strobnitz (Horní Stropnice), Waldetschlag (Valtéřov), Wienau (Štiptoň) und Zweiendorf (Svébohy).

Einzelnachweise

  1. Landes-Gesetz- und Regierungs-Blatt für das Kronland Böhmen (Dritte Abtheilung des Ergänzungs-Bandes) 1849, Nr. 110: „Organisirung der Gerichte in dem Kronlande Böhmen.“
  2. Landes-Regierungs-Blatt für das Königreich Böhmen 1854, I. Abtheilung, XLVII. Stück, Nr. 277: „Verordnung der Ministerien des Inneren, der Justiz und der Finanzen vom 9. Oktober 1854, betreffen die politische und gerichtliche Organisirung des Königreichs Böhmen“
  3. Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Oesterreich. Jahrgang 1868, XVII. Stück, Nr. 44. „Gesetz vom 19. Mai 1868 über die Einrichtung der politischen Verwaltungsbehörden in den Königreichen ...“
  4. Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Oesterreich. Jahrgang 1868, XLI. Stück, Nr. 101: Verordnung vom 10. Juli 1868, die Durchführung des Gesetzes vom 19. Mai 1868 (Reichs-Gesetz-Blatt Nr. 44) in Böhmen, Dalmatien, Oesterreich unter und ob der Enns, Steiermark, Kärnthen, Bukowina, Mähren, Schlesien, Tirol und Vorarlberg, Istrien, Görz und Gradiska betreffend.
  5. Böhmische k. k. Statthalterei (Hrsg.): Orts-Repertorium des Königreiches Böhmen. Mit Benützung der von der k .k. statistischen Central-Commission zusammengestellten Ergebnisse der Volkszählung vom 31. Dezember 1869 herausgegeben. Prag 1872, S. 8
  6. C.k. místodržitelství (Hrsg.): Seznam míst v Království českém. K rozkazu c. k. místodržitelství na základě úřadních udání sestaven. Prag 1907, S. 174
  7. In der Volkszählung wurden Personen mit böhmischer, mährischer und slowakischer Umgangssprache zusammengefasst
  8. k. k. Statistische Zentralkommission (Hrsg.): Spezialortsrepertorium von Böhmen. Bearbeitet auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung vom 31. Dezember 1910. Wien 1915, S. 15

Literatur

  • k. k. Statistische Zentralkommission (Hrsg.): Spezialortsrepertorium von Böhmen. Bearbeitet auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung vom 31. Dezember 1910. Wien 1915 (Spezialortsrepertorien der österreichischen Länder)