Heinz Jercha

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Gedenktafel am Haus Heidelberger Straße 35, in Berlin-Neukölln

Heinz Jercha (* 1. Juli 1934 in Berlin; † 27. März 1962 ebenda) war ein Todesopfer an der Berliner Mauer. Der Fluchthelfer wurde von der Staatssicherheit an einem Fluchttunnel in der Heidelberger Straße angeschossen und starb in West-Berlin.

Leben

Heinz Jercha war von Beruf Fleischer und lebte mit seiner Frau und dem gemeinsamen Kind in West-Berlin, stammte aber aus dem Ostteil der Stadt und war in den Westen geflüchtet. Er engagierte sich seit Anfang 1962 mit seinem früheren Kollegen Fritz Wagner in einer Fluchthilfegruppe in Neukölln, die in der Heidelberger Straße 35 einen Fluchttunnel in den benachbarten Ost-Berliner Bezirk Treptow baute, der in der Heidelberger Straße 75 endete. Die ersten Fluchten gelangen am 21. März 1962. Bei einer weiteren Aktion begab er sich am 27. März durch den Tunnel in den Osten. Dort warteten Stasi-Mitarbeiter auf die Fluchthelfer und beschossen diese. Heinz Jercha wurde von einem Querschläger in die Brust getroffen und schleppte sich durch den Tunnel zurück nach West-Berlin. Dort erlag er seinen Verletzungen.

In der Gruppe war neben Harry Seidel auch Fritz Wagner aktiv, der für die Fluchthilfe Geld von den Flüchtlingen nahm. Seidel und Jercha übernahmen die Aufgabe, die fluchtwilligen DDR-Bürger am östlichen Ende des Tunnels abzuholen. Sie waren bewaffnet. Hinter dem Rücken von Wagner organisierten die beiden Fluchten von Studenten. Ein Anwohner auf West-Berliner Seite, der als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) „Naumann“ für die Staatssicherheit arbeitete, verriet den Tunnel. Das MfS entwickelte daraufhin den Plan, Harry Seidel als Anführer festzunehmen und den Tunnel zu schließen. Seit dem 24. März überwachte es den Tunnel. Am Todestag von Jercha verhalf dieser zusammen mit Seidel zuerst einem älteren Ehepaar zur Flucht. Bei der zweiten Ankunft in Ost-Berlin hatte das Festnahmekommando den Einsatzbefehl bekommen, inklusive der Option Waffengewalt anzuwenden. Heinz Jercha begab sich in den Hausflur, um die Flüchtlinge abzuholen, traf dort auf das Kommando und ergriff die Flucht. Die Mitarbeiter des MfS eröffneten das Feuer.

Gedenktafel, Kiefholzstraße 79, in Berlin-Plänterwald

Nach Dieter Wohlfahrt war er der zweite Fluchthelfer, der an der Mauer starb. Sein Tod führte in West-Berlin zu Protesten. Bei seiner Beerdigung waren Vertreter des Berliner Senats, der West-Berliner Bezirke und des Bundes anwesend. Seine Hinterbliebenen erhielten Kriegshinterbliebenenrente. Nach der deutschen Wiedervereinigung wurden vier ehemalige Stasi-Mitarbeiter als Schützen ermittelt. Das Verfahren wurde eingestellt, da Heinz Jercha die Grenze zu Ost-Berlin bewaffnet übertreten hatte.

Literatur

  • Christine Brecht: Heinz Jercha, in: Die Todesopfer an der Berliner Mauer 1961–1989, Links, Berlin 2009, S. 73–75.

Siehe auch

Weblinks

Commons: Heinz Jercha – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien