Krauss-Helmholtz-Lenkgestell

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Zeichnung eines Krauss-Helmholtz-Lenkgestell
Krauss-Helmholtz-Gestell am 1:10-Modell der Baureihe 44 im Verkehrs­museum Nürnberg
Hinteres Krauss-Helmholtz-Lenk­gestell einer TKt48 der PKP
Krauss-Helmholtz-Gestell als Ausstellungsstück im Traditionsbetriebswerk Staßfurt

Das Krauss-Helmholtz-Lenkgestell ist eine bei Dampflokomotiven und auch einigen Elektrolokomotiven verwendete Einrichtung zur Verbesserung der Kurvenlaufeigenschaften. Bei dem Lenkgestell ist eine (nicht angetriebene) Laufachse über eine Deichsel mit einer (angetriebenen) Kuppelachse so verbunden, dass im gebogenen Gleis das radiale Ausschwenken der Laufachse eine entgegengesetzte seitliche Verschiebung der Kuppelachse bewirkt. Die Geradestellung erfolgt durch Federn in der Nähe der Laufachse. Zusätzlich ist der Drehzapfen seitlich verschiebbar und wird durch starke Federn in der Mitte gehalten. Bei Kurvenfahrt verschiebt sich der Drehzapfen gegen den starken Federdruck und übernimmt damit die Führung. Hierdurch werden die seitlichen Kräfte bei der Kurvenfahrt zu etwa gleichen Teilen von beiden Achsen aufgenommen, womit sich die Laufeigenschaften denen eines Drehgestells annähern und der Verschleiß von Spurkränzen und Schienen reduziert wird. Das Lenkgestell ist benannt nach der Lokomotivfabrik Krauss und deren Chefkonstrukteur Richard von Helmholtz, dem Erfinder der Einrichtung.

Im Gegensatz zum Krauss-Helmholtz-Lenkgestell ist ein Bisselgestell unabhängig im Rahmen des Fahrzeugs gelagert, und die seitliche Führung der Lokomotive erfolgt über Federkräfte. Die Verteilung der Kräfte ist dabei nicht genau definiert und außerdem vom Kurvenradius abhängig.

Weil ein Lenkgestell seine Vorteile besonders in engen Kurven ausspielen kann, wurde es zunächst bei Nebenbahn-, Lokalbahn- und Schmalspurlokomotiven verwendet. Eine der ersten Lokomotiven mit dem Lenkgestell war die Bayerische D VIII. Bei dieser Tenderlokomotive befand sich das Gestell hinten; in der Mehrzahl der Fälle wurde es jedoch vorne oder – wenn die Lokomotive in beide Richtungen gleich gute Laufeigenschaften haben sollte – an beiden Enden der Lok angeordnet.

Später setzte sich das Lenkgestell auch bei größeren und leistungsstärkeren Lokomotiven, wie den Einheitslokomotiven der Deutschen Reichsbahn durch; z.B. bei den fünffach gekuppelten Baureihen 44, 45, 50 und 85. Die Schlepptender-Lokomotiven der Baureihen 41 und 45 hatten nur vorne ein Krauss-Helmholtz-Lenkgestell; die Schleppachse war in einem Bisselgestell gelagert. Die Tenderlokomotiven der Baureihe 85 verfügten dagegen wie ein Teil der Baureihen 64 und 86 über zwei Krauss-Helmholtz-Lenkgestelle.

Auch die Elektrolokomotiven der Reichsbahn-Baureihen E 04, E 17, E 18 und E 19 wurden mit vergleichbaren Lenkgestellen ausgestattet, genannt AEG-Kleinow-Gestell.[1] Weil die Achsen außengelagert sind, musste auch die Anlenkung des Lenkhebels außen erfolgen, ein charakteristisches Detail dieser Lokomotiven.

Beim Krauss-Helmholtz-Gestell wird die erste Kuppelachse immer noch mit einem erheblichen Teil der Spurführungskraft belastet, weil die zweite Kuppelachse mit ihrer starren Lagerung und den geschwächten Spurkränzen keine Seitenkräfte aufnimmt. Daher wurde bei den Einheitslokomotiven der Baureihe 84 die Kurvenläufigkeit durch die Schwartzkopff-Eckhardt-Lenkgestelle weiter verbessert.

Bei Schweizer Elektrolokomotiven wurde das Krauss-Helmholtz-Lenkgestell zum Java-Gestell weiterentwickelt, bei dem sich die Treibachse dank des Buchli-Einzelachsantriebs radial einstellt.

Einzelnachweise

  1. Dieter Bätzold, Günther Fiebig, Ellok-Archiv, transpress, 5. Auflage, Berlin 1984

Siehe auch

Weblinks