Grundmandatsklausel

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Eine Grundmandatsklausel kann bei der mit der Personenwahl verbundenen Verhältniswahl bestimmen, dass eine Partei bei der Verteilung der Sitze nach ihrem Stimmanteil nur berücksichtigt wird, wenn sie eine festgelegte Anzahl von Direktmandaten gewinnt. Die benötigten Direktmandate sind die Grundmandate.

Deutschland

In Deutschland gibt es Grundmandatsklauseln bei der Bundestagswahl und einigen Landtagswahlen. Grundmandatsklauseln sind in Deutschland immer mit einer Sperrklausel verbunden. Parteien werden bei der Verteilung der Sitze nach ihrem Stimmanteil also berücksichtigt, wenn sie die Sperrklausel oder die Grundmandatsklausel erfüllen. Demnach ist die Erringung einer bestimmten Anzahl von Grundmandaten eine alternative Möglichkeit, die Sperrklausel zu überwinden.

Für Bundestagswahlen sind die Fünf-Prozent-Sperrklausel und die Grundmandatsklausel im Bundeswahlgesetz (BWG) in § 6 Absatz 3 Satz 1 BWG festgelegt.

Die Grundmandatsklausel ist die zweite Bedingung aus § 6 Absatz 3 Satz 1 BWG, also das Erringen von drei Grundmandaten. Eine Partei, die in drei Wahlkreisen die relative Mehrheit der Erststimmen erhält, wird also bei der Verteilung der Sitze entsprechend dem Verhältnis der Zweitstimmen berücksichtigt.

Die Grundmandatsklausel kam in der Vergangenheit bisher bei der Bundestagswahl 1953, der Bundestagswahl 1957 und der Bundestagswahl 1994 zum Tragen[1].

Bei Landtagswahlen gelten Grundmandatsklauseln in Berlin,[2] Brandenburg,[3] Sachsen (§ 6 Abs. 1 SächsWahlG) und Schleswig-Holstein.[4] In Sachsen ist der Gewinn von zwei Wahlkreisen erforderlich, in den anderen Ländern genügt ein Grundmandat.

Fallbeispiele

Bei der Bundestagswahl 1994 erhielt die PDS 4,4 Prozent der Zweitstimmen. Aufgrund vier errungener Direktmandate in vier Berliner Wahlkreisen konnte sie mit 30 Abgeordneten entsprechend ihrem Stimmanteil von 4,4 % in den Bundestag einziehen.

Wenn eine Partei ein oder zwei Direktmandate erhält und zugleich unter der Fünf-Prozent-Hürde bleibt, dann ziehen nur diese ein oder zwei direkt gewählten Kandidaten in den Bundestag ein, so bei der PDS nach der Bundestagswahl 2002.

Bei den Landtagswahlen in Brandenburg 2014 errang Christoph Schulze mit 27 Prozent der Stimmen erneut das Direktmandat im Wahlkreis Teltow-Fläming III, diesmal allerdings nicht mehr für die SPD wie bei der Wahl 2009, sondern für die politische Vereinigung Brandenburger Vereinigte Bürgerbewegungen/Freie Wähler, deren Spitzenkandidat er bei dieser Wahl auch war.[5][6] Dank der Grundmandatsklausel zog die BVB / Freie Wähler daher entsprechend ihrem Stimmenanteil von 2,7 Prozent der Zweitstimmen mit drei Abgeordneten in den Landtag ein.[7]

Weblinks

Literatur

  • Wolfgang Schreiber: Lemma Grundmandatsklausel. in: Sommer & von Westphalen: Staatsbürgerlexikon. Oldenbourg Verlag München Wien 2000, 423
  • Hans-Hugo Klein: Überhangmandate und Grundmandatsklausel im Bundestagswahlrecht in: Eckhard Jesse und Eckart Klein: Das Parteienspektrum im wiedervereinigten Deutschland. Duncker & Humblot Berlin 2007

Einzelnachweise

  1. Bundeswahlleiter
  2. § 18 LWG Berlin
  3. § 3 Absatz 1 Satz 1 BbgLWahlG
  4. § 3 Absatz 1 LWahlG SH
  5. http://www.bvb-fw.de/index.php/presse/9-presse/202-bvb-freie-waehler-kandidiert-zur-landtagswahl-landtagsabgeordneter-christoph-schulze-spitzenkandidat
  6. http://www.wahlergebnisse.brandenburg.de/wahlen/LT2014/ergebnis/dyndaten/E_LT14_TabWkr25_Tabkern.asp?sel1=1253&sel2=0669&gebiet=25
  7. http://www.wahlergebnisse.brandenburg.de/wahlen/LT2014/ergebnis100/dyndaten/I_LT14_ListenMand_Tabkern.asp?sel1=1253&sel2=3030