Rechtsstaat (Deutschland)

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Rechtsstaat“ ist ein in der deutschen rechtspolitischen und rechtsphilosophischen Diskussion um 1800 entstandener Begriff. Dieser Artikel stellt die Bedeutung des Rechtsstaats und des Rechtsstaatsprinzips in der verfassungsrechtlichen Diskussion der Bundesrepublik Deutschland seit 1949 dar.

Die Auslegung der unter Rechtsstaatsgesichtspunkten besonders wichtigen Grundgesetz-Artikel 20 und 28 ist von einigen Gegensätzen gekennzeichnet. Ungeachtet aller Kontroversen dürfte wohl dahingehend eine herrschende Meinung bestehen, dass jedenfalls die Rechtsweggarantie des Art. 19 IV GG, die unmittelbare Bindungswirkung speziell der Grundrechte gem. Art. 1 III GG sowie gem. Art. 20 III GG der allgemeine Vorrang der Verfassung vor den einfachen Gesetzen, der Vorrang der Gesetze vor den Entscheidungen der Exekutive und schließlich, soweit die Verfassung Grundrechtseingriffe nur auf gesetzlicher Grundlage zulässt, der Vorbehalt des Gesetzes zu den „Grundsätzen […] des Rechtsstaats“ im Sinne von Art. 28 I 1 GG gehören, wenngleich auch über den konkreten Inhalt dieser Grundsätze Differenzen bestehen. – Ob es darüber hinaus weitere rechtlich verbindliche „Elemente“ eines umfassenden „Rechtsstaatsprinzips“ gibt, ist dagegen in der Rechtswissenschaft umstritten.

Grundgedanken der Demokratie: Sonderbriefmarke der Deutschen Bundespost von 1981

Der Rechtsstaat im Grundgesetz und den deutschen Landesverfassungen

Als Gesetzesbegriff erscheint „Rechtsstaat“ erstmals in Art. 3 I 1 der bayerischen Verfassung vom 2. Dezember 1946. Art. 28 I GG enthält – ebenso wie die niedersächsische (Art. 1 II), hamburgische (Art. 3 I) und baden-württembergische (Art. 23) Verfassung – die verbale Verbindung „sozialer Rechtsstaat“.[1] Entsprechendes gilt für die Verfassungen der neuen Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern (Art. 2), Sachsen-Anhalt (Art. 2), Sachsen (Art. 1)[2] und Thüringen (Art. 44; PDF; 6,1 MB). Art. 2 (PDF; 6,1 MB) der Brandenburger Verfassung verwendet das Adjektiv „rechtsstaatlich“.

Aus Artikel 28 Abs. 1 Satz 1 GG ergibt sich auf der Grundlage einer positivistischen – d. h. den Wortlaut als Grenze der Auslegung akzeptierenden – juristischen Methodologie in Bezug auf den „Rechtsstaat“: 1. Es muss ermittelt werden, welche „Grundsätze […] des Rechtsstaats“ das GG enthält.[3]

2. Diese Grundsätze werden den Ländern verbindlich gemacht.

3. Art. 28 GG fügt diesen – an anderer Stelle im Grundgesetz genannten – Grundsätzen (für den Bund) nichts hinzu (auch bzgl. der Länder fügt Art. 28 GG jenen anderen Formulierungen inhaltlich nichts hinzu, sondern Art. 28 GG ist eine bloße Homogenitätsklausel[4]).

4. Art. 28 GG erlaubt also nicht, aus dem Wort „Rechtsstaat“ (im allgemeinen) zu deduzieren, sondern anhand des Textes des GG muß ermittelt werden, was der „Rechtsstaat im Sinne dieses Grundgesetzes“ ist.[5]

5. Der „Rechtsstaat“ im allgemeinen bzw. die Geschichte des Rechtsstaats-Konzeptes spielt nur insofern eine Rolle, als das Wort „Rechtsstaat“ an keiner weiteren Stelle der ursprünglichen Fassung[6] des Grundgesetzes auftaucht, das Grundgesetz also keine Legaldefinition von „Rechtsstaat“ enthält.

6. Es muss also ermittelt werden, was bei Erlaß des Grundgesetzes den „Rechtsstaat“ im allgemeinen ausmachte und was davon tatsächlich in das Grundgesetz eingegangen ist.

7. Nur diese Schnittmenge von „Rechtsstaats“-Konzept im allgemeinen und Text des Grundgesetzes wird den Ländern als Grundsatz verbindlich gemacht.

Das „Rechtsstaatsprinzip“ in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes

Ganz anders geht freilich das Bundesverfassungsgericht und mit ihm die ganz herrschende Lehre vor. So ist das BVerfG der Ansicht, dass zu den „Leitideen, die der Verfassungsgesetzgeber, weil sie das vorverfassungsmäßige Gesamtbild geprägt haben, von dem er ausgegangen ist, nicht in einem besonderen Rechtssatz konkretisiert hat“ und die trotzdem „auch den Landesgesetzgeber unmittelbar binden, […] das Rechtsstaatsprinzip“ gehöre.[7]

Diese Auffassung lässt sich nicht mit einer am Wortlaut der Verfassung orientierten Auslegung rechtfertigen, denn im Grundgesetz war ursprünglich gar nicht von Prinzipien die Rede[8] und von „Rechtsstaat“ war damals ausschließlich an der bereits genannten Stelle die Rede.

Jene Auffassung lässt sich auch nicht mittels systematischer Auslegung im strengen Sinne rechtfertigen, denn dies würde voraussetzen, jedenfalls zunächst einmal den Inhalt konkreter Normen zu ermitteln und dann deren Zusammenhang präzise und in nachvollziehbaren Argumentationsschritten darzulegen.

Und jene Auffassung lässt sich schließlich auch nicht mit der Verfassungsgebungsgeschichte des Grundgesetzes und der vor-grundgesetzlichen Rechtsgeschichte begründen. Die Behauptung eines „vorverfassungsmäßige Gesamtbild[es] […], von dem er [der Verfassungsgeber = Parlamentarischer Rat] ausgegangen“ sei, bleibt rein rhetorisch und wird in der BVerfG-Entscheidung mit keinem einzigen Zitat oder auch nur Quellenhinweis belegt.

Das BVerfG beruft sich denn auch nicht auf diesen klassischen Kanon juristischer Auslegungsmethoden, sondern auf „eine Zusammenschau der Bestimmungen des Art. 20 Abs. 3 GG über die Bindung der Einzelgewalten und der Art. 1 Abs. 3, 19 Abs. 4, 28 Abs. 1 Satz 1 GG sowie [… auf die] Gesamtkonzeption des Grundgesetzes.“ Der Inhalt der genannten einzelnen Vorschriften wird vom BVerfG in der Entscheidung nicht erörtert; auch wird nicht erläutert, was sich aus einer „Zusammenschau“ dieser Vorschriften über diese hinaus konkret ergeben soll. Und schließlich wird auch nicht erläutert, in welchem Verhältnis die „Zusammenschau“ der genannten einzelnen Bestimmungen des Grundgesetzes und die „Gesamtkonzeptionen des Grundgesetzes“, also wohl: aller Artikel des GG, stehen soll.

Und die Rede von einem „Rechtsstaatsprinzip“, das „auch den Landesgesetzgeber unmittelbar“ binde, hat in der Rechtsprechung des BVerfG eine weitere Konsequenz: Aus diesem allgemeinen „Rechtsstaatsprinzip“ des BVerfG kann – anders als aus den konkreten im GG normierten „Grundsätzen des […] Rechtsstaats“ deduziert werden. In der genannten Entscheidung deduzierte das BVerfG folgendermaßen: „Das Rechtsstaatsprinzip enthält als wesentlichen Bestandteil die Gewährleistung der Rechtssicherheit; diese verlangt nicht nur einen geregelten Verlauf des Rechtsfindungsverfahrens, sondern auch einen Abschluß, dessen Rechtsbeständigkeit gesichert ist.“

Vorschriften, die der Rechtssicherheit dienen, enthält das GG nun tatsächlich (z. B.: Art. 20 III und Art. 97 HS 2 [Gesetzesbindung], Art. 80 I 2 [Bestimmtheitsgebot für Rechtsverordnungen]; Art. 101 I 2 [gesetzlicher Richter], Art. 103 II GG [strafrechtliches Bestimmtheits- und Rückwirkungsverbot]). Die Rechtssicherheit wird aber gerade untergraben, wenn nicht die konkreten Vorschriften des GG (mit ihren je spezifischen Bestimmungen) herangezogen werden, sondern das BVerfG stattdessen freihändig aus Prinzipien deduziert.

Art. 20 III GG als rechtsstaatlicher Schlüsselsatz

Die Argumentationsweise des Bundesverfassungsgerichts lässt sich aus dem klassischen juristischen Methodenkanon rechtfertigen. So heißt es in Art. 20 Abs. 3 GG u. a.: „die Rechtsprechung [… ist] an Gesetz und Recht gebunden.“ Dieses aus seinem Kontext gerissene Satzfragment könnte nun in der Tat dahingehend verstanden werden, dass die Gerichte befugt und sogar verpflichtet („gebunden“) sind, nicht nur die geschriebenen Gesetze (einschließlich des Grundgesetzes), sondern auch ungeschriebenes – wie auch immer zu ermittelndes – „Recht“ anzuwenden.

Der komplette Absatz lautet freilich: „Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.“ Dies könnte die Frage aufwerfen, warum zwar Rechtsprechung und vollziehende Gewalt, nicht aber die Gesetzgebung an jenes über-gesetzliche Recht gebunden sein sollen – zumal es in Art. 97 I GG außerdem heißt: „Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen.“[9]

Die herrschende Lehre sieht sich dennoch nicht gehindert, die Auffassung zu vertreten, dass im Rahmen des Artikel 20 „mit ‚Recht‘ zumal die Idee der Gerechtigkeit angesprochen“ sei;[10] dass die Vorschrift auch eine Bindung an „ungeschriebenes (Gewohnheits- oder Richter-)Recht“ statuiere und „auf überpositive Gerechtigkeitsvorstellungen“ ziele.[11][12]

Die „Grundsätze des […] Rechtsstaats“ und die vom Bundesverfassungsgericht „zusammengeschauten“ GG-Artikel

Ungeachtet der genannten Auslegungskontroverse hinsichtlich eines „Rechtsstaatsprinzips“, aus dem deduziert werden können soll, ist jedenfalls unumstritten, dass die vom BVerfG „zusammengeschauten“ GG-Artikel („Bestimmungen des Art. 20 Abs. 3 GG […] und der Art. 1 Abs. 3, 19 Abs. 4, 28 Abs. 1 Satz 1 GG“) jedenfalls einige der in Art. 28 GG gemeinten „Grundsätze des […] Rechtsstaats“ darstellen. Damit sind also jedenfalls folgende Sätze des Grundgesetzes rechtsstaatliche Grundsätze, die den Bundesländern verbindlich gemachten werden:

Vorrang der Verfassung; Vorrang der Gesetze; Vorbehalt des Gesetzes (bei Grundrechtseingriffen)

Der bereits zitierte Art. 20 III GG: „Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.“ Diese Vorschrift bedeutet einen Vorrang der Verfassung vor den einfachen Gesetzen, einen Vorrang der Gesetze vor den Entscheidungen der Exekutive und schließlich, soweit die Verfassung Grundrechtseingriffe nur auf gesetzlicher Grundlage zulässt, einen Vorbehalt des Gesetzes.

Unmittelbare Bindungswirkung der Grundrechte

Der Artikel 1 Absatz 3 GG, der teilidentisch ist mit Artikel 20 Absatz 3 GG, in seiner ursprünglichen Fassung[13]: „Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, Verwaltung (heute: vollziehende Gewalt)[14] und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.“

Rechtsweggarantie, inkl. Gebot effektiven Rechtsschutzes

Der Art. 19 IV GG, der lautet: „Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.“

Recht auf faires Verfahren

Konkretisierung des Rechtsstaatsprinzips ist auch das Recht auf ein faires Verfahren. Es hat insbesondere im Strafrecht eine größere Bedeutung.

Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG)

Ein wesentliches Element des Rechtsstaatsprinzips ist der Anspruch auf rechtliches Gehör, ausdrücklich geregelt in Art. 103 Abs. 1 GG.

Rechtssicherheit

„Wesentlicher Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips ist der Grundsatz der Rechtssicherheit.“[15]

Die Homogenitätsklausel des Art. 28 GG selbst als rechtsstaatlicher Grundsatz

Auch Art. 28 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes kann als ein „Grundsatz des […] Rechtsstaats“ bezeichnet werden: „Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen.“

Hier handelt es sich um einen verfassungsrechtlichen Konsens über die Form der staatlichen Ordnung. Der Föderalismus in Deutschland ist ein Prinzip des deutschen Rechtsstaats seit 1949. Wechselnde Machtverhältnisse im Bundesrat machen Politik schwierig. Der Bundesrat agiert oft als „Gegenparlament zum Bundestag“.[16] Artikel 30 betont zudem die Eigenstaatlichkeit der Länder. Ausfluss dieser Eigenstaatlichkeit ist insbesondere ihre Kulturhoheit, das „Kernstück der Eigenstaatlichkeit der Länder“.[17] Die Mitwirkung der Länder an der Gesetzgebung des Bundes und in Angelegenheiten der Europäischen Union durch den Bundesrat wird in Art. 50 und Art. 23 GG formuliert.

Justizgrundrechte

Die sog. „Justizgrundrechte“ (Art. 101–104 GG) sind konkrete Ausprägungen des Rechtsstaatsprinzips in Gerichtsverfahren und bei der Rechtsanwendung. Sie gelten auch für jede ausländische, ebenso außereuropäische juristische Person und bestimmen neben der Rechtsweggarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG weitere Garantien und Rechte.[18] Ihre Kerngehalte wurzeln in der Menschenwürde.

In mehreren späteren Entscheidung vertrat das BVerfG – mit Kontext der jeweilige Verneinung der Verletzung von Justizgrundrechten die Auffassung, dass „die Aufrechterhaltung einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege“ ein „Gebot des Rechtsstaatsprinzips“[19] sei. Damit wurden die jeweils angefochtenen Maßnahmen vom BVerfG nicht nur für verfassungsgemäß erklärt, sondern sogar die Möglichkeit in den Raum gestellt, dass eine eventuelle spätere Rücknahme der angefochtenen Maßnahmen bzw. der zugrundeliegenden Gesetzgebungsakte einen Verstoß gegen das „Rechtsstaatsprinzip“ darstellen könne.[20]

(Weitere) Elemente des „Rechtsstaatsprinzips“

Diejenigen, die den Rechtsstaat als rechtsphilosophischen und -politischen Ausdruck, von dessen unterschiedlichen Verwendungsweisen keine als solche (nämlich als politische und philosophische) juristische Verbindlichkeit beanspruchen kann, und den Rechtsstaat als zusammenfassend-abkürzenden Namen für konkrete Bestimmungen im Grundgesetz nicht unterscheiden, sondern für das je von ihnen – oder vom BVerfG als anerkannter Autorität – für richtig gehaltene (allgemeine) Rechtsstaats-Verständnis juristische Verbindlichkeit beanspruchen, deduzieren – auf der Grundlage deren Position: folgerichtig – aus dem „Rechtsstaatsprinzip“ einzelne „Elemente“, ohne deren Vorkommen oder Nicht-Vorkommen im Text des Grundgesetzes ausschlaggebende Bedeutung zuzubilligen[21] – und entsprechend widersprüchlich sind die angebotenen Systematisierungen:

  • So nennt Schmidt-Aßmann neben „Einzelnen Elementen des Rechtsstaatsprinzip“ die „Gewaltteilung“, worunter er als Unterpunkt wiederum die „Gesetzesmäßigkeit der vollziehenden und rechtsprechenden Gewalt“ faßt. An „Elementen des Rechtsstaatsprinzips“ nennt er drei:
  1. „Die Pflicht zu staatlicher Justizgewährung“,
  2. „Anforderungen an administrative Verfahren und Organisationen“ und
  3. „Rechtsstaatliche Handlungsmaßstäbe“.
    Zu dem dritten „Element“, das seinerseits aus mehreren „Elementen“ besteht, heißt es: „Eine geschlossene Gruppe sind sie [die unter der Überschrift „Rechtsstaatliche Handlungsmaßstäbe“ zusammengefaßten Elemente] jedoch nicht. Unterschiedlich ist ihre Abstraktionshöhe: neben den weitgespannten Prinzipien der Rechtssicherheit, der Einzelfallgerechtigkeit“ – die als gegenläufig erkannt werden[22] – „und des Übermaßverbotes finden sich Untergruppen und Institute, die einzelne Gedanken des Prinzips genauer ausformen.“[23] Als „Übermaßverbot“ firmiert bei Schmidt-Aßmann das, was von anderen Verhältnismäßigkeitsprinzip im weiteren Sinne genannt wird.[24]
  • Anders gliederte der ehemalige BVerfG-Präsident Ernst Benda:[25] Für ihn ist die Gewaltenteilung eines der „wesentlichen Elemente des Rechtsstaatsprinzips“. Statt von „Gesetzmäßigkeit“ spricht er von „Rechtsbindung“; der „Vertrauensschutz“, der bei Schmidt-Aßmann ein Unterpunkt der Rechtssicherheit ist, ist bei Benda ein eigenständiger Punkt; den getrennten Punkten „Pflicht zu staatlicher Justizgewährung“ und „Anforderungen an administrative Verfahren und Organisationen“ bei Schmidt-Aßmann entspricht bei Benda in etwa das Element „Rechtsweggarantie und Verfahrensrechte“. Außerdem erwähnt Benda die – bei Schmidt-Aßmann nicht als „Elemente des Rechtsstaatsprinzips“ hervorgehobenen – „Elemente“ „Verfassung als höchste Norm“ sowie „Grundrechtsschutz als ‚materiale‘ Seite des Rechtsstaats“ und schließlich „weitere Einzelfragen“. Übereinstimmung zwischen beiden Autoren besteht darin, „Rechtssicherheit und Gerechtigkeit“ in einem gemeinsamen Abschnitt zu behandeln und gegenüberzustellen.
  • Der von Theodor Maunz und Günter Dürig begründete Grundgesetz-Kommentar behandelte die „allgemeine Rechtsstaatlichkeit“ getrennt von der „Verfassungsentscheidung für die Gewalteilung“[26] sowie den „Verfassungsgrundsätzen des Art. 20 Abs. 3 GG“[27] und nennt für erstere folgende Einzelheiten:[28] 1. Rechtssicherheit (wobei der dortige Abschnitt „Vertrauensschutz und Gesetzgebung“ allein neun Unterabschnitte umfaßt, womit noch einmal die anti-parlamentarische, v. a. gegen den Gesetzgeber gerichtete Stoßrichtung des herrschenden „materiellen“ Rechtsstaats-Verständnisses deutlich wird), 2. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, 3. Anforderungen an Organisation und Verfahren sowie 4. Staatshaftung.
  • Schulze-Fielitz[29] nennt acht „Kernelemente des Rechtsstaatsprinzips“ (was zu implizieren scheint, das es daneben noch ‚Randelemente des Rechtsstaatsprinzips’ gibt). Für zwei der „Kernelemente“ bezieht er sich auf konkrete GG-Normen: für die Gewaltenteilung auf Art. 20 II 2 GG und für die „hierarchische Bindung des Rechts“ (worunter er den Vorrang der Verfassung und den Vorrang des Gesetzes faßt) auf Art. 20 III GG. Hinsichtlich des „Grundsatz[es] der Verhältnismäßigkeit“ kommt bei ihm die ‚Zusammenschau’-Methode zur Anwendung (Art. 20 II, III GG i.V.m. Art. 3 I, 19 II GG); für die restlichen fünf „Kernelemente“ wird (in den Überschriften) keine konkrete Norm genannt: Vorbehalt des Gesetzes; Rechtsstaatliche Anforderungen an die Rechtssetzung (worunter bei ihm u. a. die Rechtssicherheit und der Vertrauensschutz fallen); Rechtsstaatliche Anforderungen an die Rechtsanwendung sowie an Organisation und Verfahren der öffentlichen Gewalt und schließlich „Rechtmäßigkeitsrestitution“.
  • Michael Sachs[30] nennt 22 „Elemente des Rechtsstaatsprinzips“, für die er sich auf konkrete Normen im GG beruft, ohne aber zu begründen, warum diese jeweils unter den Begriff des „Rechtsstaats“ fallen, sowie außerdem sechs „rechtsstaatliche Einzelgehalte, die als solche nicht (umfassend) im GG geregelt“, aber „durch die Judikatur des BVerfG […] anerkannt“ seien.
  • Schachtschneider behandelte 2006 (einige) Prinzipien des Rechtsstaats in monographischer Form. Nach einer Einleitung und drei Kapiteln, die sich eher mit den Voraussetzungen und dem Umfeld seines Verständnisses von Rechtsstaats beschäftigen,[31] behandelt er anschließend fünfzehn „zentrale Prinzipien des Rechtsstaats“: 1. das „Verfassungsprinzip“, 2. das „Gesetzesprinzip“, 3. das „Rechtsschutzprinzip“, 4. das „Gesetzesvollzugsprinzip“, 5. die Gewaltenteilung sowie 6. – getrennt von der Gewaltenteilung – die besonderen Organe der Gesetzgebung der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung, 7. die „Verantwortung der Rechtsprechung für die Rechtlichkeit der Gesetze“, 8. die „Verwaltungsverantwortung für die Rechtlichkeit des Gesetzesvollzugs“, 9. das „Bestimmtheitsprinzips“, 10. das „Verfahrensprinzip“, 11. das „Amts- und Dienstprinzip“, 12. das „Willkürverbot“, 13. das „Verhältnismäßigkeitsprinzip“, 14. das „Vertrauensschutzprinzip“ und schließlich 15. das „Entschädigungsprinzip“.

Siehe auch

Literatur

  • Ernst Forsthoff: Rechtsstaat im Wandel. Verfassungsrechtliche Abhandlungen 1950–1964. Vom Verf. überarb. u. nach seinem Tode hrsg. von Klaus Frey, 2. Aufl.: 1976.
  • Philip Kunig: Das Rechtsstaatsprinzip. Überlegungen zu seiner Bedeutung für das Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland. J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1986, ISBN 3-16-645050-5.
  • Katharina Sobota: Das Prinzip Rechtsstaat. Verfassungs- und verwaltungsrechtliche Aspekte. J.C.B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1997, ISBN 3-16-146645-4.
  • Olivier Jouanjan: Figures de l’état de droit: Rechtsstaat dans l’histoire intellectuelle et constitutionnelle de l’Allemagne. Presses universitaires, Strasbourg 2001, ISBN 2-86820-180-6.
  • Gabriele Wilde: Das Geschlecht des Rechtsstaats. Herrschaftsstrukturen und Grundrechtspolitik in der deutschen Verfassungstradition. Campus, Frankfurt a.M./New York 2001, ISBN 3-593-36871-4. (Politik der Geschlechterverhältnisse Bd. 17)
  • Eberhard Schmidt-Aßmann: Der Rechtsstaat. In: Josef Isensee, Paul Kirchhof (Hrsg.): Handbuch des Staatsrechts. 1. und unveränd. 2. Aufl., Müller, Heidelberg 1987, ISBN 3-8114-2887-X und 1995 ISBN 3-8114-2495-5: Band I: Grundlagen, 987–1043 (§ 24 mit 97 Rdnrn.); 3. Aufl., 2004: Band II: Verfassungsstaat, 541–612 (= § 26 mit 111 Rdnrn.) ISBN 3-8114-5071-9.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Alfred Albrecht: Rechtsstaat. In: Görres-Gesellschaft (Hrsg.): Staatslexikon. Recht, Wirtschaft, Gesellschaft. Bd. 6. Herder, Freiburg, 6., völlig neubearb. Aufl.: 1961, Sp. 685–705 (686).
  2. Art. 118 I bestimmt darüber hinaus: „Erhebt sich der dringende Verdacht, dass ein Mitglied des Landtages oder der Staatsregierung vor seiner Wahl oder Berufung 1. gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat, insbesondere die im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966 gewährleisteten Menschenrechte oder die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vom 10. Dezember 1948 enthaltenen Grundrechte verletzt hat oder 2. für das frühere Ministerium für Staatssicherheit/Amt für nationale Sicherheit der DDR tätig war, und erscheint deshalb die fortdauernde Innehabung von Mandat oder Mitgliedschaft in der Staatsregierung als untragbar, kann der Landtag beim Verfassungsgerichtshof ein Verfahren mit dem Ziel der Aberkennung von Mandat oder Amt beantragen.“ Art. 119 enthält eine ähnliche Bestimmung für Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes.
  3. Der konkrete Inhalt der in Art. 28 I 1 GG in Bezug genommenen Grundsätze ist nicht in dieser Vorschrift selbst zu finden, da diese Vorschrift sich darauf beschränkt, die Grundsätze in Bezug zu nehmen und den Ländern verbindlich zu machen, aber sie nicht definiert (Richard Bäumlin, Helmut Ridder: [Kommentierung zu] Art. 20 Abs. 1–3 III. Rechtsstaat, in: Richard Bäumlin et al., Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Band 1. Art. 1–20 (Reihe Alternativkommentare hrsg. von Rudolf Wassermann), Luchterhand: Neuwied/Darmstadt 1984, S. 1288–1337 (1317) = 2., überarb. Aufl.: 1989, 1340–1389 (1369) – jew. Rn 37).
  4. Bäumlin/Ridder, a.a.O., 1984, 1317 bzw. 1989, 1369 – jew. Rn 37: „Der normative Gehalt dieser – wegen ihrer Funktion zutreffend auch ‚Homogenisierungsklausel‘ genannten – Bestimmung besteht […] ausschließlich in der Verbindlichmachung der aus dem […] Grundgesetz entnehmbaren […] Grundsätze auch für die Verfassungen der Bundesländer“.
  5. Friedrich E. Schnapp: [Kommentierung zu] Art. 20. In: Philip Kunig (Hrsg.): Grundgesetz-Kommentar begründet von Ingo von Münch, Beck: München, 4./5. Aufl.: 2001, 1–34 (11, Rn 24 m.w.N.): „Das Grundgesetz kennt nicht ‚das Rechtsstaatsprinzip‘ schlechthin; vielmehr wird der Typus ‚Rechtsstaat‘ von einer Reihe von Einzelelementen geprägt […], die im GG in unterschiedlicher Weise normativen Niederschlag gefunden haben. […]. Das bedeutet für die Verfassungsauslegung folgendes: […] Bei der Exegese ist nicht von einem vorverfassungsmäßigen Gesamtbild oder staatstheoretischen Rechtsstaatsmodellen auszugehen, sondern von den Vorstellungen des GG […]. Wenn nach der hier vertretenen Auffassung die das rechtsstaatliche Gesamtbild des GG repräsentierenden Einzelelemente erst zusammen den Rechtsstaat ‚im Sinne dieses Grundgesetzes‘ (Art. 28 I 1) ausmachen, dann reicht das Rechtsstaatsprinzip inhaltlich nicht weiter als die Gesamtheit eben dieser“ – im Text des GG nachzuweisenden – „‚Unterprinzipien‘. Dies bedeutet methodisch, dass aus ‚dem‘ Rechtsstaatsprinzip nicht einzelne Prinzipien ‚hergeleitet‘ werden können“ (Hv. hinzugefügt).
  6. Mittlerweile enthalten die Art. 16 II 2 und Art. 23 I 1 GG das Wort „rechtsstaatlich“: „Durch Gesetz kann eine abweichende Regelung für Auslieferungen an einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder an einen internationalen Gerichtshof getroffen werden, soweit rechtsstaatliche Grundsätze gewahrt sind.“ / „Zur Verwirklichung eines vereinten Europas wirkt die Bundesrepublik Deutschland bei der Entwicklung der Europäischen Union mit, die demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen Grundsätzen und dem Grundsatz der Subsidiarität verpflichtet ist und einen diesem Grundgesetz im Wesentlichen vergleichbaren Grundrechtsschutz gewährleistet.“
  7. BVerfGE 2, 380–406 (403) – Haftentschädigung; Hv. hinzugefügt.
  8. Auch jetzt findet sich nur in Art. 23 Ia 1 GG der Satz: „Der Bundestag und der Bundesrat haben das Recht, wegen Verstoßes eines Gesetzgebungsakts der Europäischen Union gegen das Subsidiaritätsprinzip vor dem Gerichtshof der Europäischen Union Klage zu erheben.“
  9. Eine mit dem Wortlaut vereinbare und zu einem logisch stimmigen systematischen Verhältnis zwischen Art. 20 III HS 1 GG und Art. 20 III HS 2 GG einerseits sowie Art. 20 III HS 2 GG und Art. 97 I GG führende Auslegung ergibt sich dagegen, wenn unter „Recht“ in Art. 20 III GG ausschließlich unter-gesetzliches Recht verstanden wird: Der Gesetzgeber ist ausschließlich an die Verfassung gebunden; Verwaltung und Gerichte sind an die – mit der Verfassung vereinbaren – Gesetze und Rechtsverordnungen etc. gebunden.
  10. Michael Sachs: [Kommentarierung zu] Art. 20 [Verfassungsgrundsätze, Widerstandsrecht], in: ders. (Hrsg.), Grundgesetz. Kommentar, Beck, München, 1. Aufl. 1996, 621–653 (638, Rn 64) = 2. Aufl. 1999, 743–799 (775) = 3. Aufl. 2003, 802–868 (840) = 4. Aufl. 2007, 766–824 (799) – 2.–4. Aufl. jew. Rn 103.
  11. Helmuth Schulze-Fielitz, [Kommentierung zu] Art. 20 (Rechtsstaat). In: Horst Dreier (Hrsg.): Grundgesetz. Kommentar. Band 2: Art. 20–82, Mohr Siebeck, Tübingen 1998, S. 128–209 (167, Rn 85); mit ergänzten Literaturhinweisen: 2. Aufl. 2006, 170–277 (226, Rn 94).
  12. Krit. dazu: Detlef Georgia Schulze: ‚Removing some rubbish‘. Radikale Philosophie und die Konstituierung einer Wissenschaft vom Jurisdischen. In: Pia Paust Lassen, Jörg Nowak, Urs Lindner (Hrsg.): Philosophieren unter anderen. Beiträge zum Palaver der Menschheit (Festschrift für Frieder Otto Wolf), Westfälisches Dampfboot, Münster 2008, S. 332–352 (338–344).
  13. Die Formulierung „Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes“ in Art. 28 GG konnte sich bei Verabschiedung des Grundgesetzes nur auf Art. 1 GG in der damaligen Fassung beziehen. Wegen Art. 79 I GG („Das Grundgesetz kann nur durch ein Gesetz geändert werden, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt.“) konnte aber Art. 28 GG nicht automatisch-stillschweigend mit Art. 1 GG mitgeändert werden; vielmehr hätte der Verfassungänderer – falls er auch diesbzgl. einen Änderungswillen hatte – ausdrücklich sagen müssen, welche GG-Fassung nunmehr Gegenstand der Verweisung in Art. 28 GG sein soll.
  14. Art. 1 GG
  15. BVerfG, 1 PBvU 1/02 vom 30. April 2003, Absatz-Nr. 64.
  16. Föderalismus: Mehr Zentralismus! In: Die Zeit. ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 25. März 2016]).
  17. Nachschlagewerk im Online-Portal der Bundeszentrale für politische Bildung (Stichwort Kulturhoheit), abgerufen am 29. September 2012.
  18. Karl-Heinz Dittrich/Gudula Hommel: Staatsrecht – Grundlagenwissen, 5. Aufl., C.F. Müller, Heidelberg 2006, S. 110, Rn. 304.
  19. BVerfGE 39, 156–169 (163) – Beschränkung der Zahl der Wahlverteidiger / Verbot der gemeinschaftlichen Verteidigung (§§ 137 I 2, 146 StPO); 41, 246–250 (250) – Ausschluß von der Hauptverhandlung wegen selbstverschuldeter Verhandlungsunfähigkeit (§ 231a StPO); ähnlich bereits: 38, 105–120 (116): „Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt […] die Aufklärung schwerer Straftaten als einen wesentlichen Auftrag eines rechtsstaatlichen Gemeinwesens bezeichnet“ und – bei abweichender Wortstellung am Satzanfang: 33, 367–387 (383). Die wohl älteste Fundstelle für diese – auch dort ohne Anführung einer Begründung vertretene – Auffassung findet sich in BVerfGE 29, 183–198 (194): „die wirksame Aufklärung gerade schwerer Straftaten ist ein wesentlicher Auftrag eines rechtsstaatlichen Gemeinwesens, der im Konfliktfall auch bei der Interpretation eines Grundrechts herangezogen werden kann.“ Diese Formulierung wurde in BVerfGE 34, 238–251 (248 f.) wieder aufgegriffen: „Das Bundesverfassungsgericht hat […] wiederholt […] die wirksame Aufklärung gerade schwerer Straftaten als einen wesentlichen Auftrag eines rechtsstaatlichen Gemeinwesens gewürdigt.“
  20. Vgl. krit. dazu: edocs.fu-berlin.de S. 68–71; Richard Bäumlin: Rechtsstaat. (PDF; 190 kB) In: Roman Herzog, Hermann Kunst, Klaus Schlaich, Wilhelm Schneemelcher (Hrsg.): Evangelisches Staatslexikon. Kreuz, Stuttgart, 3. Aufl. 1987, Sp. 2806–2818 (2817 f.).
  21. Z. B.: Eberhard Schmidt-Aßmann: Der Rechtsstaat. In: Josef Isensee, Paul Kirchhof (Hrsg.): Handbuch des Staatsrecht für die Bundesrepublik Deutschland. Bd. 2, Müller: Heidelberg 2004, S. 541–612 (480 f., Rn 71 = Bd. I, 1987 = 1995, 1025 – jew. Rn 71): „Die Basis der allgemeinen Justizgewährungspflicht ist nicht eine einzelne Vorschrift des Grundgesetzes, sondern das Rechtsstaatsprinzip als solches, ein komplexer Geltungsgrund also, für den Grundrechte und einzelne Normen des organisatorischen Teils (Art. 92, 95, 101 Abs. 1 S. 2, 103 Abs. 1 GG) Bausteine liefern.“ Bernd Grzesick: [Kommentierung zu Art. 20 Abschnitt] VII. Art. 20 und die allgemeine Rechtsstaatlichkeit. In: Theodor Maunz, Günter Dürig et al.: Grundgesetz. Kommentar. Beck, München 1958 ff., hier: 48. Lfg., 2006 [Loseblattsammlung ohne durchgehende Paginierung; Umfang dieses Abschnittes: 62 Seiten], 23 (Rn 49): „Im folgenden werden […] nur diejenigen Elemente der Rechtsstaatlichkeit dargestellt, welche nicht bzw. nicht umfassend in einzelnen, speziellen Regelungen des Grundgesetzes bestimmt sind“.
  22. Schmidt-Aßmann, a.a.O., 2004, 586, Rn 81: „Die Rechtssicherheit ist ein wesentliches Element des Rechtsstaatsprinzips. […]. Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, daß sie oft in Widerstreit zu anderen Bestandteilen desselben Prinzips treten kann: Bekannt ist die Gegenüberstellung von Rechtssicherheit und Einzelfallgerechtigkeit“. (leicht abweichend auch bereits in: Bd. I, 1987 = 1995, 1030, Rn 81).
  23. Schmidt-Aßmann, a.a.O., 2004, 586, Rn 80; Bd. I, 1987 = 1995, 1029 – jew. Rn 80.
  24. Der erste Satz unter der Überschrift „Übermaßverbot“ bei Schmidt-Aßmann, a.a.O., 591, Rn 87 lautet: „Der mit diesem Begriff bezeichnete Maßstabskanon umfaßt die Prinzipien der Geeignetheit, der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne.“ – Siehe im unterschiedlichen Ausmaß kritisch zum Verhältnismäßigkeitsprinzip: Frank Raue: Müssen Grundrechtsbeschränkungen wirklich verhältnismäßig sein? In: Archiv des öffentlichen Rechts, 2006, 79–116; Dieter Deiseroth, Das BVerfG in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung. In: Betrifft JUSTIZ, Nr. 54, Juni 1998, 248–252 (250); Bäumlin/Ridder, a.a.O., 1984, 1331 = 1989, 1383 f. – jew. Rn 64: „das ‚Verhältnismäßigkeitsprinzip’ an sich [ist] nichts anderes als das ‚Rechtsstaatsprinzip’ selbst […], welches also durch das ‚Verhältnismäßigkeitsprinzip’ völlig zutreffend nur auf seinen Begriff gebracht wird. Der ‚Geist’ des ‚Rechtsstaats’ macht die der Legalordnung unterworfene Staatstätigkeit und die Legalordnung selbst verhältnismäßig, […].“
  25. Der soziale Rechtsstaat. In: Ernst Benda, Werner Maihofer, Hans-Joachim Vogel (Hrsg.): Handbuch des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland. de Gruyter, Berlin / New York, 2. Aufl. 1994, 720–797 (719).
  26. Roman Herzog: [Kommentierung zu Art. 20 Abschnitt] V. Die Verfassungsentscheidung für die Gewaltenteilung. In: Maunz/Dürig, a.a.O., 18. Lfg., 1980.
  27. Bernd Grzesick, [Kommentierung zu Art. 20 Abschnitt] VI. Die Verfassungsgrundsätzen des Art. 20 Abs. 3 GG, in: Maunz/Dürig, a.a.O., 51. Lfg., 2007 [Umfang dieses Abschnittes: 72 Seiten].
  28. Grzesick, a.a.O., 11 f.
  29. Schulze-Fielitz, a.a.O., 130 f. bzw. 173 f.
  30. Sachs, a.a.O., 799 f., Rn 82 f.
  31. Karl Albrecht Schachtschneider: Prinzipien des Rechtsstaates. Duncker & Humblot, Berlin 2006, 1. Kap. Einleitung; 2. Kap.: Grundlegung des Rechtsstaats; 3. Kap.: Würde, Freiheit, Gleichheit, Rechte, Republik; Kap. 4.: Staat und Staatlichkeit.