Heimtierbedarf

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Unter Heimtierbedarf ist ein Marktsegment mit einer breit gefächerten Palette von Produkten und Dienstleistungen für Heimtiere zusammengefasst.

Marktpotential

Die volkswirtschaftliche Bedeutung des Heimtierbedarfs wurde bis Anfang des 21. Jh. in Deutschland kaum beachtet. Dabei handelt es sich um einen stark wachsenden Markt, wie die wachsende Zahl von Heimtieren erahnen lässt. Lebten 1992 erst 4,1 Millionen Hunde in deutschen Haushalten, so waren es 2004 bereits 5,3 Millionen. Im selben Zeitraum wuchs die Zahl der Katzen von 6 Millionen auf 7,5 Millionen an. Bei den Aquarien und den Hamstern, Kaninchen und anderen Kleintieren zusammen genommen ist sogar mehr als eine Verdoppelung - nämlich von 0,9 Millionen auf 1,95 Millionen bei den Aquarien und bei den Kleintieren von ca. 3 Millionen auf 6 Millionen - zu verzeichnen.

Während Haustiere noch vor einigen Jahrzehnten vor allem von Essensresten aus dem Haushalt der gastgebenden Familie gefüttert wurden werden deutsche Hunde und Katzen heute zu 90 % mit industriell gefertigtem Fertigfutter ernährt. Die Produktpalette hat sich auf "punktgenaue" Abstimmung für das Tier ausdifferenziert. So gibt es rassen- und altersspezifisches Futter, "Indoor"- und "Outdoor"-Futter für Katzen, Spezialfutter für Hunde mit Verdauungsstörungen usw. Der führende Fachdiscounter bietet über 10.000 verschiedene Artikel an. Die Umsätze für Heimtier-Fertignahrung lagen 2009 bei 2,69 Milliarden Euro, für Zubehör wie Hundekauknochen, Katzenstreu und Kratzbäume wurden 909 Millionen Euro ausgegeben.[1][2] Damit liegen die Deutschen nach den Briten und Franzosen im europäischen Vergleich in der Spitzengruppe.

Volkswirtschaftlicher Nutzen

Genauere Aufschlüsse über den „Wirtschaftsfaktor Heimtier“ geben österreichische Studien. In der Alpenrepublik sichert alleine die Hundehaltung 5.600 Arbeitsplätze. Jährlich werden 150 Millionen Euro durch die öffentlichen Kassen eingenommen, die Beseitigung von Kot und Krankenhauskosten durch Hundebisse sind hierbei schon abgezogen. Für Deutschland können diese Werte etwa durch Multiplikation mit dem Faktor 10 abgeschätzt werden. In einer weiteren österreichischen Studie wurde errechnet, dass Hundehalter von Geburt bis zum Tod ihres Vierbeiners durchschnittlich 14.000 Euro ausgeben. Von diesen Ausgaben profitiert selbst noch die Automobilindustrie, da Hundehalter oft Kombis anstatt der billigeren Limousinen kaufen.

Nach einer Schätzung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung sparen die deutschen Krankenkassen durch das Halten von Haustieren 5,6 Milliarden Euro jährlich. Wer ein Haustier hat, geht im Schnitt seltener zum Arzt als Menschen ohne Haustier.

Im Jahr 2014 ist zum ersten Mal eine Studie erschienen, die die gesamtwirtschaftlichen Effekte der Heimtierhaltung für Deutschland umfassend abbildet und quantifiziert. Die von Renate Ohr, Universität Göttingen, angefertigte "Heimtierstudie" bezieht nicht nur Umsatzzahlen zu Heimtierernährung oder Zubehör ein, sondern auch die Ausgaben und Umsätze für die Heimtiergesundheit, Zucht, Tierversicherungen, Tierpensionen, Tierbestattungen, Hundeschulen, Tierheimen, Tierbüchern und vieles mehr – jeweils getrennt nach Hunden, Katzen, Ziervögeln, Zierfischen, Kleintieren. Nach dieser Studie bewirkt Deutschlands Heimtierhaltung insgesamt einen jährlichen Umsatz von über 9,1 Mrd. Euro, womit ca. 185.000 - 200.000 Arbeitsplätzen verbunden sind. Neben dieser messbaren Wertschöpfung gibt es auch noch ökonomische und soziale Erträge, die nicht oder nicht vollständig in das Sozialprodukt eingehen, wie die Dienstleistungen der „Gebrauchshunde“ oder die Auswirkungen der Heimtierhaltung auf Gesundheit und Lebensqualität.[3]

Marktentwicklung

Das Trendtier, das Umsatzwachstum verspricht ist die Katze. In der tiefenpsychologischen Analyse von Rheingold - einem Marktforschungsunternehmen - wurde die Katze als "Kuschel-Katalysator", "erhabene Spiegelung" oder einfach als "Stück natürlicher Überlebenskunst" symbolisiert: "Durch diese Rückbesinnung auf die Natur hofft man, sich auch selbst ein Stück mit der widerstandsfähigen Überlebenskunst der Katze ausrüsten zu können und sich auf diese Weise selbst gegen härter werdende Zeiten und den Großstadtdschungel zu wappnen."

Das Argument, kein Geld zu haben, spielt nach Umfragen bei der Entscheidung für oder gegen ein Haustier so gut wie keine Rolle. Nach Branchenbeobachtungen hat sich die Rolle der Haustiere dahingehend verändert, dass sie wie Familienmitglieder und manchmal wie Kinder behandelt werden.

Entsprechende Verschiebungen sind auch bei den Preiskategorien der Heimtierprodukte festzustellen: Hunde- und Katzenhalter kaufen zunehmend Noname-Produkte und somit besonders billig oder aber besonders teuer ein. Das mittlere Preissegment, in dem sich die klassische Markenware bewegt, gerät in Bedrängnis. Discounter wie Aldi und Lidl haben sich bereits einen Marktanteil von rund 30 Prozent erkämpft.

Unter dem Druck des Discounthandels suchen die Markenanbieter nach neuen Verwöhn-Produkten. Im Waltham Centre for Pet Care & Nutrition, 150 km nördlich von London werden von ca. 50 Wissenschaftlern an tausend Labortieren neue Produkte erprobt. Ein Schwerpunkt des Interesses liegt auf der Frage, wie man Fürze und schlechten Maulgeruch von Hunden am besten entschärfen kann.

Einzelnachweise

  1. IVH: Der Deutsche Heimtiermarkt: Struktur & Umsatzdaten (PDF; 636 kB)
  2. http://www.ivh-online.de/fileadmin/user_upload/Der_Deutsche_Heimtiermarkt_2012.pdf
  3. Heimtierstudie

Weblinks

Industrieverband Heimtierbedarf

Renate Ohr: Heimtierstudie