Hermann Lismann

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Hermann Lismann (* 4. Mai 1878 in München; † April 1943 im KZ Majdanek) war ein deutscher Maler und Hochschullehrer.

Leben

Lismann wurde in München geboren als Sohn des Kunstverein-Mitglieds,[1] Handelsrichters, Kupferhütten- und Walzwerkbesitzers[2] Benjamin Lismann[3] und seiner Frau Julia, geb. Banz.

Er studierte von 1898 bis 1903 in München und Lausanne Philosophie und Kunstgeschichte, seit 1900 an der Münchener Akademie Malerei bei Heinrich Knirr und Franz Stuck.[4] 1903/04 lebte er in Rom, 1904 bis 1914 im Kreis deutscher, dem Fauvismus nahestehender Künstler des Café du Dôme in Paris, so mit Rudolf Levy und Wilhelm Uhde.[5] Mit Lodewijk Schelfhout malte Lismann 1911 in Südfrankreich.

1914 ging er nach Frankfurt am Main. Im Ersten Weltkrieg war Lismann vier Jahre lang Soldat und Mitarbeiter des Roten Kreuzes. Erst 1919 beschäftigte er sich wieder mit Malerei. 1921 beteiligte er sich an der Ausstellung Deutsche Kunst in Baden-Baden.[6] Lismann schrieb Aufsätze, Gedichte, Feuilletons, Theater- und Musikkritiken. Seit 1922 war er in der Erwachsenenbildung tätig. Für das Volksbildungsheim Frankfurt am Main leitete er Kurse und „Städelaufführungen“. Im Städel hatte er ein eigenes Atelier und eine eigene Malschule,[7] wo Mitte der 1920er Jahre der spätere Regisseur Hanuš Burger einer seiner Schüler war.[8] 1929 bis 1934 war er Lektor für Technik der Malerei und Philosophie der Kunst an der Universität Frankfurt.

Nach 1933 wurden Lismanns Arbeiten als „entartet“ aus der Städtischen Galerie Frankfurt und aus dem Städtischen Museum Wuppertal entfernt. 1934 erhielt er als Jude Berufsverbot, durfte 1935 aber noch am Institut der Jüdischen Gemeinde lehren. In dieser Zeit hatte der Kulturbund Deutscher Juden ein „Studio für bildende Kunst“ eingerichtet, wo Lismann in einem Atelier Maler fortbildete.[9] 1938 emigrierte er über Paris nach Tours.[10] In Frankreich wurde er 1939 im Lager Gurs interniert, konnte jedoch 1940 nach Montauban fliehen. 1942 wurde er von Behörden des Vichy-Regimes verhaftet und am 4. März 1943 in das KZ Majdanek deportiert.[11] Hier starb er im April 1943.[12]

Anlässlich des 100. Geburtstag der Universität Frankfurt ist am 17. Okt. 2014 ein Stolperstein für ihn am Untermainkai 68-72 verlegt worden.

Malerei

Lismanns Malerei wurde durch den Nationalsozialismus und den Zweiten Weltkrieg teilweise zerstört. 1959 und 1968 wurden in Frankfurt am Main Ausstellungen seiner erhaltenen Bilder durchgeführt.[13] In seinen Bildern setzte er sich mit den zeitgenössischen, insbesondere post-impressionistischen Strömungen der Malerei auseinander. Er schuf vor allem Bildnisse (u. a. Die Frau des Malers, 1908, Badende Knaben, um 1920[14]) und mediterrane Landschaften.

Schriften

  • Die Schule des Malers. In: Kunst für Alle. Band 20, S. 202, Verlag F. Bruckmann, München 1905.
  • Wege zur Kunst. Betrachtungen eines Malers. München u. a. 1920 (digitalisierte Ausgabe)
  • Die Elemente der bildenden Darstellung und Grenzen der Künste (im Nachlass)

Literatur

  • Joseph Walk (Hrsg.): Kurzbiographien zur Geschichte der Juden 1918–1945. Saur, München u. a. 1988, ISBN 3-598-10477-4.
  • Lismann, Hermann. In: Große Bayerische Biographische Enzyklopädie. K. G. Saur Verlag, München, Verlag Walter de Gruyter, Berlin 2005, S. 1193.
  • Johannes Weisbecker (Hrsg.): Hermann Lismann 1878–1943. Gedächtnisausstellung zum 80. Geburtstag. Frankfurt am Main 1959. (Ausstellungskatalog)
  • Christina Uslular-Thiele (Hrsg.): Hermann Lismann 1878–1943. Ein Frankfurter Maler. Frankfurt am Main 1979. (Ausstellungskatalog, Tagungsband)
  • Annette Gautherie-Kampka: Hermann Lismann. Deutsche Maler des Café du Dôme. In: Weltkunst. 66 (1996) 19, S. 2248 f.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Bericht über den Bestand und das Wirken des Münchener Kunstvereins während des Jahres 1867. Gotteswinter & Mößl, München 1868, S. 20 (online)
  2. Bayerischer Kurier (München), Nr. 181 vom 4. Juli 1864, S. 1296 (online)
  3. Benjamin Lismann stammte offenbar aus Büdingen im Großherzogtum Hessen. – Vgl. Allgemeine Zeitung des Judenthums (Leipzig), Nr. 26 vom 25. Juni 1861, Band 20, S. 368 (online)
  4. Hermann Lismann (Matrikelnummer 2563) im Matrikelbuch der Akademie.
  5. Reggy Havekes-van Creij, Sabine Fehlemann: Von Waldmüller bis Warhol. Gemälde des 19. Und 20. Jahrhunderts im Von der Heydt-Museum Wuppertal. Stiftung Museum Schloss Moyland, 1998, S. 96.
  6. Deutsche Kunst. Ausstellung, Baden-Baden, 1921., Katalog, abgerufen im Portal bad-bad.de am 26. Januar 2014.
  7. Institut für Stadtgeschichte, Karmeliterkloster, Frankfurt am Main: Beständeübersicht der Abteilung „Sammlungen“: 3.6.17 Nachlässe, Adels- und Familienarchive „Li–Lz“: Lismann, Hermann (Signatur: S 1/81), abgerufen im Portal stadtgeschichte-ffm.de am 26. Januar 2014.
  8. Hanuš Burger: Der Frühling war es wert. Erinnerungen. C. Bertelsmann Verlag, München 1977, S. 33.
  9. Galia Bar Or: Mordechai Gumpel, Webseite im Portal museumeinharod.org.il (Museum of Art Ein Harod), abgerufen am 26. Januar 2014.
  10. Alfred Werner: Lismann, Hermann. Webseite (nach Angaben der Encyclopaedia Judaica) im Portal jewishvirtuallibrary.org, 2008, abgerufen am 26. Januar 2014.
  11. The Holocaust Chronicle
  12. Martin Papenbrock: Entartete Kunst, Exilkunst, Widerstandskunst in westdeutschen Ausstellungen nach 1945. Eine kommentierte Bibliographie. (Schriften der Guernica-Gesellschaft, Band 3). Verlag und Datenbank für Geisteswissenschaften, Weimar 1996, ISBN 3-932124-09-X, S. 491.
  13. Die vom Frankfurter Kunstverein 1959 durchgeführte Ausstellung zeigte 132 seiner Werke. - Vgl. Alfred Werner (jewishvirtuallibrary.org).
  14. Academic Nudes of the 19th Century, Webseite vom 17. Dezember 2012 im Portal academicnudes19thcentury.blogspot.de, abgerufen am 26. Januar 2014.