Gin-Epidemie

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 10. August 2016 um 17:56 Uhr durch Aka (Diskussion | Beiträge) (Tippfehler entfernt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Darstellung des Ginkonsums in einem Druck von William Hogarth mit dem Namen Gin Lane

Mit Gin-Epidemie oder Gin-Krise wird ein soziales Phänomen im Großbritannien der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts bezeichnet. Vom Beginn des Jahrhunderts bis 1750 verzehnfachte sich der Pro-Kopf-Verbrauch billigen Branntweins im Königreich, was erhebliche gesundheitliche und soziale Probleme besonders in den Elendsquartieren der Städte nach sich zog. 1751 konnte die Gin-Epidemie durch Steuererhöhungen und die Einführung von Schanklizenzen eingedämmt werden.[1]

Hintergrund

Als Gin wurde in Großbritannien jede Form von Billig-Branntwein bezeichnet. Die Gin-Epidemie wurde 1694 durch eine Erhöhung der Biersteuer ausgelöst. Etwa gleichzeitig kam es durch die Modernisierung der Landwirtschaft zur Überproduktion von Weizen. Der Weizenüberschuss wurde für die Branntweinproduktion verwendet, was den Schnaps immens verbilligte.[2]

Die verelendenden Auswirkungen der Gin-Epidemie wurden besonders in den Armenvierteln der Städte deutlich. Der Branntwein bot nicht nur eine „neue Art von Trunkenheit, die unseren Vorfahren noch unbekannt war“[3]. Er war auch Nahrungsersatz, eine Kalorie Gin war zeitweise billiger als eine Kalorie Brot.[4] Außerdem ergaben sich durch den Kleinhandel Erwerbsmöglichkeiten, in jedem fünften Londoner Haus wurde Branntwein ausgeschenkt. Die gesundheitlichen Folgen waren katastrophal. Die Sterberate durch Alkoholkonsum überstieg in London zeitweise die Geburtenrate.[2] Die Kindersterblichkeit lag bei 75 Prozent.

Nach wiederholten halbherzigen Versuchen des Parlaments, den Branntweinkonsum zu reduzieren, wurden 1751 einschneidende Maßnahmen beschlossen, die dem Druck der Öffentlichkeit, besonders durch den Sozialreformer Henry Fielding und verstärkt durch die weit verbreiteten Drucke der aufrüttelnden Stiche William Hogarths folgten.[4]

Literatur

  • Daniel Defoe: A Brief Case of the Distillers and of the Distilling Trade in England, London: T. Warner, 1726

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Die Darstellung folgt, wenn nicht anders belegt,Hasso Spode, Alkoholika (Bier, Spirituosen, Wein), in: Thomas Hengartner und Christoph Maria Merki (Hrsg.): Genußmittel. Ein kulturgeschichtliches Handbuch, Campus, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-593-36337-2, S. 25–80, hier S. 55.
  2. a b Hans-Dieter Gelfert: Typisch englisch: wie die Briten wurden, was sie sind, Verlag C. H. Beck, 2011, ISBN 978-3406617355, S. 145.
  3. Henry Fielding zitiert nach Hasso Spode, Alkoholika (Bier, Spirituosen, Wein), in: Thomas Hengartner und Christoph Maria Merki (Hrsg.): Genußmittel. Ein kulturgeschichtliches Handbuch, Campus, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-593-36337-2, S. 25–80, hier S. 55.
  4. a b Hans Watzl und Manfred V. Singer, Die Kulturgeschichte des Alkohols, in: Manfred V. Singer (Hrsg.): Alkohol und Tabak. Grundlagen und Folgeerkrankungen, Thieme, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-13-146671-6, S. 3-12, hier S. 9.