Marburger Ionenstrahl-Therapiezentrum

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 14. Oktober 2016 um 16:27 Uhr durch 134.76.103.230 (Diskussion) (falschen WP-Link entfernt). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Marburger Ionenstrahl-Therapiezentrum, 2013

Das Marburger Ionenstrahl-Therapiezentrum (MIT) ist eine Synchrotron-Anlage zur Strahlentherapie mit beschleunigten Teilchen (Partikeltherapie) von Krebspatienten. Sie arbeitet mit Protonen oder Kohlenstoff-12-Ionen (Schwerionentherapie) mit ähnlicher Technik wie das Heidelberger Ionenstrahl-Therapiezentrum (HIT). Das MIT hat im Oktober 2015 die ersten Patienten bestrahlt. Träger des MIT ist das Universitätsklinikum Heidelberg gemeinsam mit der Rhön-Klinikum AG, die auch das Universitätsklinikum Gießen und Marburg betreibt, und dem Land Hessen.[1] Die Patientenbehandlung wird zwischen Heidelberg und Marburg koordiniert, um die zusätzlichen Behandlungsplätze bestmöglich zu nutzen. Die ärztliche Leitung hat der Heidelberger Radioonkologe Jürgen Debus.

Geschichte

Die Anlage sollte in Deutschland die zweite und weltweit die dritte Schwerionen-Behandlungsanlage werden (heute, 2016, gibt es weltweit etwa ein Dutzend solche Installationen[2]). Sie wurde von der Rhön-Klinikum AG (RKA) gemeinsam mit Siemens Medical Solutions geplant und auf dem Gelände des Universitätsklinikums Gießen/Marburg gebaut, nachdem RKA das Klinikum vom Land Hessen erworben hatte. Die Baukosten von 107 Millionen Euro wurden überwiegend aus Fördermitteln des Landes Hessen aufgebracht; der Kaufpreis für die Klinik war entsprechend vermindert worden.

Erst nach der Fertigstellung 2010 stellte sich heraus, dass ein kostendeckender Betrieb nicht möglich wäre, da die Kapazität statt der geplanten 2500 nur einige Hundert Patienten pro Jahr betrug. In der vergleichbaren Heidelberger Anlage wurden zu diesem Zeitpunkt 450 Patienten pro Jahr behandelt. 1200 Patienten pro Jahr wären zur Deckung der Betriebskosten des privaten Krankenhauses mindestens notwendig gewesen. Die Kosten von 30.000 Euro pro Behandlungsfall liegen um 50 % über der Vergütung durch die Krankenkassen.[3]

RKA verkaufte die Anlage 2011 an den Siemens-Konzern zurück, der sie während der nächsten Jahre als Forschungseinrichtung nutzte.[4] Das in Marburg bereits eingestellte Personal bis hin zum ärztlichen Leiter musste sich andere Stellen suchen.[5] Gleichzeitig entschied Siemens, auch die neugebaute Partikeltherapieanlage in Kiel nicht in Betrieb zu nehmen und sich in Deutschland ganz aus der Partikeltherapie zurückzuziehen.[6]

Die hessische Landesregierung stellte sich auf den Standpunkt, RKA habe sich bei der Privatisierung des Universitätsklinikums 2007 auch zum Betrieb der künftigen Ionenstrahlanlage verpflichtet, und forderte die Nachzahlung des erlassenen Kaufpreisanteils von 107 Mio. Euro. 2014 gelang es RKA, das Heidelberger Ionenstrahl-Therapiezentrum als Partner zu gewinnen. Die Marburger Anlage wurde 2014 erneut von Siemens gekauft; RKA hält 24,9 % und das HIT 75,1 %. Die Patienten sollen aufgeteilt werden, 2016 sollen ca. 200 Patienten in Marburg und 700 in Heidelberg behandelt werden.[7]

Weblinks

Commons: Partikeltherapiezentrum Marburg – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. K. Sonnabend: Mit Kohlenstoff gegen Krebs. Physik Journal Band 14 (2015) Nr. 12, S. 10
  2. http://www.ptcog.ch/index.php/facilities-in-operation
  3. Hans Riebsamen: In Heidelberg ein Erfolg, in Marburg ein Millionengrab. FAZ online, 18. April 2013
  4. M. Bartsch: Krebsklinik-Skandal in Marburg: Lebensretter ohne Chance. Spiegel online, 20. September 2012
  5. Gesa Coordes: Partikeltherapie steht vor dem Aus. Ärzte Zeitung, 26. Oktober 2012
  6. Kieler Anlage bald auf dem Schrott? Ärzte Zeitung online, 8. August 2012
  7. Rebecca Beerheide: Ionenstrahl-Therapiezentrum in Marburg: Eine unendliche Geschichte. Dtsch Arztebl 2015; 112(43)