Lord Jim

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Lord Jim ist ein Roman von Joseph Conrad, zuerst publiziert in Blackwood's Magazine im Jahr 1900. Der Roman gliedert sich in zwei Teile, eine psychologische Erzählung über Jims moralischen Fehler an Bord des Pilgerschiffs „Patna“ und in eine Abenteuer-Geschichte über Jims Aufstieg und Niedergang unter den Leuten von Patusan, einem Eingeborenenstaat irgendwo in Ostindien bzw. Südostasien.

Einige Kritiker bemerkten, dass der zweite Teil schlechter als der erste sei, aber er ist notwendig, um das psychologische Drama auszuarbeiten, das im ersten Teil seinen Anfang nimmt.

Anstoß zu dem Roman gab die dramatische Geschichte des Pilgerschiffs Jeddah, das 1880 in Seenot von seinem Kapitän verlassen wurde. Conrad befasste sich mit dieser Geschichte nach seiner Ankunft in Singapur 1883.

Die Erzählung

Die Erzählung ist bemerkenswert für ihre ausgefeilte Manipulation des Gesichtspunktes. Der größte Teil der Erzählung ist wiedergegeben in Form einer Geschichte, die ein Charles Marlow einer Gruppe von Zuhörern erzählt, und die Schlussfolgerung wird in der Form eines Briefes von Marlow wiedergegeben. Innerhalb Marlows Erzählung geben andere Charaktere oft ihre eigenen Geschichten in verschachtelten Dialogen wieder. Somit werden die Ereignisse dieser Erzählung aus vielen Gesichtspunkten heraus gezeigt und in vielen Fällen außerhalb ihrer zeitlichen Reihenfolge. Solch eine vielgestaltete Sichtweise könnte weder ein einziger allwissender Erzähler schaffen, noch von einem Ich-Erzähler, Jim, vollbracht werden.

Der Leser wird mit der Aufgabe alleingelassen, sich aus diesen vielfältigen Ansichtspunkten Jims inneren psychischen Zustand zu erarbeiten. Jedoch sind etliche Tatsachen nicht passend zur Erklärung der menschlichen Verfassung, wie Marlow bei der Gerichtsverhandlung im Fall „Patna“ bemerkt: „Sie wollten Tatsachen. Tatsachen! Sie forderten Tatsachen von ihm, als ob Tatsachen irgendetwas erklären könnten!“ Zum Schluss bleibt Jim mysteriös, wie durch einen Nebel betrachtet. „Dieser Nebel, in dem er interessant blieb, mit fließenden Linien, ein Kämpfer, der unsicher bleibt für seinen niedrigen Platz in den Ranglisten.“ […] „Es ist, als wenn wir uns mit eines anderen Menschen intimen Bedürfnissen befassten: den wir wahrnehmen, wie unfassbar, schwebend und neblig die Wesen bleiben, die mit uns den gleichen Blick auf die Sterne und die Wärme der Sonne teilen.“ Nur durch Marlows Erzählung lebt Jim für uns – die herzliche Beziehung zwischen den zwei Männern, die Marlow veranlasst, „euch die Geschichte zu erzählen, sie euch auszuhändigen, wie sie war, seine genaue Existenz, seine Realität – die Wahrheit, aufgedeckt in einem Moment der Illusion.“

Charles Marlow ist auch der Erzähler in drei anderen Werken von Conrad: Herz der Finsternis, Jugend und Spiel des Zufalls.

Zusammenfassung

Jim ist ein junger britischer Seemann, der als Erster Offizier auf der Patna dient, einem heruntergekommenen Schiff beladen mit Pilgern, die vom indischen Subkontinent nach Mekka zur Pilgerreise Haddsch gebracht werden sollen. Bei einer Havarie verlässt die Besatzung aus Halunken das Schiff und überlässt die Pilger ihrem Schicksal. Sie befürchten, die Patna würde sinken. Jim will eigentlich an Bord bleiben, springt aber dann doch der restlichen Besatzung hinterher. Die Patna sinkt jedoch nicht, ein französisches Schiff nimmt sie ins Schlepptau und bringt sie in Sicherheit. Während sich der Kapitän und die anderen Besatzungsmitglieder einem Prozess entziehen, stellt sich allein Jim der Verantwortung. Das Gericht entzieht ihm seine nautischen Patente aufgrund seiner Verfehlung. Im Gericht trifft er Marlow, der sich mit ihm anfreundet, und versucht, ihm Arbeit als Gehilfe verschiedener Bekannter, z. B. eines Müllers oder eines Schiffsausrüsters, zu verschaffen. Jim versucht unerkannt zu bleiben, aber wenn seine Vergangenheit ans Licht kommt, verlässt er die Arbeit und bewegt sich immer tiefer in den Fernen Osten. Seine Schande verfolgt ihn jedoch wie ein Schatten. Schließlich schlägt Marlows Freund Stein, ein reicher Kaufmann, vor, Jim als seinen Stellvertreter in Patusan anzustellen. Der abgelegene südostasiatische Landstrich wird von Malaien und Bugis bevölkert und Jims Vergangenheit kann vorerst geheim bleiben. Jim bewährt sich, erlangt die Achtung der Menschen, wird durch einen Sieg über den Räuber Sharif Ali ihr Führer und beschützt die Eingeborenen vor dem korrupten Malaien-Häuptling Rajah Tunku Allang. Jim gewinnt die Liebe einer Frau, die er Jewel nennt. „In ihrem ganzen Wesen mischten sich auf merkwürdige Weise Scheu und Wagemut.“ Er ist „zufrieden ... beinahe“. Die Tragödie nimmt jedoch bald ihren Lauf, als die Stadt vom Seeräuber „Gentleman“ Brown angegriffen wird. Obwohl Brown und seine Bande vertrieben werden, wird Dain Waris, der Sohn des Führers der Bugis-Gemeinde, ermordet. Jim, der die Verantwortung für den Tod seines Freundes übernimmt, wird von seinem Schatten eingeholt. Er stirbt an einem Schuss ins Herz von Dain Waris Vater. „Die Menge ... stürzte nach dem Schuss aufgeregt wieder vor. Sie sagen, der Weiße habe den Reihen der Gesichter rechts und links einen stolzen, furchtlosen Blick zugeworfen. Dann fiel er, die Hand über den Lippen, nach vorne, tot.“

Zitate in anderen Werken

  • Jims schicksalhaftes Schiff, die Patna, wird auch in der Kurzgeschichte „Der Unsterbliche“ von Jorge Luis Borges erwähnt; aus dem Namen „Patna“ wird „Patria“.
  • Lord Jim war Namensgeber der Lord Jim Loge.
  • Thomas Mann „Beendete mit Ergriffenheit „Lord Jim“, Liebe und Bewunderung.“
  • Renée Zucker „Es kann kein Zufall sein, dass dieses raffiniert verschachtelte und nie ganz enträtselte Portrait eines Seemannes im gleichen Jahr wie Sigmund Freuds Traumdeutung erschien.“

Filmversion

Die erste Verfilmung entstand bereits 1925, mit dem Titel Lord Jim, Regie führte Victor Fleming. 1965 wurde das Buch ein weiteres Mal von Richard Brooks, mit Peter O’Toole als Lord Jim, verfilmt.

Literatur

Weblinks