Grasnarbe

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Als Grasnarbe wird der zusammenhängende Bewuchs des Bodens durch Gräser und Kräuter bezeichnet,[1] der durch geschlossenen Pflanzenbestand und die Wurzeln einen festen Zusammenhalt bekommt.

Das Wort kam vom Niederdeutschen in die Schriftsprache. Verwandte Bezeichnungen sind Gras- bzw. Rasendecke, ferner Heidenarbe, im süddeutschen und österreichischen Sprachraum Wasen, auf alpinen Weideflächen die Schaftrift.

Erosion[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Pflanzendecke der Grasnarbe fängt die Prallenergie von Regentropfen elastisch auf. Die Humusschicht nimmt einen Teil des Wassers auf, sodass der Anteil des Oberflächenwassers bei Niederschlagsbeginn reduziert wird.[2] Gleichzeitig bilden die Pflanzen für das am Hang abfließende Wasser Hindernisse, was der Entstehung von Rinnsalen entgegenwirkt und so der Bildung von Erosionsrinnen. Insgesamt setzt die Grasnarbe der Bodenerosion einen hohen Widerstand entgegen, der um ein Vielfaches höher als der von nacktem Boden ist.[3][4] Wo die Bod teilweise fehlt, oder wo der mechanische Zusammenhalt durch hohe Feuchtigkeit oder Starkregen beeinträchtigt ist, kann es zum Abreißen der Grasnarbe kommen. Auf Steilhängen können dann Plaiken (bewuchslose Flächen) oder Hangrutschungen entstehen, in Flyschbergen hingegen ein langsameres Bodenfließen (Solifluktion).

Beweidung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Weidewirtschaft trägt entsprechend ihrer Intensität zur Verfestigung bei: Intensive Beweidung erhöht die Bodenverdichtung, während die Wasserspeicherkapazität gegenüber einer Schnittnutzung abnimmt. Trotzdem bleiben die Futtererträge gleich.[5]

Extensive Weidenutzung kann den Artenreichtum meist erhöhen.[6] Bei sehr steilem Gelände und bei Bodennässe kann generell von extensiver Beweidung ausgegangen werden. Die Bewirtschaftung von Almen hat daher nicht nur landwirtschaftliche Aspekte, sondern dient auch dem Umweltschutz (Artenvielfalt und Vorbeugung gegen Naturgefahren) und durch die Landschaftspflege dem Tourismus. Allerdings kann die Grasnarbe stellenweise stärker belastet werden, wo sich schweres Vieh häufiger aufhält. Lokale Zerstörungen der Grasnarbe, insbesondere an Steilstellen und bei Bodennässe, kann kleinflächige Erosionsschäden nach sich ziehen, welche größere Hangrutschungen zur Folge haben können.[7]

Bodenleben und Hohlräume[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Im Wurzelbereich beginnt das Edaphon, das Bodenleben: Bakterien (ein einziges Gramm Erde aus der Rhizosphäre einer Pflanze kann eine Milliarde Bakterienzellen enthalten)[8], eine Bodenflora meist aus Moosen, Pilze und Bodenfauna (Springschwänze, Milben, Nematoden, Tausendfüßer, Regenwürmer,[9] Käfer und Engerlinge sowie Maulwürfe oder Wühlmäuse, um einige Beispiele zu nennen).

Unter dem Gras bilden sich oft flache Hohlräume, die durch das Auffrieren von Steinen, durch die Wühltätigkeit der Bodenfauna oder durch Baumwurzeln verstärkt werden. Sie können auch flachliegenden Fels durch ihre Säure und andere biologisch-chemische Verwitterung erodieren oder vorhandene Klüfte verbreitern. Bodenfauna, Bodenflora und das Mycel von Pilzen tragen dazu bei, andererseits verfestigen letztere die Grasnarbe.

Sonstiges[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Stabilität einer natürlichen Grasnarbe wird durch landwirtschaftlich erzeugte Rasenziegel (bis ca. 8 cm Stärke) oder Rollrasen (1,5–2,5 cm Stärke) verpflanzbar und sowohl im Garten als auch auf dem Sportplatz eingesetzt, sowie zur Befestigung unbewachsener Böschungen oder im Gebirge zur Vorbeugung gegen Muren. In den letzten Jahren setzt sich Rollrasen verstärkt gegenüber Einsaaten durch, da die Grasnarbe des Rollrasens die belegte Fläche sofort nach dem Verlegen stabilisiert und Wasser- und Winderosionen vermeidet. Grassoden/Rollrasen sind in der Vegetationsperiode in 10–14 Tagen mit dem Boden verwachsen, die maximale Durchwurzelungstiefe ist je nach Grasart bereits nach drei Monaten erreicht.

Der Geodät hat oft Mühe, überwachsene Vermessungspunkte unter der Grasnarbe zu finden, die am Straßenrand durch den Rollsplitt bis zu einigen Zentimetern jährlich an Höhe zunimmt. Das bewährte Gegenmittel sind genaue „Topografien“ (Punktbeschreibungen) mit Sperrmaßen zu Gebäuden oder markanten Bäumen.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Grasnarbe. In: Jacob Grimm, Wilhelm Grimm (Hrsg.): Deutsches Wörterbuch. Band 8: Glibber–Gräzist – (IV, 1. Abteilung, Teil 5). S. Hirzel, Leipzig 1958 (woerterbuchnetz.de).
  2. Abigail Graceson, Martin Hare, Jim Monaghan, Nigel Hall: The water retention capabilities of growing media for green roofs. In: Ecological Engineering, Band 61, Part A, 2013, S. 328—334, doi:10.1016/j.ecoleng.2013.09.030.
  3. QuanQin Shao, Tong Xiao, JiYuan Liu, YongQing Qi: Soil erosion rates and characteristics of typical alpine meadow using 137Cs technique in Qinghai-Tibet Plateau. In: Chinese Science Bulletin, Band 56, Nr. 16, 2011, S. 1708—1713.
  4. Xiaonan Shi, Fan Zhang, Li Wang, Muhammad Dodo Jagirani, Chen Zeng, Xiong Xiao, Guanxing Wang: Experimental study on the effects of multiple factors on spring meltwater erosion on an alpine meadow slope. In: International Soil and Water Conservation Research, Band 8, Nr. 2, 2020, S. 116—123, doi:10.1016/j.iswcr.2020.02.001.
  5. Patrick Verhonig: Einfluss einer mehrjährigen intensiven Kurzrasenbeweidung auf den Oberboden und die Grasnarbe. Diplomarbeit, Höheren Bundeslehr- und Forschungsanstalt für Landwirtschaft Raumberg-Gumpenstein, 2013 (PDF).
  6. N. Sahin, K. U. Röver, J. Isselstein: Auswirkung extensiver Weidewirtschaft auf die Struktur und die botanische Zusammensetzung der Grasnarbe. In: Andreas Bramm (Herausgeber): Deutsch-türkische Agrarforschung: Vom 24. März-30. März 2003 an der Ankara-Universität, Ankara, Band 7, Cuvillier Verlag, 2004, ISBN 3865372546, ISBN 9783865372543, S. 63.
  7. Roman Sutter: Erosion im Alpgebiet, Schlussbericht im Auftrag der Bodenschutzfachstellen der Kantone St. Gallen, Glarus und Appenzell Innerrhoden, 2007 (PDF).
  8. Spektrum: Bodenbakterien, eingesehen am 18. November 2022.
  9. O. Daniel: Population dynamics of Lumbricus terrestris L.(Oligochaeta: Lumbricidae) in a meadow. In: Soil Biology and Biochemistry, Band 24, Nr. 12, 1992, S. 1425—1431, doi:10.1016/0038-0717(92)90128-K.