Ortsgrammatik

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Ortsgrammatiken sind Grammatiken für sehr kleinräumige Dialekt-, Mundartbereiche. Darunter sind einzelne Dörfer, Städte oder sehr kleine Regionen zu verstehen. Die Ortsgrammatiken verdanken ihre Bedeutung und Berechtigung der Tatsache, dass Dialekte selbst benachbarter Orte sich in aller Regel unterscheiden.

Zur Einordnung von Ortsgrammatiken

Sprachen wie das Deutsche oder Französische, die in recht großen geographischen Bereichen verwendet werden, weisen regionale Varietäten auf. Die größten regionalen Varietäten sind im Fall des Deutschen die ober-, mittel- und niederdeutschen Dialekte. Da auch diese Großraumdialekte sich über weite Regionen erstrecken, lassen sie sich wiederum in kleinere Dialekträume einteilen. Auch diese sind nicht einheitlich; sie unterscheiden sich vielmehr von Ort zu Ort. Ortsgrammatiken sind nun Grammatiken für diese kleinräumigste regionale Spracheinheit, die als „unterste Verständigungsgemeinschaft (also oberhalb der familiären oder individuellen Sprechweise)“ (Glück 2005: 463) aufgefasst wird.

Ein Beispiel

Einer der drei Dialektgroßräume des Deutschen ist das Mitteldeutsche. Dieses teilt sich in ein West- und ein Ostmitteldeutsch. Zum Westmitteldeutschen gehören als immer noch relativ große Dialekträume Ripuarisch, Moselfränkisch, Rheinfränkisch und Hessisch.[1] Jeder dieser kleineren Dialekträume enthält wiederum kleinräumigere Bereiche: Das Moselfränkische von Trier ist anders als z. B. das von Koblenz. Damit ist die Ebene der Ortsdialekte erreicht. Es ist die Aufgabe der Ortsgrammatiken, die Besonderheiten der Sprechweisen der einzelnen Orte zu erfassen. Schaut man aber beispielsweise in eine Ortsgrammatik von Koblenz[2], so erfährt man, dass diese Ortsmundart deutliche Lautunterschiede zwischen Altstadt und Vororten aufweist.

Zur Bedeutung der Ortsgrammatiken

Die Tradition der Ortsgrammatiken beginnt mit Jost Winteler (1876).[3] Inzwischen gibt es eine Fülle solcher Ortsgrammatiken, deren Schwerpunkt meist das spezifische Lautsystem ist, oft ergänzt um eine Darstellung der Flexion. Auch andere Bereiche der Grammatik und das Lexikon können berücksichtigt sein. Diese Ortsgrammatiken bilden die Grundlage für die Betrachtung der größeren Dialekträume, zu denen die von ihnen beschriebenen Ortsdialekte gehören.

Literatur

  • Helmut Glück (Hrsg.), unter Mitarbeit von Friederike Schmöe: Metzler Lexikon Sprache. Dritte, neubearbeitete Auflage. Metzler, Stuttgart/Weimar 2005. ISBN 978-3-476-02056-7
  • Peter Wiesinger, Elisabeth Raffin: Bibliographie zur Grammatik der deutschen Dialekte. Laut-, Formen-, Wortbildungs- und Satzlehre. 1800–1980, Bern/Frankfurt am Main 1982; dazu ein Nachtragsband von 1987.
  • Jost Winteler: Die Kerenzer Mundart des Kantons Glarus in ihren Grundzügen dargestellt. Winter, Leipzig/Heidelberg 1876.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Einteilung nach: Werner König: dtv-Atlas Deutsche Sprache. 15., durchgesehene und aktualisierte Auflage. Deutscher Taschenbuchverlag, München 2005. S. 230f.
  2. Abriss in: Hannelore Graeber: Neues Wörterbuch der Koblenzer Mundart. 2. Auflage. Fuck, Koblenz 1992. ISBN 3-9803142-2-7
  3. Hadumod Bußmann: Lexikon der Sprachwissenschaft. 3., aktualisierte und erweiterte Auflage. Kröner, Stuttgart 2002. ISBN 3-520-45203-0, S. 488f.

Weblinks

Wiktionary: Ortsgrammatik – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen