Mathias Storch

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Michael John Mathias Storch (* 21. April 1883 in Manermiut; † 21. November 1957 in Ilulissat) war ein grönländischer lutherischer Theologe und Schriftsteller. Er setzte sich für die Rechte der Grönländer ein und verfasste den ersten grönländischen Roman.

Leben

Mathias Storch war der Sohn eines Jägers. Er absolvierte von 1900 bis 1906 das Seminar in Nuuk und erhielt seine weitere theologische Ausbildung in Dänemark, wo er drei Jahre bei Bischof Christian Ludwigs in Aalborg lebte.

1910 wurde er als Pastor ordiniert. Nach einigen Jahren zog er nach Ilulissat, wo er als Dekan lebte und später zuständig für das Schulsystem in Nordgrönland wurde.

Storch unterstützte die nationalen Erweckungsbewegung Peqatigiinniat und beteiligte sich aktiv an den öffentlichen Debatten, wobei er sich für die Rechte der Grönländer einsetzte und ihre Gleichstellung mit den Dänen forderte. Er war in mehreren Kommissionen tätig und erhielt zwei Auszeichnungen.

Als Autor debütierte er 1914 mit dem Roman Sinnattugaq (Der Traum). Das Buch war „vor allem eine Form von politischer Diskussionsliteratur, die sich auf die Zukunft Grönlands bezog“.[1] Neben kirchengeschichtlichen Texten veröffentlichte er 1930 auf Dänisch die Streitschrift Strejflys over Grønland (Streiflicht über Grönland).

Nach dem Tod seiner ersten Frau heiratete Storch 1915 ein zweites Mal. Er lebte von 1920 bis zu seinem Tod in Ilulissat. Ab 1953 zog er sich von seinen beruflichen Tätigkeiten zurück.

Sinnattugaq, der erste grönländische Roman

Sinnattugaq (Titel der Erstausgabe: Singnagtugaк) erschien 1914. Der Roman sorgte einerseits für Empörung und wurde andererseits Literaturgeschichte. Storch sprach in diesem Buch ungewöhnlich offen die Probleme der grönländischen Gesellschaft an: schlechte Bildung, Aberglaube, Zwangsehen sowie das Misstrauen zwischen Dänen und Grönländern. Der Titel deutet auf eine Zukunftsvision hin; Pavia, der Protagonist des Romans, stellt sich im Traum vor, wie Grönland 200 Jahre später im Jahr 2105 sein würde: Zweisprachig ausgebildete Grönländer halten Schlüsselpositionen in der grönländischen Wirtschaft sowie in Politik, Kirche und Bildung inne. Davon inspiriert, fährt Pavia nach seinem Erwachen fort, dafür zu kämpfen.

Ausgangspunkt für die zeitgenössische Romanhandlung ist der beklagenswerte Zustand Grönlands, verursacht durch die dänische Verwaltung und das Verhalten der Grönländer. […] Der Roman illustriert den Zusammenhang zwischen der persönlichen Entwicklung eines Menschen zu einem religiösen (aus)gebildeten und nationalbewussten Individuum einerseits und der Entwicklung der gesamten Gesellschaft andererseits.

Kirsten Thisted[2]

Der grönländisch-dänische Polarforscher und Ethnologe Knud Rasmussen übersetzte das Buch ins Dänische. Die dänische Ausgabe erschien 1915 bei Gyldendal unter dem Titel En Grønlænders Drøm (Eines Grönländers Traum).

Werke

  • Singnagtugaк. Rosenberg, København 1914. (PDF; 30,81 MB; Digitalisat der Erstausgabe).

Literatur

  • Mathias Storch. In: Dansk Biografisk leksikon
  • Jürg Glauser (Redaktion): Skandinavische Literaturgeschichte. Metzler, Stuttgart 2006, ISBN 3-476-01973-X.
  • Moritz Schramm: Suche nach Identität. Zur grönländischen Gegenwartsliteratur. In: Muschelhaufen (Jahresschrift), Nr. 45, Viersen 2005, ISSN 0085-3593.
  • Kirsten Thisted: Hvem går qivittoq? Kampen om et litterært symbol eller relationen Danmark – Grønland i postkolonial belysning. In: TijdSchrift voor Skandinavistiek. Nr. 2/2004, ISSN 0168-2148.
  • Ebbe Volquardsen: Die Anfänge des grönländischen Romans. Tectum, Marburg 2011, Seite 87ff, ISBN 978-3-8288-2812-4.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Moritz Schramm: Suche nach Identität. Zur grönländischen Gegenwartsliteratur. In: Muschelhaufen. Jahresschrift für Literatur und Grafik, Nr. 45, Viersen 2005, ISSN 0085-3593
  2. Kirsten Thisted: Grönländische Literatur. In: Skandinavische Literaturgeschichte. Metzler, Stuttgart 2006, ISBN 3-476-01973-X