Landesverwaltungsgericht

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Die Landesverwaltungsgerichte sind die überwiegend für nicht in unmittelbarer Bundesverwaltung besorgten Angelegenheiten (dazu gehören unter anderem Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung und der Landesverwaltung) zuständigen Verwaltungsgerichte in Österreich. Entsprechend der Vorgaben des Bundes-Verfassungsgesetzes ist in jedem Bundesland jeweils ein Landesverwaltungsgericht einzurichten. Die Landesverwaltungsgerichte sind in Österreich die einzigen Gerichte, die sich in Trägerschaft der Länder befinden. Als Verwaltungsgerichte erster Instanz stehen sie auf derselben Stufe wie das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesfinanzgericht. Sie ersetzen eine Reihe bisheriger unabhängiger Landesverwaltungsbehörden, insbesondere die Unabhängigen Verwaltungssenate, die aufgrund der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 mit 1. Jänner 2014 aufgelöst wurden.

Gerichtsbarkeit in Österreich seit 1. Jänner 2014

Rechtsgrundlagen und äußere Organisation

Die Grundsätze der Landesverwaltungsgerichtsbarkeit werden durch das Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) geregelt. Darüber hinaus haben die Länder eigene Rechtsvorschriften, insbesondere die Gerichtsorganisation betreffend, zu erlassen. Durch die Änderungen der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle bestimmt Art. 136 Abs. 1 B-VG seit 1. Jänner 2014:

„Die Organisation der Verwaltungsgerichte der Länder wird durch Landesgesetz geregelt, die Organisation der Verwaltungsgerichte des Bundes durch Bundesgesetz.“

Die Bundesländer haben daher bereits entsprechende Gesetze erlassen. Das Verfahren vor den Landesverwaltungsgerichten ist im Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) geregelt.

Die Grundsätze der äußeren Organisation der Verwaltungsgerichte sind in Art. 134 B-VG vorgegeben. Demnach bestehen die Landesverwaltungsgerichte jeweils aus einem Präsidenten, einem Vizepräsidenten und aus weiteren Richtern. Der Präsident, der Vizepräsident und die weiteren Richter werden von der Landesregierung ernannt. Hinsichtlich der Richter (nicht jedoch für Präsident und Vizepräsident) hat die Landesregierung einen Dreiervorschlag der Vollversammlung (oder eines Ausschusses der Vollversammlung) einzuholen. Durch diese Selbstergänzung soll die richterliche Unabhängigkeit gestärkt werden.

Die Rechtsprechungstätigkeit nehmen die Landesverwaltungsgerichte im Regelfall (Art. 135 Abs. 1 erster Satz B-VG) durch Einzelrichter wahr. In Einzelfällen kann die Entscheidung von Senaten vorgesehen werden. In den jeweiligen Materiengesetzen kann vorgesehen werden, dass den Senaten auch fachkundige Laienrichter angehören. Diese werden auf eine bestimmte Zeit bestellt und üben ihr Amt nebenberuflich aus. Sie haben im jeweiligen Verfahren dieselben Rechte wie die Berufsrichter.

Zuständigkeiten und Instanzenzug

Die Verwaltungsgerichte entscheiden gemäß Art. 130 B-VG insbesondere über

  • Beschwerden wegen Rechtswidrigkeit gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde (Bescheidbeschwerde) und wegen Verletzung der Entscheidungspflicht einer Verwaltungsbehörde, also wenn die Verwaltungsbehörde einen Bescheid nicht in der gesetzlichen Frist erlassen hat (Säumnisbeschwerde) und
  • Beschwerden wegen rechtswidriger Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt (Maßnahmenbeschwerde).

Mit der Schaffung der Landesverwaltungsgerichte wurde der administrative Instanzenzug, also das Recht, gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde Berufung bei der jeweils übergeordneten Behörde einzulegen, grundsätzlich abgeschafft. Nur in Angelegenheiten der Gemeindeverwaltung haben die Länder das Recht zu entscheiden, ob der innergemeindliche Instanzenzug beizubehalten oder abzuschaffen sei. Beispielsweise hat Vorarlberg innergemeindlichen Instanzenzug festgehalten: Damit müssen etwa Baubescheide auch künftig zunächst in einem gemeindeinternen Berufungsverfahren bekämpft werden, bevor das Landesverwaltungsgericht angerufen werden kann.[1] Umgekehrt hat Tirol den innergemeindlichen Instanzenzug abgeschafft.[2]

Neben den oben angesprochenen Zuständigkeiten kann den Verwaltungsgerichten durch Gesetz die Entscheidung

übertragen werden.

Die Zuständigkeitsabgrenzung zwischen den Landesverwaltungsgerichten und den Verwaltungsgerichten des Bundes trifft Art. 131 B-VG. Die Landesverwaltungsgerichte entscheiden demnach in Angelegenheiten

Die Zuständigkeit der Landesverwaltungsgerichte ist jedoch durch die Bundesverfassung nicht abschließend geregelt, da durch Gesetz die Zuständigkeiten der Landesverwaltungsgerichte auf das Bundesverwaltungsgericht oder das Bundesfinanzgericht übertragen werden können und umgekehrt auch die Zuständigkeiten dieser Gerichte auf die Landesverwaltungsgerichte übertragen werden können. Solche Gesetze können vom Bund nur mit Zustimmung der Länder und von den Ländern nur mit Zustimmung der Bundesregierung erlassen werden.

Gegen die Erkenntnisse der Landesverwaltungsgerichte geht der Rechtszug zum Verwaltungsgerichtshof als Revisionsinstanz. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, beim Verfassungsgerichtshof Beschwerden gegen Erkenntnisse der Landesverwaltungsgerichte einzubringen.

Namensgebung

Das Österreichische Bundes-Verfassungsgesetz kennt lediglich den Begriff „Verwaltungsgericht des Landes“ bzw. „Verwaltungsgerichte der Länder“. Nur für die beiden Verwaltungsgerichte des Bundes werden die Bezeichnungen „Bundesverwaltungsgericht“ bzw. „Bundesfinanzgericht“ in Art. 129 B-VG vorgegeben. In den jeweiligen Landesgesetzen werden die Bezeichnungen der Verwaltungsgerichte der Länder festgelegt. In allen Bundesländern außer Wien wird das Verwaltungsgericht als Landesverwaltungsgericht bezeichnet. So wird beispielsweise das Verwaltungsgericht des Landes Burgenland als „Landesverwaltungsgericht Burgenland“ bezeichnet (§ 1 Bgld LVwGG). Das Verwaltungsgericht des Landes Wien wird nur als „Verwaltungsgericht Wien“ bezeichnet (§ 1 VGWG).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. vorarlberg.orf.at - Verwaltungsgericht kommt nach Bregenz
  2. Landesverwaltungsgericht Tirol: Vorstellung, abgerufen am 3. Jänner 2014