Gustav Philippson

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Gustav Philippson (* 17. Februar 1816 in Dessau, Anhalt-Dessau[1]; gestorben 11. Januar 1880 in Berlin[2]) war ein deutscher Lehrer, Schriftsteller, Rabbiner und Abgeordneter.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Gustav Philippson stammte aus einer jüdischen Familie. Er war der Sohn des Lehrers an der jüdischen Freischule in Dessau und späterem Handelsmann Simon Philippson (1778–1848) und Vetter des Rabbiners Ludwig Philippson.

Philippson immatrikulierte sich im Oktober 1836 an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin und studierte dort bis 1840. Daneben erhielt er Talmudunterricht bei Rabbiner Öttinger. Im Januar 1841 immatrikulierte er sich erneut an der Berliner Universität und promovierte zum Dr. phil. Danach betrieb er in Prag talmudische Studien bei Salomo Juda Rapoport.

Ab 1842 unterrichtete er Religion und jüdische Geschichte an der Franzschule für Hebräische und Deutsche Sprache (Herzogliche Franzschule) in Dessau, die aufgrund seiner Ideen 1848 zur „Handelsschule“ reformiert wurde. Gleichzeitig wirkte als Prediger der jüdischen Gemeinde in Dessau. Im Frühjahr 1849 wurde Philippson als Abgeordneter in den Landtag für das Herzogtum Anhalt-Dessau gewählt. Dem Landtag gehörte er auf der Seite der Demokraten bis zur Auflösung des Landtags am 21. Juli 1851 an. Er war Mitbegründer des anhaltinischen Handwerker- und Gesellenvereins. Aufgrund seiner demokratischen Tätigkeit musste der in der Reaktionsära jahrelang Beobachtung, Zurücksetzung und Gehaltskürzungen erleiden.

1869 wurde er Rabbiner in Berlin.

1868 nahm er an der Kasseler Rabbinerversammlung teil.

Schriften[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Die Zerstörung des ersten Tempels. Ein Oratorium in drei Abtheilungen, Anhang zur Schrift von M. J. Ernst, Zeitstimmen der Dreiuneinigkeit an die Zionswächter im Judenthume. 1841.
  • Hat die Kanzelberedsamkeit die Ironie zu verbannen? Eine homiletische Frage. In: Literaturblatt des Orients. Leipzig 1841, S. 77–80.
  • Die eheliche Liebe bei den alten Hebräern. In: Literaturblatt des Orients. Leipzig 1841, S. 670–672, 685–688.
  • Der Golem und die Ehebrecherin. Eine Prager Legende. Gedicht, 1841. In: Sulamith: eine Zeitschrift zur Beförderung der Cultur und Humanität unter den Israeliten. Hrsgg. von David Fränkel, Achter Jahrgang, Dessau 1843, Heft 2, S. 254–257 (Digitalisat bei Compact Memory).
  • Die Judenfrage von Bruno Bauer, näher beleuchtet von Dr. Gustav Philippson. 1843.
  • Geschichte der herzogl. Franzschule in Dessau von ihrer Entstehung 1799 bis zu ihrer Auflösung 1869. 1869.
  • Schoschanim. Ein Blick in die Vergangenheit. Federzeichnungen aus dem Leben des jüdischen Volkes. 1871.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Allgemeine Zeitung des Judenthums. Ein unpartheiisches Organ für alles jüdische Interesse in Betreff von Politik, Religion, Literatur, Geschichte, Sprachkunde und Belletristik. Hrsg. von Dr. Ludwig Philippson, XII. Jahrgang, No. 28, Leipzig 1848, S. 403 f. (Digitalisat bei Compact Memory) No. 34 S. 487 f. (Digitalisat).
  • Allgemeine Zeitung des Judenthums. XXII. Jahrgang, No. 17, Leipzig 1858, S. 231 (Digitalisat bei Compact Memory).
  • Moritz Steinschneider: Catalogus librorum Hebraeorum in Bibliotheca Bodleiana, jussu curatorum digessit et notis instruxit. Band II: Auctores. Berlin 1852–1861, Sp. 2099 (Digitalisat in der Freimann-Sammlung).
  • Meyer Kayserling: Die Jüdische Litteratur von Moses Mendelssohn bis auf die Gegenwart. Verlag von M. Poppelauer, Berlin 1896, S. 893 (Digitalisat in der Freimann-Sammlung).
  • Allgemeine Zeitung des Judenthums. 65. Jahrgang, No. 17, Leipzig 1901, S. 203 (Digitalisat bei Compact Memory).
  • Year Book of the Leo Baeck Institute. 7, Oxford/London 1962, S. 95–118.
  • Werner Grossert: Der gute Ort. Israelitischer Friedhof Dessau. In: Schriftenreihe der Moses-Mendelssohn-Gesellschaft Dessau e.V., Heft 2, Dessau 1994, S. 25.
  • Astrid Mehmel: Philippson, Gelehrtenfamilie. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 20, Duncker & Humblot, Berlin 2001, ISBN 3-428-00201-6, S. 395–397 (Digitalisat).
  • Werner Grossert: Der demokratische Pfarrer Christian Stein: ein Beitrag zur Geschichte der Revolution 1848/49 in Anhalt-Dessau-Köthen. 2012, ISBN 978-3-939197-80-5, S. 34
  • Jacob Toury: Die politischen Orientierungen der Juden in Deutschland: von Jena bis Weimar (= Schriftenreihe wissenschaftlicher Abhandlungen des Leo Baeck Instituts Band 15). Leo Baeck Institute, ISSN 0459-097X, 1966, ISBN 9783168211228, S. 60, online
  • Simone Lässig: Jüdische Wege ins Bürgertum: kulturelles Kapital und sozialer Aufstieg im 19. Jahrhundert. 2004, ISBN 9783525368404, S. 510, 612, online
  • Jörn Garber: ‚Die Stammutter aller guten Schulen‘: Das Dessauer Philanthropinum und der deutsche Philanthropismus 1774–1793. 2008, ISBN 9783484970410, S. 48, online
  • Eintrag PHILIPPSON, Gustav, Dr. In: Michael Brocke und Julius Carlebach (Herausgeber), bearbeitet von Carsten Wilke: Biographisches Handbuch der Rabbiner. Teil 1: Die Rabbiner der Emanzipationszeit in den deutschen, böhmischen und großpolnischen Ländern 1781–1871. K·G·Saur, München 2004, ISBN 3-598-24871-7, S. 701 f.
  • Werner Grossert: Zur Geschichte der Dessauer Synagoge; in: Bernd G. Ulbrich (Hrsg.): Anhalt, deine Juden..., 2002, ISBN 3-934388-15-9, S. 117.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Laut dem Jüdischen Biographischen Archiv (JBA) und der Neuen Deutschen Biographie (NDB) wurde er 1814 geboren.
  2. Eintrag PHILIPPSON, Gustav, Dr. In: Michael Brocke und Julius Carlebach (Herausgeber), bearbeitet von Carsten Wilke: Biographisches Handbuch der Rabbiner. Teil 1: Die Rabbiner der Emanzipationszeit in den deutschen, böhmischen und großpolnischen Ländern 1781–1871. K·G·Saur, München 2004, ISBN 3-598-24871-7, S. 701 f.