Ironie des Schicksals

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Film
Titel Ironie des Schicksals
Originaltitel Ирония судьбы, или С легким паром
(Ironija sudby, ili S ljochkim parom)
Produktionsland UdSSR
Originalsprache Russisch
Erscheinungsjahr 1975
Länge 184 Minuten
Altersfreigabe
Stab
Regie Eldar Rjasanow
Drehbuch Emil Braginski
Eldar Rjasanow
Produktion Mosfilm
Musik Mikael Tariwerdijew
Kamera Wladimir Nachabzew
Besetzung

Ironie des Schicksals (russisch Ирония судьбы или С лёгким паром/ Ironija sudby ili S ljochkim parom, eigtl. Ironie des Schicksals oder Mit leichtem Dampf) ist ein sowjetischer Fernsehfilm von Eldar Rjasanow aus dem Jahre 1975. In den Hauptrollen spielten Andrei Mjagkow und die polnische Schauspielerin Barbara Brylska. Bis heute wird der Film im russischen Fernsehen jedes Jahr am Neujahrstag ausgestrahlt und genießt Kultstatus. Er gehört so sehr zum russischen Neujahrs-Fernsehprogramm, wie Dinner for One zum deutschen Silvester-Fernsehprogramm.[1]

Der über dreistündige Film ist eine romantische Liebeskomödie, er besteht aus zwei Teilen, die üblicherweise mit einer kurzen Unterbrechung hintereinander gezeigt werden.

Die Erstausstrahlung des Films im sowjetischen Fernsehen erfolgte am 1. Januar 1976. Direkt danach trafen die Telegramme begeisterter Zuschauer im Minutentakt beim Sender ein. Bis zur ersten Wiederholung des Films am 7. Februar hatten Zehntausende Russen ein Telegramm oder einen Brief geschickt. Der Film wurde auch im Kino gespielt, mit einer reduzierten Zahl von 295 Kopien und ca. 7. Millionen Zuschauern.

Geschichte und Originalfilmtitel

Der Film ist eine Verfilmung des Bühnenstücks „Herzlichen Glückwunsch zur Sauna!, oder Es war einmal in einer Neujahrsnacht.“ von Emil Braginski und Eldar Rjasanow, die später auch das Drehbuch geschrieben haben. Das Stück wurde 1969 geschrieben und wurde bis zum Filmdreh bereits erfolgreich in einigen Theatern in der ganzen Sowjetunion aufgeführt. Mit diesem Film begann im Filmschaffen von Eldar Rjasanow eine Periode, in der er komisches und Ernstes verband, in der er sich dem Melodrama annäherte und sogar der Tragikomödie. In seiner vorherigen filmischen Schaffensperiode hatte Eldar Rjasanow seiner Meinung nach Filme gemacht, für die Vorsicht, Autodieb! ein typisches Beispiel war.

Der russische Filmtitel „Ирония судьбы или С лёгким паром!“ (deutsche Transkription: „Ironija sudby ili S ljogkim parom!“) bedeutet wörtlich übersetzt „Ironie des Schicksals oder Herzlichen Glückwunsch zur Banja!“. Wobei „S ljogkim parom!“ genau genommen „Mit leichtem Dampf!“ bedeutet, eine im deutschen Sprachraum ungebräuchliche Gratulationsformel nach dem Dampfbad.

Sofort mit Erscheinen des Films wurde es zur Tradition in der ehemaligen Sowjetunion, am Silvesterabend oder zu Neujahr diesen Film auf einem der zentralen sowjetischen Fernsehkanäle auszustrahlen, oft wurde er auch zusätzlich noch von lokalen Fernsehsendern ausgestrahlt.

Handlung

Einige Freunde treffen sich in einer Moskauer Banja, um Silvester zu feiern. Es wird Bier und Wodka getrunken, bis alle schließlich betrunken sind. Das alte Jahr in der Banja ausklingen zu lassen ist ein alter russischer Brauch, um das neue Jahr sauber zu empfangen. Ein wichtiges Utensil für den Saunagang ist der Wenik („Saunarute“).

Später fahren die vier betrunkenen Freunde zum Flughafen, da einer der Freunde am selben Abend nach Leningrad fliegen sollte. Zwei der Freunde, darunter der Held des Films Schenja, schlafen bedingt durch den übermäßigen Alkoholkonsum ein und sind nicht mehr wach zu bekommen. Die übrigen Freunde können sich nicht erinnern, wer von beiden das Flugzeug besteigen sollte. Irrtümlicherweise wird so der völlig betrunkene Schenja, die männliche Hauptfigur des Films, anstelle seines Freundes ins Flugzeug nach Leningrad gesetzt.

Er erwacht am Leningrader Flughafen in dem Glauben, nach wie vor in Moskau zu sein und nimmt ein Taxi, um nach Hause zu fahren. Er nennt dem Taxifahrer seine Adresse („3. Straße der Bauarbeiter“, Haus 25, Wohnung 12) und dieser fährt los. Es stellt sich heraus, dass es in Leningrad eine Straße gleichen Namens gibt. Zudem sieht das Neubaugebiet, in das das Taxi Schenja bringt, genau so aus, wie das in Moskau. Bereits in der Einleitungssequenz des Filmes wird mit Zeichentricksequenzen darauf verwiesen, dass die Bauten und Straßennamen überall in der Sowjetunion uniform sind.

Auch passt Schenjas Schlüssel zu der fremden Wohnung, die er – immer noch völlig betrunken – für seine eigene hält. Auch die sozialistische Standard-Inneneinrichtung ähnelt der seiner Moskauer Wohnung, sodass er seinen Irrtum nicht bemerkt und sich schlafen legt.

Kurz darauf kommt Nadja, die weibliche Hauptfigur des Films, die in der Wohnung lebt, nach Hause und findet den ihr völlig unbekannten Mann in ihrem Bett. Sie hält ihn für einen Einbrecher und versucht ihn zu vertreiben. Da er im Schlaf nur abweisend reagiert, weckt sie ihn unsanft mit einem Krug voller Wasser. Bevor sie ihn davon überzeugen kann, dass er sich in einer fremden Wohnung befindet und gehen sollte, klingelt Nadjas Verlobter Ippolit an der Tür. Ippolit verdächtigt Nadja, ihn betrogen zu haben, und stürmt empört davon.

Schenja versucht nun schnellstmöglich nach Moskau zurückzukehren, wo seine Verlobte auf ihn wartet. Unglücklicherweise gibt es zu diesem Zeitpunkt vorübergehend keine Flüge nach Moskau. Nach einigem Hin und Her verlieben sich Nadja und Schenja schließlich ineinander.

Hintergründe

Der Film ist auch eine Parodie auf die sowjetische Wohnungsbaupolitik, die Plattenbausiedlungen hervorbrachte, die im ganzen Land gleich aussahen, so wie auch die einzelnen Häuser, die Wohnungen und deren Inneneinrichtungen immer gleich aussahen. Im Vorspann wird dieser Umstand in einem kurzen Trickfilm thematisiert.

Ironie des Schicksals ist auch ein Musikfilm. Immer wieder greifen die Protagonisten zur Gitarre und stimmen Lieder an. Dabei wurden Verse von bekannten Dichtern der Sowjetunion vertont, so etwa von Marina Zwetajewa, Boris Pasternak, Bella Achmadulina, Wladimir Kirschon, Jewgeni Jewtuschenko, Michail Lwowski, Alexander Aronow und Alexander Kotschetkow (ohne Musik vorgelesen). Für die deutsche Fassung des Films (Premierdatum: 31. Oktober 1976, Deutsche Demokratische Republik) wurden Lieder und Gedichte von Boris Brainin (Sepp Österreicher) nachgedichtet.[2][3]

Sonstiges

  • Die Polin Barbara Brylska hat zwar den gesamten Text auf Russisch gesprochen und gesungen, wurde wegen ihres polnischen Akzents im Film jedoch von Walentina Talysina synchronisiert. Dabei spielt Talysina auch eine Rolle im Film (Walja, die Freundin von Nadja). Deswegen spricht sie in zwei Szenen quasi mit sich selbst. Durch gekonnte Schauspielkunst und unterschiedliche Intonationen ist dies für den Zuschauer jedoch kaum zu merken.
  • Alla Pugatschowa und Sergei Nikitin, die die Lieder statt der Darsteller Barbara Brylska und Andrei Mjagkow gesungen haben, sind nicht in den Credits erwähnt.
  • Eldar Rjasanow spielte in einem Cameo-Auftritt einen entnervten Passagier im Flugzeug, der ständig vom betrunkenen Schenja Lukaschin angerempelt wird. Rjasanow spielt in jedem seiner Filme eine Gastrolle. In der Fortsetzung, Ironija Sudby. Prodolschenije, hat Rjasanow seinen Gastauftritt übrigens nochmals wiederholt und durfte sich abermals anrempeln lassen – diesmal von Konstantin Chabenski.
  • Die Dreharbeiten fanden im Plattenbau in Moskau am Wernadski-Prospekt 125 statt. Das Leningrader Haus wurde in Wirklichkeit in der Nachbarschaft, am Wernadski-Prospekt 113, gedreht. Obwohl die beiden Häuser die typischen Standardplattenbauten der Sowjetunion darstellen sollen, gehörten sie in Wirklichkeit zu einem Experimentalprojekt.
  • Das Haus unter Wernadski-Prospekt 125, wurde bereits 1970 von Vittorio De Sica im Film Sonnenblumen gefilmt – in der gleichen Einstellung wie in Ironie des Schicksals.
  • Nadja macht Lukaschin etwas vor: ihre Wohnung hat keine 32 m² Wohnfläche, sondern um einiges mehr.
  • Beim ersten Besuch von Ippolit bei Nadja läuft im Fernsehen der Film Solomennaja Schljapka von 1974. Unter anderem taucht dort die Schauspielerin Ljudmila Gurtschenko auf, die zuvor in vielen Filmen von Eldar Rjasanow mitspielte. In Ironie des Schicksals gab es für sie keine Rolle, dennoch hat der Regisseur eine Möglichkeit gefunden, sie im Film auftreten zu lassen.
  • Eine Legende lautet, dass der Satz „Jetzt kommt Warmes“ [Wasser] improvisiert wurde. Beim Dreh dieses Takes soll aus dem Wasserhahn tatsächlich unerwartet warmes Wasser gelaufen sein. Das Gleiche soll auch für den Kultsatz aus dem Film gelten „Was für Sauerei eure Fischsülze doch ist“ – die Darsteller mussten essen, was in der Kantine von Mosfilm zubereitet wurde.
  • Die gleiche Flasche 5-Sterne-Kognak tauchte in 3 Episoden auf: auf dem Tisch in Moskau, in Leningrad (voll) und auf dem Tisch im Flughafenrestaurant (leer).
  • Die Schachtel „Schaumkuchen in Schokolade“ taucht zweimal auf: zu Anfang des Films wird sie verkauft, am nächsten Tag bringen Schenja Lukaschins Freunde sie mit. Es sieht fast so aus, als hätte Pawlik (gespielt von Alexander Schirwindt) die Schachtel gekauft und zwei Tage mit sich rumgetragen – denn Schaumkuchen in Schokolade war in der UdSSR nur selten zu bekommen.
  • Zuerst sollte Oleg Bassilaschwili Ippolit spielen, allerdings musste er nach dem Tod seines Vaters den Dreh absagen. Er wurde von Juri Jakowlew ersetzt. In einer Szene ist allerdings Bassilaschwili zu sehen: als Nadja sein Foto aus dem Schnee aufhebt. Diese Szene konnte nicht nachgedreht werden, weil der Schnee inzwischen abgetaut war.
  • Es hat einmal eine „3. Straße der Bauarbeiter“ in Moskau gegeben – allerdings nur bis 1958. Nun ist es die Maria Uljanowa-Straße.

Auszeichnungen

1977 wurde den folgenden Mitwirkenden am Film der Staatspreis der UdSSR für den Film Ironie des Schicksals verliehen:

  • Emil Braginski - Drehbuchautor
  • Eldar Rjasanow - Drehbuchautor und Regisseur
  • Wladimir Nachabzew - Kamera
  • Mikael Tariwerdijew - Filmmusik
  • Andrei Mjagkow - als männliche Hauptfigur Schenja Lukaschin
  • Barbara Brylska - als weibliche Hauptfigur Nadja Scheweljowa

Fortsetzung

2007 wurde eine Fortsetzung des Films Ironija Sudby. Prodolschenije gedreht, in der die Darsteller des ersten Teils Andrei Mjagkow, Barbara Brylska sowie Juri Jakowlew mitspielen, aber auch die heutigen russischen Stars. Regisseur Eldar Rjasanow weigerte sich, Regie zu führen. Dies wurde daraufhin vom russischen Starregisseur Timur Bekmambetow übernommen. Die Fortsetzung spielte bisher (bis 28. Januar 2008) allein in Russland umgerechnet 47.639.171 US-Dollar[4] ein und wurde somit zum erfolgreichsten russischen Spielfilm aller Zeiten.

Einzelnachweise

  1. Wo bin ich? in Süddeutsche Zeitung vom 29. Dezember 2012, Seite V2
  2. http://www.brainin.org/Sepp_Oesterreicher/
  3. „Ironie des Schicksals oder Gut Dampf“. Musik aus dem russischen Kultfilm. Artikel vom 4. Januar 2009, abgerufen am 21. Juli 2015.
  4. http://www.kinobusiness.com/content/view/341/37/ (russisch)

Weblinks