Nacktried

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Nacktried

Nacktried (Carex myosuroides)

Systematik
Monokotyledonen
Commeliniden
Ordnung: Süßgrasartige (Poales)
Familie: Sauergrasgewächse (Cyperaceae)
Gattung: Seggen (Carex)
Art: Nacktried
Wissenschaftlicher Name
Carex myosuroides
Vill.

Das Nacktried (Carex myosuroides Vill., Syn.: Kobresia myosuroides (Vill.) Fiori), auch Ähren-Schuppenried[1], Nacktriedgras oder Alpen-Ährenriet genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Seggen (Carex) innerhalb der Familie der Sauergrasgewächse (Cyperaceae). Sie ist auf der Nordhalbkugel weitverbreitet.

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Illustration aus Atlas der Alpenflora
Illustration

Vegetative Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Nacktried wächst als ausdauernde krautige Pflanze und erreicht Wuchshöhen von 5 bis 20, selten bis zu 30 Zentimetern.[2] Sie besitzt ein starres Rhizom.[1] Das Ähren-Schuppenried bildet zahlreiche aufrechte Stängel, die bei einer Breite von etwa 0,5 Millimetern stielrund oder stumpf-dreikantig und nur am Grunde beblättert sind.[2] Am Grunde besitzt das Nacktried braungelbe Blattscheiden, die lederartig glänzend sind.[2]

Die Laubblätter sind borstenförmig und oft so lang oder länger als der Stängel.[2]

Generative Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Blütezeit reicht von Juni bis August, selten länger. Der einzige endständige, ährige Blütenstand ist 1 bis 3 Zentimeter lang sowie 2 bis 3 Millimeter breit und enthält 10 bis 20 Ährchen. Der Blütenstand ist schmal und an seiner Basis oft unterbrochen.[2] Die Ährchen enthalten männliche oder weibliche Blüten oder beides. Die weiblichen Blüten haben ein Tragblatt, das an seiner Basis mit den Rändern verwachsen ist und schlauchartig diese umschließt. Das endständige Ährchen enthält meist aus mehrere männliche Blüten. Die seitlichen Ährchen enthalten eine untere weibliche Blüte und eine obere männliche Blüte; selten ist nur die untere weibliche Blüte entwickelt.[2] In männlichen Blüten sind drei Staubblätter und in weiblichen Blüten drei Narben vorhanden.[2]

Die braune, glänzende Nussfrucht ist 1,5 bis 3 Millimeter lang, etwa 1 Millimeter breit, dreikantig und oben durch den Griffelrest stachelspitzig.[2]

Chromosomensatz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Chromosomengrundzahl beträgt x = 29; es liegt Diploidie mit einer Chromosomenzahl von 2n = 56 vor.[1]

Ökologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim Ähren-Schuppenried um einen skleromorphen Hemikryptophyten.[1]

Das Nackried kann als bisher einzig bekanntes Sauergras eine Ektomykorrhiza eingehen. Als Pilzpartner wurden in einem Gletschervorfeld Cenococcum geophilum, die Erd-Wachskruste (Sebacina incrustans) und Tomentella spec. nachgewiesen.[3]

Vorkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Nacktried ist auf der Nordhalbkugel weitverbreitet. Es gedeiht in der Arktis in Europa, Sibirien, Grönland und Nordamerika. Außerdem kommt es in den Gebirgen Europas, Asiens und Nordamerikas vor.

Das Nacktried ist eine rasenbildende Pflanze der hochalpinen Höhenstufe (Ökologie)|Höhenstufe. Es gedeiht an windgescherten Graten auf frosttrockenen, basenreichen, aber meist oberflächlich entkalkten sauren Böden bei einem Optimum von pH 6. Es bildet hier eine auffällige Pflanzengesellschaft, das Elynetum Br.-Bl. 1913 (Ordnung Elynetalia Oberd. 57, Klasse Carici rupestris-Kobresietea bellardii Ohba 74), das schon früh in der Geschichte der Pflanzensoziologie als typisch erkannt wurde; die Erstbeschreiber dieser Pflanzengesellschaft waren die Schweizer Botaniker Heinrich Brockmann-Jerosch, Eduard August Rübel und Josias Braun-Blanquet.

Das Nacktried ist sehr widerstandsfähig gegen Schneeschliff. Es wächst in den Alpen in Höhenlagen von 1220 bis 3180 Metern. In den Allgäuer Alpen gedeiht es nur ausnahmsweise unterhalb Höhenlagen von 2000 Metern, so an der Höfats in Bayern bei einer Höhenlage von 1547 Metern[4] oder in Südtirol bei Soraga di Fassa bei einer Höhenlage von 1220 Metern.[2] Der höchste Fundort in Mitteleuropa ist das Oberrothorn bei Zermatt, wo das Nacktried eine Höhenlage von 3180 Meter erreicht.[2]

Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 2 (mäßig trocken), Lichtzahl L = 5 (sehr hell), Reaktionszahl R = 3 (schwach sauer bis neutral), Temperaturzahl T = 1+ (unter-alpin, supra-subalpin und ober-subalpin), Nährstoffzahl N = 1 (sehr nährstoffarm), Kontinentalitätszahl K = 4 (subkontinental).[5]

Taxonomie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Erstveröffentlichung erfolgte 1779 durch Dominique Villars unter dem Namen (Basionym) Carex myosuroides in Prospectus de l'Histoire des Plantes de Dauphiné, Seite 17. Die Neukombination Kobresia myosuroides (Vill.) Fiori wurde 1896 durch Adriano Fiori in A. Fiori, A. Beguinot, G. Paoletti: Flora Analitica d'Italia ..., Band 1, Seite 125 veröffentlicht. Weitere Synonyme für Kobresia myosuroides (Vill.) Fiori sind: Kobresia bellardii (All.) Degl. ex Loisel., Elyna bellardii (All.) K.Koch, Elyna myosuroides (Vill.) Fritsch.[6]

Bei einigen Autoren ist Carex myosuroides Vill. der akzeptierte wissenschaftliche Name.[7] Buttler et al 2017 haben in Beiträge zur Fortschreibung der Florenliste Deutschlands ... bestätigt, dass GlobaL Carex Group 2015 die Arten der ehemaligen Gattung Kobresia formal in die Gattung Carex gestellt haben und damit Carex myosuroides Vill. der akzeptierte wissenschaftliche Name ist.[8]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Wolfram Schultze-Motel: Kobresia. S. 289–290 In: Wolfram Schultze-Motel (Hrsg.): Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Pteridophyta, Spermatophyta. Begründet von Gustav Hegi. 3., völlig neubearbeitete Auflage. Band II. Teil 1: Angiospermae: Monocotyledones 2 (Cyperaceae – Juncaceae), Paul Parey, Berlin/Hamburg 1967–1980, ISBN 3-489-54020-4, S. 92–96.
  • Arthur Oliver Chater: Kobresia., S. 289–290. In: T. G. Tutin, V. H. Heywood, N. A. Burges, D. M. Moore, D. H. Valentine, S. M. Walters, D. A. Webb (Hrsg.): Flora Europaea. Volume 5: Alismataceae to Orchidaceae (Monocotyledones), Cambridge University Press, Cambridge 1980, ISBN 0-521-20108-X. eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche
  • Peter William Ball: Kobresia. In: Flora of North America Editorial Committee (Hrsg.): Flora of North America North of Mexico. Volume 23: Magnoliophyta: Commelinidae (in part): Cyperaceae, Oxford University Press, New York und Oxford, 2002, ISBN 0-19-515207-7. Kobresia myosuroides. S. 253 – textgleich online wie gedrucktes Werk.
  • Shuren Zhang, Henry J. Noltie: Kobresia. In: Wu Zheng-yi, Peter H. Raven, Deyuan Hong (Hrsg.): Flora of China. Volume 23: Acoraceae through Cyperaceae, Science Press und Missouri Botanical Garden Press, Beijing und St. Louis 2010, ISBN 978-1-930723-99-3. Kobresia myosuroides. S. 280 – textgleich online wie gedrucktes Werk.
  • Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. Unter Mitarbeit von Angelika Schwabe, Theo Müller. 8., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3131-5.
  • Ralf Hand, Karl Peter Buttler: Beiträge zur Fortschreibung der Florenliste Deutschlands (Pteridophyta, Spermatophyta) – Neunte Folge Kochia 10, 2017, S. 55–72. online.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c d Carex myosuroides Vill., Ähren-Schuppenried. auf FloraWeb.de
  2. a b c d e f g h i j Wolfram Schultze-Motel: Familie Cyperaceae. In: Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 3. Auflage, Band II, Teil 1.Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg 1980, ISBN 3-489-54020-4, S. 93–94.
  3. O. Mühlmann, U. Peintner: Ectomycorrhiza of Kobresia myosuroides at a primary successional glacier forefront. In: Mycorrhiza. Volume 18, 2008, S. 355–362.
  4. Erhard Dörr, Wolfgang Lippert: Flora des Allgäus und seiner Umgebung. Band 1, IHW, Eching 2001, ISBN 3-930167-50-6, S. 237.
  5. Elyna myosuroides (Vill.) Fritsch In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 18. März 2021.
  6. P.Jiménez-Mejías, M.Luceño (2011+): Cyperaceae. Datenblatt Kobresia myosuroides In: Euro+Med Plantbase - the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity.
  7. Datenblatt Carex myosuroides Vill. bei POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science.
  8. Ralf Hand, Karl Peter Buttler: Beiträge zur Fortschreibung der Florenliste Deutschlands (Pteridophyta, Spermatophyta) – Neunte Folge, In: Kochia, Band 10, 2017, S. 55–72. online.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Nacktried (Carex myosuroides) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien