Justizvollzugsanstalt Oslebshausen

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Vorlage:Justizvollzugsanstalt

Die Justizvollzugsanstalt Oslebshausen, früher Strafanstalt Oslebshausen, ist Teil der Justizvollzugsanstalt (JVA) Bremen im Stadtteil Gröpelingen, Ortsteil Oslebshausen, Sonnemannstraße 1–7. Sie entstand seit 1871.

Geschichte

Hauptgebäude der JVA
Direktorenwohnhaus von 1890
Eingang der ehemaligen Jugendstrafanstalt Blockland
Inspektoren- und Lehrerhaus von 1890
Predigerwohnhaus von 1891
Meierei von 1874
Eines der Beamtenwohnhäuser von 1874 oder 1878

Die Gebäudegruppe

Gründungsphase

Die Strafanstalt Oslebshausen wurde kontinuierlich seit 1871 in der Epoche des Historismus im Stil der Neogotik erbaut. Die rotsteinsichtigen Bauten von 1871 bis 1874 entsprachen den Plänen des Architekten und Baudirektors Alexander Schröder. Bauleiter war der Architekt und Bauinspektor Johannes Rippe. Die Anstalt bekam im Volksmund wegen der roten Backsteinfassaden damals die Bezeichnung Rotenburg. Die Gefängnistrakte sind nach dem Einzelzellensystem gebaut worden, die an breiten, langen Mittelfluren liegen. Im Keller befanden sich Wirtschafts- und Arbeitsräume. Zuchthaus und Gefängniszellen waren in verschiedenen Flügeln. Dazwischen befanden sich Verwaltungs- und Krankenräume. Anfänglich gab es zwei Höfe für die Gefangenen. In der Mitte der Anlage befand sich die Kapelle.

Zur denkmalgeschützten Gebäudegruppe gehören an der Sonnemannstraße 1 bis 7 das Direktorenhaus von 1890, das Hauptgebäude der Strafanstalt von 1871/74 (Umbau 1881), das Neue Zuchthaus von 1913/14 von der Hochbauinspektion, das Wirtschafts- und Küchengebäude von 1926, das Inspektoren- und Lehrerhaus von um 1890, die Meierei von 1874, das Frauengefängnis (auch Weiberanstalt genannt) von 1883/85 (Umbau 1949), das Predigerwohnhaus von 1891 von Heinrich Flügel und das Inspektorenhaus von 1890.

Am Kammerberg 8 bis 22 stehen die vierzehn Beamtenwohnhäuser (von 1871–1874, andere Quellen 1878) von Alexander Schröder und Johann Rippe. Diese Häuser sind seit längerer Zeit privatisiert.[1]

Die Zahl der Insassen nahm stark zu. Von 1880 bis 1883 wurden deshalb die Flügel verlängert und aufgestockt. Von 1889 bis 1894 (andere Quellen 1885) entstand das Weibergefängnis mit Gefängnis- und Zuchthausflügel.

Weiterer Aus- und Umbau

Von 1912 bis 1914 erfolgte der Bau eines neuen Zuchthauses, heute Abteilung der Untersuchungshaft, das wegen des Ersten Weltkrieges bis zum jetzigen Zeitpunkt architektonisch unvollendet blieb.

Nach 1945 wurden die Kriegsschäden beseitigt, verschiedene Gebäude saniert, weitere Werkstätten errichtet, der Verwaltungsflügel Haus IV erneuert und 1950 das eingeschossige Wirtschaftsgebäude von 1906 zum Werkhaus I mit zwei Geschossen umgebaut sowie 1951 das Lazarett erweitert. Bis 1954/55 kamen der Wiederaufbau der Schlosserei, das Werkhaus II, Räume für die Malerei und die Scheune für den Landwirtschaftsbetrieb hinzu.

1968 kam der Bau der Jugendstrafanstalt Blockland. 2004 wurde der Standort Blockland aufgegeben.

1970/71 wurde das historische Eingangstor abgerissen und ein neues Pförtnerhaus errichtet. Von 1976 bis 1979 entstand außerhalb der Strafanstalt ein Haus für den offenen Vollzug am Standort Fuchsberg.

2004 wurde der Frauenvollzug vom Blockland in die offene Anstalt am Fuchsberg integriert.

Denkmalschutz

1993 wurde die Strafanstalt Oslebshausen unter Denkmalschutz gestellt.[2]

Die Strafanstalt

Gründung

Die Strafanstalt Oslebshausen wurde am 5. Februar 1874 eingeweiht, zunächst mit 100 Haftplätzen, jeweils 50 für Männer und 50 für Frauen in üblicher Einzelunterbringung. Sehr bald reichten die Haftplätze nicht aus, so dass die großen Häuser I + II verlängert und aufgestockt wurden. An diesem Standort entwickelte sich in den folgenden Jahren eine Justizvollzugsanstalt (JVA) für den Vollzug von Untersuchungshaft, Jugendstrafen bzw. Jugendarrest sowie Gefängnis- und Zuchthausstrafen für Männer und Frauen. Einige Häftlinge wurden u.a. noch im Arbeitshaus von 1831, am Standort der früheren Festungsanlage Auf der Herrlichkeit/Teerhof, bis 1922 untergebracht. Um 1900 war in Oslebshausen Raum für 368 Gefangene. In der Anstalt wurden und werden gewerbliche Arbeiten ausgeführt.

Hinrichtungen

Bis 1914 fand 1908 nur eine Hinrichtung mit der Guillotine, die des Mörders E. Pohl, statt. Die letzte Hinrichtung davor war 1831 die der Gesche Gottfried auf dem Domshof. 1922 erfolgte als letzte Hinrichtung in Oslebshausen, die des Raubmörders W. Engel. In der Zeit des Nationalsozialismus fanden Hinrichtungen im Allgemeinen in Hamburg statt.

20./21. Jahrhundert

Gegen Ende des Ersten Weltkrieges nahm die Zahl der Häftlinge stark zu. Am 6. November 1918 wurden hier auch 200 meuternde Marinesoldaten aus Wilhelmshaven untergebracht und 8. November wieder entlassen. 1918/19 fanden die Entlassungen von politischen Häftlingen und auch die von Ausländern statt. Neuer Direktor wurde 1919 Emil Sonnemann (SPD), der für einen humanen Strafvollzug eintrat. Ein Gefangenenbeirat wurde gebildet. 1931 schlossen die norddeutschen Länder Braunschweig, Bremen, Hamburg, Lübeck und Oldenburg einen Vertrag zur gemeinsamen Verwaltung ihrer Haftanstalten. Oslebshausen war nun das Zuchthaus für die Schwerverbrecher dieser Länder, mit einer kleinen Gefängnisabteilung.

Nach der NS-Machtübernahme 1933 wurde Sonnemann abgesetzt und der SA-Führer Wegener sein Nachfolger. Dieser gestaltete den Strafvollzug entsprechend den Vorstellungen der Nazis: Abschreckung und Disziplinierung statt Wiedereingliederung. Die Zahl der politischen Häftlinge nahm deutlich zu. Viele Gefangene kamen in Außenlager wie die Emslandlager. Ab 1938 wurden auch Juden, 1939 waren es 54, untergebracht. Im Zweiten Weltkrieg mussten Gefangene beim Bunkerbau arbeiten. Sie kamen vor Ort im Barackenlager unter.

1945 wurde die wenig zerstörte Anlage von der britischen und dann von der US-amerikanischen Besatzungsmacht übernommen. Sonnemann wurde wieder als Direktor eingesetzt und die politischen Häftlinge entlassen. Die Zahl der Insassen verminderte sich von 1.280 auf etwa 630.

Bis 1952 wurden in der JVA Oslebshausen auch Sicherungsverwahrungen vollstreckt. Ab 1952 wurden Zuchthausstrafen in Hamburg in der Justizvollzugsanstalt Fuhlsbüttel vollzogen. Die Zuchthausstrafe wurde 1969 im Zuge der Großen Strafrechtsreform abgeschafft. Gemäß einer Verwaltungsvereinbarung von 1972 zwischen Hamburg und Bremen wurden Bremer Gefangene mit Freiheitsstrafen ab vier Jahren sowie Frauen in Fuhlsbüttel und Hamburger Gefangene mit kürzeren Strafen im Regelvollzug in Bremen untergebracht.

Die Jugendlichen wechselten 1968 in die neue Jugendstrafanstalt im nahen Bremer Blockland. Der offene Vollzug erhielt 1978 ein Haus Am Fuchsberg, das außerhalb dieser JVA lag.

1967 gab es 293 Beamtenplanstellen, davon 270 im Aufsichtsdienst und 23 im Werkdienst. Nach der Belegung der neuen Jugendstrafanstalt erhöhte sich die Zahl der Planstellen für beide Einrichtungen auf 316 Stellen.

2000 stellte ein Gutachter eine unzulängliche Organisation der JVA fest. Der Neubau einer JVA im Blockland für 350 Häftlinge war aber umstritten. Die JVA Blockland wurde 2004 geschlossen.

Seit 2012 hat die JVA nach Plänen von Jörg Schneider (GSP) ein neues Zentralgebäude zur Bündelung von zentralen Funktionen wie Sicherheitszentrale, Verwaltung, Besucherbereich, Transport- und Krankenstation sowie hundert neue Haftplätze.

Organisation

In den 1970/80er Jahren gliederte sich der Justizvollzug in das Strafvollzugsamt in der Sonnemannstraße sowie in die

  • Strafanstalt Oslebshausen bzw. JVA Oslebshausen für Männer und Frauen an der Sonnemannstraße,
  • Jugendvollzugsanstalt Blockland an der Carl-Krohne-Straße,
  • Untersuchungshaftanstalt Bremen an der Ostertorstraße,
  • Jugendarrestanstalt Lesum,
  • JVA Am Fuchsberg für den offenen Vollzug (Freigänger)
  • JVA Bremerhaven an der Nordstraße in Lehe
  • Haftanstalt Bremen-Blumenthal (zeitweise).

Ende der 1990er Jahre wurden die JVA Oslebshausen, die Jugendvollzugsanstalt Blockland, die Kurzstrafenanstalt JVA Carl-Krohne-Straße, die JVA Am Fuchsberg und die JVA Bremerhaven zur JVA Bremen zusammengefasst mit den Abteilungen Allgemeiner Vollzugsdienst und den Teilanstalten I bis VII.

Aktuell

Die Justizvollzugsanstalt Bremen umfasst drei Standorte: Sonnemannstraße, Am Fuchsberg in Bremen und Nordstraße in Bremerhaven. Zurzeit sind 370 Mitarbeiter in der JVA Bremen beschäftigt. Aktuell werden im Strafhaftbereich Oslebshausen Freiheitsstrafen bis zu acht Jahren vollzogen. Heute sind dort insgesamt ca. 500 Insassen untergebracht. Die Vollzugsbereiche Männer, Jugendliche und Untersuchungsgefangene sind in Größe und Aufgabenstellung differenziert und strikt getrennt. (Stand 2011/12)

Die Vollzugsabteilung offener Vollzug und Frauenvollzug am Standort Am Fuchsberg hat 120 Haftplätze, davon 48 für weibliche Insassen, davon wieder 42 Haftplätze im geschlossenen Frauenvollzug. (Stand 2011/12)

Der Verein Bremische Straffälligenbetreuung seit 1837 berät und unterstützt straffällig gewordene, inhaftierte und haftentlassene Erwachsene, deren Angehörige und Freunde.

Direktoren, Anstalts- oder Vollzugsleiter

  • Emil Sonnemann (1869–1950), Pädagoge und Schriftsteller, Direktor der JVA Oslebshausen (1919–1933, 1945–1950) Förderer eines humanen Strafvollzuges
  • Dr. Schlingmann, Leiter der JVA Oslebshausen (1950–1957)
  • Edmund Duckwitz, Leiter der JVA Oslebshausen (1950–1959)
  • Wolfgang Knigge, Leiter der JVA Oslebshausen (1959–1974)
  • Erhard Hoffmann, Leiter der JVA Oslebshausen (1974–1988)
  • Hans-Henning Hoff, Leiter der JVA Oslebshausen (1988–1997)
  • Dr. Ines-Ursula Kalisch, Leiterin der JVA Oslebshausen (1997–2000)
  • Dr. Manfred Otto, Leiter der JVA Bremen (2000–2007)
  • Silke Hoppe, Leiterin der JVA Bremen (2007–2010)
  • Carsten Bauer, Leiter der JVA Bremen (seit 2010).

Einzelnachweise

  1. Die Zeitangaben von Denkmalamt und JVA als Quelle unterscheiden sich teilweise.
  2. Denkmaldatenbank des LfD Bremen

Literatur, Quellen

  • Hans-Joachim Kruse: Zur Geschichte des Bremer Gefängniswesens. Bd. I-IV, Books on Demand, Bremen ab 1996, ISBN 3-8334-0762-X.
  • Herbert Schwarzwälder: Das Große Bremen-Lexikon. Edition Temmen, Bremen 2003, ISBN 3-86108-693-X.
  • Rudolf Stein: Die Strafanstalt in Oslebshausen. In: Rudolf Stein: Klassizismus und Romantik in der Baukunst Bremens, Bd. I. Bremen 1964.
  • Heinz Leinemann: Aus der Geschichte der Strafanstalt Oslebshausen. In: 1000 Jahre Bremen und seine Polizei, Bremen 1965.
  • Niels Albrecht, H.M., Andreas Eicker: Leben hinter Gittern. Die JVA Bremen-Oslebshausen. In: Bremisches Jahrbuch Nr. 78, Bremen 1999.
  • Kurt Lammek (Bearb.): Baudenkmale in der Freien Hansestadt Bremen, Band 4,4: Stadtteil Gröpelingen, (Denkmaltopographie der Bundesrepublik Deutschland), Fischerhude 1982, S. 74f..

Weblinks

Koordinaten: 53° 7′ 46,6″ N, 8° 44′ 48,3″ O