Innengang

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Beim Innengang oder Einwärtsdrehgang[1] (englisch in-toe walking[2] oder in-toing) zeigen die Großzehen während des Gehens zueinander und der Fuß rollt über die Außenseite ab. Dadurch kommt es zu einem verstärkten Verschleiß in den Fußgelenken, in den Kniescheiben und auch in den Hüftknochen. Neben Einwärtsgang der Füße gibt es den sogenannten Kniebohrgang englisch kneeing in.[3][4]

Beim Kleinkind ist der Innengang oft eine vorübergehende Erscheinung, die unbedenklich ist. Ab ca. dem 10. Lebensjahr sollte sich das Gangbild normalisiert haben und der Fuß gerade bis leicht nach außen gedreht abrollen. Das Gegenstück zu diesem Phänomen nennt sich „Auswärtsgang“ oder die „Außenrotationsfehlstellung“.[5]

Unterteilung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Einwärts-, Innen- oder Zeheninnengang wird in der Fachsprache als Innenrotationsgang bezeichnet. Dabei stehen die Füße nicht parallel zueinander, sondern sind „einwärts gedreht“ (Innenrotation). Dieses Gangbild kommt insbesondere bei Kleinkindern vor und hat zumeist keine krankhaften Ursachen. Der Oberschenkel ist beim Kleinkind oftmals nach innen gedreht, die Knie zeigen also nicht genau nach vorne.[6]

  • englisch Femoral Anteversion[7] – Verdrehung des Oberschenkelknochen (lateinisch Femur) unterhalb des Hüftknochens – kann eventuell durch zu häufiges Sitzen auf dem Boden begünstigt werden, wobei die Beine eine sogenannte W-Position (Najadensitz) bilden. Es treten nur selten funktionelle Probleme auf.[2] Die Fehlstellung normalisiert sich in der Regel bis zum 13. oder 14. Lebensjahr.
  • englisch Internal Tibial Torsion[8] – verdrehte Schienbeinknochen (lateinisch Tibia) Veränderungen in Unterschenkeln oder Knien. Eine Form bei Babys und Kleinkindern, die zumeist durch die Lage im Uterus während der Schwangerschaft entsteht und sich im Laufe des Wachstums normalisiert.[2] Die Fehlstellung normalisiert sich zumeist bis zum 6. oder 7. Lebensjahr.
  • lateinisch Metatarsus Adductus[9] – gebogener Mittelfußknochen, kann bei Kleinkindern auftreten, die überwiegend auf dem Bauch schlafen. Bei ausgeprägteren Problemen kann ein Arzt spezielle Schuhe oder Schienen verschreiben. Eine Operation zur Streckung der Füße ist nur in sehr seltenen Fällen erforderlich.[2]

Psychomotorischer Innengang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

In einigen Fällen ist der Innengang eine Folge eines Senk- oder Knicksenkfußes, der im Normalfall nur über die Großzehe abrollen kann und dabei den Fuß nach außen dreht. Bei manchen Menschen – überwiegend bei Mädchen – wird diesem, ebenfalls schädlichen Gangbild im Unterbewusstsein entgegen gesteuert, um die Großzehen zu entlasten. Man nennt dieses den psychomotorischen Innengang. Wird der Senkfuß nach innen gedreht, muss er über die Kleinzehen abrollen. Dabei kommt es zwangsläufig dazu, dass das Fersen- und Schienbein mit nach innen gedreht wird. Die Folge: übermäßiger, einseitiger Verschleiß in den Knie- und Hüftgelenken.

Der Innengang kann aber auch andere, wachstumsbedingte oder angeborene Gründe haben, welche die Konsultation eines auf Kinderfüße und Beine spezialisierten Facharztes für Orthopädie oder eines Therapeuten erforderlich machen.

Therapie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine individuelle Einlagentherapie führt zur Normalisierung des Gangbildes und Stabilisierung der Fußmuskulatur. Diese Einlagentherapie wird wie folgt eingeleitet:

  • Gut ausgeprägte Stützeinlagen nach Gipsabdruck (beim Knickfuß mit Fersenkorrektur)
  • Augenscheinliche Gangbildkontrolle nach 3–6 Monaten
  • Sofern das Gangbild und Abrollverfahren bis dahin nicht neutral sind, werden an den Einlagen mediale Stützstreifen angebracht. Diese sorgen dafür, dass der Innengang unbequem wird.

Typischerweise nach wenigen Wochen programmiert sich die Muskelsteuerung dementsprechend um und das Kind geht normal.

Die zunächst häufig verordneten Weichschaumeinlagen erbringen meist keinen zufriedenstellenden Therapieerfolg.

Die Behandlung sollte ab dem 4. Lebensjahr erfolgen. Vorab ist zu klären, ob das Gangverhalten durch einen Senkfuß herbeigeführt wird. Die Verabreichung von speziell angefertigten Maßeinlagen mit einer Innengewölbekorrektur und einem an den Außenseiten der Einlagen unterklebten Abrollunterstützungskeil reicht aus, um das Gangbild in einem Zeitraum, der zwischen zwei Wochen und acht Monaten liegt, zu normalisieren. Begleitend gehört auch die Fußgymnastik in diese Therapiemaßnahme.

Bei Kindern und Jugendlichen bleiben Eingewöhnungsprobleme in der Regel aus. Bei Erwachsenen kann es durch die Einlagentherapie vorkommen, dass Spannungsschmerzen vom Fuß aus bis über die Waden in den Hüften auftreten können.

Wichtig ist vor der Einlagenverordnung, dass vorher das Gangbild genau geprüft und festgehalten wird, damit der laterale Keil richtig positioniert werden kann.

Folgen vom untherapierten Innengang[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Das Gewölbe kann sich durch die Anspannung während des Abrollens dauerhaft in Richtung Hohlfuß verformen.
  • Hüft- und Knieprobleme treten oft in oder nach der Pubertät auf.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • H. Scheier: Einwärtsgang und Rückbildung der Antetorsion des Schenkelhalses. In: Archiv für orthopädische und Unfall-Chirurgie, mit besonderer Berücksichtigung der Frakturenlehre und der orthopädisch-chirurgischen Technik. Band 61, Nr. 3, September 1967, ISSN 1434-3916, S. 262–266, doi:10.1007/BF00416439, PMID 5590889.
  • Innengang der Füße: Was tun, wenn das Kind mit den Füßen nach Innen läuft? In: Neue Osnabrücker Zeitung. 6. Februar 2017 (noz.de).
  • Olga M. Morozova, Thomas F. Chang, Mackenzie E. Brown: Toe Walking: When Do We Need to Worry? In: Current Problems in Pediatric and Adolescent Health Care. Band 47, Nr. 7, Juli 2017, ISSN 1538-5442, S. 156–160, doi:10.1016/j.cppeds.2017.06.004, PMID 28716514 (englisch).
  • Ronald Verch, Anja Hirschmüller, Juliane Müller, Heiner Baur, Frank Mayer, Steffen Müller: Is in-toing gait physiological in children? – Results of a large cohort study in 5910 healthy (pre-) school children. In: Gait & Posture. Band 66, 2018, ISSN 0966-6362, S. 70–75, doi:10.1016/j.gaitpost.2018.08.019, PMID 30170136 (englisch).
  • Sontka Tamm: Differenzialdiagnosen in der Kinderosteopathie. Hrsg.: Torsten Liem, Christina Lenz, Cristian Ciranna-Raab. 2019. Auflage. Thieme Verlag, Stuttgart 2019, ISBN 978-3-13-220711-0, 15 Gangbild, Auffälligkeiten des – Einwärtsgang, S. 71–73, doi:10.1055/b-0039-168526.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Engelhardt Lexikon Orthopädie und Unfallchirurgie. In: Lexikon-Orthopaedie.com. Abgerufen am 27. Mai 2020.
  2. a b c d In-toe walking – Paediatric Orthopaedics. Oxford University Hospitals (OUH), abgerufen am 27. Mai 2020.
  3. Alexander Schuh, Wolfgang Hönle: Sie sitzt zwischen ihren Fersen – ist das normal? In: MMW – Fortschritte der Medizin. Band 158, Nr. 13, 2016, ISSN 1613-3560, S. 7, doi:10.1007/s15006-016-8468-6.
  4. Susanne Klein-Vogelbach: Kniebohrgang. In: Gangschulung zur Funktionellen Bewegungslehre (= Rehabilitation und Prävention. Band 16). Springer-Verlag, Berlin / Heidelberg 2013, ISBN 978-3-642-50985-8, S. 106, doi:10.1007/978-3-642-50985-8 (books.google.de – Leseprobe).
  5. Klaus Buckup, Lars-Christoph Linke: Kinderorthopädie. 2., neu bearb. und erw. Auflage. Georg Thieme Verlag, Stuttgart / New York 2001, ISBN 3-13-697602-9, S. 43–44 (books.google.de – Leseprobe).
  6. Hintergrundwissen Knochen und Muskeln – Was alles normal ist. In: Gesundheit für Kinder: Kinderkrankheiten verhüten, erkennen, behandeln. Abgerufen am 27. Mai 2020.
  7. Femoral Anteversion. hopkinsmedicine.org, abgerufen am 27. Mai 2020 (englisch).
  8. Internal Tibial Torsion. hopkinsmedicine.org, abgerufen am 27. Mai 2020 (englisch).
  9. Metatarsus Adductus. hopkinsmedicine.org, abgerufen am 27. Mai 2020 (englisch).